Kapitel 8
Die Sommerferien kamen schnell und auch wenn sich an Harrys Situation in Hogwarts kaum etwas geändert hatte, so machten ihm die nahen Ferien Angst. Die hieß zum einen, dass Adam und Taylor mit der Schule fertig und er nach den Ferien allein wäre, aber zum anderen hieß das auch zurück zu den Dursleys. Harry hatte seinen beiden Freunden, nicht viel von seinen Verwandten erzählt, aber sie wussten inzwischen, dass diese Harry nicht besonders liebevoll behandelten. Um so wichtiger war Adam und Taylor, Harry wenigstens nach sechs Wochen zu sich holen zu können. So standen sie am Beginn der Ferien, umgeben von dem geschäftigen Treiben der Schüler, die sich auf den Weg nach Hause machten, zusammen am Bahnsteig 9¾. Der Hogwartsexpress hatte gerade seine Ladung von Schülern ausgespuckt, und überall um sie herum herrschte das fröhliche Chaos von Wiedersehensfreuden und Abschiedsschmerzen. Doch für Harry war dieser Moment alles andere als fröhlich. Er kämpfte mit den Tränen, als er daran dachte, was ihn zu Hause erwartete – oder besser gesagt, was ihn nicht erwartete.
»Kleiner, du weißt, dass du uns jederzeit schreiben kannst, ja?«, Adam legte ihm eine tröstende Hand auf die Schulter, seine eigene Stimme brüchig vor ungesagten Emotionen.
»Ja, ich weiß. Es ist nur ... es fühlt sich so endgültig an, wisst ihr?«, Harrys Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, während er verzweifelt versuchte, seine Tränen zurückzuhalten.
»Sechs Wochen. Dann kommen wir dich abholen, versprochen«, sagte Taylor mit einem aufmunternden Lächeln, das allerdings nicht ganz seine Sorgen verbergen konnte.
»Und bis dahin, versuche stark zu bleiben. Ich ... wir wissen, es ist hart bei den Dursleys, aber du bist nicht allein«, fügte Adam hinzu, seine Worte ein Fels in der Brandung von Harrys Unsicherheit. Harry nickte, dankbar für die Unterstützung seiner Freunde, auch wenn die Aussicht, zu den Dursleys zurückzukehren, sein Herz schwer wie Blei werden ließ.
»Danke, euch beiden. Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne euch tun würde«, ein langes, unbehagliches Schweigen senkte sich über die Gruppe, während sie alle wussten, dass der Moment des Abschieds unweigerlich näher rückte. Schließlich räusperte sich Taylor.
»Wir sollten wohl gehen. Unsere Familien warten.«
»Ja«, stimmte Adam zu, obwohl er zögerte, den ersten Schritt zu tun. Dann, fast widerwillig, zog er Harry in eine feste Umarmung.
»Pass auf dich auf, Kleiner. Und vergiss nicht, wir sehen uns in sechs Wochen wieder. Wenn du es gar nicht mehr aushältst, dann kommen wir auch früher. Da kann sich Dumbledore Kopf stellen«, sagte er und drückte den Jungen etwas von. Taylor trat heran, wischte Harry die Tränen weg und umarmte ihn.
»Bleib stark. Wir denken an dich«, sagte er und Harry nickte.
»Macht's gut«, sagte er und nach einem letzten Schulterklopfen wandten sich Adam und Taylor ab und verschwanden in der Menge, ließen Harry allein am Bahnsteig zurück. Er wischte sich die letzten Tränen aus den Augen und atmete tief durch, während er sich dem Ausgang zuwandte, außerhalb dessen sein Onkel Vernon vermutlich schon ungeduldig auf ihn wartete. Sein Herz wurde schwer bei dem Gedanken an die kalte Begrüßung, die ihn zu Hause erwartete, und an die langen, einsamen Wochen, die vor ihm lagen. Doch die Worte seiner Freunde hallten in ihm nach, gaben ihm einen Funken Hoffnung in der Dunkelheit, die seine Gedanken umgab. Mit einem letzten Blick zurück auf die sich leerende Plattform griff Harry seinen Kofferwaagen und schritt durch die Barriere, die die magische Welt von der der Muggel trennte. Er ließ den Lärm und das Licht des Bahnhofs hinter sich und trat hinaus in die sommerliche Hitze Londons, wo die echte Welt – und die Dursleys – auf ihn warteten.
Doch vor dem Bahnhof war niemand. Vielleicht würde sich sein Onkel auch nur verspäten. Harry schob den Kofferwaagen in den Schatten der Kolonnaden und wartete. Sei Hoffnung schwand mit jeder Minute, die verging. Die Leute eilten an ihm vorbei, manche warfen ihm einen kurzen, mitleidigen Blick zu, doch niemand blieb stehen. Die Sonne senkte sich am Horizont, und die Wärme des Tages wich der kühlen Brise der Abenddämmerung. Harry zog seine Jacke fester um sich, während er auf seinem Koffer saß, verloren in Gedanken über das, was er tun sollte. Geld für ein Taxi hatte er nicht, und selbst wenn, wohin sollte er fahren? Zurück zu den Dursleys, die offensichtlich kein Interesse daran hatten, ihn abzuholen? Die Möglichkeit schien ihm weniger verlockend als die Straßen Londons bei Nacht. Irgendwen anrufen konnte er auch nicht; er besaß weder ein Telefon noch die Mittel, eines zu benutzen. Während die Stunden vergingen, wurde der Bahnhofsvorplatz immer leerer. Die letzte Ankündigung eines spätabendlichen Zuges hallte durch die Halle hinter Harry, gefolgt von der endgültigen Stille der Nacht. Den Jungen überkam eine tiefe Einsamkeit und er begann zu realisieren, dass niemand kommen würde. Die Dursleys hatten ihr Versprechen gebrochen. Hunger und Durst nagten an ihm und plötzlich begann es zu regnen, ein sanfter Sommerregen, der langsam in ein stetiges Prasseln überging. Harry sah auf, als die ersten Tropfen fielen, dann packte er hastig seinen Koffer und flüchtete zurück in den Bahnhof, um Schutz zu suchen. Drinnen fand er sich allein wieder, umgeben von dem Echo seiner eigenen Schritte auf dem kalten Marmorboden. Der Bahnhof, der tagsüber ein Ort des Lebens und der Hektik war, hatte sich in einen leeren, fast gespenstischen Ort verwandelt. Harry ließ sich auf einer Bank nieder, weit weg von den Haupteingängen, in einem Versuch, ein wenig Wärme und Komfort in der trostlosen Umgebung zu finden. Die Realität seiner Situation traf ihn mit voller Wucht. Er war allein, verlassen von der einzigen Familie, die er kannte, auch wenn sie ihm nie Liebe oder Zuneigung entgegengebracht hatte. Er zog seinen Mantel enger um sich, als er versuchte, sich gegen die Kälte zu schützen. Die Tränen, die letzten Stunden zurückgehalten hatte, begannen nun zu fließen, vermischt mit dem Regen, der gegen die Fenster des Bahnhofs peitschte. Er wusste, dass er die Nacht hier verbringen musste, auf einer harten Bank, ohne Hoffnung auf Komfort oder Wärme. Erschöpft schloss er die Augen und dachte an Adam und Taylor. Sie waren sicher nicht weit, aber in diesem Moment unendlich fern.
In der kalten, leeren Bahnhofshalle wurde Harry mitten in der Nacht von einer sanften Stimme geweckt.
»Entschuldigung, junger Mann. Ist alles in Ordnung mit dir?«, die Stimme gehörte einer jungen Frau, die sich besorgt über ihn beugte. Ihr Gesicht war vom Licht einer Straßenlaterne, das durch die Fenster fiel, sanft erleuchtet. Sie trug eine einfache, aber gepflegte Kleidung und hatte freundliche Augen, die vor Sorge glänzten. Als sie Harry ansah, weiteten sich ihre Augen in Erkennung.
»Du bist Harry Potter!«, Harry blinzelte müde und sah zu ihr auf, verwirrt und noch halb im Schlaf.
»Ja, das bin ich«, antwortete er leise, sich fragend, wie sie ihn in der Dunkelheit des Bahnhofs überhaupt erkannt hatte.
»Mein Name ist Alice Pierce. Ich arbeite nicht weit von hier im St. Mungos. Ich laufe immer durch den Bahnhof, das ist eine Abkürzung, aber was machst du denn mitten in der Nacht allein hier?«, ihre Stimme war sanft, aber bestimmt, und es war offensichtlich, dass sie nicht einfach weitergehen würde, ohne zu helfen. Harry zögerte einen Moment, bevor er schließlich die Ereignisse des Tages erzählte – wie er von den Dursleys im Stich gelassen worden war, seine Verzweiflung und dass er keine Ahnung hatte, wohin er sollte.
»Oh, Harry, das tut mir so leid. Du kannst nicht die Nacht hier verbringen. Komm, du kommst mit zu meinem Mann Felix und mir. Wir werden versuchen, Dumbledore oder jemanden aus der Schule zu kontaktieren. Aber zuerst sorgen wir dafür, dass du etwas isst und dich aufwärmen kannst«, bevor Harry protestieren konnte, hatte Alice bereits seinen Koffer gepackt, verkleinert und Harry sanft, aber bestimmt zum Ausgang geführt. Draußen in der kühlen Nachtluft schien die Welt weniger düster, als sie zusammen durch die leeren Straßen gingen. Alice und ihr Mann Felix lebten in einer gemütlichen Wohnung nicht weit vom Bahnhof entfernt. Felix, ein großer Mann mit einem freundlichen Lächeln, begrüßte Harry herzlich und ohne jede Spur von Überraschung, als hätte er mitten in der Nacht nichts anderes erwartet, als Harry Potter bei sich aufzunehmen. Während Alice in der Küche verschwand, um etwas zu essen vorzubereiten, richtete Felix auf der Couch ein Bett für Harry her.
»Mach es dir bequem. Wir sorgen dafür, dass du sicher bist«, sagte er mit einer Wärme in seiner Stimme, die Harry seit Langem nicht mehr gefühlt hatte. Kurz darauf saßen sie alle zusammen am Küchentisch, und Harry aß, was ihm wie das beste Essen seines Lebens vorkam. Alice und Felix beobachten ihn besorgt. Der Junge musste mindestens neun Stunden allein am Bahnhof verbracht haben. Harry sprach kaum und wirkte verstört.
»Wir kontaktieren Dumbledore. Das scheint mir besser als das Ministerium, oder?«, fragte Alice sacht. Harry hoch die Schultern.
»Oder sollen wir dich zu deinen Verwandten bringen? Vielleicht gab es nur ein Missver-...«
»Nein!«, fiel Harry Felix ins Wort. »T-Tut mir leid, aber bitte nicht zu den Dursleys ...«, sagte er und schob den Teller von sich. Alice sah zu ihrem Mann, der kaum merklich nickte.
»In Ordnung. Wir sehen morgen weiter, aber nun schlaf erst mal. Ist nach Mitternacht«, sagte Alice und brachte Harry ins Wohnzimmer. Als dieser schließlich auf der Couch lag, eingehüllt in warme Decken und mit einem Dach über dem Kopf, fühlte er eine tiefe Dankbarkeit für die Freundlichkeit von Alice und Felix. Trotz allem überwog die Angst vor dem, was jetzt noch kommen würde.
Noch am Abend schickten Alice und Felix eine Eule an Dumbledore ab, um ihm Harrys Situation zu schildern. Sie waren sich der Dringlichkeit bewusst, und obwohl sie Harry gerne länger bei sich behalten hätten, wussten sie, dass es das Beste war, ihn in sichere Hände zu übergeben. Beim Frühstück am nächsten Morgen, das Alice mit derselben liebevollen Sorgfalt zubereitet hatte wie das Abendessen am Vorabend, versuchte Harry, seine Dankbarkeit auszudrücken. Aber Alice und Felix winkten nur ab.
»Es ist doch nichts, Harry. Wir hätten es nicht übers Herz gebracht, dich dort allein zu lassen«, sagte Felix mit einem freundlichen Lächeln.
»Trotzdem, das ist nicht selbstverständlich«, sagte der Junge leise.
»Finden wir schon«, sagte Alice und goss Harry noch etwas Orangensaft ein. Plötzlich wurde ihre Unterhaltung durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Alice sah überrascht auf.
»Wer könnte das denn um diese Zeit sein?«, murmelte sie, während sie sich erhob, um nachzusehen. Als sie die Tür öffnete, stand Severus Snape davor, seine schwarzen Roben umwehten ihn wie ein Schatten der Morgensonne. Alice, die Snape nicht kannte, zog überrascht die Augenbrauen hoch.
»Entschuldigen Sie, aber wer sind Sie und was führt Sie hierher?«, Snape, dessen Miene undurchdringlich war, antwortete kühl: »Mein Name ist Professor Severus Snape, ich arbeite in Hogwarts. Direktor Dumbledore hat mich geschickt, um Harry Potter abzuholen«, Alice warf einen Blick über ihre Schulter zurück auf Harry, der bei der Erwähnung von Snapes Namen sichtlich zusammengezuckt war.
»Natürlich, bitte kommen Sie herein«, sagte sie, obwohl ihre Stimme eine Spur von Zögern enthielt. Snape betrat die Wohnung ohne ein weiteres Wort, seine Augen suchten und fanden Harry sofort.
»Potter, es ist Zeit zu gehen. Danke, dass Sie sich gekümmert haben«, sagte er dann und deutete mit einer knappen Bewegung zur Tür, während er zielsicher den Koffer des Jungen fand, diesen verkleinerte und einsteckte. Harry stand langsam auf, seine Gedanken wirbelten. Die plötzliche Ankunft seines Vaters, gepaart mit der Aussicht, ihn zu begleiten, löste in ihm eine Flut widersprüchlicher Gefühle aus. Er wandte sich Alice und Felix zu, ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen.
»Danke für alles. I-ich werde das nie vergessen«, sagte er, seine Stimme zitterte leicht. Alice trat vor und umarmte Harry sanft.
»Du bist immer willkommen, Harry. Vergiss das nicht«, flüsterte sie ihm zu, während Felix ihm zustimmend zunickte.
»Potter?«, hörte Harry seinen Vater im Flur. Mit einem letzten, dankbaren Blick verabschiedete er sich von den beiden anderen und folgte Snape hinaus in die kühle Morgenluft. Severus Snape, dessen Gesichtsausdruck so undurchdringlich wie immer war, sprach kein Wort, während er Harry durch die noch schlafenden Straßen Londons führte. Harry, immer noch verwirrt und unsicher, was diese abrupte Änderung seiner Umstände für ihn bedeuten würde, folgte Snape eher widerwillig. Ohne Vorwarnung zog dieser ihn in eine enge Gasse, die von den umliegenden Gebäuden in Dunkelheit getaucht war. Bevor Harry auch nur fragen konnte, was vor sich ging, packte Snape ihn fester am Arm und mit einem unangenehmen Gefühl von Druck und einer beklemmenden Enge verschwand die Welt um sie herum. Das Apparieren war Harry vollkommen unbekannt, und die Erfahrung war alles andere als angenehm. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, fühlte Harry sich, als wäre er durch einen engen, verdrehten Tunnel gezogen worden. Er taumelte, ihm war übel und schwindlig, während Snape ihn kaum beachtete und stattdessen erwartete, dass Harry ihm folgte. Sie befanden sich in einer kleinen, unscheinbaren Straße, die Harry nicht kannte. Vor ihnen erstreckte sich Cokeworth, eine Stadt, die mit ihrer Industriegeschichte und den eng aneinandergereihten Häusern eher trostlos wirkte. Ohne auf Harrys Zustand Rücksicht zu nehmen, zerrte Snape ihn weiter, bis sie vor einem ebenso unscheinbaren Haus standen. Das Gebäude wirkte alt und etwas vernachlässigt, seine Fassade erzählte von besseren Zeiten. Snape schloss die Tür auf und zog Harry hinein, bevor er sofort begann, ihm die Regeln klarzumachen.
»Hören Sie gut zu, Potter. Während Sie unter meinem Dach leben, werden Sie sich an meine Regeln halten. Ich erwarte, dass Sie gesehen und nicht gehört werden. Stellen Sie sicher, dass Sie mir nicht im Weg stehen«, seine Stimme war eisig und ließ keinen Raum für Widerspruch. Harry, der immer noch gegen die Übelkeit und das Unwohlsein kämpfte, nickte nur stumm, zu überrascht und zu verwirrt, um zu antworten.
»Das hier ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung«, fuhr Snape fort, die Verachtung in seiner Stimme kaum verborgen.
»Es ist mir ein Ärgernis, dass ich mich nun um Sie kümmern muss, aber da Dumbledore darauf besteht, haben wir keine andere Wahl. Machen Sie sich keine Hoffnungen, dass dies ein angenehmer Aufenthalt wird. Sohn ... hin oder her«, Harry konnte den abfälligen Ton in Snapes Stimme nicht überhören, das deutliche Missfallen darüber, dass er sich nun um seinen eigenen Sohn kümmern musste. Es gab keine Spur von väterlicher Wärme in seinen Worten, nur eine kühle Distanz, die Harry tiefer traf, als er gedacht hatte. Ohne weitere Erklärungen führte Snape Harry durch das düstere Haus in ein kleines Zimmer im Obergeschoss. Der Raum war spärlich eingerichtet, mit einem Schrank, einigen Kartons, die in einer Ecke gestapelt waren, und einer dünnen Matratze, die direkt auf dem Boden lag.
»Das wird Ihr Zimmer sein. Ich erwarte, dass Sie es sauber und ordentlich halten«, erklärte Snape, bevor er sich umdrehte und ohne ein weiteres Wort den Raum verließ, Harry in seiner neuen, trostlosen Umgebung zurücklassend. Allein in dem kleinen Raum stehend, sah dieser sich um. Die Realität seiner Situation – weit entfernt von Hogwarts, von Freunden und sogar von der kargen, aber vertrauten Umgebung der Dursleys – begann, sich in ihm festzusetzen. Umgeben von Kartons, die Erinnerungen an ein anderes Leben zu enthalten schienen, und einer Matratze, die seine neue Realität darstellte, fühlte Harry sich verlorener denn je. In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als an irgendeinen Ort zu gehören, wo er willkommen war, und nicht nur eine Last, die jemand widerwillig auf sich nahm.
Beim späteren Mittagessen, das aus nicht mehr als einem einfachen Sandwich bestand, machte Severus Snape Harry unmissverständlich klar, was er von ihm erwartete.
»Sie werden Ihre Hausaufgaben machen und lernen. Das ist alles. Ich werde häufig nicht im Haus sein, und außer in Ihrem Zimmer, der Küche und dem Bad dürfen Sie sich nirgendwo aufhalten«, sagte Snape, ohne auch nur einen Moment lang von seinem eigenen Sandwich aufzublicken. Die Worte hallten kalt in dem spärlich eingerichteten Küchenraum wider, und Harry konnte nichts weiter tun, als zu nicken. Ein ihm, nur allzu bekannte Gefühl der Isolation umfing ihn, verstärkt durch die strenge Distanz, die Snape ihm gegenüber einnahm. Das Abendessen bestand dann für Harry lediglich aus etwas Reis und einer Handvoll gekochten Möhren, während Snape offensichtlich die gleiche Beilage neben einem großen Stück Hühnchen genoss. Es schien, als würde sein Vater auch beim Essen zeigen wollen, wie wenig ihm Harry wert war. Während sie aßen, fiel dessen Blick auf einen Raben, der auf einer Stange im Raum saß und ihn mit seinen dunklen Augen zu beobachten schien.
»Ähm ... wer ist das?«, fragte Harry vorsichtig und nickte in Richtung des Vogels.
»Das ist Orpheus. Er hasst Kinder«, erwiderte Snape, ohne eine Spur von Humor oder Wärme. Der Rabe krächzte, als würde er Snapes Worte bestätigen. Harry, der sich nach irgendeiner Form von Kontakt sehnte, fragte zögerlich: »Darf ich Adam und Taylor schreiben? Sie machen sich bestimmt Sorgen, sie wissen ja nicht, wo ich bin«, Snape sah Harry kalt an.
»Nein. Sie werden keine Briefe schreiben. Es ist besser, wenn niemand Ihren genauen Aufenthaltsort kennt. Jetzt spülen Sie das Geschirr und gehen Sie dann zurück in Ihr Zimmer. Es ist spät«, sagte Snape, stand auf und verließ die Küche.
Ohne weiteren Widerspruch zu leisten, stand Harry auf und begann, die wenigen benutzten Teller und das Besteck zu spülen. Während er sich der eintönigen Aufgabe widmete, hakte Orpheus, zweimal nach ihm, als wollte er seine Präsenz noch unangenehmer machen. Jedes Mal zuckte Harry zurück, aber der Vogel verfehlte ihn knapp, sein scharfes Krächzen hallte im Raum wider. Nachdem er das Geschirr gespült und weggeräumt hatte, zog sich Harry ohne in sein Zimmer zurück. Die Tür schloss er leise hinter sich, und er ließ sich auf die Matratze fallen. Die Einsamkeit und Isolation, die sein neues Leben zu definieren schienen, lagen schwer auf ihm. Die Tatsache, dass er nicht einmal seinen Freunden schreiben durfte, ließ ihn noch isolierter fühlen. Er zog sich um und schlüpfte dann unter die Decke. Er blickte zum Sternenhimmel hinauf, der durch das schmale Fenster seines Zimmers sichtbar war. Die Sterne, unverändert und unberührt von den Sorgen der Menschen, boten ihm einen Funken Trost, eine stille Erinnerung daran, dass es Schönheit gab, selbst in der dunkelsten Nacht. Und so weinte Harry sich in den Schlaf, umgeben von der Dunkelheit seines Zimmers und doch hoffte er im Stillen, dass es irgendwo auch für ihn Licht gab.
Das sind Taylor und Adam
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