Kapitel 16
Severus war auf dem Bett neben Harry eingeschlafen, als Madame Pomfrey ihn am nächsten Morgen sanft weckte.
»Severus, es ist morgen«, sanft rüttelte sie an der Schulter des Mannes. Dieser schreckte hoch und sah zu Harry, der friedlich zu schlafen schien.
»Es geht ihm gut, aber er sollte den Tag über hierbleiben, um sich auszuruhen«, sagte Madame Pomfrey sofort. Severus stimmte zu und machte sich bereit, zum Unterricht zu gehen. Er wusste, dass der Nachmittag wichtig sein würde, denn Remus und Sirius würden kommen, um Harry zu besuchen. Mit einem letzten Blick auf seinen schlafenden Sohn verließ er die Krankenstation.
Im Laufe des Vormittags begann Harry langsam aufzuwachen. Ein kurzer Moment der Panik ergriff ihn, doch Madame Pomfrey war sofort zur Stelle.
»Harry, alles ist in Ordnung. Weißt du, was passiert ist?«, Harry nickte stumm, sprach jedoch nicht. Madame Pomfrey brachte ihm etwas zu essen, aber Harry rührte nichts davon an. Besorgt beobachtete sie ihn.
»Ich werde Professor Snape holen«, sagte sie schließlich und verließ den Raum. Es war bereits Mittag, als Severus zur Krankenstation zurückkehrte. Er setzte sich an Harrys Bett und sah ihn ernst an.
»Harry«, begann er leise, »wie fühlst du dich?«, Harrys Augen füllten sich mit Tränen, doch er sagte nichts.
»Verstehe, aber hör mit jetzt bitte gut zu. Ich weiß, du hast keinen Grund mir zur Vertrauen oder meinen Worten Glauben zu schenken, aber ich ... ich will wirklich dein Bestes, auch wenn ich dir viel Leid zugefügt habe. Glaube mir, ich werde dafür sorgen, dass Adam und Taylor immer eine Rolle in deinem Leben spielen. Das verspreche ich dir. Aber du musst auch verstehen, dass die beiden, obwohl sie dich lieben, einfach keine richtigen Vormünder für dich sein können. Sie sind nur sechs Jahre älter als du. Das Ministerium würde das niemals akzeptieren«, Harry schluckte schwer und sah seinen Vater an.
»Und was ist mit Remus und Sirius?«, flüsterte er schließlich. Severus nickte langsam.
»Remus und Sirius werden sich gut um dich kümmern. Sie sind verheiratet und haben schon lange darüber nachgedacht, wie sie dir helfen können. Ich weiß, dass es schwer ist, aber bitte gib ihnen eine Chance.«
»Aber was ist, wenn ich sie nicht mag? Oder sie mich nicht?«, fragte er unsicher.
»Es ist in Ordnung, solche Gefühle zu haben. Aber ich glaube, dass du sehen wirst, dass sie es nur gut mit dir meinen. Sie werden heute Nachmittag hier sein. Gib ihnen eine Chance«, Harry nickte zögernd und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Okay«, sagte er leise. Severus spürte eine Erleichterung, auch wenn er wusste, dass es noch ein langer Weg sein würde.
»Gut. Dann ruh dich noch aus«, sagte Severus und erhob sich. Für einen Moment wirkte so, als wolle Harry etwas sagen, aber dann drehte er sich einfach auf die Seite und Snape verließ seufzend den Krankenflügel.
Am späten Nachmittag betraten Remus und Sirius Severus' Büro. Der Raum war von dunklem Holz und schweren, mit Büchern gefüllten Regalen dominiert. Ein großer, massiver Schreibtisch stand vor dem Fenster, durch das die letzten Strahlen der untergehenden Sonne fielen und den Raum in ein warmes, goldenes Licht tauchten. Das leise Knistern eines kleinen Kamins füllte die Stille, die nur durch das leise Murmeln der Porträts an den Wänden unterbrochen wurde. Remus und Sirius wirkten beide reserviert, aber entschlossen. Sie hatten lange über dieses Treffen nachgedacht und wussten, wie wichtig es für Harry war.
»Remus, Sirius«, begann Severus, seine Stimme ernst. »Ich bin froh, dass ihr gekommen seid.«
»Wir sind hier, weil wir Harry helfen wollen«, antwortete Sirius kühl. »Was ist passiert? Deine gestrige Nachricht war doch recht vage«, fuhr er fort. Severus seufzte und setzte sich wieder.
»Harry hatte gestern Abend eine schwere Panikattacke ...«
»Was? Warum?«, fiel ihm Sirius sofort ins Wort. Aber Remus legte seinem Mann eine Hand auf den Arm und stoppte ihn.
»E-er ... die Aussicht am Ende nicht bei Adam und Taylor leben zu können ... oder bei mir hat ihn ... ja«, schloss Severus zutiefst unsicher. Remus nickte langsam.
»Das verstehe ich. Adam und Taylor waren wohl die Ersten, die ihm wirklich eine Familie gegeben haben. Wenn ich das richtig interpretiere«, Severus nickte.
»Ja, das stimmt wohl. Sie sind ihm sehr wichtig, und ich weiß, dass es für Harry schwer ist, sich von ihnen zu trennen. Aber wir müssen eine Lösung finden, die das Ministerium akzeptiert und die für Harry gut ist.«
»Auf einmal kümmert dich also ein Wohlergehen?«, knurrte Sirius.
»Schatz«, zischte Remus.
»Nein, Remy«, unterbrach Sirius. »Ich will wissen, warum er plötzlich so besorgt ist. Wo war diese Sorge im letzten Jahr, als er Harry so schlecht behandelt hat, ihn nicht beschützt hat?«, Severus' Gesicht verhärtete sich, aber die Reue war in seinen Augen deutlich zu erkennen.
»Ich verstehe deine Wut, Black. Glaub mir, ich verstehe sie nur zu gut. Aber du musst auch verstehen, dass ich Harry erst seit einem Jahr kenne. Ich wusste nichts von ihm. Kein Wort, kein Hinweis. Plötzlich stand er vor mir, der Sohn der Frau, die ich liebte, und des Mannes, den ich hasste. Es war überwältigend«, Sirius verschränkte die Arme vor der Brust.
»Und das rechtfertigt dein Verhalten ihm gegenüber? Dein Spott, deine Strafen?«
»Nein«, antwortete Severus scharf. »Nichts rechtfertigt mein Verhalten. Ich habe Fehler gemacht, große Fehler. Ich habe Harry nicht so behandelt, wie er es verdient hätte. Aber ich versuche, es wiedergutzumachen. Es ist schwer. Es ist schwer, einen Sohn zu haben, von dessen Existenz ich nichts wusste. Ein Sohn, der mir elf Jahre vorenthalten wurde«, Remus sah Severus an, seine Augen voller Verständnis.
»Es ist für uns alle schwer. Aber wir müssen einen Weg finden, Harrys bestes Interesse im Auge zu behalten«, Severus nickte, seine Schultern sanken leicht.
»Ich weiß. Und deshalb habe ich der Adoption zugestimmt. Weil ich will, dass er das Beste bekommt, was er verdient«, Sirius sah Severus lange an, seine Augen suchten nach irgendeinem Zeichen von Täuschung, fanden aber nur ehrliche Reue.
»Vielleicht hast du dich geändert. Aber du musst verstehen, dass es schwer für uns ist, dir zu vertrauen. Du hast Harry im Stich gelassen.«
»Ich erwarte nicht, dass ihr mir sofort vertraut«, sagte Severus leise. »Aber ich hoffe, dass ihr mir die Chance gebt, es zu beweisen. Ich will das Beste für Harry, auch wenn das bedeutet, dass ich zurücktreten muss.«
»Wir sind bereit, Harry aufzunehmen. Aber wir wissen, dass es Zeit brauchen wird, bis er sich an die neue Situation gewöhnt hat«, sagte Remus dann und Sirius nickte. Severus sah die beiden Männer an und spürte eine leichte Erleichterung.
»Danke. Ich werde Harry nun von der Krankenstation holen. Bitte wartet in meinen Privatgemächern auf uns«, Sirius und Remus nickten und folgten Severus, der sie zu seinen privaten Räumen führte. Er öffnete die Tür und ließ die beiden eintreten.
»Fühlt euch wie zu Hause. Ich werde nicht lange brauchen«, mit diesen Worten verließ Severus die Räume und machte sich auf den Weg zur Krankenstation, um Harry abzuholen.
Der Tag war lang und ereignisreich gewesen, und Harry hatte den gesamten Tag dort verbracht. Madame Pomfrey hatte sich bemüht, ihn abzulenken, mit ihm geredet und sogar ein Spiel gespielt, aber sie konnte nicht verhindern, dass Harry sich immer mehr in sich zurückzog. Als Severus die Krankenstation betrat, sah er Harry, der angezogen auf dem Bett saß. Sein Sohn blickte ängstlich auf, als er ihn hereinkommen sah. Severus atmete tief durch und erinnerte sich daran, dass er sich ändern wollte, dass Harry sein Sohn war, und dass er alles tun würde, damit es ihm wieder besser ging. Er ging langsam zu ihm und zog sich einen Stuhl ans Bett. Er setzte sich und sprach mit sanfter Stimme, so sanft wie Harry es nie gehört hatte: »Harry, Sirius und Remus sind hier. Sie möchten dich kennenlernen«, die Augen des Jungen weiteten sich, und er schluckte schwer.
»Hör zu. Du musst nicht aus Hogwarts weg. Und du wirst Adam und Taylor weiterhin sehen können. Ich verspreche es dir«, Harry sah seinen Vater an, suchte in seinen Augen nach der Wahrheit. Nach unendlich scheinenden Sekunden nickte er schließlich zögernd. Severus erhob sich und half Harry auf die Beine.
»Komm, wir gehen zu ihnen«, mit einer Hand, die sanft auf Harrys Rücken lag, führte Severus ihn aus der Krankenstation. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Severus' Privatgemächern, wo Sirius und Remus bereits warteten. Als sie die Räume betraten, spürte Harry, wie sein Herz bis zum Hals schlug. Die Anspannung in der Luft war greifbar, und er konnte das nervöse Zittern seiner Hände kaum unterdrücken. Als er eintrat, standen Remus und Sirius auf und kam näher. Remus war groß und schlank, mit kurzen, leicht zerzaustem braunem Haar, das trotz, seinen erst zweiunddreißig Jahren, bereits von grauen Strähnen durchzogen war. Seine Augen waren warm und sanft, aber auch von einer tiefen Traurigkeit geprägt. Er trug eine abgenutzte, aber saubere Robe, die ihm eine gewisse Bescheidenheit und Sanftheit verlieh. Sirius hingegen war etwas kräftiger gebaut, mit scharf geschnittenen Gesichtszügen und einem intensiven Blick. Sein schwarzes Haar war schulterlang und leicht wellig. Seine Augen funkelten lebhaft und wachsam, und er trug eine elegante, dunkle Robe, die ihm ein leicht rebellisches Aussehen verlieh. Harry wich einen Schritt zurück, doch die beiden Männer waren ihm seltsam vertraut. Es war, als ob er sich an etwas erinnerte, das tief in seinem Unterbewusstsein vergraben war. Die Wärme in Remus' Augen und die Lebhaftigkeit in Sirius' Blick gaben ihm ein unerklärliches Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Die beiden Männer betrachteten Harry fasziniert. In seinen Zügen sahen sie so viel von Lily, aber auch von Severus. Sirius trat langsam näher und hockte sich vor den Jungen, der für seine 12 Jahre recht klein war.
»Hallo, Harry«, sagte er sanft und lächelte. »Ich bin Sirius Black, dein Pate. Ich kannte deinen Vater ... ähm ... James Potter, sehr gut, genau wie deine Mutter, Lily«, Harry schluckte und sah in die lebhaften Augen von Sirius. Da war etwas Vertrautes, etwas Beruhigendes in seiner Stimme und seinem Blick. Dann trat Remus vor und stellte sich ebenfalls vor.
»Hallo, Harry. Ich bin Remus. Ich war ein enger Freund deiner Eltern. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht«, Harry blickte von einem zum anderen und spürte, wie sich eine vage Erinnerung in seinem Geist formte. Es war, als ob er sich an die beiden Männer erinnerte, auch wenn er noch ein Baby gewesen war. Die Wärme in ihren Augen und die Freundlichkeit in ihren Stimmen ließen ihn ein wenig von seiner Angst verlieren.
»Hallo«, sagte er schließlich leise. Severus, der die Szene beobachtete, nickte.
»Ich werde kurz draußen warten. Wenn etwas sein sollte, ruft mich einfach«, mit diesen Worten verließ er den Raum, und Harry, Remus und Sirius setzten sich auf die weichen Sessel, die um einen kleinen Tisch gruppiert waren. Sirius begann das Gespräch.
»Also, Harry, du willst sicher wissen, was wir so machen. Also ich arbeite im Ministerium in der Abteilung für magische Strafverfolgung. Es ist ein aufregender Job, manchmal gefährlich, aber auch sehr lohnend.« Remus lächelte und fügte hinzu: »Und ich arbeite in der magischen Forschung. Ich untersuche magische Kreaturen und versuche, neue Heilmittel und Tränke zu entwickeln, um sie zu schützen und auch neue Heilmittel für uns zu finden. Es ist eine friedliche Arbeit und erlaubt mir, meiner Leidenschaft nachzugehen«, Harry hörte aufmerksam zu und fühlte sich etwas wohler, als er ihre Geschichten hörte. Sie schienen interessante und erfüllende Leben zu führen, was ihm Hoffnung gab. Sirius beugte sich vor und fragte: »Gibt es etwas, das du wissen möchtest, Harry? Irgendwelche Fragen?«, Harry dachte einen Moment nach und fragte dann leise: »Könnt ihr mir etwas über meine Mutter erzählen? Und über James?« Remus und Sirius tauschten einen kurzen Blick, bevor Remus sprach.
»Deine Mutter war eine außergewöhnliche Hexe. Sie war intelligent, mutig und hatte ein Herz aus Gold. Sie hat immer das Richtige getan und sich für andere eingesetzt. Ihre Liebe zu dir und James war grenzenlos«, Sirius nickte zustimmend.
»James war ... nun ja, er war wie ein Bruder für mich. Wir haben zusammen so viele Abenteuer erlebt. Er war loyal, mutig und hat seine Familie über alles geliebt. Auch wenn er nicht dein leiblicher Vater war, hat er dich wie seinen eigenen Sohn behandelt. Und er hätte alles für dich getan«, Harry spürte einen Kloß in seinem Hals und fragte zögernd weiter: »Und Professor Snape?«, Remus seufzte leise und begann zu erklären.
»Severus und wir hatten in der Schulzeit eine schwierige Beziehung. Es gab viel Konkurrenz und Missverständnisse.« Sirius ergänzte: »Severus ist kein einfacher Mensch, aber ich glaube, er versucht wirklich, das Beste für dich zu tun«, Harry nickte langsam, versuchte, die Informationen zu verarbeiten.
»Ich verstehe«, sagte er leise. »Es ist viel, aber ich verstehe.«
»Harry, kannst du uns ein wenig von deinem Leben bisher erzählen?«, fragte Remus dann sanft. Harry zögerte, aber dann begann er leise zu sprechen. Er erzählte von den Jahren bei den Dursleys, der Vernachlässigung und den Misshandlungen. Er sprach von den einsamen Nächten und den harten Tagen, von den wenigen Momenten der Freude und den vielen Momenten der Verzweiflung. Tränen liefen ihm über die Wangen, als er sprach, und seine Stimme brach mehrmals.
»Es tut mir so leid, dass du all das durchmachen musstest. Aber du bist jetzt nicht mehr allein. Wir sind hier für dich«, Remus streckte die Hand aus und legte sie auf Harrys Schulter. Dieser zuckte kurz, ließ es dann aber geschehen. Sirius nickte und fügte hinzu: »Wir werden dafür sorgen, dass du nie wieder so etwas erlebst. Du bist sicher bei uns«, Harry schluchzte und wischte sich die Tränen ab.
»Danke«, flüsterte er. »Aber was ist mit Adam und Taylor?«, Sirius lächelte beruhigend.
»Du kannst sie sehen, wann immer du möchtest. Wir wissen, wie wichtig sie für dich sind, und wir würden nie versuchen, das zu ändern«, Harry sah die beiden Männer an und fühlte eine Welle der Erleichterung.
»Ich finde euch wirklich nett«, sagte er zögernd. »Und ich denke, ich würde gern bei euch leben«, Remus und Sirius tauschten einen erleichterten Blick.
»Bevor du dich endgültig entscheidest, gibt es noch etwas, das du wissen solltest. Es betrifft mich direkt«, sagte Remus dann zögernd. Harry blickte neugierig auf.
»Was ist es?«, Remus atmete tief durch und begann zu erzählen.
»Als ich ein Kind war, wurde ich von einem Werwolf gebissen. Seitdem verwandle ich mich bei Vollmond in einen Werwolf. Es ist eine schwierige Bürde, aber ich habe gelernt, damit zu leben. Mit den richtigen Tränken und Vorkehrungen ist es handhabbar"H, arry hörte aufmerksam zu, seine Augen weit vor Überraschung.
»Ein Werwolf?«, Remus nickte.
»Ja. Aber ich will, dass du weißt, dass ich niemals jemandem absichtlich wehtun würde. Ich nehme jeden Monat einen Trank, der mir hilft, die Kontrolle zu behalten. Sirius und ich haben ein System, um sicherzustellen, dass niemand in Gefahr ist«, Harry dachte einen Moment nach und nickte dann.
»Ich verstehe. Es klingt schwer, aber ich denke, es macht euch nur noch mutiger, oder?«, Sirius lächelte und legte eine Hand auf Remus' Schulter.
»Remus ist der beste Mensch, den ich kenne. Und ich weiß, dass wir zusammen eine gute Familie für dich sein können«, Harry sah zwischen den beiden hin und her. Sie waren nicht Adam und Taylor, aber das mussten sie auch nicht sein. Sirius und Remus würde sich um ihn kümmern und Adam und Taylor würden Teil seiner Geschichte bleiben. Harry atmete tief durch, trat vor und umarmte Sirius. Dieser schien kurz überrascht, aber zog das Kind dann an sich. Remus kam dazu und umarmte Harry zusätzlich sanft, und für einen Moment fühlte dieser sich sicher und geborgen. Es war der Beginn eines neuen Kapitels in seinem Leben, und er wusste, dass er mit ihrer Hilfe alles bewältigen konnte.
Die Zeit verging. Bald war wieder Dezember, kurz vor den Weihnachtsferien, und Hogwarts war in eine festliche Stimmung getaucht. Harry hatte sich endgültig entschieden, bei Remus und Sirius zu leben. Die beiden Männer hatten ihn in den letzten Monaten regelmäßig besucht, und Harry fühlte sich immer wohler in ihrer Gesellschaft. In Hogwarts ging es ihm nun besser, seitdem sein Vater ihn nicht mehr vor der Klasse bloßstellte oder ihm Strafarbeiten aufbrummte. Die anderen Schüler behandelten ihn mit vorsichtigem Respekt. Zwar hatte er noch immer nur Blaise und Draco als wirkliche Freunde, aber das genügte ihm. Auch Adam und Taylor hatten inzwischen Hogwarts besucht und Harry versichert, dass sie ihn so oft wie möglich auch bei Remus und Sirius besuchen würden. Dies hatte Harry sehr beruhigt und ihm geholfen, sich auf die neue Situation einzustellen. Severus haderte noch immer mit sich selbst. Er hatte der Adoption von Harry durch Sirius und Remus zugestimmt, und das Ministerium hatte keine Einwände erhoben, sofern Severus den letzten Schritt gehen würde. Anfang Januar sollte die Unterschrift erfolgen.
An diesem Wochenende, kurz vor den Ferien, traf sich Severus mit Lucius Malfoy in einem Café in der Winkelgasse. Das Café war gemütlich, mit einer festlichen Dekoration, und ein leichter Duft von Gewürzen und frisch gebackenem Gebäck lag in der Luft. Sie nahmen Platz und bestellten Kaffee.
»Wie geht es dir?«, fragte Lucius, nachdem sie sich gesetzt hatten. »Und vor allem wie geht es Harry? Draco hat mir gesagt, dass ihr inzwischen ganz gut miteinander auskommt«, Severus nahm einen Schluck Kaffee und nickte.
»Mir geht es ... akzeptabel. Harry kommt gut zurecht. Er hat sich entschieden, bei Remus und Sirius zu leben, und ich habe der Adoption zugestimmt«, Lucius hob eine Augenbraue.
»Und du? Wie fühlst du dich dabei?«, Severus seufzte und starrte in seine Tasse.
»Ich habe viele Fehler gemacht, und ich sehe diese jetzt ein. Es ist nicht leicht, aber ich glaube, dass die Adoption das Richtige für Harry ist. Ich kann ihm kein richtiger Vater sein. Jetzt einen Rückzieher zu machen, wäre unfair allen Beteiligten gegenüber«, Lucius lehnte sich zurück und betrachtete Severus nachdenklich.
»Bist du sicher, dass das die richtige Entscheidung ist? Du gibst einfach auf?«, Severus schüttelte den Kopf.
»Ich gebe nicht auf. Ich will nur, dass Harry das beste Leben bekommt, das er haben kann. Remus und Sirius können ihm das bieten. Es wäre egoistisch von mir, ihn an mich zu binden, wenn ich weiß, dass ich ihm nicht das geben kann, was er braucht«, Lucius nickte langsam.
»Vielleicht hast du recht. Aber trotzdem, sprich mit Sirius und Remus darüber. Sie sollten wissen, was du empfindest. Vielleicht gibt es einen Weg, wie du trotzdem in Harrys Leben bleiben kannst ... also außer in der Schule«, Severus nickte.
»Ja, vielleicht. Sie haben mich ohnehin an Weihnachten eingeladen, damit ich sehen kann, wie Harry leben wird. Es ist eine gute Gelegenheit, mit ihnen zu reden«, Lucius lächelte leicht.
»Das klingt nach einem Plan. Du bist vielleicht nicht perfekt, Sev, aber ich denke, du hast inzwischen das Beste im Sinn für deinen Sohn. Das ist, was zählt«, Severus lehnte sich zurück und starrte aus dem Fenster des Cafés, wo die ersten Schneeflocken des Abends sacht zu Boden fielen.
»Manchmal«, sagte er leise, »muss man vielleicht das eigene Ego zurückstellen, um das Wohl eines anderen sicherzustellen. Inzwischen will ich Harry nicht mehr verlieren, aber ich will auch nicht, dass er leidet, nur weil ich zu stolz bin, loszulassen«, Lucius betrachtete seinen Freund mit einem nachdenklichen Blick.
»Vielleicht ist das die wahre Stärke, Sev. Zu wissen, wann man loslassen muss, um jemandem die Chance zu geben, wirklich glücklich zu sein. Trotzdem solltest du am Ende auf dein Herz hören«, Severus schloss die Augen für einen Moment, ließ die Worte auf sich wirken.
»Ich hoffe, dass Harry eines Tages versteht, dass alles, was ich tue, am Ende aus Liebe zu ihm geschieht, auch wenn ich sie ihm lange nicht zeigen konnte. Und dass er weiß, dass er immer mein Sohn sein wird, egal, wo er lebt«, die beiden Männer saßen eine Weile schweigend da, während der Schnee draußen leise fiel und die Welt in ein sanftes, weißes Tuch hüllte.
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