Kapitel 19
Jisungs POV
Kaum zuhause angekommen, stürzte ich mich ins Badezimmer. Die Schmerzen waren so unerträglich. Sie waren es aber wert gewesen. Ich habe meine Sozialphobie den ganzen Abend kein bisschen gespürt. Freude hatte mein Körper statt Angst durchflossen. Es war so schön, wenn man die Welt nicht mit angstgefüllten Augen sehen musste. Man konnte endlich mal abspalten, die Selbstzweifel verstummten und ich hatte Optimismus gespürt. Ich habe diese Hoffnung in mir gespürt, dass ich mich gegen meine Angst stellen konnte, wenn ich alles gebe und an mich glaube. Dank Chan konnte ich mich den ganzen Abend an mich glauben. Vielleicht würde ich mich auch mit Chan anfreunden und sogar mich in ihm verlieben können. Er war so sanft zu mir, so liebevoll. Den ganzen Abend konnte ich es sehen. Chan schien mich wirklich gerne zu haben und das machte mich irgendwie glücklich.
Schöne Momente bleiben nicht für immer und die Realität schlägt mit so einer Wucht zurück, dass alles an was du jemals geglaubt hast, wie ein Kartenhaus davon gefegt wird. Ich riss mir den Pullover vom Leib und sah auf meinen blutdurchtränkten Verband. Als ich vorsichtig über den einst weißen Stoff strich, spürte ich die blutige Feuchte auf meinem Finger. Meine Freude hatte mich schon längst verlassen und lies meine vertraute Angst wieder mein Körper und Kopf kontrollieren. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht? Vorsichtig löste ich die mit blutvollgesogene Verband von meinem verletzten Körper und lies sie auf den Boden fallen. Die Wunde war blutverschmiert. Ich kann jetzt schlecht zum Arzt gehen. Was soll ich sagen? Mit der Wahrheit konnte ich nicht rausrücken, sonst würde mich sonst wohin schicken und das machte mir Angst. Ich musste also alleine mich um die Wunde kümmern und hoffen, dass sie aufhörte zu bluten. Mit kalten Wasser wusch ich die Wunde sauber und holte Desinfektionsspray hervor, mit dem ich die Wunde versorgte. Danach machte ich einen neuen Verband hin. Besser ich ging jetzt ins Bett. Dann konnte meine Wunde auch besser heilen. Im Bett passte ich auf, dass ich nicht auf der Wunde lag. Meine Schlafposition könnte ich aber im Tiefschlaf nicht kontrollieren, deswegen hoffte ich, dass der Druck meines schlafendes Körpers nicht die Wunde zu Bluten brachte.
Durch meinen Handywecker wurde ich am nächsten Morgen aufgeweckt. Die Wunde an sich hatte aufgehört zu bluten und hatte eine dünne Schorfschicht gebildet. Besser ich verband sie mit einem neuen Verband. Ich fühlte mich überhaupt nicht gut, fast schon fiebrig, als ich aufstehen wollte. Schwindel brachte mich zurück in mein Bett zu fallen. So könnte ich heute nicht zur Schule gehen. Ich rief nach meinen Eltern, die mich zuhause ließen. Dann gingen sie zur Arbeit und ich war allein zuhause. Da ich fröstelte, zog ich meine Decke mehr um mich. Mir war so kalt. Ich bekam eine Nachricht von Chan. 'Wie geht es dir?' Kurz schrieb ich ihm, dass ich krank sei. 'Was wenn du krank geworden bist wegen der Bisswunde? Ich schwänze die Schule und besuche dich, damit wir endlich zum Arzt gehen, damit du wirklich behandelt wirst!' Chan würde vorbei kommen, was mich nervös machte. Außerdem hatte ich jetzt Angst, dass ich wegen der Bisswunde erste Symptome spürte. Hatte Chan nicht erwähnt, dass der Biss eines Menschen sehr viele Bakterien beinhaltete? Ich vertrieb mir die Zeit mit etwas Musik. Im nächsten Moment sah ich verwirrt auf das Handy neben mir und fragte mich, wieso ich es da hingelegt hatte, wenn es eigentlich auf meinem Nachttisch gehörte.
Als Chan klingelte, schleppte ich mich an die Tür. Er rang nach Atem, als würde er den ganzen Weg zu mir gerannt haben. „Zieh dich an. Wir gehen sofort zum Arzt." Ich setzte mich langsam auf den Boden und zog meine Schuhe an. Chan sah mich die ganze Zeit so besorgt an. Ich hab Mist gebaut. Das wusste ich. Allerdings wusste ich nicht, wieso ich die Jacke anziehen wollte. „Chan....gehen wir weg?", fragte ich ihn verwirrt. Chan half mir die Jacke anzuziehen. „Das ist gar nicht gut. Du musst sofort zum Arzt. Ich hätte gerne meine Schwester gebeten, damit sie uns fährt, doch dann hätten wir beide Schwierigkeiten bekommen. Fuck, wir bekommen früher oder später Schwierigkeiten!" Chan fuhr sich frustriert durch das Haar. Er hatte Angst vor den Konsequenzen, weil er mich gebissen hatte. Ich war auch nicht gerade entspannt. Angst konnte sich so anders fühlen. Sie konnte wie ein kalter Wind über deine Haut streichen oder mit einer eiskalte Hand dein Herz umklammern und zudrücken. Letzteres beschrieb mein Zustand gerade. Ich wollte nicht, dass Chan Konsequenzen bekommt und ich hatte Angst, was mit mir passierte.
Chan brachte mich zum nächsten Arzt, den wir sahen und sprach die Sekretärin an. „Entschuldigung, dass ich sie einfach überfalle, aber mein Freund hier hat vielleicht eine Blutvergiftung. Sowas muss doch schnell wie möglich behandelt werden?" Die Sekretärin nickte und sah mich an. Wahrscheinlich sah ich nicht gerade so gesund aus. „Chan..mir ist so kalt", sagte ich leise und kuschelte mich an ihn. Meine Angst um eine Blutvergiftung lies mich meine Sozialphobie für den Moment nicht präsent sein. „Ich werde den Arzt holen", meinte die Sekretärin und stand von den Empfangstresen auf.
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