15. Blick In Die Vergangenheit
Kapitel 15 - Blick In Die Vergangenheit
Lillys Sicht
Ich wachte auf und das erste was ich spürte waren die Schmerzen in meiner Schulter. Nicht stark, aber sie waren dennoch da. Ächzend setzte ich mich auf und fuhr mir leicht über den Verband auf der verletzten Schulter. Am gestrigen Tag hatte Elrond sich meiner persönlich angenommen. Ich wusste nicht was er mir gegeben hatte und hatte auch nicht die Worte verstanden, welche er fortwährend dazu gemurmelt hatte, aber anscheinend hatte es gewirkt.
Prüfend sah ich aus dem Fenster. Anhand des Standes der Sonne konnte ich die ungefähre Uhrzeit abschätzen, aber auch mein Magen sagte mir – es war Mittag. Ich schwang meine Beine über die Kante des Bettes und begann mir meine Kleidung überzuziehen, was angesichts meines verletzten Armes nicht unbedingt allzu einfach war. Es war mühselig sich durch die Ärmel des Oberteils zu quetschen und nebenbei bemerkt auch ziemlich schmerzhaft.
Als ich fertig war lief ich geradeaus durch die Tür und fand mich in einem langen Gang wieder. Ratlos blickte ich den Gang hinauf und wieder hinab, wohin jetzt? Tja, Orientierung war noch nie so meine Stärke gewesen, aber zu meiner Verteidigung...gestern Abend hatte ich nicht mehr sie Nerven mir auch noch den Weg zu merken, welchen ich mich entlang geschleppt hatte. Seufzend ging ich auf gut Glück in eine Richtung, welche sich erfreulicherweise als die Richtige herausstellte, denn schon nach ein paar Metern konnte ich unverkennbar die lauten Stimmen meiner Gefährten hören. Der Lärmpegel stieg mit jedem Schritt den ich tat weiter an und ich wollte gar nicht wissen was Elrond von uns dachte. Kopfschüttelnd lief ich weiter, bis ich auf einer großen Plattform ankam, auf der drei lange Tische mit herrlichen Speisen standen.
Leise und unauffällig, um ja kein Aufsehen zu erregen versuchte ich seitlich an allen vorbei zu schleichen, doch wenn man Gandalfs scharfen Augen entgehen will, muss man schon einiges mehr drauf haben.
„Lilly?", rief er laut aus und ich blieb abrupt stehen.
„Verdammt" Ich kniff die Augen zusammen, bevor ich mich mit einem Lächeln zu ihm umdrehte.
„Ihr seid aber schnell wieder auf den Beinen, wie geht es Euch?", fuhr der graue Zauberer mit unüberhörbarer Lautstärke fort und ich spürte wie sich alle Augenpaare der Zwerge auf mich richteten.
„Ganz gut" Ich lächelte noch einmal und stand leicht unbehaglich da, während ich meinen Blick von Gandalf zu Elrond schweifen ließ, welcher mir ein höfliches Kopfnicken schenkte, weiter zu Thorin, der etwas steif vor seinem Teller saß. Nam er hätte mich wenigstens ja auch mal anschauen können, doch er blickte starr an mir vorbei.
„Schön", meinte ich patziger, als ich es beabsichtigt hatte. Ich achtete nicht auf die überraschten Blicke von Gandalf und Elrond, bevor ich ihnen noch einmal zunickte und mich auf den Weg zu Mia, Sarah und Sam machte, welche ganz hinten an der langen Tafel saßen. Erleichtert den vielen neugierigen und vor allem kritischen Blicken zu entgehen ließ ich mich neben Sarah auf die steinerne Bank fallen.
„Geht es dir gut?" War die erste Frage, die Mia über die Lippen kam, sobald ich auch nur halbwegs saß
Ich nickte entgeistert. „Ja, es geht" Wie ich solche Fragen hasste. Ich sah wie Sam die Augenbrauen in die Höhe schnellen ließ und mich ungläubig ansah.
„Das hört sich ja sehr überzeugend an", meinte er und musterte die Verdickung an meiner Schulter, wo der schwere Verband saß.
Alle drei sahen mich ungläubig an. „Du lügst", rief Sarah prompt und sah mich böse an.
„Mir geht es wirklich gut", sagte ich mit Nachdruck und aller Überzeugung die ich aufbringen konnte und zwang mich ihr fest in die Augen zu sehen.
„Und sie lügt schon wieder", meinte Sam und sah mich streng an.
„Tu ich nicht", wiedersprach ich wütend. „Ja, es ist noch nicht ganz verheilt und ja, ich habe noch Schmerzen, aber es ist auszuhalten. Es ist nicht angenehm, aber ertragbar" Ich holte tief Luft bevor ich sie der Reihe nach alle eindringlich ansah. „Zufrieden?"
Mia nickte langsam. „Wir machen uns nur Sorgen, das darfst du uns nicht verübeln. Es ist nicht gerade üblich, dass unsere Freunde einen Pfeil in der Schulter stecken haben"
„Ist schon in Ordnung" Ich lächelte sie an. „Wie lange habe ich eigentlich geschlafen?"
„Lange", erklärte Sam schmatzend und mit vollem Mund.
Ich verdrehte die Augen. „Danke, für diese konstruktive und informative Antwort"
„Ungefähr einen halben Tag länger als wir anderen" Mia griff nach einer komischen grünen Frucht und roch prüfend an ihr. „Also alles halb so wild"
„Jetzt mal im Ernst, was ist eigentlich alles so passiert als es mir...Nun ja ihr wisst schon...nicht mehr so gut ging?", fragte ich kleinlaut. „Ich glaube ich habe ziemlich viel nicht mitbekommen"
„Du wurdest von einem Pfeil getroffen und dann sind wir nach Bruchtal. Das war's auch schon", sagte Sam kurz angebunden und beäugte einen etwas komisch aussehenden Salat, der vor uns auf dem Tisch stand, bevor er Mia skeptisch ansah. „Du hast aber nicht vor das Ding wirklich zu essen?"
Ich verdrehte genervt die Augen. „Ob du es mir glaubst oder nicht so weit bin ich auch schon gekommen"
„Ach Lillly, jetzt sei mal nicht so gereizt" Mia ignorierte Sam gelassen, welcher noch immer kritisch die Frucht in ihren Händen fixierte. „Etwas Gutes hatte deine Schussverletzung" grinste Mia „Sarah ist jetzt endlich Kíli näher gekommen"
„Warum geht's hier jetzt plötzlich um mich?" Sarah wurde rot und schnappte sich schnell ihren Becher um einen großen Schluck zu nehmen.
Ich zog die Augenbrauen nach oben. „Dann hab ich also doch was verpasst?"
„Er hat mich doch nur davon abgelenkt, dass es dir nicht gut ging", wiedersprach Sarah schnell und sah zu dem Braunhaarigen hinüber, der ihren Blick bemerkte und ihr zuwinkte. Sarah strahlte und hob die Hand um zurück zu winken.
„Ja genau. Jetzt sag das alles mit ein bisschen mehr Überzeugung und lass das 'nur' weg, dann wissen wir woran wir sind", wetteiferte Sam sarkastisch und verschränkte vielsagend die Arme hinter seinem Kopf, während er herausfordernd mit den Augenbrauen wackelte.
„Jetzt lass sie doch", fuhr Mia dazwischen, konnte sich aber ebenfalls ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, bevor sie sich an mich wandte. „Sie hat dir übrigens sehr geholfen"
„Ja, nur als ich fast nicht mehr laufen konnte, war keiner da um mich zu stützen", murmelte ich vor mich hin.
„Was?"
„Ach nichts?" Ich griff ebenfalls nach einer grünen Frucht und biss hinein, nur um sie gleich wieder auszuspucken. War ja ekelhaft!
„Ja, sie hat Óin geholfen die Blutung zu stillen, als du nicht mehr um dich herum mitbekommen hast"
„Wirklich? Sarah? Die Sarah, der immer schlecht wird wenn sie Blut sieht?" ungläubig sah ich sie an, während ich nach dem Wasserkrug griff um den ekelhaften Geschmack, den die Frucht in meiner Mundhöhle hinterlassen hatte, zu verbannen
Mia nickte nur grinsend. „Ja, zum Schluss ist ihr das auch wieder eingefallen und dann ist sie umgekippt"
„He, ich sitzt neben euch", beschwerte sich Sarah und schlug mir leicht gegen die Schulter. Leider gegen die Falsche.
Ein dünnes „Autsch" war alles was ich hervorbrachte, bevor mir die Tränen in die Augen schossen. Ich biss die Zähne zusammen um nicht laut loszuschreien, während Sarah sich erschrocken die Hände vor den Mund schlug und sich ungefähr ein Dutzend Mal entschuldigte. Ich nickte nur und konzentrierte mich darauf, den Schmerz wieder abklingen zu lassen.
„Man, du hast einen verdammt festen Schlag für so ein kleines Wesen", murmelte ich vollkommen fertig als mir noch etwas einfiel. „Wer von Euch hat mir eigentlich eine Ohrfeige verpasst, als wir vor den Orks geflüchtet sind?"
„Das war wohl ich", meinte Sam lässig und grinste mich herausfordernd an, während ich empört den Mund aufmachte um etwas zu erwidern, es dann aber doch bleiben ließ.
„Ist auch egal", müde rieb ich mir mit der gesunden Hand über die Augen. „Was ist eigentlich mit meinen Sachen? Habt ihr die mitgenommen?"
Mia nickte und griff unter den Tisch. „Ich hab sie sogar gleich hier, wollte das Teil endlich loswerden. War nicht so toll sie den ganzen Weg nach Bruchtal zu schleppen"
Ich verdrehte die Augen und wollte meine Tasche entgegen nehmen, als sie mir aus der Hand fiel und der Inhalt sich über den ganzen Boden verteilte.
„Och nein" Seufzend stand ich auf um meine Tasche wieder aufzuheben und die ganzen Sachen, die nun überall verstreut lagen wieder einzusammeln, als etwas Großes und Schweres auf den Boden fiel. „Oh, das hab ich ja vollkommen vergessen."
Ich lief hinüber und sammelte Tasche und Buch auf, wobei mein Blick auf den aufgeschlagenen Inhalt des Buches viel. „Leute, seht euch mal das an", hauchte ich und hob ihnen das Buch vor die Nase.
„Sind das...sind das wir?", brachte Sam ungläubig hervor, der mir über die Schulter sah. Eine Reihe von Bildern war auf die Seiten gemalt. Es waren wunderschön verzierte Zeichnungen unter denen jeweils Worte geschrieben waren.
Ich nickte. „Das ist unsere Geschichte. Hier, sieh mal, da schmeißt dir Sarah gerade ihr verrotzeltes Tempo an den Kopf", sagte ich und deutete auf ein Bild, das ich genauso in Erinnerung hatte.
„Kann nicht sein, so ein Gesicht habe ich sicherlich nicht gezogen"
Sarah lachte auf. „Oh doch, das hast du"
„Aber das bedeutet doch, dass das Buch unsere Reise dokumentiert", murmelte Mia
„Ja es sieht aus wie ein Tagebuch, unser Tagebuch", stimmte ich ihr nickend zu und blätterte weiter fasziniert durch die Seiten, bis ich zu der letzten Zeichnung kam. Die ganze Gemeinschaft saß an den Tischen und speiste fröhlich. Genau das, was im Moment geschah.
„Wahnsinn", stieß Sarah aus, die ihre Augen gar nicht mehr von dem Buch nehmen konnte. Ich stimmte ihr nur brummend zu und strich mit den Fingern über die Zeichnung.
„Und was hat das jetzt zu bedeuten?", sprach Sam die Frage aus, die uns alle wohl am meisten beschäftigte.
Ich zuckte die Schultern und schlug das Buch zu. „Ich habe keine Ahnung"
(1 625 Wörter)
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