„Erinnerst du dich noch an letztes Weihnachten, Ray?" Mit einem Lächeln sah die Stute zu ihrem Gatten hinüber.

Die beiden Schecken sahen sie verwirrt an. Was hatte das jetzt mit der vermissten CD zu tun?

Augenverdrehend schüttelte Lisi ihre helle Mähne. „Es war kurz vor Heiligabend", begann sie zu erzählen. „Wir wollten gerade zu Raymons Mutter aufbrechen, um zusammen mit ihr zu feiern."

Da hellte Rays Gesicht sich plötzlich auf. Seine blauen Augen blitzten förmlich in der Erkenntnis. „Genau! Ich hatte vergessen ein Geschenk für meine Mutter zu besorgen, also hab ich mir kurzerhuf die CD geschnappt."

„Was?" Entsetzt blickte Simon von einem zum anderen. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Das einzige, was er wollte, war diese verdammten Weihnachtslieder anzuhören und sich an seine Oma zu erinnern.

„Ja", lachte Lisi und knuffte den großen Pinto neben sich belustigt in die Seite. „Du bist mindestens eine viertel Stunde panisch im Haus herumgerannt und hast nach einem Geschenk gesucht."

Schief grinste Ray sie an.

„Ich konnte dich gerade noch davon abhalten, deiner guten Mutter eine Möhre zu verpacken", fuhr sie kichernd fort.

„Ist ja gut." Ray sah seine Frau scharf an, um sie davon abzuhalten, sich weiter über ihn lustig zu machen. Doch das zeigte nur begrenzt Wirkung. „Jedenfalls dachte ich dann irgendwann, dass diese CD ihr bestimmt gefallen würde."

„Pffft", schnaubte Lisi. „Du meintest, dass - ich zitiere - die olle Flunder bestimmt denkt, du hättest das Ding extra und exklusiv für sie gebrannt, weil es hufbeschriftet und halb kaputt ist."

Mit verzerrtem Ausdruck nickte Simon. Na toll. Langsam hatte er wirklich genug von dieser ewigen Suchen nach seiner CD. Trotzdem beschloss er, mal bei Raymons Mutter vorbeizuschauen. Wenn er Glück hatte, lag das Teil wirklich noch irgendwo bei ihr herum.

„Willst du Kira vielleicht anrufen?", sprach Lisi freundlich wie eh und je seine Gedanken aus.

Kira Winters. Seine alte Dozentin an der Winters Academy of Sciences, die er damals zusammen mit Feivel besucht hatte. Es würde ihn wirklich brennend interessieren, wie sich die Dinge da so entwickelt hatten. Immerhin war er seit einigen Jahren nicht mehr dort gewesen. Ob Prof. Winters wohl immer noch so ein verrücktes Huhn war, wie damals?

„Ich denke, ich werde morgen einfach mal bei ihr vorbeischauen", beschloss Simon. Er konnte ja einfach mit Feivel mitfahren, der sowieso in der Uni arbeitete, wo die sogenannte Kira wohnte. Oder mit seiner Frau Skyla. Die war in der Institution schon seit über zehn Jahren als Sekretärin angestellt. Seither kümmerte sie sich um so gut wie alles. Von der Einweisung der neuen Studenten bis hin zur Betreibung des Kiosk und der Mensa. So etwas wäre nichts für Simon. Viel lieber blieb er bei seinen heiß geliebten Computern.

„Gut, ich freue mich, dass wir dir wenigstens ein bisschen weiterhelfen konnte." Raymon zwinkerte ihm bedauernd zu. Es tat ihm sichtlich leid, dass sie die CD nicht gefunden hatten.

Doch Simon war froh, wenigstens zu wissen, wer sie hatte. Größte Zuversicht erfüllte ihn, das Erbstück endlich wieder in den Hufen halten zu können. Gleich Morgen früh, wenn der Schnee anfing zu fallen, würde er losfahren und seine alte Professorin beziehungsweise Rays Mutter besuchen.

Mit einem dankenden Lächeln verabschiedete er sich von dem fuchsfarbenen Pinto und der flauschigen Lisi. Es war zwar wirklich ärgerlich, dass die beiden zum letzten Weihnachtsfest ausgerechnet seine CD verschenkt hatten, doch immerhin. Es gab eine neue Spur.

Grinsend schlurfte Simon nach draußen in die klirrende Kälte. Die Spuren von seiner Ankunft waren bereits wieder von neuen, in der spärlichen Sonne glitzernden Flocken bedeckt.

„Last Christmas, I gave you my CD", summte er leise in die weiße Luft hinaus.

„But the very next day, you gave it away. This year to save me from tears, I'll hide it somewhere special."