Teil 16
Als ich aufwachte, wusste ich nicht wie spät es war. Mein Körper schmerzte und meine Gedanken wirbelten wild umher. Meine Konzentration war völlig am Ende.
Als ich ein Blick auf mein Handy warf, sah ich, dass es 8.30 Uhr war. Ich betrachtete meine Schulter und meinen restlichen Körper, soweit ich mich im liegen sehen konnte. Vorsichtig setzte ich mich auf, probierte aufzustehen und tappte langsam ins Badezimmer. Ich sah nicht gut aus, doch das war egal. Meine langen, braunen Haare waren fettig, ich hatte mehrere Schürfwunden, eine Platzwunde und ansonsten war ich dreckig und hatte viele blaue Flecken. Meine rechte Schulter war eingegipst und fühlte sich schlapp an. Außerdem knurrte mein Magen laut vor Hunger. Verträumt stand ich lange vor dem Spiegel im Bad und als ein Pfleger hereinkam, überredete er mich wieder ins Bett zu gehen.
„Was ist mit meiner Schulter?"
„ Das Schlüsselbein ist gebrochen. Ich werde dir gleich Frühstück bringen und danach kommt ein Arzt vorbei."
Schnell bedankte ich mich und begann kurz darauf gierig zu frühstücken.
Der Arzt später war nicht Tim sein Onkel. Er erklärte mir was ich hatte und wie lange ich bleiben musste.
Er meinte ich müsste 3 Tage hierbleiben.
Zögernd öffnete sich die Tür und Tom mein Bruder kam herein.
Er setzte sich vor mich und grüßte
„ Hallo Sarah. Wie gehts dir? "
„ Hi, Tom. Es geht mir ganz gut. Das Schlüsselbein ist gebrochen und ich muss noch etwa 3 Tage hierbleiben."
„ Du bist wirklich verrückt, dass du einfach abgehauen bist. Mama und Papa haben sich total Sorgen gemacht."
„ Hat es wenigsten etwas gebracht? Verstehen sie mich jetzt? Meine Liebe zu den Bergen und die Liebe zu Österreich."
„ Naja. Mama versteht dich langsam, aber Papa muss man noch überzeugen."
Ein Schweigen tritt ein. Ich blickte verlegen zu Tom.
„ Du musst einen Plan haben. Du musst Mama und Papa einen Plan vorstellen von deinem Traum. Wie stellst du dir das vor, hier nach Österreich zu ziehen?", fragte Tom nach einer längeren Pause.
„ Wir könnten hier ein schönes, neues Leben anfangen," entgegnete ich, merkte aber kurz darauf, dass dieser Satz sehr dumm war.
„ Du willst hierher, aber was ist mit Mama, Papa und mir. Ich habe meine Freunde in Berlin, Mama und Papa arbeiten dort und du lebst da ebenfalls. Wir haben eine Wohnung. Wir haben unser Leben in Berlin. Papa würde niemals nach Österreich ziehen, nur weil du das willst. Wenn du wirklich unbedingt hier leben willst, dann musst du einen anderen Plan finden."
Über das was er sagte, musste ich jetzt kurz überlegen. Er hatte recht und ich wollte diese Wahrheit nicht sehen.
„ Habt ihr mit Tim geredet?", fragte ich.
„ Ja ein bisschen. Er ist nett."
Wir redeten noch eine Weile, bis es klopfte und meine Mutter hereinkam.
Freudig lächelte ich sie an und sie kam auf mich zu, strich mir übers Haar und küsste sachte meine Stirn. Wir umarmten uns lange, dann verließ Tom den Raum und wir waren unter Mutter und Tochter alleine.
„ Wir sind froh, dass dir nicht mehr passiert ist. Sarah, wir lieben dich."
„ Ich euch auch. Es tut mir leid, dass ich euch so eine Angst eingejagt habe. Ich bin bloß in Berlin fast verzweifelt, ich vermisste die Berge und wollte endlich Österreich kennenlernen."
„Ich glaube dir das. Wir werden schon eine Lösung finden."
„ Genau.
Papa versteht mich noch nicht oder ?"
„ Es geht, aber wenn er mit hergekommen wäre, dann hätte wir sicherlich wieder gestritten.
Gib ihm noch etwas Zeit! Irgendwann wird er dich verstehen."
„ Aber wann ? Wenn ich volljährig bin, in fünf Jahren" augenblicklich wurde ich lauter.
„ Nein. Ich rede ja auch schon mit ihm. Er muss dich erst noch richtig verstehen, so, wie ich dich jetzt."
Verlegen blickte ich sie an.
„ Du magst Tim sehr oder ?", wechselte Mama rasch das Thema.
„ Ja. Er ist unglaublich mutig, stark und einfach ein cooler Freund.
Er ist wie ein Spiegel von mir und ich von ihm."
„ Cool."
Wir redeten noch eine Weile, dann ging Mama. Lorenz und Angi besuchten mich. Ich erzählte ihnen, was passiert war und noch einiges mehr.
Am Abend kam Tim ins Zimmer.
„ Hallo. Na wie geht es dir?", meinte Tim.
„ Hi. Gut, nur das Schlüsselbein ist gebrochen."
„ Na das wird wieder." Ruhig setzte er sich vor mich.
Still willigte ich ihm ein.
„ Wie geht es weiter mit dir ? Kannst du hier bleiben oder musst du zurück nach Berlin"
„ Ich muss mich noch etwas gedulden. Meine Mutter und mein Bruder waren hier, doch eine Entscheidung können wir nur mit meinem Papa treffen."
„Ärgere dich nicht zu sehr. Ich verstehe dich und fühle mit dir, aber wenn deine Eltern dir in den nächsten Jahren Österreich völlig verbieten wollen, dann musst du eben hier herziehen, wenn du 18 bist."
„ Ja, ich muss mich vermutlich gedulden und es dann so hinnehmen, wie es kommt."
„ Genau. Ansonsten schreiben wir uns einfach Briefe," lächelte Tim fröhlich.
„ Ich habe auch gestern in den Bergen völlig über reagiert. Ich wollte viel ruhiger bleiben und nicht so ausrasten, doch plötzlich wurde ich wieder so wütend. Ich... Ich weiß noch nicht mal genau, aus welchem Grund ich von zu Hause abgehauen bin.
Wollte ich wirklich nur hierher, oder war ich einfach wütend, dass ich die letzten Jahre nicht mit nach Österreich konnte mit meinet Klettergruppe?"
„Vermutlich beides. Das Ziel ist ja gleich. Du wolltest einmal hierher und möchtest jetzt nicht mehr weg. Verfolge deinen Traum, ehrlich, mutig und sicher, aber wenn du merkst, dass deine Eltern völlig stur sind und du gar nicht mehr mit Ihnen reden kannst, dann lass es sein."
„ Danke, du hast recht."
Ich liebte Tim freundschaftlich. Er war perfekt zum reden und eine totale Vertrauensperson. Mit ihm kann ich alles besprechen.
Gegen 22 Uhr kam Tim's Onkel ins Zimmer. Er trug eine lange braune Hose, blaues T- shirt und schwarze Turnschuhe. Er hatte kurze, braune, glatte Haare, seine blauen Augen leuchteten und er hatte ein freundliches Lächeln auf den Lippen.
Sein Körper war schlank und er hatte leichte, kräftige Oberarme.
„ Hey," grüßte er nett und lächelte mit seinem zarten Lippen.
„ Hallo," grüßte ich ebenfalls mit Tim.
Mein Blick ruhte noch immer auf Tim's Onklel.
„ Ich bin Luca. Wie geht's dir ?" Er reichte mir die Hand und setzte sich neben Tim auf einen Stuhl.
„Ich bin Sarah. Mir geht es relativ gut. Ich freue mich sie kennenzulernen."
Ich schüttelte seine Hand lächelnd.
Tim verschwand in dem Moment nach draußen auf Toilette und da begann Luca mit mir zu reden.
„ Du bist cool Sarah. Mutig und stark.
Tim erzählte immer von einem Mädchen in den letzten Tagen und gestern Abend hat er mir dann richtig berichtet, was er mit dir erlebt hat."
„Danke, doch Tim ist für mich auch einfach nur Spitze. Ich kann alles mit ihm bereden und er ist genauso stark und mutig. Er hat so viel durchgemacht. Ich hatte noch nie so einen besten Freund."
„ Er hatte auch noch nie so eine beste Freundin. Schon gar nicht eine, die sogar mit ihm klettern geht. Weißt du schon, ob du hier bleiben darfst?"
„ Nein. Mein Vater versteht mich einfach noch nicht. Ich möchte mit reden versuchen, ihn zu überstimmen, dass ich bleiben kann," entgegnete ich unsicher.
„ Weißt du denn direkt was du möchtest? Willst du wirklich hier bleiben oder willst du etwas ganz anderes?"
„ Mein Wunsch ist schon, hierbleiben zu können in Österreich, am liebsten sogar in St. Anton, aber meine Eltern werden das nie zulassen. Ich wüsste ja gar nicht, wo ich zur Schule gehen könnte und überhaupt wo ich schlafen und leben kann. Mein Bruder meinte schon, dass wir als Familie hier nicht herziehen würden, nur weil ich das will.
Also müsste ich selber einen Plan entwickeln, um herzuziehen."
Tim setze sich wieder zu uns und hörte in unserem Gespräch zu.
„ Als erstes musst du für dich wissen, was du wirklich willst. Wenn du hier leben und weiter zur Schule willst, dann schlage das so deinen Eltern vor. Schlafen könntest du auch bei uns."
„ Ach, das ist doch doppelte Belastung."
„ Nein. Ich sehe das gar nicht als Belastung. Tim hätte dich als beste Freundin, ähnlich wie eine Schwester.
Du könntest ihm bei Hausaufgaben helfen, mit ihm klettern gehen und einfach da sein und mit ihm reden. "
Tim und Ich starrten uns eine Weile an, dazwischen immer wieder zu Luca, der lächelte. Dann begriff auch Tim, dass sein Onkel das ernst meinte.
Er begann zu strahlen und meinte„ Ja das ist unglaublich. Eine super Idee."
„ Genau und außerdem wüsste ich dann genau, dass du beim klettern nicht alleine wärst. Klar habe ich nicht mehr so Angst um dich, wie am Anfang, doch gerade wenn du mal länger in den Bergen bist und vergisst anzurufen habe ich oft Angst.
Und auch sonst schadet es dir nicht, wenn Sarah mit klettert."
Luca meinte das ernst, was er sagte Und das gefiel mir.
„ Ich rede mit meinen Eltern und mache ihnen diesen Vorschlag. Ich sage ihnen auch, dass ich bei euch leben könnte.
Vielen, vielen Dank. Wenn das meine Eltern überredet hier zubleiben, dann helfe ich euch jeden Tag im Haushalt," strahlte ich ebenfalls. Meine Freude war riesig groß.
„ Bitte. Rede trotzdem ruhig mit deinen Eltern und verspreche mir nicht zu viel," schmunzelte er lächelnd.
Kurz redeten wir noch und sobald sie weg waren, schlief ich glücklich und zufrieden ein.
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