Kapitel 2
Nach der kurzen Gespräch kamen wir zu den Spielen, die wir immer spielten, um unsere Angst zu locken. Es waren meist einfache Sprachspiele, die die Namen der anderen beinhalteten, damit wir uns auf die anderen Teilnehmer konzentrieren. Es fiel mir verdammt schwer die Namen der anderen auszusprechen, obwohl ich sie bereits seit ein paar Wochen kannte. So einen Moment hatte ich jetzt, als mir Juyeon den Ball zu warf. Ich sah gehetzt auf die Gesichter der anderen, die mich musterten. Quälende Sekunden verstrichen und ich spürte den wachsenden Kloß in meinem Hals. Ich hatte das Gefühl, als würde er anschwellen. „Jisung? Wem möchtest du den Ball zuwerfen?", fragte Frau Bang sanft. Ich starrte den blau-gelben Ball in meinen Händen an und sah dass ich wieder zitterte. Ich..ich...schaffe es...nicht....meine Gedanken redeten es mir ein, so lange bis ich den Ball fallen lies und ein kurzes 'Entschuldigung' rausbringe, bevor ich aus der Tür rannte, um mich auf der Toilette zu verstecken. Mein Hals schwoll weiter hin an und die Tränen waren nicht sehr weit.
Ich hatte diese Panikattacken so satt, in den ich wie ein kleines Kind mich vor den anderen verstecken musste, damit sie meinen Zusammenbruch nicht mitbekamen. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, lies ich die Tränen raus. Die negativen Gedanken hatten es wieder geschafft mich zu brechen. Wieso wird es bei mir nicht besser? Wieso lebe ich mit dieser scheiß Angst auch nach zwei Jahren nach der verdammten Therapie? Es musste sich doch etwas bessern. Bei den anderen klappt es doch auch. Wieso also nicht bei mir? Die Toilettentür wurde aufgemacht und ich konnte Schritte hören. „Jisung? Alles okay?", fragte Minho leise. Er war fast so ein hoffnungsloser Fall wie ich. Bis her hatte er sich auch nicht gemeldet, aber ich bemerkte, dass er sich viel besser mit den anderen austauschen konnte als am Anfang. Schon das alleine lies mich weiter weinen. „Möchtest du, dass ich etwas bei dir bleibe?", fragte er sanft, doch ich verneinte. Gesellschaft in meinem Zustand ist die Hölle. Nur allein konnte ich mich beruhigen. Andere Menschen machten es nur noch schlimmer. Minho war so lieb und lies mich dann allein. Ich wischte Tränen aus den Augen, während ich versuchte runterzukommen.
Je länger ich hier verbrachte, desto mehr beruhigte ich mich und bald waren die Tränen verebbt. Trotzdem fühlte ich mich scheiße, weil das bedeutete, dass mich die anderen mit tränenverheultem Gesicht sehen würden. Das wird meiner Sozialphobie gefallen. Dann hatte sie wieder einen Grund mir eins reinzuwürgen. Wie soll ich so nur zu den anderen gehen? Schließlich konnte ich nicht stundenlang in der Kabine bleiben. Ich atmete tief ein und aus. So lange, bis es mir wieder einigermaßen gut ging. Bevor ich zurück in den Therapieraum ging, wusch ich mir noch das tränennasse Gesicht ab. Das kühle Nasse fühlte sie wie Balsam an. Ich wagte es nicht in den Spiegel zu schauen, denn ich wusste, dass mein Spiegelbild mir den blick auf einen beschissenen Jungen preis gibt, der seine Sozialphobie nicht in den Griff bekam. Noch einen Moment verweilte ich am Waschbecken und nahm meinen Mut zusammen, um die Tür zu öffnen, die mich auf den Flur der Arztpraxis brachte.
Und in meinen nächsten Alptraum.
Denn vor der Tür stand Chan.
Seine braunen Augen starrten mich an, als würde ich seine Beute sein und er das Raubtier. Sofort bekam ich unangenehme Gänsehaut. Was machte er wieder her? Hatte seine Schwester ihm nicht verboten hier her zu kommen? „Hey, Jisung", sagte er und grinste mich dreckig an. Mein Körper wollte wieder in Panik ausbrechen aber ich schaffte es vor ihm wegzurennen und die Tür des Therapiezimmer aufzureißen. Nur bloß weg von Chan. „Du bist wieder hier!", rief Frau Bang begeistert, sichtlich erfreut, dass ich meine Panikattacke hinter mir hatte aber sie sah die Angst in mir. „Was ist los?", fragte sie besorgt. „Chan ist wieder da....", sagte ich, während ich mich auf meinen Platz hinsetzte. Ich versteckte meine zitternden Hände in meine Jeans und schaute ängstlich auf den Boden. Frau Bang verlor ihre Gelassenheit und sah wütend drein. „Wie oft soll ich ihm noch sagen, er hat hier unten nichts zu suchen?" Dann war ihre Gelassenheit wieder da. „Ich entschuldige mich für meinen kleinen Bruder. Ich werde mit ihm sprechen. Also wollen wir weiter machen?"
Frau Bangs Gespräche mit ihren Bruder halfen aber nichts, denn Chan hielt sich an nichts, was er gesagt bekam. Ich sah ihn sehr oft durch den Flur schleichen und wenn er mich sah, dann schaute er mich mit diesem intensiven grässlichen Blick an. Ich hab das Gefühl er macht das nur mit mir, denn wenn er die anderen sah, dann lag seine Aufmerksamkeit eher der Wand oder er verließ die Arztpraxis einfach, um dann in die Wohnung ein Stockwerk zu gehen, in der er mit seiner großen Schwester wohnte. Als die Stunde zu Ende war, flüchtete ich schon fast aus dem Zimmer. Den Moment hatte ich am liebsten. Er bedeutete Freiheit. Jetzt kann ich nach Hause und mir wieder Serien reinziehen.
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