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Teil 02

Jay ließ die Haustür hinter sich zufallen und ignorierte selbst das fragende Miauen seiner Katze. Normalerweise begrüßte er das orange Fellknäuel immer zuerst, doch jetzt wollte er sich einfach nur noch verstecken. Vielleicht war das albern oder kindisch, aber das innere Bedürfnis nach einem versteckten Ort hämmerte gemeinsam mit seinem Herzschlag von innen gegen seine Rippen und ließ ihm keine Möglichkeit, sich wieder zu beruhigen. Die Scham brannte noch immer warm auf seinen Wangen und seine Hände zeigten Kratzer und kleine Schnitte von den Glasscherben auf, in die er gestürzt war. Direkt nach diesem Vorfall war er zu seinem Fahrrad geflüchtet und über einige Umwege nach Hause gefahren. Die zusätzlichen Feldwege hatte er dazu genutzt, sich und sein klappriges Fahrrad an den Rand ihrer Möglichkeiten zu treiben, nur um dem Adrenalin in seinem Körper einen Grund zu geben. Und vielleicht auch als Fluchtinstinkt. Weg von der Gefahr, die in diesem Fall nur ein verärgerter Junge gewesen war, der mittlerweile wohl nicht einmal mehr wusste, dass Jay existierte. Ihn schien ein allgemeines Gefühl des Unwohlseins zu befallen, sodass er kaum sagen konnte, wo wirklich das Problem lag. Vielleicht in dem Bewusstsein, dass das soeben seine erste Interaktion mit jemandem in seinem Alter gewesen war, seit sie hierher gezogen waren, und er es direkt vermasselt hatte.

Sein Fluchtversuch war ihm dennoch soweit gelungen, dass die Verausgabung einen Großteil der Scham vertrieben hatte und dafür seine Muskeln protestierend schmerzten. Seine Haare klebten an seinem Kopf und sein Atem ging stoßweise, als würden seine Lungen ihn verhöhnen wollen.
Genervt von sich selbst schob Jay den Gedanken an seinen spottenden Körper beiseite und schloss sich stattdessen im Badezimmer ein. Aus irgendeinem Grund störte es seine Eltern normalerweise, wenn er abschloss, doch sie waren beide nicht zu Hause. Und im Moment vermittelte es Jay eine Art von Sicherheit, als würde er somit auch die Ereignisse hinter einer Tür lassen können. Zumindest für die paar Minuten, die er im Badezimmer verbrachte.
Er schloss die Augen und lehnte sich kurz zurück, bis er die kalten Fließen an seinem noch immer aufgeheizten Rücken spürte. Der starke Kontrast war beinahe schmerzhaft, aber er verharrte trotzdem in dieser Position. Es half ihm ein wenig dabei, seine Gedanken wieder zu sortieren. Der vernünftige Teil seines Verstandes sagte ihm, dass der Fremde ihn bereits wieder vergessen hatte und dieser unglückliche Zwischenfall keinen weiteren Einfluss auf sein Leben oder das des Fremden haben würde. Der andere, etwas skeptischere Teil, warf ein, dass jedes Ereignis das Leben einer Person veränderte und dass dieses Zusammentreffen nun ein Teil seiner und der Geschichte des anderen Jungen war. Und wahrscheinlich hatte er den Tag des Fremden völlig ruiniert, vielleicht würde dieser jetzt seinen Freunden von ihm erzählen und sich über ihn lustig machen. Vielleicht hatte er sich auch den Arm verbrannt, zumindest meinte Jay, sich an den weißen Pappbecher zu erinnern, indem sich wahrscheinlich ein heißes Getränk befunden hatte.

Der Gedanke daran versetzte ihn jedoch nur wieder in den panischen Zustand von zuvor und sein Atem beschleunigte sich wieder. Er hatte das Gefühl, als würden die Wände näher rücken, als würde die Luft selbst auf ihn einschlagen und ihn zusammen pressen wollen. Sein Atem stockte plötzlich und er riss die Augen wieder auf. Verzweifelt hämmerte sein Herz gegen seinen Brustkorb, als würde es ihn nach Sauerstoff anbetteln, doch je mehr er versuchte, seine Lungen damit zu füllen, desto weniger Erfolg schien er damit zu haben. Seine Gedanken überschlugen sich und die Stimme in seinem Kopf schrie ihn immer lauter an, warf ihm vor, jedem eine Last zu sein und ständig alles falsch zu machen. Er war ein hoffnungsloser Fall, eine Katastrophe... Sie machte sich über ihn lustig, über seine verzweifelten Versuche, zu atmen.
"Hör auf! Geh weg! HÖR AUF!", schrie Jay sein eigenes Spiegelbild an, während heiße Tränen über seine Wangen liefen. Sein ganzer Körper vibrierte vor plötzlicher Energie, oder zitterte er etwa? Hitze stieg in seine Wangen, durchströmte jede Faser seines Körpers, bis es sich anfühlte, als würde er in Flammen aufgehen. Mittlerweile brannten seine Lungen und noch immer schien jeder hastige Atemzug es noch viel schlimmer zu machen. "Hör auf!", rief er nochmals, als die Stimme in seinem Kopf weitere hämische Kommentare abgab. Verzweifelt ballte er die Hand zur Faust und schlug damit auf seinen Kopf ein. Egal wo, egal wie. Es musste aufhören, er musste atmen. Seine Finger krallten sich in seine Haare und er zerrte daran, als würde er sie ausreißen wollen, während er auf die Knie sank. Brennender Schmerz durchfuhr seinen Kopf, aber er bemerkte es kaum. "Hör auf.. bitte hör auf", presste er leise hervor und ein Schluchzen schüttelte seine Schultern, während schwarze Flecken vor seinen Augen tanzten.
Aber es war still. Es war endlich still. In seinem Kopf herrschte dröhnende Stille und endlich strömte die Luft wieder durch seinen Mund. Als hätte er die Stimmen in seinem Kopf verängstigt, aber er wusste, dass sie wiederkommen würden. Etwas Neues finden konnten, um über ihn zu spotten und dafür zu sorgen, dass er seine eigenen Gedanken nicht mehr hören wollte. Plötzlich kraftlos lehnte Jay sich gegen die Badewannenwand, versuchte gleichzeitig seinen Atem und sein Schluchzen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Seine Augen flatterten wieder zu, als die Anspannung aus seinen schmerzenden Muskeln floh. Die Angst verebbte langsam, die Hitze verlor sich und hinterließ nur ein unangenehmes Prickeln auf der Haut. Sein Herz schien kraftlos gegen seine Rippen zu sinken und langsam machte sich in ein dumpfes Gefühl in ihm breit, während sein Bewusstsein aus seinen Fingern glitt. Kraftlos versuchte er, sich daran zu klammern, wach zu bleiben, aber je mehr er es versuchte, desto weniger wollte es ihm gelingen...
_________

Jay wachte erst wieder auf, als jemand heftig gegen die Tür klopfte und seinen Namen rief. Oder nicht wirklich seinen Namen, sondern 'Jonas'. Er mochte den Namen nicht, er war zu sehr männlich definiert. Er fühlte sich eingesperrt in Erwartungen und Vorgaben, wenn jemand ihn so nannte.
Zunächst verstand er nicht ganz, wo er war und was passiert war. Sein Kopf brummte und sein ganzer Körper schien zu schmerzen, während er sich vorsichtig aufrichtete. Er lag ausgestreckt neben der Badewanne auf dem Boden, halbwegs zugedeckt mit einem Handtuch. Sein Handy lag neben ihm und wies drei verpasste Anrufe von seinen Eltern und einige Nachrichten von anderen auf. "Scheiße", fluchte er leise, als ihm wieder einfiel, was genau passiert war.
"Jonas? Hallo, bist du da drin? Ist alles oaky?", rief sein Vater durch die Tür hindurch und klopfte nochmals heftig dagegen. "Ja, alles okay!", rief Jay zurück und stützte sich an der Badewanne ab, während er aufstand. Bei der Erinnerung an den Moment zuvor begannen seine Wangen vor Scham zu brennen, doch er schob den Gedanken einfach beiseite. "Du weißt doch, dass du nicht abschließen sollst", sein Vater klang enttäuscht, als hätte Jay damit eine lang bewahrte Tradition zerstört. Doch im Moment war er eigentlich ganz froh darüber, dass er die Tür nicht einfach aufgelassen hatte, obwohl niemand da gewesen war. Er warf seinem Spiegelbild einen kurzen Blick zu und erschrak selbst ein wenig über seine roten Augen und das leicht geschwollene Gesicht. "Ja, tut mir leid. Die Katze hat nur versucht, rein zu kommen", log er schlicht und spritzte sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht. Sein Vater ließ sich wenigstens schneller abwimmeln als seine Mutter und dementsprechend hörte Jay bereits die Schritte von Friedrich Hirsch, als dieser sich vom Badezimmer entfernte.

Erleichtert stieß Jay die Luft aus und atmete dann ein paar mal tief durch, bis sich die Kopfschmerzen ein wenig zu legen begannen und er sich sicher genug fühlte, um sich aus dem Badezimmer zu schleichen. Er wollte nicht unbedingt von seinen Eltern gesehen werden und somit eine Standpauke riskieren, er fühlte sich so schon elendig genug. Eigentlich war dieses ganze Chaos total unbegründet, es war doch eigentlich nur ein kleiner Zusammenstoß gewesen. Ein blöder Unfall eben. Verärgert schob Jay alle Gedanken an den Vorfall beiseite und schloss die Zimmertür hinter sich.
Die Schlüssel dafür hatten seine Eltern ihm direkt bei ihrem Einzug weggenommen und bestimmt in einem Fluss versenkt oder sonst wie vergraben, aber wenigstens war die Tür nicht aus Glas. Somit hatte er eine zerbrechliche Vorstellung von Privatsphäre, die jedesmal aufs Neue zerstört wurde, wenn seine Mutter die Tür aufriss und das Chaos im Raum mit Verärgerung betrachtete.

Auch jetzt wirkte der Raum eher wie eine Abstellkammer als ein Schlafzimmer und Jay musste sich vorsichtig einen Weg zu seinem Bett bahnen. Einige leere Energy-Dosen waren fein säuberlich an einer Wand gestapelt und ein paar andere lagen verstreut auf dem Boden oder dem Schreibtisch, der nebenbei auch noch mit Blöcken und neuen Schulbüchern überlastet war. Irgendwo unter einem halbleeren Collegeblock lugte sein Laptop hervor, der hoffnungsvoll blinkend nach seinem Ladekabel verlangte. Doch zuerst wanderte Jays Blick in eine andere Richtung, eine drängende Sorge in seinem Kopf, dass seine Mutter ihrem Drang nachgegeben und seine Sachen durchwühlt hatte.
In seinem Kleiderschrank, der halbwegs offen stand und aus dem die Klamotten einen Fluchtversuch zu starten schienen, befanden sich versteckt unter einer Tasche mit Sportsachen für die Schule ein Rock und ein schlichtes, schwarzes Kleid. Wie immer schien von ihnen eine leichte Spannung auszugehen, eine Art Schuldbewusstsein und gleichzeitig eine freudige Erwartung. Sie waren gut versteckt in einem Schuhkarton, obwohl Jay sich ein paar Dutzend Entschuldigungen bereitgelegt hatte, falls seine Mutter sie doch finden würde. Er könnte behaupten, dass sie Sarah gehörten - einer seiner Freundinnen, die seine Mutter sogar ein wenig zu mögen schien. Theoretisch war das auch nicht gelogen, nur hatte Sarah ihm die beiden Kleidungsstücke zusammen mit etwas Lidschatten und einem Eyeliner heimlich geschenkt, als er einmal erwähnt hatte, dass er sowas gerne mal tragen würde. Bis jetzt waren die Sachen jedoch noch kein Mal aus ihrem sicheren Versteck gekommen und so langsam bezweifelte Jay selbst, dass er jemals den Mut dafür haben würde.
Aber wenigstens wirkte der Schrank noch genauso chaotisch wie zuvor und seine Mutter hatte sich anscheinend von einem Zimmer fern gehalten, was ihn erleichtert aufatmen ließ.

Jay blieb vor seinem ungemachten Bett stehen und streifte sich die dreckigen und verschwitzten Klamotten ab, warf sie achtlos auf den Boden und zog sich stattdessen eine graue Jogginghose und einen dunkelblauen Hoodie über. Vielleicht hätte er vorher duschen sollen, aber er hatte seine Eltern nicht noch mehr reizen wollen, indem er das Badezimmer noch weiter blockierte. Wenigstens nahm die unangenehme Hitze in seinem Inneren langsam ab und er bekam tatsächlich die Gelegenheit, die Geschehnisse und Gedanken zu sortieren. Seufzend ließ er sich auf sein Bett sinken und richtete den Blick auf sein eigenes Spiegelbild, welches ihn von der gegenüberliegenden Wand abwartend an blinzelte.
Irgendwie fiel es ihm leichter, die Dinge in der passenden Relation und mit etwas vernünftigem Abstand zu betrachten, wenn er sich dabei selbst in die Augen sehen konnte.
Prüfend ließ er seinen Blick über die so vertrauten und gleichzeitig seltsam fremd wirkenden Gesichtszüge wandern, die schwarzen Haare, die mittlerweile bis über seine Ohrläppchen reichten, und letztendlich verweilte er bei seinen hellbraunen Augen. Die Person im Spiegel sah zurück und nahm einen tiefen Atemzug.

Okay, was war genau passiert?
Er hatte recht lang geschlafen, müde von einer zu langen Nacht, die er konzentriert an einer Zeichnung verbracht hatte. Seine Eltern waren beide gemeinsam zu seinen Großeltern gefahren und hatten einen knappen Zettel auf dem Tisch liegen lassen: "kommen spät wieder, räum dein Zimmer auf." Er hatte diese Aufforderung wie gewohnt ignoriert und noch mindestens zwei Stunden mit seiner Katze Ork zusammen sinnlose Videos im Internet geschaut. Gegen drei Uhr am Nachmittag hatte er sich dann in die alten Klamotten vom Vortag gezwängt, die noch deutliche Spuren von der kleinen Waldexpedition aufgewiesen hatten. Er war Joggen gewesen und hatte sich von seltsam aussehenden Pilzen ablenken lassen, sodass er einer Art Spur tiefer in das kleine Waldstück gefolgt war. Aber darum hatte er sich nicht gekümmert, immerhin hatte er nur kurz auf dem Markt nach Geschenken für seine Eltern schauen wollen.
Jay hatte sich sein Fahrrad geschnappt und es später neben einer Bushaltestelle abgeschlossen. Er hatte wirklich nur rasch zwischen den Ständen durchgehen wollen, aber dann hatte ihn Nils angerufen und somit ein wenig abgelenkt.
Kaum eine Minute später hatte Jay sich dann auf dem Boden wiedergefunden und in das ziemlich wütende Gesicht eines Fremden gesehen. Er erinnerte sich nur noch an ein paar braune Strähnen, die unter einer blauen Mütze hervor gelugt haben. Und seltsamerweise war ihm auch aufgefallen, dass der Junge auch ziemlich aufgebrauchte Vans getragen hatte. Irgendwie fand er es interessant, aber natürlich hatte er das nicht erwähnt. Nicht, wenn er so oder so schon blöd angemacht worden war.
Was war eigentlich aus der Kerze geworden? Ob der Junge sie tatsächlich bezahlen musste? Dann hatte Jay ihm noch mehr Ärger eingebrockt...

Rasch kletterte er wieder von seinem Bett und wühlte sich durch die Blöcke auf seinem Schreibtisch, bis er ein bereits etwas älteres Notizbuch und einen funktionierenden Stift fand. Das Notizbuch war dunkelblau und zeigte den Nachthimmel, fokussiert auf die Sternkonstellation des Widders, dessen vier große Sterne deutlicher hervorgehoben und mit einer silbernen Linie verbunden waren. Darunter stand in derselben Farbe und in verschlungenen Buchstaben "Aries". Das war zwar eigentlich nicht sein Sternzeichen, aber damals hatten sie in dem alten Buchladen nur noch dieses Exemplar gehabt, deswegen hatte er sich damit zufrieden gegeben. Darin sammelte er nun schon seit zwei Jahren gewisse Erinnerungen an Menschen, die er nur flüchtig gesehen hatte, die ihm aber das Gefühl gaben, eine wichtige Änderung vollbracht zu haben. Ein Teil seiner Identität zu sein, ohne es zu wissen, vielleicht auch ohne es zu wollen. Jay würde jetzt vielleicht nicht so weit gehen und behaupten, dass er den Fremden niemals vergessen würde, aber irgendwie war ihm dessen Gesicht noch so klar im Kopf, dass es sich falsch anfühlen würde, nichts dazu aufzuschreiben.
Neben den Notizen zeichnete er noch eine kleine Skizze, bevor er noch mehr der kleinen Details vergaß, auch wenn er nur einen kurzen Blick auf das Gesicht des Fremden hatte werfen können und dementsprechend nicht alles gesehen hatte. Immerhin hatte er den Jungen nur ein paar Augenblicke lang gesehen und dessen Gesichtszüge waren verzerrt vor Wut gewesen. Er gab sich dennoch Mühe und versuchte, alle Kleinigkeiten entweder in Worten oder in Strichen mit seinem Bleistift darzustellen.
Letztendlich schrieb er über die kleine Zeichnung eine Art Überschrift, damit er sich auch später noch an die Ereignisse erinnern konnte. 'Kerzenjunge', kritzelte er darüber, immerhin hatte er noch immer den Geruch von Kerzen in der Nase.
Es dauerte länger, als er erwartet hatte, und somit hing die Sonne bereits so tief, dass die orangenen Strahlen unter seinen Rolläden hindurch auf sein Bett fielen. Sie wirken überraschend kräftig für diese späte Jahreszeit, als würde die Sonne sich alle Mühe geben, zu ihnen herunter zu sehen. Blinzelnd hob Jay den Kopf und rollte leicht mit den Schultern, um die angespannten Muskeln nach dieser etwas unbequemen Position zu lösen. Ein leises Knacken verkündete das erleichternde Gefühl, als alles wieder an seinen Platz rutschte und seufzend drehte er sich auf den Rücken. Skeptisch hielt er das Notizbuch über seinem Kopf und musterte die kleine Zeichnung, ob sie wirklich möglichst nahe an dem Original war. Er kniff leicht die Augen zusammen, um trotz des warmen Lichts alles so gut wie möglich zu erkennen und dann ließ er das kleine Büchlein auf seinen Bauch fallen.
Er konnte nicht so genau sagen, ob die Kopfschmerzen zwischendurch weggegangen und während des Zeichnens wiedergekommen oder ob sie durchgehend da gewesen waren, aber jetzt pochten sie dumpf hinter seinen Schläfen und er schloss mit einem klagenden Brummen die Augen.

Dieser blöde Zwischenfall hatte ihn anscheinend stärker aufgewühlt, als er erwartet hatte. Aber gleichzeitig hätte er es sich auch denken können, denn momentan schien alles genug zu sein, um ihn völlig aus seiner Bahn der desinterssierten Tance zu werfen. Dabei hatte er Jahre lang damit zugebracht, diesen Zustand der mentalen Abwesenheit zu perfektionieren. Nur in den letzten Wochen schien alles, was er sich erarbeitet hatte, wieder zu verschwinden, in sich zusammenzufallen wie alte Mauern, aus denen jemand eine Stein entrissen hat. Seit sie umgezogen waren und er den Kontakt zu einigen seiner Freunde völlig verloren hatte, schien er sich selbst nicht mehr aufrecht halten zu können. Er war in eine Reihe unberechenbarer Ereignisse gerutscht, aus der er nicht mehr herauskam. Und jeder dieser Ereignisse schien weitere Steine aus seinen Mauern zu ziehen und mittlerweile hatte Jay beinahe schon Angst, von ihrem zusammenbrechenden Gewicht begraben zu werden. Denn solche Vorfälle wie dieser im Badezimmer scheinen nun immer öfter und wegen immer kleineren Gründen zu passieren. Bis jetzt hatte er es gut verstecken können, aber die drängende Sorge, dass seine Eltern es herausfinden könnten, nagte dennoch an ihm. Vielleicht würden sie sich dann Sorgen um ihn machen und versuchen, ihm zu helfen, aber er bezweifelte es. Sie würden ihm die Schuld dafür geben, ihn schwach und kindlich nennen, egal wie sehr er es zu beschreiben und erklären versuchen würde. Egal was passierte, er sollte wirklich langsam daran arbeiten, und wenn es nur war, um sich selbst damit zu schützen.

Ein hartes Klopfen an der Tür riss ihn zum zweiten Mal an diesem Tag aus seinen Gedanken und er setzte sich so hastig auf, dass das kleine Buch auf den Boden fiel. "Ja?", rief er halblaut, in der Hoffnung, seine Mutter würde es als Hinweis nehmen und nicht die Tür öffnen. Aber solche Hoffnungen waren nutzlos und verschenkt, wenn es um seine Eltern ging. Stattdessen drückte seine Mutter also die Zimmertür so weit auf, wie es der überfüllte Boden zuließ.
Sie rümpfte die schmale Nase und sah hinter ihren Brillengläsern hervor auf das Chaos zu ihren Füßen, ehe ihr Blick ihren Sohn fand. Missfallen lag offen in ihrem Gesichtsausdruck und sie schien darauf zu warten, dass Jay sich rechtfertigte. Er tat es nicht, sondern erwiderte ihren Blick fast schon trotzig. "Wenn du dein Zimmer nicht bald aufräumst, kommt das hier alles einfach in die Tonne. Oder du bekommst einen Sack und kannst demnächst die Straßen zumüllen", kommentierte sie mit einem genervten Unterton. Jay rieb sich über die Augen und stand von seinem Bett auf, ein wenig erleichtert darüber, dass anscheinend keine Anzeichen mehr von den Tränen auf seinem Gesicht zu sehen waren. Vielleicht interessierte es Karen auch einfach nicht, falls sie es überhaupt bemerkte. "Ich mach das noch vor Weihnachten", versprach er und hob demonstrativ das kleine Büchlein auf. Karen musterte ihn unbeeindruckt, aber nickte dann leicht als Zeichen ihrer Zustimmung. Bis zum 24ten Dezember hatte er noch genau eine Woche Zeit, das würde er bestimmt schaffen. "Du weißt schon, dass wir erst seit einem Monat hier wohnen, ja? Wenn das hier so weitergeht, wird das ernsthafte Konsequenzen haben. Es muss ja nicht immer alles so aussehen, du bist wirklich zu alt für sowas", fuhr Karen fort und Jay senkte schuldbewusst den Kopf. Eigentlich hatte sie wirklich recht, dieser erste Monat war wirklich ein wenig extrem gewesen. "Und wenn wir schonmal dabei sind-", sie schien sich gerade erst so richtig in Fahrt zu reden mit all den Dingen, die sie an ihrem Sohn auszusetzen hatte. Jay schloss die Augen und verdrehte sie hinter geschlossenen Lidern, damit seine Mutter es nicht sehen konnte. "Deine Haare sind eine Katastrophe. Vor Weihnachten schneidest du sie wieder kurz. Du bist doch kein Mädchen", verärgert schüttelte sie den Kopf und wandte sich dann mit einem Schnalzen der Zunge ab. "Vergiss nicht, aufzuräumen." Essen steht im Kühlschrank, dein Vater und ich sind nochmal weg. Warte nicht auf uns", sie winkte ihm halbherzig hinter ihrem Rücken zu und zog dann auch schon die Zimmertür wieder zu.

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