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Kapitel 1

Die Schulgänge waren wie leer gefegt, als ich sie entlang rannte. Der letzte Gong war vor fast zwanzig Minuten ertönt, hatte somit die erste Stunde eingeleitet, und ich war wieder spät dran. Dieses Mal war es wenigstens nicht meine Schuld, denn wir hatten mitten in der Nacht einen Stromausfall zu Hause gehabt, weshalb mein Wecker nicht geklingelt hat. Ob mir das meine Biolehrerin Mrs. Coleman glauben würde, bezweifelte ich. Die Frau konnte mich nicht ausstehen.

Ich sprintete die letzte Treppe zum zweiten Obergeschoss hinauf und landete im naturwissenschaftlichen Trakt, mit seinen grün-blau-gelb gestrichenen Wänden und überall klebenden Postern zur Wissenschaftsmesse in der letzten Woche vor den Sommerferien. Meine Beine führten mich den gewohnten Weg zum Klassenzimmer am Ende des Ganges und hielten vor der hölzernen Tür, an der ein weißes Schild mit der Aufschrift Bioraum 2 hing. Ich klopfte und wartete auf Mrs. Colemans »Ja bitte?«, bevor ich eintrat.

Als sie mich erblickte, erstarb ihr aufgesetztes Lächeln und sie verdrehte die Augen. »Ms. Hofferson, beehren Sie uns doch noch?« Sie stand mit nun verschränkten Armen vor der Tafel, an der sie zuvor ein Neuron aufgezeichnet hat. Sie liebte es, kurz vor Ende des Schuljahres mit neuen Themen anzufangen.

Ich stellte meinen Rucksack auf meinen Tisch, der rechts neben der Tür stand, zum Glück ganz hinten im Raum. So drehten sich wenigstens nicht alle zu mir um. »Ja, tut mir leid, wir hatten einen Stromausfall u-«

»Ach!«, sagte sie theatralisch dazwischen. »Natürlich, der altbekannte Stromausfall! Weil Sie ja heute nicht alle Ihre Smartphones als Wecker nutzen.«

Wie gerne hätte ich ihr für diese dumme Bemerkung eine gescheuert. Stattdessen holte ich mein Mäppchen aus meinem Rucksack. »Ich benutze mein Handy nicht dafür. Sie können auch gerne meinen Vater anrufen, der kam deshalb zu spät zur Arbeit.«

Sie machte eine wegwerfende Geste. »Das ist nicht nötig. Sie kennen die Regel, Ms. Hofferson, das ist eine sechs.«

Ich sah sie ungläubig an. »Was? Sie haben gesagt, wenn man mehr als eine halbe Stunde verpasst, bekommt man eine sechs. Ich bin nur knapp zwanzig Minuten zu spät.«

Sie grinste mich hämisch an. »Sie haben wohl durch ihre häufigen Verspätungen die Veränderung der Regel nicht mitbekommen. Seit einiger Zeit schon heißt es, wer generell zu spät kommt, bekommt eine sechs.«

»Das ist eine dämliche Regel«, sagte ich und würde ihr am liebsten für den amüsierten Unterton eine dicke Lippe verpassen. Sie tat so, als würde ich jede Woche den Anfang des Unterrichts verpassen, was nicht stimmte. Ich hatte heute nur Pech.

Mrs. Coleman seufzte genervt aus. »Sehen Sie es als dämlich an, ist mir egal. Ich kann Sie nicht ewig bevorzugen, nur weil Ihre Mutter gestorben ist. Das Leben geht weiter, kommen Sie damit klar. Für heute ist es eine sechs.«

Sie hätte mich genauso gut ins Gesicht schlagen können, es hätte keinen Unterschied gemacht.

Sie hatte gerade eben der ganzen Klasse mein bestgehütetes Geheimnis offenbart, als hätte sie erzählt, heute soll es sonnig werden. Unbedeutsam, emotionslos, ohne Acht vor bleibenden Schäden.

Ich konnte meine Mitschüler förmlich aufhorchen hören, sah, wie sich einige nun doch zu mir umdrehten und mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansahen. Sie erwarteten einen Rückstoß, einen bissigen Kommentar, den ich vor ein paar Monaten noch abgegeben hätte, aber ich konnte nichts tun. Es war, als hätten mich die Worte mit einem Betäubungspfeil getroffen, der meinen Körper lähmte aber nicht meinen Geist. Mein Blick blieb an Mrs. Coleman hängen, die jetzt auf ihren Merkzettel schaute, um den nächsten Bestandteil des Neurons zu erklären.

»Wo war ich stehen geblieben?«, sagte sie ohne zu bemerken, dass ich immer noch neben meinem Tisch stand und ihr niemand gänzlich zuhörte. »Ah, die Synapsen. Also, die findet ihr hier ...«

Ihre Stimme verblasste, als sich ein Piepsen in meinen Ohren breit machte. Mein Gehirn konnte nicht verstehen, wie sie das so kalt ließ. Es war zwar nicht ihre Mutter gewesen und ich mochte nicht ihre Lieblingsschülerin sein, aber ein wenig Empathie empfand doch jeder. Sie konnte doch nicht ... Sie musste wissen ...

Meine Sicht wanderte von ihrem Rücken zu meinem Rucksack, der immer noch offen auf meinem Tisch stand. Wenn ich bleiben würde, würden mich die Blicke der anderen so sehr durchbohren, dass ich zum Schweizer Käse mutierte. Manche würden mir nach der Stunde Fragen stellen, was passiert ist, wie es war, wann es war. Manche würden falsches Beileid ausdrücken oder zu mir kommen und von ihrer Trauergeschichte erzählen, von ihren verstorbenen Verwandten. Das konnte ich nicht. Ich wollte ihre falschen Zungen nicht in meiner Nähe.

Meine Hand packte mein Mäppchen, das einzige, was ich bisher rausgeholt hatte, steckte es zurück in meinen Rucksack und schloss ihn. Ohne zu zögern, hing ich ihn mir über die Schulter und verließ das Klassenzimmer. Ich hörte Mrs. Coleman mir dumpf etwas hinterherrufen, allerdings konnte ich die genauen Worte durch das stetige Piepsen in meinem Ohr nicht ausmachen. Es war mir auch ziemlich egal, ob sie wütend oder genervt war, soll sie zur Hölle fahren.

Meine Beine trugen mich hinunter ins Erdgeschoss, vorbei an der Trophäenwand, dem Eingang zur Cafeteria, auf direktem Weg zum Büro des Schuldirektors. Ich klopfte und musste nicht lange auf sein »Herein« warten.

Mr. North war ein Mann mittleren Alters, dessen Haarpigmente ihm bereits lebe wohl gesagt haben, denn sie waren schneeweiß. Durch seinen Vollbart und passenden Nachnamen, nannten ihn viele Santa Clause hinter seinem Rücken und schlugen jedes Jahr zur Weihnachtszeit vor, dass er sich als diesen verkleidete und unsere Wünsche erfüllte. Bisher hat er es nie getan, zumindest nicht in der Schule.

Jetzt saß er in seinem dunkelblauen Anzug an seinem Schreibtisch und hob fragend eine Augenbraue, als ich mich vor ihn auf einen der braunen Sessel setzte. »Ms. Hofferson, die erste Stunde ist nicht einmal rum. Was ist passiert?«

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Er hatte mich schon oft genug in den letzten zwei Jahren weinen sehen. »Mrs. Coleman.«

»Ah«, machte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Was hat sie dieses Mal getan?«

Meine Finger fummelten wie automatisch am Saum meines T-Shirts herum. »Sie hat einfach ... Sie hat da gestanden und ... Ich kann nicht fassen, dass sie das gesagt hat«, stammelte ich vor mich hin.

»Astrid«, sagte Mr. North ruhig. »Atme, tief ein, tief aus. So, wie wir es schon öfter zusammen gemacht haben. Und jetzt fang nochmal von vorne an.«

Seine Atemübungen wirkten immer wie Wunder auf mich, dabei denke ich, es lag eher an seinem friedlichen und ruhigen Gemüt als an der Technik. Nach dem dritten Ausatmen, fand ich die Worte. »Mrs. Coleman hat der ganzen Klasse vom Tod meiner Mutter erzählt.«

Er beugte sich wieder nach vorne. »Ins Detail oder wie?«

»Nein«, sagte ich Kopf schüttelnd. »Wir hatten einen Stromausfall, weshalb ich zu spät war, wofür sie mir eine sechs geben wollte. Wir haben deshalb diskutiert und dann meinte sie, dass sie mich wegen dem Tod nicht ewig bevorzugen kann.«

Ich konnte genau sehen, wie er sich das Augenrollen verkniff. Mr. North beobachtete Mrs. Coleman schon eine Weile, da sie gerne ihre Hassschüler für die kleinste Sache zu ihm schickte und er immer wieder Geschichten über sie hörte, die man über eine Lehrerin nicht hören sollte. Diese hier war ein gutes Beispiel.

Er seufzte. »Es tut mir wirklich leid, dass sie es vor allen erzählt hat. Eigentlich weiß sie, oder zumindest sollte sie wissen, dass ihr deine Umstände vertraulich mitgeteilt wurden. Ich werde gleich auf jeden Fall ein paar Takte mit ihr reden un-«

Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn. Er räusperte sich und sagte »Herein«. Wer dann hineinkam, hätte ich nie erwartet.

Hicks Haddock, der Musterschüler des Jahrgangs, Einserschüler obendrauf und Lehrerliebling.

»Mr. Haddock«, sagte Mr. North, der ebenso überrascht war wie ich. »Was kann ich für Sie tun?«

Er schloss die Tür und setzte sich neben mich in den anderen Sessel. »Mrs. Coleman hat mich hergeschickt. Ich soll mir meine Strafe abholen.«

Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Eine Strafe? Was hat er denn bitte in den letzten zehn Minuten gemacht?

Mr. North verstand genauso wenig. »Eine Strafe wofür?«

»Es ist möglich«, begann Hicks langsam, »dass ich sie eine kaltherzige Bitch genannt habe.«

»Du hast was?«, sagte ich und drehte mich zu ihm. Er grinste mich nur von der Seite her an.

»Mr. Haddock, wenn Sie es bitte erklären könnten«, sagte Mr. North, dessen Mundwinkel zuckten.

Hicks hob die Schultern hoch. »Ich fand es nicht fair, dass sie so etwas Privates ohne Zustimmung preisgegeben hat. Man hat gemerkt, dass sie es mit Absicht zur Demütigung gemacht hat, da konnte ich nicht die Klappe halten.«

»Also hast du sie einfach eine kaltherzige Bitch genannt?«, sagte ich dazwischen.

Er schaute mich mit seinen grünen Augen an. »Ich hab sie auch noch ein paar andere Dinge genannt, aber für die kaltherzige Bitch wurde ich hergeschickt.«

Ich konnte es nicht glauben. Der absolute Musterschüler hat zu meiner Verteidigung unsere Biolehrerin beleidigt, und dabei haben wir vor gerade eben in den letzten drei Jahren nicht ein Wort miteinander gewechselt.

»Ich arbeite seit fast fünfzehn Jahren an dieser Schule«, sagte Mr. North nun. »Fast fünf Jahre, in denen ich Direktor bin, und erst seit Mrs. Coleman hier ist, werden so viele Schüler zu mir geschickt, als sei ich Knecht Ruprecht. Noch nie kam einer hierher, weil er sie eine kaltherzige Bitch genannt hat.«

Zuerst dachte ich, er wäre sauer und Hicks wahrscheinlich auch, denn sein Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Doch dann fing Mr. North so sehr an zu lachen, dass er sich den Bauch halten musste. Ich war zu perplex, um selbst lachen zu können, weshalb ich nur unbeholfen zu Hicks rüberschaute. Der schien auch nicht zu wissen, was in unseren Direktor gefahren war.

Nach einer Minute, verebbte sein Lachen langsam und er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Das ist echt das Beste, was ich je gehört habe. Ach, Mr. Haddock, dafür bekommen Sie keine Strafe, erzählen Sie das nur niemandem. Und beleidigen Sie keine Lehrer mehr.« Sein Blick wanderte zu mir. »Ich werde mit ihr reden und deutlich machen, dass ich so etwas an dieser Schule nicht dulde. Wir sind hier, um euch weiterzubilden, nicht, um euch zu schikanieren. Leider kann ich das Gesagte nicht aus den Köpfen Ihrer Mitschüler löschen.«

»Spätestens bei der Abschlussfeier wären sowieso Fragen aufgekommen«, sagte ich und fühlte mich direkt wieder elender bei dem Gedanken, dass meine Mutter nicht dabei sein wird. Dass sie nie wieder irgendwo dabei sein wird.

»Falls Sie nächstes Jahr daran teilnehmen«, sagte Mr. North. Er hätte gar nicht weiterreden müssen, ich wusste, was er meinte. Dennoch tat er es. »Wenn sich Ihre Noten nicht bessern, werden Sie ein Jahr länger machen müssen. Das wissen Sie schon länger, Ms. Hofferson.«

»Ja«, sagte ich gedehnt und fummelte an meinen Fingern herum. »Ich weiß. Es ist nur ... Es ist nicht so einfach, alles nachzuholen und mit dem neuen Stoff mitzukommen.«

Er nickte. »Das verstehe ich, trotzdem konnte ich Sie nur mit Biegen und Brechen in die zwölfte Klasse versetzen, ohne dass mir Ihre Lehrer im Nacken hingen. Das ist Ihre letzte Chance, in der Regelzeit die Schule abzuschließen.«

»Ich weiß«, murmelte ich, immer noch den Blick gesenkt.

»Mr. Haddock!«, sagte Mr. North dann plötzlich. Oh nein, den hatte ich schon ganz vergessen. Das war ja grandios, jetzt wusste er nicht nur von meiner Mutter, sondern auch von meinem Schulproblem. Konnte der Tag noch besser beginnen?

»Ja?« sagte der Angesprochene verwirrt.

»Sie sind der Beste Ihres Jahrgangs«, sagte Mr. North in einem Ton, der verriet, dass es keinen Widerspruch gab.

»Ich bin mir nicht sicher-«, stammelte er, konnte aber nicht zu Ende sprechen, da redete unser Direktor wieder.

»Wie wäre es, wenn Sie Ms. Hofferson Nachhilfe geben würden?«

Wie bitte was?

Ich schaute endlich zu ihm hinauf. Er hatte seine Unterarme auf den Tisch gelegt, die Hände ineinander verschränkt, und ein breites Lächeln auf den Lippen, als wäre ihm gerade die Idee für einen Nobelpreis gekommen. Er sah uns erwartungsvoll an.

»Ähm«, stammelte Hicks. Sein verdutzter Blick wechselte zwischen Mr. North und mir. »Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist ...«

»Warum nicht?«, fragte Mr. North und zog seine Augenbrauen hoch. »Sie stehen in jedem Fach auf einer eins, Sie haben beide dieselbe Fremdsprache gewählt und wenn ich mich nicht irre, haben Sie sogar die meisten Kurse zusammen. Ms. Hofferson wird es ohne Hilfe nicht schaffen, die zwölfte Klasse abzuschließen - nichts für ungut an Sie an dieser Stelle.«

»Das mag so sein, aber-«, versuchte Hicks es erneut, jedoch schien Mr. North so sehr in seiner Idee festgefahren zu sein, dass er sich davon nicht beirren ließ.

»Kein aber!«, sagte Mr. North mit erhobenem Finger. »Sie werden Ms. Hofferson Nachhilfe geben, damit sie ihr letztes Jahr reibungslos schafft. Wir reden bei den Sportevents immer von Teamgeist, Schüler helfen Schülern zählt dazu. Ich möchte, dass Sie sich mindestens zweimal in der Woche treffen und mir freitags zu Beginn der Mittagspause Rückmeldung erstatten.«

»Habe ich etwa nichts zu sagen?«, fand ich meine Stimme wieder, denn sein Ideensausbruch hatte mir die Sprache verschlagen.

»In diesem Fall nicht, nein«, sagte er. »Sie wissen ganz genau, dass Sie diese Nachhilfe brauchen.«

»Ich kann auch-«

»Nein, können Sie nicht«, sagte er in einem Ton, der keine Antwort duldete. »Mr. Haddock ist sehr zuverlässig und vertrauenswürdig. Bei ihm weiß ich, dass er diese Stunden auf jeden Fall wahrnehmen wird. Er wird mir auch Bescheid sagen, wenn Sie sich keine Mühe geben oder nicht mitarbeiten.«

Ich war zu fassungslos, um Protest einzulegen. Hicks hatte seine Niederlage anscheinend schon hingenommen, denn er sagte ebenfalls nichts.

»Also, Sie beide, zweimal die Woche Nachhilfe«, sagte Mr. North als Schlussstrich. »Denken Sie daran, Ms. Hofferson, letzte Chance. Ich wünsche mir wirklich, dass ich Ihnen nächstes Jahr Ihre Urkunde überreichen kann.«

Ich wusste, dass er es nur gut meinte und mir helfen wollte, aber musste es wirklich der Musterschüler Haddock sein? Ein Junge, mit dem ich nie zuvor gesprochen habe. Der Freund der besitzerischen Cheerleader Kapitänin. Warum war das Leben so grausam zu mir?

»Das wäre dann alles. Sie können zurück in den Unterricht«, sagte Mr. North mit einem Lächeln im Gesicht, als hätte er nicht gerade eben mein Leben komplett auf den Kopf gestellt.

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