Epilog
Es dauerte eine Ewigkeit, bis wir einigermaßen mit uns und unserer Umgebung klar kamen und uns wieder einigermaßen normal verhalten konnten. Manchmal fühlte es sich an, als hätte sich einfach alles verändert und gleichzeitig rein gar nichts.
Eine Weile war ich bei meinem Vater geblieben, nachdem wir die letzten paar Tage zu unserem offiziellen Schulabschluss hinter uns gebracht hatten. Ich hatte seinen Trost und seine Liebe gebraucht, aber irgendwann war einfach klar, dass ich mir mein eigenes Leben aufbauen wollte, auch wenn wir uns nun viel besser verstanden.
Niall hatte währenddessen angefangen seine neu gewonnene Macht dafür zu nutzen, mehr Toleranz und Frieden zwischen den Elementariern zu schaffen. Die Lage war noch lange nicht perfekt, aber es war ein Schritt in die richtige Richtung.
,,Wisst ihr, ich wünschte, wir hätten es wenigstens versucht", gab Zayn zu, als wir alle bei Niall im Schloss in dem Raum saßen, den man am ehesten als Wohnzimmer bezeichnen konnten. Vor wenigen Tagen waren wir alle hier eingezogen, damit Niall sich nicht ganz so alleine fühlen musste und wir uns ein eigenes, erwachsenes Leben aufbauen konnten, wo wir jetzt alle unseren Schulabschluss in der Tasche hatten.
,,Du und Tom?", fragte ich nach, obwohl ich die Antwort eigentlich schon kannte und Zayn nickte.
,,Ich weiß nicht, wie es ihm ging, aber ich wollte in dem Moment keine feste Beziehung, weil ohnehin schon alles drunter und drüber gegangen ist und ich mir den Stress nicht antun wollte, zusätzlich noch an einer festen Beziehung arbeiten zu müssen. Naja, ihr kennt die Gründe ja. Im Nachhinein wünschte ich jedoch, dass wir es wenigstens versucht hätten. Ich glaube, er hätte der richtige sein können, es war bloß die falsche Zeit", erzählte Zayn und ich hatte das Gefühl, dass es ihn richtig erleichterte, diese Worte auszusprechen.
,,Jetzt frage ich mich ständig, was gewesen wäre, wenn wir vielleicht doch zusammen gekommen wären. Wäre er vielleicht vorsichtiger gewesen, weil er gewusst hätte, wie sehr ihn bei mir behalten wollte oder hätte es nichts geändert? Was wäre gewesen, wenn ich im Kampf einfach ein wenig vorausschauender gewesen wäre? Es sind Fragen, auf die ich niemals eine Antwort bekommen werde, die mich aber jeden Tag beschäftigen."
Tränen bildeten sich in seinen Augen und weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte, ergriff ich Zayns Hand. Wir alle rutschten näher an ihn heran, um ihm und uns gegenseitig Trost zu spenden. Denn nach allem, was passiert war und nach allem, was wir verloren haben, hatten wir immer noch uns.
,,Ich vermisse ihn schrecklich. Manchmal so sehr, dass ich nicht mal weinen kann, weil es so weh tut, dass ich gar nichts mehr tun kann."
,,Ich vermisse meine Eltern", gab Niall zu. ,,Nicht wirklich die Personen. Mein Vater hat mich geschlagen und meine Mutter verraten, aber ich vermisse den Gedanken an eine Familie, wenn das Sinn macht. Ich vermisse etwas, das ich niemals hatte, eine Vorstellung, die ich mir als Kind so lange eingebildet habe, dass sie für mich irgendwie wahr geworden ist und wieder zerschmettert wurde."
,,Ich vermisse Frau Parker", schloss ich mich an. Man sagte doch immer, dass geteiltes Leid, halbes Leid sei und in diesem Moment, hatte ich wirklich das Bedürfnis, mir mit meinen Freunden zusammen alles von der Seele zu reden.
,,Sie war sowas, wie ein Mutterersatz für mich, nachdem Mama so früh gestorben ist." Beim Gedanken an Frau Parker bildete sich ein Kloß in meinem Hals und ich blinzelte die Tränen aus meinen Augen. ,,Einerseits mag ich den Gedanken, dass sie jetzt wieder mit ihren Freunden vereint ist, aber andererseits vermisse ich das Gefühl einer mütterlichen Liebe unglaublich."
Wir rutschten noch ein wenig näher zusammen, hielten uns gegenseitig im Arm. ,,Ich bin froh, dass wir immer noch uns haben", sagte Liam schließlich, der eine ganze Weile gebraucht hatte, um sich daran zu gewöhnen, dass er von nun am im Rollstuhl saß, aber so langsam begann er damit klarzukommen. ,,Ich bin unheimlich dankbar dafür, dass ihr alle immer noch an meiner Seite seid und mir helft, alles durchzustehen, was passiert ist."
,,Darüber bin ich auch froh", stimmte Harry ihm zu. ,,Nach allem, was passiert ist, hätte ich mir keine besseren Freunde als euch wünschen können. Ohne euch hätte ich nicht die Hälfte von all dem verkraften können."
Caroline, Chloe und Ophelia tauchten im Türrahmen auf. Über die Ferien waren sie hier zu Besuch. ,,Stören wir?", fragte Caroline und Niall schüttelte den Kopf. Er streckte einen Arm aus, um sie dazu aufzufordern, sich zu uns zu setzen.
,,Du störst nie", erklärte er und küsste sie, bevor er sie mit Chloe, die wie unsere kleine Schwester war, in unsere Mitte zog. Ophelia war zwar noch nicht lange ein Teil unserer Gruppe, aber auch sie war und in der kurzen Zeit sehr ans Herz gewachsen. Auch sie setzte sich zu uns.
,,Wisst ihr, wir haben alle etwas verloren und bereuen bestimmt hundert Dinge, aber wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir haben. Wir können uns noch so oft fragen, was gewesen wäre, wenn wir dieses oder jenes gemacht haben, aber im Endeffekt werden wir darauf niemals eine Antwort erhalten. Wir sollten die Erinnerung bewahren, aber nicht darin versinken, weil wir noch am Leben sind und wir sollten es all denen widmen, die gefallen sind. Wir sollten ein Leben für sie mit leben, damit sie auf uns herabschauen können und stolz sind", sagte Chloe.
Sie wirkte so erwachsen und in dem Moment ihrer Tante so unglaublich ähnlich. Es war nicht alles verloren. Nach jedem Ende folgte ein neuer Anfang und wir sollten das Beste daraus machen.
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