XXXIV.
Kapitel 34
Wie schon meinerseits erwartet, brauchen Vincent und ich nicht nur zehn Minuten. Es braucht nämlich einiges an Zeit, ihm die letzten Wochen zu schildern, natürlich ohne geheime Informationen über E.A.T.E.R. oder die Organisation zu verraten. Dennoch erzähle ich ihm, dass Isabelle meine Mutter ist, sie aber keineswegs versucht hat, mit mir Kontakt aufzubauen, womit Vincent ein paar Aufnahmeschwierigkeiten hat. Natürlich quetscht er mich auch bezüglich meiner Wunde am Hals lange aus, worauf ich ihm leider nur sporadische Antworten geben kann.
Letztendlich bin es nicht ich, die Edward anruft, weil wir fertig sind, sondern Edward, der mir schreibt, weil er keine Lust mehr hat, mit Frau Müller Konversation zu führen und ich ihn herausholen soll. Verständlich. Sie kann nämlich wirklich nervig sein, wenn sie einen ausfragt. (Frau Müller wollte sowieso mit uns reden, es war also nicht Edwards Wille, zu ihr zu gehen.)
So verabschiede ich mich also von Vincent, was ein sehr großes Drama ist, doch ich speichere in der Hoffnung dass Edwrd mich nicht erwischt, Vincents Nummer ein weiteres Mal ein, was Vincent schließlich beruhigt und ich sein Zimmer verlasse.
Ich steige die Holztreppe runter und singe dabei What A Feeling von Irene Cara vor mich hin (fragt mich nicht, wie ich auf dieses Lied kam, eigentlich habe ich in letzter Zeit kein 'Flashdance' gekuckt). Weil Edward meinte, er säße mit Frau Müller in der Küche und trinkt Kaffee, biege ich als ich endlich unten angekommen bin links ab und öffne die Tür, die zur Küche führt.
Schließlich betrete ich den Raum, der aussieht wie eine normale (aber sehr große) Küche. In der Mitte stehen zwei Tische, an denen die Angestellten immer essen, die hier schlafen. An einem dieser Tische sehe ich Frau Müller und Edward sitzen, beide mit einer Tasse Kaffee vor sich. Frau Müller ist gerade dabei zu lachen, doch als sie mich erblickt, verstummt sie und richtet ihre grauen Haare, die in einer Art Dutt auf ihrem Kopf zusammengebunden sind.
,,Felicia, schön dich zu sehen!", meint sie warm lächelnd, auch wenn ich ihr nicht wirklich abkaufe, dass sie sich freut, mich zu sehen. Wir beide hatten schon immer eine seltsame Beziehung, denn eigentlich verstehen wir uns gut, gehen dem anderen aber auch oft auf die Nerven.
Sö lächle ich also zurück und meine: ,,Das beruht auf Gegenseitigkeit, aber so Leid es mir auch tut, Edward und ich müssen jetzt ganz schnell los!" Ich lächle bedauernd und setze einen traurigen Hundeblick auf, was mir so ziemlich wie jeder abkauft.
,,Warum das denn? Setz dich doch lieber zu uns und trink eine Tasse Kaffee!"
Ich komme den beiden einen Schritt näher, lächle traurig und antworte ihr: ,,Frau Müller, ich fasse mein Lebtag doch keinen Kaffee an, da bleibe ich lieber meinen schwarzen Tee treu. Aber wir müssen jetzt wirklich los, es...gibt einen kleinen Notfall, den ich leider vor ihnen nicht ansprechen kann."
Edward schaut mich mit erhobener Braue an, ebenso Frau Müller scheint verwundert, denn sie fragt: ,,Ist es denn so dringend?"
Ich nicke eifrig, aber dennoch traurig mit dem Kopf. ,,Ganz dringend. Kommst du Edward?" Ich drehe mich bereits um, höre wie Edwards Stuhl knarzt und schaue wieder zu ihm.
Er trinkt den letzten Schluck seines Kaffees aus und meint schließlich höflich: ,,Es tut mir wirklich sehr Leid, dass wir schon gehen müssen, aber anscheinend ist es wirklich dringend. Vielen Dank für den Kaffee." Edward kommt in meine Richtung, wir beide laufen zur Tür. ,,Auf Wiedersehen!"
Ich lächle noch ein letztes Mal, und sage 'Tschüss', dann öffnet Edward die Tür, wir beide verschwinden hinter ihr und Edward schließt sie. Erleichtert atmet er aus, schaut glücklich zu mir, lächelt und meint: ,,Danke. Noch länger hätte ich das nicht mehr ausgehalten!"
Ich lächle zurück, während wir uns in Bewegung setzen und entgegne Edward: ,,Du hast Glück, dass ich sie so gut kenne und wusste, wie man sie überzeugt."
,,Mit seinem breiten Lächeln und dem Hundeblick bekommst du jeden überzeugt, das war jetzt nicht unbedingt eine Kunst."
,,War das jetzt ein Kompliment, oder eine Beleidigung?", möchte ich etwas belustigt von Edward wissen, schaue ihn mit erhobener Braue an. Was wir aber beide nicht bemerken, während wir in Richtung Tür gehen ist, dass jemand sie gerade öffnet und in den Flur tritt.
,,Fee?", erschreckt mich plötzlich eine Stimme, weswegen ich meinen Blick von Edward nehme und sehe, dass Daniel, ein Zimmergenosse Vincents etwas erfreut aber dennoch verwundert vor uns steht.
,,Daniel!", begrüße ich ihn ertappt, denn eigentlich hatte ich vor, niemandem zu begegnen, den ich gut kenne. Seine haselnussbraunen Augen fallen nun auf Edward, weswegen Daniel mich noch verwunderter anguckt.
,,Was machst du eigentlich hier? Und wer ist das?" Ich brauche etwas Reaktionszeit, um zu verstehen, was er gerade gefragt hat, doch sobald ich es verstanden habe, macht es die Sache auch nicht besser, denn jetzt brauche ich eine Ausrede. Vor allem mit Edward wird das kompliziert.
,,Ich...habe Vincent einen Besuch abgestattet", erkläre ich also zögernd, was aber noch der Wahrheit entspricht. ,,Und das ist...mein Freund, Edward." Letzteres ist dann ein bisschen gelogen, aber diese Ausrede hatten wir schon so oft, Daniel wird es uns schon abkaufen.
,,Seit wann hast du denn einen Freund?", fragt der Halbrusse mit den Aschblonden Haaren nun vollkommen verstört, als hätte ich ihm gerade erzählt, ich wäre ein Alien. Warum denkt nur jeder, ich hätte kein Liebesleben?!
,,Seit einem Monat", erkläre ich also zögernd, was Daniels Skepsis jedoch nicht verringert. Edward neben mir scheint aber nicht ins Geschehen eingreifen zu wollen, denn er steht nur sich ein Lachen verkneifend neben mir und tut nichts.
,,Aber...wie kommt es dazu? Ich meine, das bist du!" Ich seufze verzweifelt. Das ist nicht fair!
,,Soll ich das jetzt so verstehen, dass niemand mit mir zusammen sein möchte, oder wie?" Edward neben mir scheint immer größere Probleme dabei zu haben, sich das Lachen zu verdrücken, weshalb ich ihm warnend gegen die Rippe schlage, obwohl ich nicht denke, dass er überhaupt einen kleinen Ansatz an Schmerz deswegen spürt.
,,Nein! Es ist nur so...ich kann mich nicht daran erinnern, dass du je einen Jungen an dich rangelassen hast, ich...dachte schon du wärst vom anderen Ufer."
,,Hey, ich hatte zwei Beziehungen, also beschwer dich mal nicht, Daniel! Ich war damals einfach noch nicht beziehungsfähig, was ich jetzt bin, wie du siehst." Ich schaue gespielt verliebt zu Edward hoch und rücke etwas näher an ihn heran, um das Ganze glaubwürdiger zu machen.
,,Jetzt im Ernst, du siehts mich doch, ist das nicht genug, um Fee zu glauben?", greift nun endlich Edward ein, legt seinen rechten Arm um meine Taille und zieht mich an ihn ran, was mein Herz zum Aussezten bringt.
Anschließend dreht Edward meinen Körper mit der Hand, die an meiner Taille liegt in seine Richtung, sodass ich ihm genau in die Augen sehen kann.
Das nächste was er tut, bringt mich vollkommen aus meinem Konzept. Edward platziert seine andere Hand an meinen Hals, beugt sich nach vorne und legt schließlich seine Lippen auf meine.
Vollkommen überrascht währe ich mich erstmal, doch schon schnell werden all meine Bedenken über den Haufen geworfen und ich erwidere den leidenschaftlichen Kuss, lege meine eine Hand auf Edwrds muskulöse Brust und die andere an seine Schulter.
Während wir uns küssen, komme ich leider nicht um den Gedanken herum, dass ich Edward die ganze Zeit küssen könnte und dass es mir verdammt gut gefällt. Das Problem ist, dass ich das letzte Mal dachte, der Kuss mit Edward hätte so viel in mir ausgelöst, weil ich so erleichtert war, dass wir die Mission überlebt haben. Doch dieses Mal küssen wir uns ohne vorher in Lebensgefahr gewesen zu sein und dennoch ist da dieses Feuer, das in meinem gesamten Körper entflammt wird.
Leider küssen wir uns nicht lange, denn als ein Räuspern neben uns ertönt, löse ich mich betroffen von Edward und schaue wieder zu Daniel, in der Hoffnung, dass Edward nicht sieht, wie verwirrt und rot ich bin.
,,Okay...ich glaube, ich glaube dir, Fee", bemerkt nun Daniel, der uns etwas verstört anguckt. ,,Also, ich sag den anderen einen schönen Gruß von dir, okay? Man siehst sich!" Gerade möchte Daniel sich in Bewegung setzten, da halte ich ihn auf, indem ich seinen Namen rufe.
Daniel dreht sich wieder um, schaut mich erwartend an. ,,Ähm", beginne ich zu stottern, da ich immer noch vollkommen neben der Spur bin. ,,Du musst mir einen ganz wichtigen Gefallen machen, ja? Du darfst auf keinen Fall irgendjemandem erzählen, dass du mich hier getroffen hast, okay?"
Daniel runzelt verwirrt seine Stirn. ,,Wieso sollte ich das?" Ich verlagere mein Gewicht auf das rechte Bein, weshalb ich endlich etwas Abstand zu Edward bekomme, den ich brauche, um klar zu denken. Was könnte ich nur Daniel erzählen?
,,Ähm, also ich hab mit Vincent so eine Wette abgeschlossen, ist jetzt etwas kompliziert, dir das zu erklären, aber wenn du jetzt allen erzählst, dass du mich getroffen hast, verliere ich ne Menge Geld. Tu bitte einfach so, als wären wir uns nie begegnet. Von mir aus kannst du es in einem Monat erzählen, aber da ist es dann auch zu spät, also..."
,,Hm", bedenkt Daniel, scheint sich gerade zu überlegen, ob sich das für ihn lohnt. ,,Um wie viel habt ihr gewettet?"
,,Um 20€, wieso?", frage ich verwundert, verstehe nicht, auf was er hinaus möchte.
,,Ich bleibe still, wenn du mir die Hälfte gibst, somit bekommst du immer noch 10€ von Vincent und verlierst dein Ego nicht." Abschätzend funkle ich Daniel an. Er ist clever, das muss man ihm lassen. Und er hat bis jetzt immer sein Wort gehalten, was auch von Vorteil ist.
Also seufze ich gespielt ergeben. ,,Von mir aus. Ich...hab nur kein Geld mit", bedenke ich und gucke unschuldig grinsend zu Edward, rücke wieder näher an ihn ran. ,,Schatz?"
Edward wirft mir einen 'Ist-Das-Jetzt-Dein-Ernst-Blick' zu, funkelt mich mit seinen grauen Augen böse an und greift schließlich in seine rechte Hosentasche. ,,,Ich kann nicht glauben, dass ich gerade 10€ für eine deiner bescheuerten Wetten ausgebe!"
Ich beiße mir schmunzelnd auf die Lippe, damit mein Lächeln nicht zu breit wird. ,,Ich gebe es dir doch zurück!" Werde ich nicht. Mit Garantie.
,,Wer das glaubt ist naiver als du, Baby", meint Edward, zieht den pinken Schein aus seinem Gelbbeutel, reicht ihn Daniel und sagt dabei: ,,Ich hasse dich."
Ich setzte einen gespielt traurigen Blick auf. ,,Und ich liebe dich." Die Worte rutschen mir plötzlich raus, bevor ich überhaupt bemerke, was ich sage. Sofort laufe ich rot an, meine Augen werden riesengroß, was Edward auch bemerkt und er die rechte Augenbraue hochzieht. In diesem Monent würde ich am liebsten im Boden versinken.
Zu meinem Glück sieht Daniel meine Reaktion nicht, da er zu beschäftigt damit ist, den Geldschein in seine Hosentasche zu stecken. Edward legt jetzt wieder seinen Arm um meine Taille, zieht mich in Richtung Ausgang. ,,Also, tschüss Daniel, man sieht sich vielleicht nochmal!", verabschiedet sich Edward, ich grinse Daniel ebenfalls an und rufe 'Tschüssi'.
,,Man sieht sich!", sind Daniels letzte Worte, dann öffnet Edward die große Tür und wir beide treten ins Freie, woraufhin Edward die Hand sofort von meiner Taille nimmt und die große Tür schließt.
Erleichtert atme ich aus, schaue etwas belustigt, aber auch peinlich berührt zu Edward hoch, der sich ein Lachen kaum verkneifen kann. ,,Also der Kuss wäre echt nicht nötig gewesen!", bemerke ich während wir zum Auto laufen, woraufhin Edward fragend seine Augenbrauen nach oben schiebt.
,,Der Kuss hat das ganze erst richtig glaubwürdig gemacht!", behauptet er und öffnet die Autotür an seiner Seite, was ich ihm gleich tue, weswegen wir gleichzeitig einstigen.
,,Ach komm", meine ich, sobald wir beide sitzen. ,,Das war doch nur eine Ausrede, um mich zu küssen!" Ich schnalle mich an, bleibe mit meinen Augen jedoch auf Edward hängen, der nun beleidigt aufatmet, den Motor startet und empört wissen möchte:
,,Eine Ausrede, um dich zu küssen? So weit kommt es ja noch! So wie es scheint, hat dir der Kuss aber ziemlich gut gefallen, immerhin hast du ihn erst überhaupt nicht erwidert und dann...naja." Edward scheinen die Worte zu fehlen, stattdessen fährt er los und richtet den Blick endlich weg von mir, auf die Straße.
,,Ich habe ihn erst nicht erwidert, weil ich verwirrt war! Und dann hab ich mich ins Zeug gelegt, damit es glaubwürdig ist, nicht weil es mir so viel Spaß macht, dich zu küssen, verstanden? Du hast nämlich nach Kaffee geschmeckt!"
,,Zufällig habe ich gerade Kaffe getrunken, falls es dir noch nicht aufgefallen ist", bemerkt Edward und schaut mich kurz erhoben an. ,,Immerhin hab ich nicht nach..." Er verstummt und richtet den Blick wieder auf die Straße.
,,Nach?", frage ich selbstgefällig nach, während ich mich in einen Schneidersitz setzte, was ziemlich schwer ist, während man angeschnallt ist. Dabei weiß ich ganz genau, dass ich vor nicht allzu langer Zeit einen Kaugummi gekaut habe, weswegen ich auch so triumphierend Edward beobachte.
,,Nach Minze geschmeckt!", ruft er nun aus und tut so, als wäre das etwas ganz Schreckliches, nimmt die Hände kurz vom Lenkrad.
,,Oh, das ist ja ganz schlimm! Sei doch ehrlich, Eddilein, dir hat der Kuss gefallen!" Ich schaue erwartend zu Edward, der gerade an einer Ampel hält, wieder zu mir schaut.
,,Vielleicht...war das ja so", gesteht Edward, schaut aber sofort wieder auf die Straße, da die Ampel auf 'grün' schaltet und fährt los. Ich schaue Edward empört an, mein Herzschlag ist plötzlich wieder unregelmäßig.
Das kann er doch jetzt wohl kaum gesagt haben?
,,Edward, wir müssen endlich trainieren, ohne die Dosis Training am Tag sagst du seltsame Dinge!", bedenke ich, um vom Thema abzulenken und versuche mir nicht anmerken zu lassen, was dieser Satz für eine Verwirrung in mir ausgelöst hat.
,,Gut, dann trainieren wir jetzt. Und morgen trinken wir Kaffee, damit du endlich mal damit aufhörst, Kaffe zu beleidigen!"
,,Wenn es dich glücklich macht!", seufze ich nur und schaue schließlich aus dem Fenster, um meine Gedanken zu sammeln.
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