Kapitel 28. Nachsitzen
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„Frohes neues Jahr. Ich bin so froh, dich zu haben."
Betroffen nickte sie, konnte sich dazu durchringen ihm einen kurzen Kuss zu geben, aber sie fühlte sich grauenhaft. Sie konnte doch nicht, nachdem sie versuchten sich zusammenzuraufen, sofort wieder alles beenden! Nur weil Malfoy bei ihr aufgetaucht war und darum bettelte, sie küssen zu dürfen! So konnte es nicht weitergehen. Und bald würde sie sich eine Lösung einfallen lassen müssen.
~*~
Oh Shit. Shit. Shit. Shit.
Fuck.
Stöhnend rieb Draco über seine Lider. Verfluchtes Stück scheiße. Du bist ein verfluchtes – Stück – Scheiße. Gestapelt auf 1,83m. Fuck.
Der Schmerz dröhnte hinter seiner Stirn, seine Augen waren trocken.
Verfluchtes...
Wie sollte er das wieder geradebiegen? Wie nur? Ein dumpfes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus, erinnerte ihn an seine peinliche Aktion von letzter Nacht. Scheiße.
Dieses Gefühl wurde von heißen Wangen begleitet. Er hatte sie geküsst. Schon wieder. Er musste damit aufhören! Sie war ein verdammter Schnatz. Sie wuselte überall herum, er musste permanent an sie denken und wenn er sie sah, konnte er nicht anders, als sie zu fangen. Und gleichzeitig wusste er, dass sie seine Hände versengte, sobald er sie anfasste. Und in wenigen Tagen hatte er Nachsitzen mit ihr. In zwei Tagen, um genau zu sein. Morgen würde er zurückfahren, ihr bei seinem Glück über den Weg laufen. Wahrscheinlich konnte er sich weitere Vorwürfe anhören, weil er sie, trotz ihrer Beziehung, zu einem Kuss überredet hatte.
Ja, es wäre nicht notwendig gewesen. Blaise hatte ihm Stunden später, er war nahe am Delirium gewesen, mitgeteilt, dass man die Kette mit einem zweiten, beigelegten Anhänger, neutralisieren konnte. Und das bedeutete: er hätte einfach sagen können, dass Granger nicht zuhause war und dann hätte Blaise die Anhänger zusammengesteckt und er hätte einfach etwas anderes tun können. Sich nackt im Schnee wälzen, Daphne auf den Po hauen oder irgendetwas dergleichen.
Er kam nicht darüber hinweg, dass er jetzt in dieser Situation steckte und keinen Ausweg sah. Aber er hoffte, dass sie genauso darunter litt, wie er es tat.
(...)
Abwesend saß sie in einem der Abteile mit Harry und Ron. Obwohl sie das Buch, das ein Geschenk von Theodore gewesen war, auf ihrem Schoß balancierte, konnte sie nicht genug Aufmerksamkeit dafür aufbringen. Malfoy machte sie fertig. So richtig.
Er sabotierte ihre Bemühungen mit Ron auszukommen. Ron besaß Eigenschaften, die ihr ein schönes weiteres Leben bescheren konnten; er war nett, bemüht, liebevoll. Und sie? Trat es mit Füßen. Dennoch wurde ihr bewusst, dass er es nicht verdient hatte, von ihr hintergangen zu werden. Sie müsste ihm wahrscheinlich bald mitteilen, dass es nicht mehr ging. Einen guten Grund würde sie noch brauchen, immerhin war es unmöglich, ihm die Wahrheit zu sagen. Dann wäre es für immer gelaufen, auch ihre Freundschaft, die sie so sehr schätzte.
„Leute, ich gehe mich umziehen.", sagte sie schließlich und zog einen Stoffbeutel hervor. Ron betrachtete indes eine der Schokofroschkarten, die er mit der Schachtel vom Servierwagen erhalten hatte.
„Mach das.", Harry lächelte ihr zu. Er bemerkte sehr wohl, dass sie mit ihren Gedanken an einem anderen Ort war. Sorgenvoll folgte er ihr mit seinem Blick, während sie die Tür schloss. Irgendetwas war geschehen als sie sich nicht gesehen hatten. Er ahnte es. Seitdem sie und Ron sich wegen ihrer Eltern gestritten hatten, lag etwas im Argen. Nur war er nicht dazu in der Lage sich einzumischen. Diesen beiden Streithähnen gute Vorschläge zu machen stieß immer auf eine unüberwindbare Mauer, das fand er bereits über die letzten Jahre heraus.
Hermine durchquerte den Zug auf der Suche nach Theodore. Sie dachte, dass er sie vielleicht verstehen und rational einen Rat geben konnte, wenn sie es ihm erzählte.
Tatsächlich begegnete sie ihm in der Nähe einer Gruppe von Hufflepuffs, die sich aufgeregt mit ihm unterhielten.
„Hallo, Theodore.", meldete sie sich zu Wort, worauf er sich lachend zu ihr umwandte.
„Hey!", ohne zu zögern schloss er sie in eine enge Umarmung. „Leute, wir sehen uns."
Damit trat er an ihre Seite und begleitete sie ein Stück, bis sie ohne Zuhörer sprechen konnten.
„Ich muss unbedingt mit dir reden.", nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe, Theodore runzelte seine Stirn, nickte dann aber.
„Gehen wir..."
„Komm!", rief sie in ihrem Übermut, umfasste seine Hand und schleifte ihn hinter sich her, bis sie die WCs erreichten und sich gemeinsam hineindrängten.
Ihr Begleiter verzog seinen Mund angeekelt: „Romantisch."
„Sehr witzig. Ich habe ein Problem.", Hermine warf ihre Hände, so weit es der schmale Raum ermöglichte, in die Luft.
„Fang an.", mit verschränkten Armen lehnte er sich gegen das Waschbecken, sie seufzte.
„Malfoy ist an Silvester total betrunken bei mir aufgetaucht und... das hört sich so bescheuert an.", ein bitteres Lachen löste sich aus ihrem Mund. „Er hat anscheinend Wahrheit oder Pflicht mit irgendwem gespielt und jemand fand es lustig, von ihm zu verlangen, mich zu küssen."
Theodores Augen wurden groß: „Du hast doch nicht-"
„Doch! Und jetzt- ich weiß nicht, ich-", fassungslos blinzelte sie die Feuchtigkeit in ihren Augen weg. Von Mitleid überspült zog er sie an sich heran. Schwach ließ sie ihre Stirn gegen seine Schulter fallen.
„Wenn er betrunken war, hat er es bestimmt schon wieder vergessen...", er versuchte, sie damit aufzumuntern, aber scheiterte kläglich.
„Ach so..., ja, weil ein Kuss zwischen uns so banal ist, dass er sein Black-Out nicht übersteht.", Hermine löste sich ein wenig von ihm und erwiderte seinen Blick mit verzogenem Mund.
„Ich will dir nur Mut machen."
„Ich bin mit Ron zusammen! Das geht nicht!", begehrte sie auf, trat einen halben Schritt zurück und landete mit dem Rücken an der Tür.
Der andere ließ seinen Blick über die junge Frau gleiten: „Liebst du ihn denn?"
„Malfoy? Himmel-"
„Nein, Ron.", stoppte er. Wieso sie sofort auf Malfoy schloss, verwirrte ihn. Immerhin war er nicht derjenige, der sie mit Berührungen und Worten überschüttete.
„Ich bin seine Freundin.", gab sie trotzig zurück und schniefte.
Anscheinend dachte sie, dass er es nicht mitkriegen würde, wenn sie ablenkte: „Aha. Das weiß ich bereits. Das war aber nicht meine Frage."
„Keine Ahnung. Wir versuchen es. Erst an Weihnachten haben wir darüber gesprochen und...", ratlos verstummte sie. Es war sehr schwer es auszusprechen, weil es auch in ihrem Herzen schmerzte.
„Trenn dich von ihm, wenn du dir nicht sicher bist.", sagte Theodore fest, versuchte Augenkontakt herzustellen. „Sonst machst du es nur schlimmer."
„Ich weiß. Ich will das ja auch gar nicht... es ist einfach passiert. Also, dass sich meine Gefühle für ihn aufgelöst haben."
„Und Malfoy?", lauernd beobachtete er sie, sah, wie sie nervös wurde, an einer Strähne herumfummelte und ihm auswich.
„Na ja, nichts.", wie auf Kommando wurden ihre Wangen rosa. „Ich wollte ihm nur helfen. Außerdem...", hat er mir einen so erbarmungswürdigen Blick zugeworfen, dass ich nicht anders konnte, dachte sie ertappt. „...hat er es nicht aus freien Stücken getan."
Theodore nickte nur, reimte sich seine eigenen Einzelheiten zusammen.
„Lass uns zurück gehen, die anderen warten auf mich.", murmelte sie abschließend, öffnete die Tür und trat mit ihm auf den kleinen Gang.
Blöderweise war dieser nicht verlassen, es fehlte nicht viel und sie wären mit Malfoy höchstpersönlich zusammengestoßen.
Der Blonde besah die beiden argwöhnisch, waren sie doch gerade gemeinsam aus einem abschließbaren WC gestolpert. Als wäre das der Hauptknotenpunkt dieser Welt und Granger und er wären dazu verdammt, sich auf ewig an dieser Stelle über den Haufen zu rennen. Draco registrierte ihre roten Wangen, Wut krallte sich in seinen Magen.
„Na? Kleines Stelldichein?", knurrte er, schloss seine Hände zu Fäusten und mit Genugtuung stellte er fest, dass sie beide um Fassung rangen.
„Nein, wir-", stammelte Hermine in Ermangelung einer guten Erklärung, Theodore fiel ihr jedoch ins Wort.
„Das geht dich nichts an."
„Hm. Lass das bloß nicht zu deinem Geliebten durchdringen.", erwiderte Malfoy spöttisch. „Wird ihm nicht gefallen, was du so treibst."
Hermine umfasste ihren Stoffbeutel fester: „Ach halt doch die Klappe!", danach drängte sie sich an ihm vorbei und ging erhobenen Hauptes zurück zu ihren Freunden.
Schnaufend ließ sie sich auf ihren Sitz fallen und starrte mit gesenkten Augenbrauen auf den Titel von Theodores Geschenk, welches sie auf dem Polster der gegenüberliegenden Seite abgelegt hatte.
„Wolltest du dich nicht umziehen?", fragte Ron irritiert. Sie wirkte aufgeregt und das erschien ihm seltsam. Wo zur Hölle war sie gewesen?
„Ja. Dann bin ich Malfoy begegnet und habe mich dazu entschieden, dass ich warte. Zufrieden?", Hermine verschränkte ihre Arme und bedachte ihren Freund mit einem Blick, der ihn sofort verstummen ließ.
Harry fühlte sich zunehmend unwohl. Es bahnte sich etwas an.
(...)
Der restliche Samstag war dagegen überaus träge dahingeglitten.
Draco beobachtete verstohlen, wie sie mit ihren Anhängseln den Zug verließ und sich auf den Weg zu den Kutschen machte. Nachdem sie gegangen war, hatte er Nott einen wütenden Blick zukommen lassen, der seufzte jedoch nur als Antwort und ließ ihn ebenfalls stehen. Er musste aufpassen, wenn er weiterhin so offensichtlich wütend wurde, konnte man Schlüsse ziehen, die er lieber nicht provozierte.
Noch immer waren die ganzen Ländereien mit Schnee bedeckt, Eis ließ die Oberfläche des großen Sees gefrieren. Er überlegte, wie er nun weiter vorgehen konnte. Am besten wäre es sicherlich, wenn er die Silvesternacht beiseiteschob und versuchte, sie zu ignorieren. Das ging sowieso am besten, wenn er Goyle um eine weitere Lieferung anhaute.
Blaise rempelte ihn an, Draco war auf der Mitte des Bahnsteigs stehen geblieben.
„Bist du festgefroren?", lachte er, verstummte aber, als er das ausdruckslose Gesicht seines Gegenübers bemerkte. „Alles okay?"
„Nein Blaise. Und das wird es auch nie sein.", zischte er ihm zu und setzte sich endlich in Bewegung.
(...)
Hermine saß mit Ron auf dem Astronomieturm. Eigentlich durften sie zu dieser späten Stunde nicht nach oben, aber sie wollte die Chance nutzen, um allein mit ihm zu sprechen. Schmerzlich lächelte er, als sie Hand in Hand die Stufen erklommen und sich schließlich gegen das Metallgeländer lehnten. Der Vollmond erhellte die Wälder, die das Schloss umgaben.
„Ich vergesse immer, wie schön es hier ist.", murmelte Hermine ehrfürchtig, kleine Kondenswolken lösten sich vor ihren Lippen in Luft auf.
„Ja, das stimmt.", Ron wandte ihr sein Gesicht zu, seine linke Gesichtshälfte wurde vom Mondlicht beschienen.
Was sie jetzt sagen musste, fiel ihr sehr schwer. Dennoch fasste sie sich ein Herz, holte Luft, aber ihr Gegenüber kam ihr zuvor:
„Ich weiß, was du sagen willst.", verdutzt schloss sich ihr Mund wieder. „Ich bin nicht dumm. Ich merke auch, dass du... nicht so glücklich mit mir bist.", und das bemerkte er sogar während ihrer Abwesenheit. Keine Briefe, obwohl sie sonst mindestens einen schrieb. Kaum ein Wort auf der Fahrt. Es hatte keinen Zweck mehr.
Wissend nickte sie. „Ich wollte nicht... nicht zulassen, dass es so weit kommt. Aber ich kann es nicht ändern. Und ich kann dir nicht geben, was du willst. Also... ähm..."
„Mhm.", machte Ron nachdenklich. „Darf ich dich etwas fragen?"
Eifrig antwortete sie: „Natürlich! Alles."
Er druckste herum, sein Daumen strich über das Metall. „Ähm... ist es... wegen jemand anderem?", dann sah er sie an, so tieftraurig. Sie konnte ihm die Wahrheit nicht sagen.
Deshalb schüttelte sie sachte ihren Kopf: „Nein."
„Ich dachte nur-... weil du so viel Zeit mit Theodo-"
„Oh Gott, nein!", tatsächlich gluckste sie amüsiert. „Nein, Ron. Ich mag ihn, aber er ist nur ein Freund."
Letztendlich atmeten sie beide ein wenig auf. Es war eine belastende Situation gewesen, umso besser fühlte es sich an, nach vorn zu sehen.
Ron vermisste es bereits zu diesem Zeitpunkt, ihre Hand zu spüren oder auf dem Sofa nah bei ihr zu sitzen. Dennoch schätzte er ihre Ehrlichkeit, war nicht sauer, nur ein bisschen traurig, weil es vorbei war. Vielleicht realisierte er das ganze Ausmaß dieser Entscheidung noch nicht vollständig.
Ihr Bauch fühlte sich freier und wohler an. So verdammt lang hatte sie diese Sorgen mit sich tragen müssen, als wäre es ungewolltes Gepäck. Aber jetzt konnte sie tiefer atmen und musste Ron nicht mehr hinhalten. Sie hatte es nicht gewollt, dass es dazu kam. Sie wollte um ihre Beziehung kämpfen, aber letztendlich war es umsonst. Zum Glück war er nicht sauer auf sie und verstand ihre Situation. Damit konnten sie ihre Freundschaft hoffentlich erhalten.
(...)
Am nächsten Nachmittag machte er sich auf den Weg zum Unterrichtsraum für Zaubertränke. Dieser Morgen hatte ihm bereits eine Art Magenschmerzen beschert, weil er ihr nun begegnen musste und das für mehrere Stunden. Frühstück und Mittagessen musste er deshalb ausfallen lassen, konnte sich nicht dazu durchringen, etwas hinunterzuwürgen. Ein letztes Glas Wasser mit zwei Tropfen Friedenstrunk würden ihn hoffentlich emotionsarm durch diese Zeit begleiten.
Er stieg die Treppe herab und wurde sofort der Gryffindor ansichtig, die wartend neben der Tür stand. Ihr Haar lag lang und offen über ihrer Schulter, ihre Uniform saß tadellos. Säuerlich erinnerte er sich an die Situation während der Heimreise, als sie und Nott in ihn gestolpert waren.
„Granger.", sagte er knapp, worauf sie ihm zunickte. Sie wirkte... müde. Jetzt, aus der Nähe betrachtet, stellte er auch fest, dass ihr Haar weniger ordentlich war, als er zunächst annahm.
„Guten Tag, Mister Malfoy und Miss Granger!", begrüßte sie Professor Slughorn, welcher sie sogleich euphorisch hineinwinkte. „Ich habe Ihnen alle notwendigen Zutaten bereitgestellt. Ich denke Sie schaffen es, sich in diesen zwei Stunden zu vertragen?"
Beklommen nickten sie einträchtig.
„Sehr gut, sehr gut... also, mal sehen...", er warf einen Blick auf ein Blatt Pergament in seiner großen Hand. „Christmas Mood Draught... Vergessen Sie nicht den Schnee zu besorgen. Ich werde einen Überwachungszauber sprechen, der mich in meinem Büro erreicht, sollte Ihnen etwas geschehen. Leider kann ich Sie nicht betreuen, ich muss etwas Wichtiges vorbereiten."
Draco verzog seinen Mund. Natürlich musste er das. Ihn und Granger allein zu lassen, war mit Sicherheit eine klasse Idee!
„Also viel Erfolg. Geben Sie mir Bescheid, wenn sie so weit sind. Sollte einer von Ihnen zuerst fertig sein, kann er dem anderen ja helfen."
Damit verschwand er aus dem Raum und ließ die beiden allein zurück.
„Ich geh nach draußen.", kündigte sie an und schnappte sich den kleinen Eimer von ihrem Tisch. Sie ließ Draco einen auffordernden Blick zukommen: „Denk bloß nicht, dass ich genug für uns beide mitbringe."
„Fein. Wenn du unbedingt meine Gesellschaft wünschst.", entgegnete er sarkastisch, nahm selbst einen Eimer in die Hand.
Stumm durchquerten sie den Korridor. Ihre Nähe machte ihn kirre, daher beschleunigte er seinen Gang, um etwas Abstand zu gewinnen. Schließlich traten sie in der Nähe der Gewächshäuser ins Freie, Flocken tanzten den Himmel hinab und legten sich auf seine Wangen, als er nach oben sah.
„Malfoy?", hörte er sie sagen, worauf er sich umdrehte. Ehe er sie fokussiert hatte, traf sie ihn mit einer Ladung Schnee im Gesicht, den sie mit ihrem Eimer aufgesammelt hatte.
„Argh!", schnell fummelte er die Brocken aus seinem Kragen, bevor sie zu schmelzen begannen. „Uah, das bekommst du zurück!", rief er und spürte, wie ein Wassertropfen an seiner Wirbelsäule hinabfloss.
Kreischend rannte sie davon, aber er war schneller. Hinter ihr angekommen gab er ihr einen Schubs, sodass sie vornüberfiel und in einer Schneewehe landete. Draco kniete sich lachend neben sie, nahm eine Hand voll Schnee und versuchte, sie in ihrem Genick unter den Pullover zu stecken.
„Nein! Hör auf!", schrie sie panisch, richtete sich im Sitzen auf und versuchte ihn abzuwehren. „Igitt!", leidend verzog sie ihr Gesicht, als er seine Vorhaben erreichte. Allerdings war das nur von kurzer Dauer. Sofort stürzte sie sich auf ihn, sodass er nach hinten in den Schnee fiel. Umständlich stieg sie mit einem Bein über ihn, um sich auf ihn zu setzen. Seine Hände versuchten ihre zu fassen, trotzdem konnte sie eine weitere Ladung der Eiskristalle in seinem Gesicht verteilen. „Erwischt!", lachend sah sie auf ihn herunter. Dann bewegte er sich unter ihr.
Zu genau saß sie auf seinem Schoß. Schluckend und mit vor Kälte rotem Gesicht hielt er ihre Handgelenke fest. Alsbald verging Granger das Grinsen.
Ein Ruck ging durch ihren Körper.
Mit einer entschiedenen, festen Geste zog er sie näher an sich heran. Ihr Haar, das feucht und voller Schneeflocken war, umgab ihre Gesichter wie ein Vorhang. Für eine kurze Sekunde huschte ihr Blick zu seinem Mund.
Der Moment verging, als ihm einfiel, was sie momentan mit Nott und Weasley abzog. Hektisch besann er sich, Stieß sie mit ganzer Kraft von sich herunter. Empört ließ sie einen spitzen Schrei verlauten, als sie erneut im Schnee zum Liegen kam.
Seine Hände waren inzwischen eiskalt. Schlotternd stand er auf, klopfte seine Kleidung notdürftig ab und ging zurück zum Weg.
Granger tat es ihm gleich, wenn sie auch über sein Verhalten verwundert zu sein schien. Sie wechselten keine weiteren Worte, füllten ihre mitgebrachten Eimer und kehrten in das Klassenzimmer zurück, in dem die Zutaten auf sie warteten.
(...)
Hermine beugte sich tief über ihren Kessel und begutachtete den Trank, der die gewünschte Farbe aufwies. Wie eine Glucke entfernte sie sich keinen Schritt davon, aus Angst, Malfoy könnte sie wieder sabotieren. Er hingegen zerschnitt ungerührt weitere Kräuter, maß den Schnee mit der Waage ab und mörserte anschließend ein paar Schlangenschuppen.
Es folgte eine zehnminütige Phase, in der die Flüssigkeit einkochen musste, daher setzte sie sich leicht schräg auf ihren Stuhl und beobachtete Malfoy, der ebenfalls saß und wartete.
Ihre Blicke trafen sich in der Mitte des Raums, unnachgiebig.
„Nott, oder wie?", säuselte er schließlich. „Meintest du nicht, du würdest mit dem rothaarigen Unfall gehen?"
„Ja, das habe ich gesagt. Aber...", wieso sollte so ihm eigentlich davon berichten?! „...weißt du was, das kann dir egal sein."
„Ich beende deinen Satz gern für dich: Ich habe das gesagt, aber seitdem sind drei Tage vergangen und ich kann mich nicht festlegen, also nehme ich mir einfach den Nächsten. Passt das?", sein Mundwinkel hatte einen bitteren Zug angenommen, während er versuchte, ihr Verhalten zusammenzufassen.
Hermine rümpfte ihre Nase: „Knapp daneben ist auch vorbei, du Idiot."
„Knapp daneben? Also stimmt ein Teil meiner Einschätzung?", amüsiert hob er eine Augenbraue. Granger ließ ihn ganz schön zappeln und sparte mit Informationen. Und innerlich rügte er sich dafür, dass er im Schnee einen Moment der Schwäche gehabt hatte.
„Ja, nämlich der, dass drei Tage vergangen sind."
„Weißt du, vorhin hättest du mich fast kalt erwischt – im wahrsten Sinne des Wortes – aber ich dachte, ich will keiner deiner vielen Loverboys sein. Das ist unter meiner Würde."
Interessiert lehnte sich das Mädchen zurück: „Ach so? Was würdest du denn tun, wenn ich zu haben wäre? Vergessen, wer ich bin? Und wer du bist?"
Dracos Hand zuckte. In seiner Blödheit hatte er wieder Worte gesagt, die er unverzüglich bereute. Dumpf packte der Trank seine Gedanken in Watte und lockerte seine Zunge. Er musste auf der Hut sein.
„Nein, dessen bin ich mir schmerzlich bewusst. Muggel-Granger kommt nicht infrage, zumindest nicht für mich."
„Zum Glück! Wer wüsste, was du dann mit dem Wissen anfangen würdest, dass Ron und ich getrennte Wege gehen.", neckte sie lächelnd. Ihre Armbanduhr gab ein leises Piepsen von sich, also erhob sie sich und rührte drei Mal im Uhrzeigersinn.
Draco starrte sie unterdessen wie vom Donner gerührt an. Getrennt? So richtig? Auch, wenn der Beruhigungstrank ganze Arbeit leistete, so schlug diese Mitteilung dennoch wie eine Bombe ein. Nachdenklich musterte er ihre geröteten Wangen, ihre hübsche Stupsnase, die von Sommersprossen übersäht waren. Wobei er diese aus der Entfernung nicht erkennen konnte... zuvor, im Schneegestöber hätte er sie allerdings berühren können.
„Und Nott? Was ist mit dem?", fragte er vorsichtig, wagte einen zweiten Vorstoß. Hoffentlich erkannte sie seine Absichten nicht.
Sie lehnte sich lässig gegen den Tisch, bedachte ihn mit ihren braunen Augen: „Weißt du, über Silvester hast du mich in eine Position gedrängt, die sehr kontraproduktiv war. Ich brauchte einen Rat und habe gehofft, ihn von Theodore zu erhalten. Aber, wie du weißt, ist der Hogwartsexpress zum Brechen voll. Also muss man kreativ werden, wenn man sich ungehört unterhalten will."
„Und... was hat er geraten?", er fühlte sich lächerlich nervös. Normalerweise ließ er sie kein Stück an sich heran, verwies sie auf ihren Platz, aber wie immer, konnte er das nicht, wenn sie bei ihm war. Allein. Zu seinem Bedauern war sie zusätzlich in Redelaune, was seine Neugier nur noch mehr anfachte.
„Das habe ich dir bereits erzählt."
Sie konnte doch nicht... eigentlich hatte sie vorgehabt ihm ein schlechtes Gewissen einzureden. Weil er sie küsste, während sie in einer Beziehung war. Und jetzt... sah er sie so vorsichtig an, dass sie ihn kaum wiedererkannte. In der letzten Zeit musste die Heftigkeit der Erinnerungen abgenommen haben, sodass sie sich mehr auf alles davor besannen.
Gedanklich streifte sie das zweite Gewitter, wie heftig sie geatmet hatten, wie fest sie sich umarmten, bevor er sie ansah, lächelte, sich näherte...
Mit heißem Gesicht unterbrach sie den Augenkontakt. Er war ein Anhänger von Voldemort und hat ihm geholfen. Seine Tante hat sie gefoltert. Er hat Todesser in die Schule gelassen. Aber hat sie im Hause der Malfoys nicht verraten. Sein Aussehen war fahl und grau gewesen. Hatte er womöglich selbst gelitten?
Zögernd sah sie über ihre Schulter: Malfoy saß mit auf der Hand aufgestütztem Kinn an seinem Tisch und starrte ins Leere. Sie runzelte ihre Stirn. Irgendwo hatte sie über dieses Erscheinungsbild gelesen. Seine Augen waren plötzlich glanzlos, die Frequenz seines Lidschlags war besorgniserregend niedrig.
„Malfoy?", fragte sie leise, worauf er nicht reagierte. „Hey!", wieder keine Reaktion. Alarmiert ging sie auf ihn zu, umfasste sein Handgelenk barsch, worauf er heftig zusammenzuckte.
In einer aggressiven Bewegung veranlasste er, dass sie ihn losließ.
„Was soll das?", krächzte er ihr entgegen und legte eine flache Hand auf seine Brust.
Verständnislos stützte sie ihre Hände auf der Taille ab: „Was das soll? Du warst völlig weggetreten!"
„So ein Blödsinn!", gab er unwillig zurück, erhob sich und rührte stockend in seinem Trank herum.
„Du zitterst wie Espenlaub!", unnachgiebig griff sie nach seiner Hand, die kalt und feucht war. „Hey, Malfoy! Schau mich an."
Er presste seine Lippen aufeinander, ehe er ihrer Bitte nachkam. Sein Erscheinungsbild war besorgniserregend. Selbst sein Mund sah blutleer aus, ein feuchter Film lag auf seiner Stirn. Hermine stellte fest, dass er ihr leidtat und dass sie wollte, dass es ihm gut ging. Ja, wirklich. Irgendwo aus den Tiefen ihres Herzens kam diese Besorgnis empor, übertrumpfte alle anderen Wutgefühle, die sie vorhin erst heraufbeschworen hatte.
„Geht es dir nicht gut?", sanft dirigierte sie ihn zu seinem Stuhl, worauf er sich fallen ließ. Wieder piepste ihre Uhr. „Moment, ich muss kurz-", als er nickte ging sie zu ihrem Kessel, fügte weitere Zutaten hinzu und rührte. Dasselbe wiederholte sie bei seinem.
Schließlich kam sie wieder neben ihm zum Stehen, aber nun hatte er etwas mehr Farbe im Gesicht. „Du siehst besser aus."
„Oh, danke.", höhnte er. „Was für ein nettes Kompliment."
„Mach dich nicht über mich lustig! Ich habe mir Sorgen gemacht!", erbost boxte sie gegen seine Schulter, dann verzog er sein Gesicht.
„Pfft. Erzähl das jemand anderem. Das kauft dir doch keiner ab."
Die übliche Arroganz kehrte zu ihrem Leidwesen zurück, dann fiel ihr Blick auf sein Handgelenk, an dem sich der Haargummi befand, den sie seit Ewigkeiten suchte.
„Was ist das?!", rief sie und zeigte darauf. Malfoy schluckte, zog seinen Ärmel hastig darüber.
~*~
... noch wer da? Ich habe heute mal Lust gehabt wieder an der Geschichte zu arbeiten. Ich hoffe wirklich, sie eines Tages zu beenden haha. Schönen Abend euch!
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