1 - Training mit Käferpfote
"Achtung, Adler!" schrie Adlerschwinge. Vorbildlich fuhr Käferpfote zusammen und duckte sich. Mit dicht über dem Boden erhobenem Schweif schlich er über das tarnende Laub, ohne ein Geräusch zu machen.
"Super." lobte Adlerschwinge. "Und was machst du, damit der Adler dich nicht sieht?"
Käferpfote dachte einen Herzschlag lang nach, dann antwortete er: "Ducken, tarnen, weglaufen und kein Geräusch verursachen."
"Und wenn du auf Laub stehst?" Adlerschwinge tippte das raschelnde, braungelbe Laub an.
"Stillhalten und hoffen, dass ich nicht gesehen werde."
"Und wenn er dich sieht und angreift?"
"Rennen, bis ich ein Versteck finde. Dann verstecken und immer wachsam bleiben. Nicht überraschen lassen."
Stolz musterte die Schildpattkätzin ihren Schüler. "Und wenn er dich mit seinen Klauen packt und hochhebt?"
"So lange strampeln, beißen und kratzen, wie es geht. Wenn er mich loslässt, dann muss ich auf den Pfoten landen. Und um Hilfe rufen." Mehrere geflügelte Katzen wurden gut mit einem Adler fertig, aber allein war es gefährlich.
"Genau. Und warte nicht zu lange, sonst bist du zu weit oben." bestätigte Adlerschwinge. Jetzt nochmal ein Kampf, dann bist du fit für morgen."
Erschöpft sah Käferpfote seine Mentorin an. "Muss ich wirklich?"
"Ja." erwiderte Adlerschwinge ruhig, aber ihr Herz klopfte aufgeregt. Morgen hatte ihr erster Schüler seine Kriegerzeremonie! Ganz am Anfang war sie so unsicher gewesen, aber er war ein toller Schüler. Am liebsten würde sie ihn gar nicht gehen lassen. Sicher würde ihre Mutter ihr bald einen neuen Schüler geben - ob sie mit einer anderen Katze auch so gut zurechtkommen würde?
"Komm schon." ermutigte sie ihn. "Schleich dich an und überrasche mich." Käferpfote nickte ergeben und verschwand im Unterholz.
Adlerschwinge stand da, witterte und prüfte die Windrichtung. Dann hing sie ihren Gedanken nach.
"Nieder mit dir!" brüllte Käferpfote und schoss wie der Blitz von einem Baum. Er landete auf dem Rücken der gelbäugigen Kätzin. Adlerschwinge bäumte sich auf und er fiel herunter, landete aber geschickt auf allen vier Pfoten.
"Mach nicht so einen Krach." empfahl sie ihm, dann umkreisten sie sich in gespielter Feindseligkeit. Käferpfote war ein guter Schauspieler. Früher hatte sie immer befürchtet, dass er sie wirklich hasste, aber dem war nicht so.
Als Käferpfote keine Anstalten machte, anzugreifen, täuschte Adlerschwinge ihrerseits einen Angriff vor. Käferpfote wich auf den nächsten Baum aus und schwang sich mithilfe seiner Flügel auf einen Ast. Mühsam hielt er das Gleichgewicht.
Adlerschwinge erhob sich ebenfalls in die Luft. Herbstblätter wirbelten herum, als sie ihre Schwingen ausbreitete. Der Wind war frisch und stach zwischen ihre Federn, als sie an Käferpfote vorbei nach oben stieg.
"Komm, wir kämpfen oben weiter. Pass auf, wenn du steigt!" rief sie hinunter.
Käferpfote folgte ihr mit schnellem Flügelschlag. Einmal stieß Adlerschwinge sich an einem Ast und er lachte darüber.
"Schon klar." murmelte die zweite Anführerin gespielt gekränkt. "Ich belehre dich und verletze mich selbst." Sie genoss den Wind über den Baumwipfeln. Käferpfote sauste um sie herum, und erst, als er mit dem Maul nach ihren Flügeln schnappte, erinnerte sie sich, dass es ein Training war.
Sie wirbelte herum und stieß ihn mit den Pfoten weg. Käferpfote flog rückwärts und schlug gegen einen Felsen. Obwohl er das Gesicht verzog, benutzte er ihn als Startpunkt, stieß sich ab und schoss auf seine Mentorin zu. Adlerschwinge schwang sich zur Seite, trotzdem knallten sie lachend gegeneinander.
Käferpfote schnappte nach ihrer Flanke, und wenn es ein echter Kampf gewesen wäre, hätte er sie schlimm verletzen können.
Stolz strahlten Adlerschwinges Augen, als sie schließlich, nach ermüdetendem Kampf, das Lager betraten. Das gelbe Herbstgras unter ihren Pfoten raschelte, als sie zwischen den Felsen hindurchliefen. Adlerschwinge holte zwei Mäuse vom Frischbeutehaufen und setzte gerade sich neben ihren Schüler, als Falkenpfote und seine Mentorin Lindenbrise in das Lager stürmten.
Lindenbrise trug etwas, das aussah wie ein Kaninchen mit kurzen Ohren, aber als Adlerschwinge genauer hinsah, erkannte sie Eulenpfote, Falkenpfotes Schwester.
Oh SternenClan.
Adlerschwinge überließ ihrem Schüler beide Mäuse und trat der Kriegerin und den Schülern entgegen.
"Was ist passiert?"
Lindenbrise wies mit dem Kopf in Richtung Heilerbau. Adlerschwinge nickte und sie trug Eulenpfote zu Schwalbenschwanz, während Falkenpfote berichtete.
"Ein Fuchs hat sie angegriffen!" japste er, offenbar von einem längerem Lauf erschöpft. "Lindenbrise hat mit mir trainiert, während Eulenpfote jagen sollte."
Adlerschwinge nickte gedanklich. Eulenpfotes Mentor Häherflug hatte sich vor kurzem einen schlimmen Biss von einer Ratte zugezogen und hütete das Nest im Heilerbau, deshalb sollte Lindenbrise sie mitnehmen. "Wie lange war sie ohne Aufsicht?"
"Nicht lange." erzählte Falkenpfote. "Lindenbrise hat sie losgeschickt, wenig später hat sie geschrien und wir sind hingerannt. Der Fuchs wollte ihren Flügel zerreißen, aber als wir gekommen sind, ist er weggelaufen. Eulenpfote kann kein Blut sehen, deshalb ist sie ohnmächtig geworden."
"Gut. Nimm dir Beute und ruh dich aus. Sag eurem Vater Bescheid, ja?" bat die zweite Anführerin ihn. Falkenpfote nickte erschöpft und lief zum Frischbeutehaufen. Adlerschwinge wies Käferpfote an, schlafen zu gehen, und trabte zum Heilerbau.
Die Heilerhöhle war, wie immer, sauber und ordentlich. An den Seiten reihten sich Nester - in einem konnte sie durch das Dämmerlicht Häherflugs Gestalt erkennen - und an der entgegengesetzten Wand lagerten alle möglichen Kräuter, durch die Felsen gekühlt. Aschenkrähe beriet sich mit Meisenpfote über irgendwas, während Lindenbrise und Schwalbenschwanz vor einem Nest standen. Adlerschwinge zögerte kurz, dann trat sie zu den beiden.
In dem Nest lag Eulenpfote. Sie war noch immer bewusstlos - oder wieder - und roch nach Kräutern. Trotz der Paste auf ihrem Flügel konnte Adlerschwinge erkennen, dass er verletzt war: Federn lagen auf dem Boden, und Blut klebte an dem Moos unter ihr.
"Wie schlimm ist es?" fragte sie leise. Lindenbrise zuckte zusammen, aber Schwalbenschwanz drehte sich ruhig zu ihr um. In ihren Augen lag etwas, das die zweite Anführerin nicht deuten konnte. Sie schien an ihr vorbeizuschauen, als läge dort, in der Dunkelheit, die Antwort, und doch antwortete sie. "Nicht schlimm. In ein paar Tagen ist es verheilt. Sie hat Federn und Blut verloren, wird ein wenig brauchen, um wieder fliegen zu können. Sie wird die Zeremonie verpassen."
Die Zeremonie! Aufgeregt musterte Adlerschwinge die Heilerin. "Soll ich Habichtstern Bescheid sagen?"
"Natürlich!" fauchte Lindenbrise plötzlich. Überrascht machte Adlerschwinge einen Schritt nach hinten, als die Kriegerin an ihr vorbei aus dem Bau stürmte. Dann schaute sie der Kriegerin verwundert nach.
"Sie glaubt, dass sie Schuld trägt an Eulenpfotes Verletzung." erklärte Schwalbenschwanz ruhig. Ihr Blick war auf Adlerschwinge gerichtet und sie schien jetzt wieder ganz bei sich zu sein. "Weil sie nicht auf beide aufpassen konnte."
"Sie wird darüber hinwegkommen. Das tun sie immer." gab Aschenkrähe unerwartet dazu, als er mit Meisenpfote an ihnen vorbeilief. Wie durch ein Wunder schien er alles gehört zu haben.
"Tut wer immer?" wollte Adlerschwinge wissen, aber sie waren schon in der Dämmerung verschwunden.
"Geh jetzt." wies Schwalbenschwanz sie an. "Sag deiner Mutter Bescheid." Sie nickten sich zu und Adlerschwinge verließ den Bau. Kurz hielt sie inne und drehte sich um.
"Was soll ich Feuerschwinge und Falkenpfote ausrichten?"
"Sag ihnen, dass sie gerade schläft, sie aber gern kommen können, wann immer sie wollen." erwiderte Schwalbenschwanz. "Und sie sollen Frischbeute mitbringen."
"Mach ich." Adlerschwinge kniff ein wenig geblendet die Augen zu, als sie die felsige Höhle verließ. Das Dämmerlicht drinnen war viel dunkler als hier, wo es von den letzten goldenen Sonnenstrahlen erhellt wurde. Wie erwartet standen Falkenpfote und Feuerschwinge unruhig zusammen, als sie zu ihnen stieß.
"Kommst du aus dem Heilerbau?" wollte Feuerschwinge wissen.
"Ja. Ihr könnt Eulenpfote besuchen, sie schläft aber noch. Und wenn ihr sie besucht, sollt ihr Frischbeute mitbringen, sagt Schwalbenschwanz." richtete Adlerschwinge ihnen aus. Feuerschwinge dankte ihr noch, während Falkenpfote schon zum Frischbeutehaufen eilte.
Adlerschwinge machte sich auf den Weg zu ihrer Mutter.
Ich habe die leise Ahnung, dass nicht alles nach Plan läuft...Als ob ich jemals einen gehabt hätte, das Buch existiert als Entwurf schon seit letztem Jahr xD Aber mir gefällt die Richtung, die es genommen hat. Besser als der Ursprung, nicht so starr. Könnte daran liegen, dass ich angefangen habe, wichtige Szenen und Ideen zu zeichnen. Soll ich am Klappentext noch was ändern?
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