Kapitel 30
Triumphierend kam ich zurück. Zumindest war ich im ersten Moment triumphierend.
"Dir ist schon klar, dass ich es ernst meinte", fragte mich Kaoly und meine triumphierende Miene wurde verständnislos.
"Also das mit dem, weißt du, möglich, dass es gegen deine Moralvorstellungen spricht, aber denk doch nur mal an all die Personen in Fantasy-Bücher, die haben doch auch keine Skrupel davor jemanden umzubringen."
"Das ist grundsätzlich falsch. Nur, weil manche von ihnen kein Problem damit haben, zu töten, heißt es noch lange nicht, dass es jeder macht, als sei es reine Nebensache. Es gibt auch fiktive Personen in Fantasy-Büchern, die nicht töten können. Die es nicht hinkriegen, weil... Nur, weil eine Person in einem Fantasy-Buch auftritt, heißt es noch lange nicht, dass sie bedingungslos tötet."
"Nein heißt es nicht. Ich will es ja auch nicht schön reden, es ist nur so, du darfst selbst entscheiden, wann du aufgibst, aber denk an unsere Bedingungen. Und du musst diese Person ja nicht wirklich umbringen, es ist nur... außer Gefecht setzen reicht vollkommen aus."
"Ich bring dich gleich um, pardon, du bringst mich irgendwann noch um. Um den Verstand. Um jegliche Vernunft. Um den Glauben an euch."
"Freut mich, dass ich doch noch zu was beitragen kann." War das eigentlich sein Ernst? Wut stieg in mir auf und ich brauchte etwas, um mich zu beruhigen. Es ist okay, du brauchst nicht auszurasten, genau das erwartet er von dir, genau das fordert er hinaus, genau das will er.
Ich zog scharf die Luft ein. Dann wandte ich meinen Blick Elios zu und fasste eine Entscheidung. Er nickte kaum merklich den Kopf, wie um mir bestätigen zu wollen, dass es okay war.
Als ich wieder ausatmete, erwiderte ich: "Okay, sag mir wo und wann und ich werde dort sein. Auf deine Verantwortung. Ich hafte nicht für die Folgen. Man kann mich für nichts verantwortlich machen. Das ist die Bedingung, die du eingehen musst. Ich brauche diese Sicherheit. Versprich es mir und ich werde kommen."
"Seht ihr, sie braucht nicht mal Alkohol", kommentierte Ley während die anderen mich fassungslos anstarrten. Besonders Kaoly sah mich perplex an.
Nach einer Weile hatten sich alle wieder einigermaßen gefasst und die Jungs tuschelten, bis sie Kaoly zu nickten und er mich ansah. Nach einen zögernden Moment begann er auch zu sprechen.
"Also, du musst es nicht machen, wenn du nicht willst, aber", er holte tief Luft, ehe er weitersprach, "wir stimmen den Bedingungen bei. Du musst nichts tun, was gegen deine Moralvorstellungen verstößt. Zeitpunkt ist später heute Abend, dann wenn es dunkel ist. Siehst du denn Waldabschnitt dort drüben? Er kommt zu einem Felsen. Dort musst du jemanden runterschubsen. Egal wen, wir kümmern uns im Nachhinein darum, dass es der Person wieder gut geht. Sieh es wie eine Filmszene. Natürlich können wir nichts versprechen, aber wir versuchen unser bestes zu geben, also verzeih mir, falls mal etwas nicht passt. Der Sturz sollte überlebbar sein und wir nehmen es auf." Mit einen grinsenden Blick zu Alonso fügte er hinzu: "Wie alles übrigens."
Instinktiv schloss ich die Augen, bis ich mich wieder so einigermaßen gesammelt hatte.
"Okay, bis Mitternacht", zischte ich.
"Och, so spät muss es nicht sein."
"Okay, soll ich gehen oder...?"
"Du kannst gern bleiben, ich muss jetzt aber los. Saylen wartet sicher schon."
"Saylen?"
"Sayla ist seine große Liebe. Nee Spaß, sie ist seine Freundin, zumindest so viel ich weiß. Wie geht es ihr eigentlich?"
"Ganz gut so weit. Sie hat gesagt, sie wird kommen, ich habe ihr gesagt, dass ich bei euch bin, also gehe ich mal davon aus, dass sie kommen wird. Vielleicht bringt sie ja auch ihren Bruder mit."
"Arto? Nee, ich glaube nicht."
"Okay."
Als Kaoly ging, begrüßte ihn ein Mädchen, sie hatte genau wie er schwarzes Haar. Ihr Haar fiel ihr in Locken über die Schultern.
In diesem Moment dachte ich an mein insgeheime Versprechen, das ich ihnen gegeben hatte. Und solange die Überlebenschance hoch stand....
Es war seine Aufgabe, also sollte er auch die Schmerzen vertragen können, die sie verursachte.
Ab und zu hörte ich zu, was die anderen sagten, hörte aber nicht richtig zu. Selbst wenn sie es bemerkten, schienen sie es zu ignorieren. Vielleicht wollten sie mir einfach Raum und Zeit geben.
Plötzlich musste ich daran denken, was Kaoly gesagt hatte. Wie übrigens alles. Okay, der Wortlaut war: Wie alles übrigens. Aber machte das einen so großen Unterschied?
Dabei galt sein Blick vielmehr Alonso als mir. Sollte das heißen...? Ach, es brachte doch eh nichts, sich Gedanken drüber zu machen. Ich wusste es sowieso nicht.
Während die anderen sich über dies und jenes unterhielten, ließ ich meine Gedanken schweifen und wieder zu Punkten zurückkommen. Immer und immer wieder kam ich zu der Frage nach dem Warum, aber es brachte wohl nichts. Diese Frage konnte so vieles meinen. Warum mache ich das hier? Warum machen sie es? Warum bin ich Ferry damals gefolgt? Warum musste alles so kommen, wie es kam? Vielleicht auch teilweise ins Wieso. Wieso bin ich hier? Wieso ist alles so, wie es ist? Wieso sind Gewässer blau, anstatt einfach farblos wie Wasser? Auch wenn sich letzteres erklären ließ und kaum was mit dem eigentlichen Thema zu tun hatte.
Als es dann Dunkel genug waren, gingen wir los, Kaoly wartete bereits mit seiner Freundin dort. Sie unterhielten sich, okay, besser gesagt stritten sich, wie man ausmachen konnte, sobald man näher zu ihnen kam.
Gerade wollte er sie davon überzeugen, dass es besser war, sie gehe jetzt, sie aber behauptete, dass es keinen Unterschied machte, ob sie blieb oder nicht, also konnte sie auch gleich bleibend. Seufzend resignierte er es, als er uns auf sich zu kommen sah.
"Wer?", war alles was er sagte.
"Sie", war alles was ich erwiderte.
Er sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren und sie warf mir einen Blick zu.
"Du hast nicht gesagt, dass es bestimmte Rahmenbedingungen gibt. Und immerhin war es deine Idee. Nicht die meine. Also solltest du auch ihre Lasten tragen können. Denke ich. Aber klar, such dir ruhig wen aus. Ist ja okay."
Sie wechselten ein paar Worte und irgendwann seufzte er niedergeschlagen. "Gut. Die Kamera wird von dort aus aufzeichnen und das ist eure Szene." Er gab Anweisungen, was wir zu tun hatten, bevor er uns mit den anderen alleine ließ und nur noch Saylen und ich zurück blieben.
"Sayla ist also dein Name?" Die Frage war rhetorisch, dennoch nickte sie bestätigend.
"Okay, dann lass es hinter uns bringen."
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