Ein Sommer im Weizen
Sommerliebe
Du musst nicht in meiner Nähe sein und du musst mich nicht ansehen, mit deinen blaugrauen Augen. Doch wenn du es tust, bin ich glücklich.
Du musst nicht mit mir sprechen, aber deine Worte haben Wärme. Und du musst mir nicht zuhören. Aber wenn du es tust, bin ich glücklich.
Du musst mich nicht berühren, mit deinen zarten Händen und du musst mich nicht küssen mit deinem zärtlichen Mund. Aber wenn du all dies tust, bin ich glücklich.
Welches Glück kann so groß sein, ist es das Glück, die Liebe noch einmal zu spüren?
Ein Gedicht von: Petra Tränkner
Meine Schritte führte mich zurück zu dem Feld. Es brachte mich immer wieder zu diesem Ort zurück. Ein Ort an den ich Freude erfuhr, Liebe spürte, Glück erfasste, Trauer erkannte, Hass verübte und mir dauernd eine Frage stellte: Wieso Ammie?
Vorsichtig setzte ich einen Fuß auf das Feld und spähte zwischen dem Weizen hervor. Leicht bog es sich im warmen Wind und ich wünschte mir, ich könnte diesen fast unspürbaren Wind dazu bringen, mich abzukühlen. Die Sonne brannte auf die Welt nieder, ich hatte das Gefühl, meine Haare standen in Flammen. Es brannte auf meiner Kopfhaut und das obwohl ich nur wenige Minuten unterwegs war.
Trotzdem konnte ich sie schnell erkennen, wie sie zwischen dem Weizen stand, der mir bis über die Hüfte reichte. Auf dem Feld auf dem der Mais bis über die Köpfe reichte, das im Winter bloß dalag und im Frühling in einem schönen gelb geleuchtet hatte. Nun kratzte der goldene Weizen an meinen Beinen, die in einer kurzen Hose steckten.
Dass ich irgendwann mal ohne Ammie diesen Weg gehen würde, hätte ich nie gedacht. Doch jedes Mal, wenn ich in ihre Augen sehe, ihre Ausstrahlung und Ruhe bemerkte, wusste ich, dass ich nicht alleine war.
Sie hatte ihren Bruder verloren. Vor zwei Jahren brach auf genau diesem Feld ein Feuer aus. Der Sommer war trocken und heiß gewesen, es regnete nur selten. Und dies reichte, um das Feld in Flammen aufgehen zu lassen. Sie war mit ihm dort gewesen, um mit deren Neffen zu spielen. Nachdem dieser im Feld verschwand, um mit ihnen verstecken zu spielen, hatten sie den Rauch gerochen und waren hineingerannt. Ihr Bruder rannte direkt in seinen Tod, sie hatte ihn nie wieder gesehen. Ihren Neffen hatte sie retten können, auch, wenn es sehr knapp gewesen war. Und seit diesem Tag besucht sie diesen Ort.
"Er ist noch hier", hatte sie mir einmal gesagt. "Und er hat Angst. Ich will ihn nicht alleine lassen."
Ich blieb bei ihr. Ich wollte sie nicht alleine lassen. Und je länger ich bei ihr blieb, desto klarer wurde mir, wer ich war. Ich war an sie gebunden, ich wollte mit ihr den Rest meines nun nicht mehr verkümmerten Lebens führen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es mein Schicksal war, mit ihr zusammengekommen. Ich hatte es gefühlt, selbst Ammie wusste es. Sie hatte gewusst, dass sie gehen musste, dass ich alleine sein würde. Doch woher wusste sie, dass diese Frau mein Leben so verändern könnte? Die Fantasie eines Kindes war grenzenlos, aber Ammie war ein besonderes Kind.
Wenn ich zurückschaute, bemerkte ich, dass je näher ich meiner Traumfrau kam, desto schlimmer war der Verfall meines Sonnenscheins gewesen. Als ich sie traf, begann Ammie, wackelig auf den Beinen zu werden. Als wir miteinander redeten, konnte sie kaum noch laufen und essen. Als wir uns küssten, starb sie.
Es zerfraß mich auch nur daran zu denken.
"Was denkst du, ist dein Schicksal?", fragte ich sie, als wir Hand in Hand der Sonne entgegensahen.
"Ich fürchte, ich werde für immer hier stehen und warten", sagte sie mir mit einem leichten Lächeln.
Meine Augen wurden dunkel vor Trauer. "Auf was wartest du?"
"Ich warte darauf, dass mein Schicksal sich endlich besiegelt", meinte sie dann und ließ mich innehalten. Ihr Blick richtete sich auf mich. "Ich warte seit dem Tod meines Bruders darauf, dass ich dem gerecht werde, was mir vorherbestimmt wurde."
Erschrocken sah ich sie an. "Du wartest, bis du stirbst?"
Sie nickte. "Ich werde so sterben wie er, das bin ich ihm schuldig."
Ich verstand sie, aber ihre Worte machten mir Angst. "Du kannst doch nichts dafür, dass er gestorben ist", sagte ich und legte meine Hand an ihre Wange.
Sie schloss die Augen. "Ich habe mich entschieden meinen Neffen zu retten und habe ihn zurückgelassen", sagte sie. Ihrer Stimme nach zu Urteilen war sie in ihren Erinnerungen versunken. "Ich werde nie seine Schreie vergessen. Ich höre sie noch immer, wenn ich nachts versuche, einzuschlafen."
"Du brauchst dich für nichts schuldig zu fühlen. Er hätte im Ernstfall das gleiche getan!"
"Komm mir nicht damit!", herrschte sie mich an. Die Liebe in ihrer Stimme war nicht mehr zu hören. "Ich habe gewartet und nichts ist passiert. Ich werde es selbst in die Hand nehmen. Entweder du gehst mit mir in das Paradies oder bleibst alleine in dieser Hölle."
Ich ließ sie los und ging mit leichtem Kopfschütteln nach hinten. Ich wollte bei ihr bleiben und mit ihr sein, doch ich konnte nicht diese Welt verlassen. Mein Schicksal war es,bei ihr zu bleiben, doch es war nicht vorhergesehen, ihr in das Ende zu folgen.
"Dann lebe in dieser Hölle und verbanne mich aus deinem Gedächtnis."
Dann kippte sie sich Benzin über den Körper und ich begann zu rennen. Ich hörte es zischen und knistern, dann begann sie zu schreien. Zurücksehen tat ich nicht, meine Beine führten mich aus dem Feld heraus.
Und als ich schließlich wieder auf der Straße stand, sah ich die dunklen Rauchwolken zum Himmel aufsteigen. Ihre Schreie waren verstummt.
Ich war so verzweifelt. Und einsam.
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