
Kapitel 11
Kent 2003
Seamus
Braune Augen- meine braunen Augen-treffen auf meine.
„Darf ich reinkommen?", frage ich Angelina zögernd. Sie nickt mit einem leicht schüchternen Ausdruck auf ihrem Gesicht.
Ich trete in ihr Zimmer, das in jeder Hinsicht nach Teenager schreit. Ihre Wände sind mit Boybands behängt. Mein Blick fällt auf ein Poster von Aerosmith, direkt über ihrem Schreibtisch, an dem sie nun sitzt. Sie hat ein kleines Fläschchen in ihrer Hand und fährt mit einem Pinsel über ihren Daumennagel.
„Aerosmith, hm?", frage ich sie mit einer hochgezogenen Augenbraue, während ich kurz vor ihrem Bett stehen bleibe. Für einen kurzen Moment will ich mich auf dem Bett niederlassen, bin mir schließlich aber nicht mehr so sicher. Stattdessen, bleibe ich unbeholfen in der Mitte ihres Zimmers stehen.
Ein kleines Lächeln streift das Gesicht von Angelina. Meiner Tochter. Sie war so verdammt schön. Von außen nach innen. Mein kleines Mädchen.
Der Gedanke erschüttert mich, wie ein fahrender Zug. Mein kleines Mädchen. Ich hatte eine Tochter.
„Hm. Als ich klein war, hat mir Mum immer ihre Lieder vorgesungen", antwortet meine Tochter schließlich und durchdringt damit meine Gedanken.
Mein Blick fällt nun wieder auf ihr Gesicht. Ihr Gesicht, in dem ich mich nun selbst erkenne. Sie neigt ihren Kopf leicht zur Seite und in diesem Moment wird mir der Boden beinahe unter den Füßen weggezogen. Ein stummes Schluchzen entweicht meinem Herzen, als ich die Ähnlichkeiten mit meiner toten Mutter wahrnehme. Ich werde kurz von einem Schmerz getroffen, den ich seit Ewigkeiten nicht mehr so intensiv gespürt hatte. Gefolgt von einem warmen Gefühl, welches den Schmerz erträglicher macht, als ich in das Gesicht meiner Tochter blicke.
„Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war, Angelina. Ich hätte für dich da sein sollen. Deine Hand halten, wenn du traurig bist. Dich vor ein paar gemeinen kleinen Jungs beschützen sollen. Dir beibringen, wie man Fahrrad fährt.", bricht ein emotionaler Wortschwall aus meinem Mund hervor, während ich mir mit einer Hand durch das dunkle Haar fahre. „Ich hätte etwas mit dir unternehmen sollen. Zum Beispiel mich mit dir als Prinz und Prinzessin verkleiden oder deine Nägel mit Glitzer bemalen sollen.", meine Stimme wird heiser, als mir nun die Tränen in die Augen steigen, bei dem Gedanken an all die verlorenen Jahre mit meiner Tochter.
Plötzlich meldet sich Angelina zu Wort. Ihre Stimme ist sanft, jedes einzelne Wort, welches sie zu mir sagt, ist von Gefühlen durchdrungen.
„Es ist kein Glitzer, Dad..." , sagt sie das Wort zum ersten Mal, um es zu testen. Es löst eine Flut von Gefühlen in mir aus, die mich beinahe mit sich reißt. „Aber es wird seine Aufgabe erfüllen.", fügt sie mit einem Lächeln auf den Lippen hinzu, bevor sie die Nagellackflasche hochhebt und sie mir entgegenstreckt.
„Würdest du mir die Ehre erweisen und mir die Nägel lackieren?"
Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als ich nun eine kleinere Version von Betty betrachte. Mit meinen Augen und der Grazie meiner Mutter.
Unsere Finger berühren sich, als ich den Nagellack entgegen nehme.
„Alles, mein Engel. Ich würde alles für dich tun."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro