Schmerzen // 23
Ich wachte mit einem Ziehen im Bauch auf. Legolas war wie immer bereits verschwunden. Als Prinz war er immer einer der ersten, die wach waren. Ich stand gähnend auf und machte mich fertig. Ich wunderte mich nicht sonderlich wegen dem Ziehen. Es würde schon nichts Schlimmes sein und wenn es schlimmer wurde, dann würde ich auch zum Heiler gehen.
Ich hatte nicht wirklich Hunger, weshalb ich mich gleich auf den Weg nach draußen machte. Ich würde diesmal vorsichtiger sein und hatte alle meine Waffen dabei. Doch ich musste wissen, ob im Wald wirklich noch ein anderes Lager von Waffen waren, wenn auch nicht so besonderen. Der Schüler, den ich gestern erwischt hatte, hatte sich schließlich offensichtlich eines holen wollen.
Ich lauschte aufmerksam in den Wald hinein, während ich gezielt meine leisen Schritte setzte. So extrem viele Spinnen waren immerhin auch nicht unterwegs. Sie waren auch erst vor ein paar Tagen hier angekommen und der Wald war noch nicht völlig krank.
Zufrieden über den ruhigen Weg kam ich bei dem Busch von gestern an. Als ich nichts finden konnte im Umkreis ging ich langsam in die Richtung vom Schloss weg weiter. In die Richtung musste er schließlich auch gegangen sein. Wo würde ich Waffen verstecken?
Ich keuchte plötzlich auf, als ein starker Schmerz meinem Unterbauch spürte. Es war kein Ziehen oder Zwicken, sondern mehr krampfartig. Das Baby! Ich sah mich hilfesuchend um, doch konnte nichts und niemanden erkennen. Schlagartig fühlte ich auch einen starken Schmerz in meinem unteren Rücken. Mir wurde augenblicklich heiß. Was geschah mit mir?
Ich stützte mich an einem Baum neben mir ab und schleppte mich stolpernd weiter zu einem naheliegenden kleinen See. Ich kannte ihn und war früher oft hier gewesen. Neben ihm war eine Felsformation, zwischen die ich mich setzte und versuchte durchzuatmen. Im Sitzen konnte ich Blut an meinem Schuh erkennen, es war frisch. Mir traten Tränen in die Augen, als mir klar wurde, was das bedeutete.
Ich hielt mir meinen Arm vors Gesicht und schrie aus Verzweiflung hinein. Legolas war gerade noch dabei die Patroullien einzuteilen und die Nachschichten waren gerade vorbei, also war im Moment niemand draußen und erst recht nicht in meiner Nähe. Krampfartige Wellen führen durch meinen Körper, doch der Schmerz über das Wissen, was geschah, war weitaus schlimmer. Ich wusste nicht, ob ich Legolas gerade bei mir haben wollen würde, doch was hatte ich schon für eine Wahl? Ich musste es alleine durchstehen.
Nur wenige Minuten später lag ich auf der Seite und weinte einfach. Ich hatte lange nicht mehr aus Traurigkeit geweint. Es fühlte sich gut an, es rauszulassen, doch es linderte den Schmerz nicht. Ich wusste, dass ich dem noch länger hinterhertrauern würde. Würde ich überhaupt jemals darüber hinweg kommen?
Ich wusste nicht wie viel Zeit verstrichen war, als ich mich schließlich aufsetzte und mein Gesicht abwischte.
Ich hatte unser Kind verloren.
Doch ich wollte nicht länger auf dem kalten Boden liegen. Ich wollte in mein Zimmer, mein Bett und einfach für immer dort liegenbleiben. Die Leere, die sich in mir breitgemacht hatte, war unbeschreiblich.
Ich stand schwankend auf und stützte mich an einem der Steine ab. Es war heller geworden und ich hatte nicht wirklich Lust, dass andere Patroullien mich so sahen, weshalb ich meine Kapuze überzog und auf schnellstem Wege zu einem der Nebeneingänge lief, welchen ich aufsperrte und betrat. Drinnen war noch recht wenig los, die meisten Elben mussten gerade beim Frühstück sein. Ich konnte mir nicht vorstellen jemals wieder etwas zu essen, obwohl ich so ausgelaugt wie noch nie war. Selbst als ich fast von der Infektion meines Beines gestorben war, hatte es sich nicht in dieser Weise schlimm angefühlt.
Ich zog meine Kapuze weiter in mein Gesicht, als ich schnellen Schrittes auf mein Zimmer zusteuerte und mich dort einschloss. Ich wollte niemanden sehen, nicht Legolas und auch keinen Heiler. Ich wollte einfach nur alleine sein.
Die Zeit verstrich um mich herum, ohne dass ich es realisierte. Ich zog mich bloß um und kuschelte mich in meine Decke. Es waren sicher schon einige Stunden vergangen, als sich schließlich die Klinke hinter mir nach unten drückte. Ich wusste nicht, ob jemand geklopft hatte, falls das der Fall gewesen war, hatte ich es komplett ausgeblendet.
Ich hörte das Klirren meines Schlüssels auf dem Boden, als er rausgeschoben wurde und es aufgeschlossen wurde. Ich war mit dem Rücken zur Tür gedreht und bewegte mich kein Stück, als der Elb eintrat. Es war mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Legolas. Neue Tränen verließen meine schmerzenden Augen.
"Naira?", hörte ich dumpf hinter mir, doch ich zuckte mit keinem Muskel. Ich wollte nicht reden. Legolas trat weiter nach vorne und neben mich. Er sah, dass ich wach war und hockte sich schweigend neben mich. Ich konnte ihn nicht anschauen, schluchzte kurz und drehte mein heißes Gesicht in den Polster. Der Prinz griff unter mich und hob meinen Oberkörper an, sodass er sich darunter setzten konnte und hielt mich einfach in seinen Armen. Ihm musste auch klar sein, was passiert war. Ich war ihm in dem Moment so unendlich dankbar, dass er mich nicht fragte was passiert war, sondern einfach für mich da war. Er hatte sein Kind schließlich auch verloren.
Doch es erleichterte es für mich nicht wirklich zu wissen, dass ich meinen Schmerz mit ihm teilte.
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