Nur ein Herzschlag
-Sichtweise Hermine Granger-
So schnell ich konnte, rannte ich durch die stillen Korridore von Hogwarts. Der Vollmond stand hoch am Himmel. Das grelle Licht schien durch die schmuddeligen Fenstergläser und warf unheimliche Schatten an die gegenüberliegenden Wände. Der Wind heulte und eine eisige Brise schlug mir entgegen. Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg über meine erhitzten Wangen. Angst schnürte mir die Kehle zu. Mein Herz schlug so schnell, dass es an ein Wunder grenzte, dass es mir noch nicht aus der Brust gesprungen war. Adrenalin schoss mir durch die Venen und trieb mich weiter voran.
Badumm. Badumm. Badumm.
Blut. Überall war Blut. Auf dem Boden, an den Wänden, sogar an der Decke. Einzelne Rinnsale flossen zu einer Pfütze zusammen, die stetig größer wurde. Das Blut vermischte sie mit dem Staub auf dem Boden und wurde zu einer bräunlichen, dickflüssigen Masse. Eine eisige Hand umschloss mein Herz. Es war Remus Blut...Ich konnte es klar und deutlich sehen.
Badumm. Badumm. Badumm.
Das Blut strömte dahin, wie ein träger Fluss. Der Wolf lag erschöpft auf dem Boden. Seine Gedanken drifteten immer wieder ab. Er stand kurz vor der Ohnmacht. Vor ihm stand eine Kommode. Das dunkle Holz hatte sich rot verfärbt. Am Türknopf vereinten sie die einzelnen Rinnsale zu einem Tropfen. Irgendwann wurde er zu schwer und fiel herab. Als der Tropfen auf dem Boden aufschlug, schloss der Wolf die Augen...Nein!
Badumm. Badumm. Badumm.
Ich erhöhte das Tempo, stolperte beinahe die Treppe hinunter, fing mich wieder und rannte weiter. Ich konnte zwar nicht mehr durch die Augen des Wolfes sehen, doch ich hörte noch immer sein Herz im gleichmäßigen Rhythmus schlagen.
Badumm. Badumm. Badumm.
Im vollen Sprint warf ich mich gegen die Tür des Krankenflügels. Ächzend gab diese unter meinem Gewicht nach. Ich fiel in den Raum, rappelte mich auf und setzte mich wieder in Bewegung. Ich zückte meinen Zauberstab, zielte auf das alte Holz, was mir den Weg zu Madam Pomfreys Räumlichkeiten versperrte. Ein roter Strahl schoss aus meiner Zauberstabspitze und riss die Tür aus den Angeln.
Badumm. Badumm. Badumm.
Ich stürzte in Madam Pomfreys Schlafgemach. Aufrecht saß diese bereits in ihrem Bett und rieb sich verschlafen die Augen. Als sie mich erkannte, legte sich ihre Stirn in Falten.
>>Kommen sie schnell, Madam! Remus verblutet! <<, rief ich. Hektisch umgriff ich ihren linken Arm. Ungeduldig und grob zerrte ich die ältere Damen aus ihrem Bett.
>>Kindchen, was reden sie da für wirres Zeug? Haben sie schlecht geträumt? << Haltlos verwirrt stolperte sie hinter mir her. Sie trug nur ein Nachthemd und rosa Plüschsocken. Unzählige, kleine Lockenwickler waren in ihre Haare eingedreht.
Badumm.. Badumm.. Badumm..
>>Ich habe nicht geträumt, das ist die bittere Realität! Also schnappen sie sich endlich ihren Erste-Hilfe-Koffer! Uns bleibt nicht viel Zeit. <<, forderte ich energisch. Sie begann sich gegen meinen Griff zu wehren. Nur wiederwillig blieb ich stehen.
>>Miss Granger, Remus befindet sich wohlbehalten in seinen Räumlichkeiten. Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen. Er nimmt den Wolfbanntrank und...<<, versuchte sie mich zu beruhigen, doch ich unterbrach sie barsch.
>>Remus ist in der Heulenden Hütte! Ich habe keine Zeit das jetzt alles zu erklären. Wenn sie mir nicht helfen wollen, dann geh ich allein! Er stirbt sonst...<< Tränenüberströmt und zitternd vor Angst, stand ich vor ihr. Mit großen Augen betrachtete mich die Heilerin.
Badumm.. Badumm.. Badumm..
>>Nun gut, ich werde mitkommen. Aber wenn wir schon in die Heulende Hütte gehen, um einen verletzten Werwolf zu helfen, dann brauchen wir Unterstützung <<, meinte sie nachdenklich. Eilig griff sie nach ihrem Koffer, der neben einem unscheinbaren Schrank stand. Darauf war ein großes, grünes Kreuz abgebildet. Zustimmend nickte ich.
Badumm... Badumm... Badumm...
Keine zehn Minuten später stürmten wir in das Schlafzimmer von Professor Snape. Mit wirren Haaren, einem dunkelgrünen Pyjama und gezückten Zauberstab, begrüßte er uns.
>>Was erlauben Sie sich einfach...? <<, fing er an zu protestieren. Ungeduldig schnitt ich ihm das Wort ab.
>>Keine Zeit für Diskussionen! Remus schwebt in Lebensgefahr! << Ich schlug den Zauberstab beiseite, griff nach seinem Handgelenk und zog ihn mit einem Ruck aus dem Bett. Keine Ahnung woher ich die Kraft dazu nahm, wahrscheinlich lag es an dem hohen Adrenalinspiegel in meinem Kreislauf.
>>Jetzt hören Sie mal zu, Miss Granger...! << Wieder unterbrach ich ihn mitten im Satz.
>>Je länger sie sich sträuben, desto kritischer wird Remus Zustand <<, fauchte ich ihn aufgebraust an.
Badumm.... Badumm.... Badumm....
Fünfzehn Minuten später, standen wir endlich vor der Heulenden Hütte. Es war geradezu gespenstisch Still. Noch immer hörte ich Remus Herzschlag, doch er wurde von Minute zu Minute schwächer und die Nacht war noch lang. Hell leuchtete ein kalter Vollmond auf aus herab. Am liebsten hätte ich ihn vom Himmel geflucht.
>>Ich werde mich ganz sicher nicht zu einem ausgewachsenen Werwolf begeben, der noch dazu in einer winzige Hütte liegt! <<, sagte Snape mit bebender Stimme. Er hatte panische Angst. Nachvollziehbar, wenn man bedachte, was James und Sirius ihn damals angetan hatten. Sicher wollte er das Ganze nicht ein zweites Mal erleben. Und trotzdem, es ging hier um Remus Leben...Sein Herzschlag war wie das Ticken einer Uhr. Je langsamer es wurde,um so mehr verschliss das Uhrwerk...Bis sie schließlich stehen bleibe würde...
Badumm...... Badumm...... Badumm......
Es war, als würde die Zeit aus dem Takt geraten. Ohne auf Professor Snape oder Madam Pomfrey zu warten, sprengte ich die Tür, schob das morsche Holz beiseite und betrat das untere Stockwerk der Hütte. Remus befand sich im oberen, soviel wusste ich.
Ich machte zwei Schritte vorwärts, als mir etwas ins Gesicht tropfte. Ein Wassertropfen? Reflexartig wischte ich ihn mit der Hand weg. Als ich jedoch meine Finger betrachtete, blieb ich wie angewurzelt stehen. Das war kein Wasser..., das war Blut. Geschockt blickte ich hoch zur Decke.
Badumm....... Badumm....... Badumm.......
Blut rann durch die Dielen, sammelte sich und tropfte zu Boden. Mit den Augen verfolgte ich jeden einzelnen Tropfen...Sämtliche Farbe wich mir aus dem Gesicht. Kalter Schweiß trat auf meine Stirn. Zitternd und frierend stand ich regungslos, zur Salzsäule erstarrt da.
>>Sie steht unter Schock! Komm Severus, wir müssen ins obere Stockwerk <<, vernahm ich Madam Pomfreys ruhige, überlegte Stimme, wie durch einen dichten Neben.
Badumm......... Badumm......... Badu.....................................
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