2. Concert
The future belongs to those who believe in the beauty of their dreams. ~Eleanor Roosevelt
Unruhig wache ich auf, da mich die Aufregung aus meinem Schlaf gerissen hat. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass ich bereits aufstehen kann, ohne, dass mich meine Eltern fragen, was ich denn so früh schon auf den Beinen mache.
October 5th, 2024
07:23 Uhr.
Ich lausche um zu überprüfen, ob meine Mama oder mein Bruder bereits wach sind und tatsächlich. Ein Klappern aus der Küche dringt in meine Ohren.
Vorfreudig renne ich in Schlafanzug, welcher aus einem lockeren grauen T-Shirt und einer Schlabberhose besteht, die Treppen hinunter, wo mich ein halb gedeckter Frühstückstisch erwartet. Um die Ecke sehe ich meine Mutter am Herd sehen, welche gerade Pfannkuchen wendet. Eine Schürze fällt locker über ihre zierlichen Schultern und ihr Gesicht ist wie immer von einem lieblichen Ausdruck geschmückt.
„Guten Morgen, Mum!", begrüße ich sie mit einem freudigen Lächeln. Sie blickt zu mir und wirft mir ein ähnliches Lachen zurück.
„Heute ist dein großer Tag, bist du schon aufgeregt?", erkundigt sie sich und konzentriert sich dabei wieder auf die Pfannkuchen.
„Ich weiß vor Aufregung gar nicht mehr, was ich mit mir anfangen soll.", gebe ich ihr als Antwort und blicke erneut auf mein Handy. Es sind nur noch 5 Stunden, bis ich mich für das Konzert fertig machen muss. Meine Kleidung, die ich später anziehen möchte, hängt bereits hergerichtet über meinem Schreibtischstuhl und auch meine Tasche ist fertig gepackt. Oder sollte ich doch noch mal überprüfen, ob ich auch wirklich alles habe?
Sie blickt mit einem triumphierenden Lächeln zu mir und sofort weiß ich, was sie als nächstes sagen wird. „Dann kannst du mir ja hier etwas in der Küche helfen, was hältst du davon?" Widerwillig erhebe ich mich von dem gemütlichen Stuhl und assistiere meiner Mum bei der Essenszubereitung. Wenigstens vergesse ich dadurch für einige Minuten die Zeit und auch mein Herzschlag normalisiert sich wieder.
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„Bye Mum!", rufe ich ein letztes Mal in unser Haus und schließe die Tür hinter mir. Draußen erwartet mich ein wundervoller, klarer Himmel, nur ganz kleine, hauchzarte Wolken ziehen sich durch das Blau. Sie Sonne steht weit oben und legt Seoul in einen warmen Glanz. Die Luft in der Großstadt umhüllt mich wie ein unsichtbarer Schleier, normalerweise schwer und stickig von Abgasen und Industrierauch. Doch heute ist sie anders. Heute ist sie so klar, dass ich beinahe das Gefühl habe, sie greifen zu können. Ein frischer Wind streicht sanft durch die Straßen, und ich atme tief ein, als ob ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich Luft bekomme. Es ist, als ob die Stadt heute aufatmet, als ob sie sich von all den Lasten und Sorgen befreit fühlt und endlich wieder frei atmen kann.
Die Luft in der Großstadt trägt zu dieser Jahreszeit normalerweise bereits einen Hauch von Kälte in sich; ein Vorbote für die kommenden frostigen Tage. Heute ist alles anders. Die Luft ist warm und einladend, als ob der Sommer sich weigert, dem Herbst Platz zu machen. Diese wärme spiegelt meine Laune wider und ein befreites Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit.
Meine Schritte sind leicht aber mein starker Herzschlag erinnert mich erneut an die Aufregung und Nervosität in mir. Ein paar Hopser sie Straße entlang kann ich mir nicht verkneifen, nachdem ich um mich geblickt habe, dass mich auch niemand dabei sehen kann. In meiner Hand halte ich das Ticket fest umklammert, als ob es das wichtigste auf dieser Welt wäre. Meine Eintrittskarte in eine neue Welt. Der Fußweg von der Bahnstation zur Konzerthalle fühlt sich an wie der Weg zu meinen Träumen. Das Gefühl nun endlich, nach Jahren warten, meine Lieblingsgruppe sehen zu dürfen, ist unbeschreiblich – im guten Sinne.
Als ich die bunten Lichter der Konzerthalle entdecke beschleunigt sich mein Puls weiter, wenn das überhaupt noch möglich war. Riesige Menschenmassen sammeln sich in Reihen am Eingang und es entsteht ein Gewusel an Personen. Von allen Ecken dringt aufgeregtes Gelächter in meine Ohren. Fans, die sich über ihre Lieblingssongs unterhalten oder versuchen den Bias anderer Personen zu erraten. Bei mir ist dies wahrscheinlich keine Schwierigkeit. An meiner Tasche hängt ein großer, weißer Leebit und daneben eine meiner Lieblingsfotokarten von Minho. Sein Lächeln auf dem Bild ist wie ein Sonnenstrahl, der jeden Raum erhellt, und ich kann nicht anders, als jedes Detail dieser Karte zu bewundern.
Er ist einfach faszinierend und ich könnte Tagelang über ihn schwärmen. Meine Familie, die mir geduldig zuhört, hat längst gelernt, dass meine Worte über Minho wie ein endloses Lied sind, das in Dauerschleife abgespielt wird. Aber nur weil Minho mein Bias ist, heißt es nicht, dass ich die anderen vernachlässige oder nicht betrachte. Bei jedem Auftritt, den ich mir nachträglich im Internet angeschaut habe, bin ich maßlos begeistert, was für ein hohes Level an Talent diese Gruppe doch hat.
Changbin und sein Rap-Stil schafft es immer wieder aufs Neue mich zum Staunen zu bringen und auch Seungmin und Jeongin mit ihren engelsgleichen Stimmen sind einfach klasse. Ich brauche gar nicht anfangen mit Felix und seiner tiefen Stimme oder Hyunjin, der gnadenlos begabt im Tanzen ist. Natürlich hat auch Chan einen großen Platz in meinem Herzen verdient, dieses Level, auf dem er die Songs produziert, ist, finde ich, unerreichbar. Eine Gruppe voller Talenten eben.
Letztendlich ist es aber Minho, der mein Herz erobert hat. Ich mag seine kühle aber dann doch wieder sehr warme Art und bei seinen Tanzkünsten könnten sich viele etwas abgucken. Wenn ich ihn anblicke, dann gibt es diese gewisse Tiefe in seinen Augen und man verliert sich darin.
„Heute sind sie hier, direkt vor mir auf der Bühne..." Voller Unglauben flüstere ich die Worte vor mir her und stelle mich am Ende der langen Warteschlange an. Mir wird bewusst, dass das nicht einfach nur ein Konzert ist, nein. Es ist die Erfüllung meines größten Traumes.
Der Einlass beginnt, und die Spannung steigt. Die Security-Checks und das Durchstreifen des Labyrinths aus Gängen und Treppen, die zur Hauptarena führen, ziehen sich ewig. Der Geruch von frischem Merchandise liegt in der Luft, während die Menschen in ihren mit Gesichtern bedruckten T-Shirts und mit Leuchtstäben ausgerüstet darauf warten, dass sich die Tore zur Konzerthalle öffnen.
Der Moment des Eintritts in die Arena ist wie das Betreten eines magischen Reiches. Das Rauschen der Menschenmenge, das gedämpfte Murmeln, die Vorfreude, die wie Funken in der Luft zu schweben scheint – all das bildet ein lautes Hintergrundgeräusch während des Weges zu meinem Platz. Die Bühne, beleuchtet von einem unwirklichen Scheinwerfermeer, wirkt wie ein Altar, auf dem die Anbetung der Musik gleich beginnen wird.
Und tatsächlich haben es meine Eltern geschafft ein Ticket in der ersten Reihe zu ergattern. Ich werde sie nicht einfach nur sehen können, ich bin so nah, dass ich wahrscheinlich ihren Windhauch spüren werde.
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Plötzlich wird alles stockduster und ein Raunen geht durch die Menge. Es ist soweit. Nur noch ein paar Momente, bis sie die Bühne betreten werden. Die Zeit bleibt stehen und ich muss tief durchatmen um nicht die Fassung zu verlieren. Allmählich dringen wieder Geräusche in meine Ohren und ich höre das Brüllen der Fans hinter mir. Der Geräuschpegel ist unglaublich laut und alle Fans werden unruhig um endlich ihre Idols zu sehen.
Aus den Lautsprechern dringen nun Töne und schnell erkenne ich die Stray Kids Hymne, die sie bei jedem Konzert zu Beginn spielen. Um mich herum fangen alle an zu Singen und auch ich steige ein und rufe aus meiner Kehle heraus: „Stray Kids everywhere all around the world!". Auf meinem Körper entsteht eine Gänsehaut, da die Klänge, die aus den Lautsprechern kommen, einfach wundervoll klingen, aber das wirklich beeindruckende sind die vielen Fans, die dem Ganzen einen viel lebhafteren Touch geben. Die Hymne verklingt und es entsteht eine angespannte Stille, die jeden einzelnen von uns erfasst. Es ist die letzte Ruhe vor dem lang ersehnten Sturm.
Endlich betritt Stray Kids die Bühne und um mich herum wird es noch einiges lauter. Schräg von hinten kommt ein verzweifeltes Kreischen von einem Mädchen, welches laut „Hyunjin!!!" ruft und auch andere Namen werden durch die Halle geschmissen. Ich hingegen stehe eher ruhig an meinem Platz und beobachte jede kleinste Bewegung der Personen direkt vor meinen Augen. Ich kann wirklich nicht fassen, dass sie nun vor mir stehen, es ist, als ob ich sie auf einem Bildschirm beobachte und mein Kopf braucht einige Zeit um zu verstehen, dass das gerade wirklich die realen Personen vor mir sind.
Sie sehen alle unglaublich gut aus, noch viel besser als auf dem Bildschirm, obwohl sie ja selbst da schon unantastbar wirken. Jeder ist auf seine Art geschminkt und ihre Outfits ergänzen sich. Ich muss leicht schmunzeln, da ich mit meiner Kleidung perfekt in die Gruppe passen würde. Da habe ich wohl gute Sachen ausgewählt. Alle tragen eine Mischung aus Schwarz-, Weiß- und Rottönen, genauso wie ich eben.
Und dann setzen sie ein, mit dem Song, den ich am meisten liebe und in meinem Zimmer so oft gehört habe, dass mir jedes einzelne Wort mit einer Leichtigkeit über meine Lippen kommt.
Megaverse.
Alle ihre Körper bewegen sich geschmeidig zur Musik und in Live sehen ihre Bewegungen noch eleganter und präziser aus. Ich schaffe es keine Sekunde meine Augen von ihnen zu nehmen und mein Mund öffnet sich leicht vor Begeisterung. Meine Lieblingsstelle des Songs rückt immer näher. Mittlerweile ist auch wieder etwas Leben in meinen Körper zurück gekehrt und ich habe meine Schockstarre überwunden. Sofort höre ich Minhos eher aggressive Stimme singen: „Welcome to the Stray Kids hot Megaverse".
Genau in diesem Moment blickt mein Bias in die Mengen an Fans und seine Augen bleiben an mir hängen. Es ist als würde er mir in meine Seele schauen. Die Rufe der Fans und die Musik der Lautsprecher schafft es nicht mehr in meine Ohren zu dringen, nur noch seine Stimme kann ich wahrnehmen. Es fühlt sich an, als ob die Zeit stehen geblieben ist und seine Augen bewusst in meine starren. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl von ihm in den Mengen gesehen zu werden. Wahrscheinlich war es nur eine Millisekunde, jedoch hat sich dieser kurze Moment angefühlt wie eine halbe Ewigkeit. All meine Energie weicht aus meinem Körper in fremde Dimensionen.
Der Raum um uns herum verschwimmt, und ich bin gefangen in diesem unbeschreiblichen Augenblick, in dem alles anhält. Es ist nicht nur ein Blick - es ist, als ob er meine Seele berührt, als ob er die Töne meines Herzens hört.
Mein Herzschlag scheint für einen Schlag auszusetzen, und mein Körper gehorcht meinem Willen nicht mehr. Ich stehe da, regungslos, von der Macht dieses Moments überwältigt. Es ist, als ob alles, was vorher war, unwichtig geworden ist; die Menschen, die Halle, sogar die Musik. Es gibt nur Minho und mich, gefangen in diesem zeitlosen Raum, in dem wir uns tief in die Augen blicken.
Und dann fällt mir auf, dass etwas ganz und gar nicht passt, denn die Schreie der Fans kommen nicht zurück und auch die Hintergrundmusik bleibt aus. Verwirrt reiße ich mich aus meiner Schockstarre und blicke um mich, nur um Reihen an leeren Plätzen vorzufinden. Dort wo vorher alle Fans standen, ist nun nichts als Leere. Bei den Jungs auf der Bühne entsteht eine ähnliche Verwirrung und sie stellen, total aus dem Konzept gebracht, das Singen ein. Wo sind alle hin? Was zur Hölle ist gerade passiert?
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