XXV.
Kapitel 25
Hätte man mir vor drei Wochen gesagt, dass ich mit Edward spaßend in einem Perückenladen neue Frisuren für eine Mission aussuche, die von großer Wichtigkeit ist, hätte ich denjenigen ausgelacht, ihm nicht geglaubt. Aber damals hätte ich auch keinen einzigen Klimmzug geschafft, während ich vor ein paar Tagen ohne Probleme fünf davon gemacht habe.
Und so zeige ich Edward gerade die genau perfekte Perücke für ihn: eine graue Kurzhaarfrisur, wie man sie bei jedem zweiten Senioren findet. Ob nun weiblich oder männlich. Entsetzt guckt mich Edward an, scheint nicht so begeistert wie ich zu sein: ,,Ich bin dein Vater, nicht dein Opa."
,,Du hast aber gar keine Falten, also müssen wir dir die 45 Jahre anders aufdrücken. Graue Haare lassen dich sofort älter aussehen, damit ist schon die halbe Miete gemacht. Dazu noch ein passendes Outfit, etwas Schminke und voilà, du bist ein alter Mann."
,,Wieso kann ich kein gutaussehender, alleinstehender Vater sein, auf den die besten Freundinnen der Tochter stehen?", möchte Edward deprimiert wissen, nimmt mir die Perücke ab und zieht sie sich auf den Kopf. ,,Vielleicht sollten wir eine nehmen, die noch im Übergang ist, also noch nicht komplett grau?"
,,Zum Glück sind wir in so einem großen Laden, komm wir fragen mal nach, ob sie so etwas haben." Edward legt die Perücke zurück an ihren Platz, folgt mir zu einer der Verkäuferinnen. Für diesen Laden sind wir doch tatsächlich nach Karlsruhe gefahren. ,,Entschuldigung?", frage ich also die nobel gekleidete Dame, die um die 40 sein sollte.
,,Wie kann ich ihnen helfen?", möchte diese wissen, lächelt uns dabei warm an.
,,Nunja", erkläre ich, hacke mich bei Edward ein, der erst verwirrt zu sein scheint, dann aber versteht, dass das Teil meines Plans ist. ,,Mein Freund und ich sind zu einer Mottoparty eingeladen. Und wir bräuchten eine Perücke für ihn, die Haare zeigt, die kurz davor sind, grau zu sein, aber noch ein paar normale Haare hat, haben sie so etwas?"
Eine kurze Zeit überlegt die Frau mit den hellbraunen Haaren, die in einem Dutt zusammengebunden sind, entgegnet mir dann schließlich: ,,Ja, ich denke, so etwas sollten wir haben. Wenn sie kurz hier warten würden, ich muss schnell in den Lagerraum." Daraufhin lässt sie uns stehen, weswegen ich meinen Arm wieder von Edward entferne.
,,Wozu ist die Pärchennummer denn jetzt notwendig?", möchte dieser sofort verwundert wissen, weswegen ich grinsen muss, er mich aber nur ungeduldig anguckt.
,,Es kommt ein bisschen kurios, so eine Perücke zu wollen, also müssen wir so normale Gründe wie möglich dafür haben: Ein Pärchen ist zu eine Mottoparty mit dem Motto 'Happy Family' eingeladen und spielt Vater und Tochter. Glaub mir, das wird sie uns ohne zu zögern abkaufen."
Augenverdrehend schnaubt Edward, dreht seinen Kopf wieder in die Richtung, in die die Frau gegangen ist. ,,Außerdem genießt du es doch, meinen Freund vorzuspielen, oder?" Wieder komme ich ihm näher, hacke mich bei ihm ein, da ich sehe, dass die Verkäuferin auf uns zukommt.
,,In deinen Träumen vielleicht", flüstert Edward ganz nah an meinem Ohr, was mir einen Schauder über den Rücken laufen lässt. Ich beiße mir kurz auf die Lippe, setzte anschließend aber wieder mein breites Lächeln auf, das die Verkäuferin erwidert, sobald sie bei uns ankommt.
,,Ich hatte Recht, diese sollte passen", meint sie glücklich, nimmt aus dem Karton in ihrer Hand eine Perücke mit einigen grauen Haaren, aber auch ein paar schwarzen. Eigentlich genau das, was wir gesucht haben. Als Edward sie anprobiert und sie genau passt, bestätigt sich dies auch.
,,Also, diese würden wir gerne nehmen, danke für ihre Hilfe. Jetzt brauchen wir nur noch eine für mich, ich denke die können wir aber selbst finden", bedanke ich mich bei ihr, um so schnell wie möglich wegzukommen, was sich jedoch nicht als so leicht herausstellt, wie gedacht.
,,Ach nein, ich helfe ihnen gerne, was brauchen sie denn für eine Perücke?", möchte die Verkäuferin nett wissen, lächelt mich dabei an.
,,Nun ja, ich habe an rote Haare gedacht, ein natürliches rot. Wenn es geht, dann schöne, lange Haare", erkläre ich lächelnd meinen wirklich gut durchdachten Plan, den Edward aber leider nicht zu verstehen scheint.
,,Warum willst du denn jetzt rot?", fragt dieser mich verwundert, schaut mich stirnrunzelnd an.
,,Das habe ich dir doch vorhin schon gesagt, Schatz, nie hörst du mir zu", tadle ich über Edward und schüttle dabei meinen Kopf, was meinen soeben erst gemachten Messidutt, um mein Haare zurück zu halten etwas auflockert, weswegen ich den Haargummi entferne und die langen Haare wieder über meine Schultern fallen lasse.
,,Ich denke, ich weiß ganz genau, was Sie für eine Perücke wollen, wenn Sie kurz mitkommen würden?" Während die Verkäuferin vor uns herläuft zur anderen Seite des Raumes, werfe ich Edward einen warnenden Blick zu und bedeute ihm damit, mitzuspielen. ,,Wie fänden sie diese hier?"
Die Verkäuferin zeigt mir ein weiteres Mal genau die Perücke, die ich vor Augen hatte: lange, gewellte rote Haare, sehr elegant. ,,Ja, ich denke, diese ist die richtige."
Während die Verkäuferin mir die Perücke provisorisch auf den Kopf setzt, möchte sie von mir wissen: ,,Was ist das denn für eine Mottoparty, dass ihr solche Perücken braucht, wenn ich fragen darf?"
,,Das Thema ist 'Happy Family', wir gehen als reicher Vater und Tochter", erkläre ich mit einem herzlichen Lächeln auf meinen Lippen.
,,Tatsächlich, na dann viel Glück noch bei der Kostümauswahl." Da die Perücke passt, nimmt Sie sie mir wieder vom Kopf, packt sie in einen Karton. ,,Wenn das alles ist, könnten wir jetzt zur Kasse gehen, oder brauchen Sie noch etwas?"
,,Nein, ich denke, das war es, vielen Dank", entgegnet ihr Edward lächelnd, zieht mich mit zur Kasse. Anscheinend möchte er hier so schnell wie möglich raus.
Als die Verkäuferin uns verabschiedet und Edward die Tüte mit den Perücken in die Hand drückt, meint sie noch: ,,Sie sind wirklich ein süßes Paar", was wir beide mit einem Lächeln beantworten, uns anschließend verabschieden und aus dem Laden stürmen.
Erleichtert atme ich aus, sobald wir in Edwards neuem 'Range Rover' sitzen, lehne mich an die Rückenlehne. ,,Wie kommt es, dass du eine rothaarige Perücke willst, die ist doch viel zu auffällig!", pflaumt mich Edward jedoch sofort an, bevor er überhaupt den Motor gestartet hat.
,,Jetzt komm mal runter, das war voll die gute Idee. Ich wollte ja erst blond nehmen, da sich das von meinen dunkelbraunen Haaren am besten differenziert, aber dann kam mir in den Sinn, dass meine Augenbrauen viel zu markant und dunkel dafür sind. Rothaarige schminken sich aber auch oft dunkle Augenbrauen, weswegen das viel besser harmoniert. Außerdem ist das Auffällige meistens am unauffälligsten. Wir müssen dort eine Show von einer reichen Familie vorgeben, rot sieht sehr elegant aus. Außerdem wollte ich schon immer mal Ginger-Haare."
,,Du wolltest schon immer rote Haare, im Ernst?", hinterfragt Edward etwas genervt, worauf ich nur mit den Schultern zucke. ,,Gut, jetzt brauchen wir nur noch Outfits."
,,Oh, ich denke, wir haben alles. Du hast doch bestimmt einen schlichten Anzug. Ich ziehe mir einfach etwas stylisches, feines an, das wird denke ich glaubwürdig sein."
,,Hast du denn so etwas?", möchte Edward verwundert wissen, schaut dabei auf mein nicht so feines Hemd-Kleid.
,,Ich habe fast alles", behaupte ich schließlich grinsend, schalte schließlich das Radio an. ,,Ach ja, und dann dürfen wir dich schminken."
,,Bitte nicht", ist Edwards leidende Antwort, auf die ich jedoch nichts erwidere, weil ich zu beschäftigt damit bin, den Song im Radio mitzusingen. Die weitere halbe Stunde, die wir zurück nach Baden-Baden fahren, passiert eigentlich nichts weiter Spannendes. Ich bin größtenteils damit beschäftigt, schief zu singen, oder Edward Vorträge über unwichtige Dinge zu halten, die mir in denn Sinn kommen.
Als Edward endlich das Auto in der Garage parkt, steige ich gut gelaunt aus dem Auto, wobei ich mir leider meinen Kopf am Dach anstoße, was bei meiner geringen Größe wirklich eine Kunst ist. Edward scheint es gesehen zu haben, denn er beginnt zu lachen, weswegen ich ihm aber nur einen vernichtenden Blick zuwerfe, anschießend die Treppe nach oben stolziere.
Trotz dessen, dass ich deutlich früher als Edward losgegangen bin, komme ich nur ein bisschen früher an der Haustür an, wo auch schon das schöne Klingelzeichen mit dem Namen 'Edwards' ist. ,,Sag mal Edward?", frage ich ihn, während er die Tür aufschließt. ,,Wie ist das eigentlich, wenn du mit beiden Namen beim Arzt oder so aufgerufen wirst? Sagen die dann Herr Edward Edwards und die ganzen Menschen im Wartezimmer beginnen zu lachen?"
Während wir eintreten antwortet mir Edward: ,,Nein, zufällig ist nämlich nicht jeder so kindisch wie du und muss wegen einer solchen Banalität lachen."
,,Pff, ich weiß, dass du denkst, ich wäre kindisch, aber jetzt im Ernst, dein Name ist seltsam."
,,Immerhin habe ich keinen französischen Namen und kann kein Wort französisch", kontert Edward, während er sich seine Schuhe auszieht, weswegen ich beleidigt aufschnappe.
,,Woher willst du wissen, dass ich kein französisch kann?", möchte ich beleidigt wissen, stelle meine Sandalen in die Ecke. ,,Bonjour."
,,Du kannst du Grußformel, wow", staunt Edward ironisch, macht ein anerkennendes Gesicht, das jedoch nicht ernst gemeint ist.
,,Tja", trotze ich und verschränke meine Arme vor der Brust. ,,Dafür bin ich keine arrogante Arschgeige, die denkt, sie wäre die Beste." Ich komme Edward ganz nah, funkle ihn von unten an.
Er kommt ebenfalls auf mich zu, baut eine Spannung zwischen uns auf. ,,So denkst du tatsächlich über mich?", möchte er flüsternd wissen, guckt mir dabei fest in die Augen.
Ich erwidere seinen Blick, antworte ihm: ,,Vielleicht." Noch kurz halte ich seinem Blick und seiner Nähe stand, breche schließlich aber den Blickkontakt ab und entferne mich wieder von Edward. ,,Gut, ich werde dann mal meine Schminksachen holen, immerhin haben wir viel zu tun."
Lächelnd trete ich in mein Zimmer, schließe die Tür vor Edwards Nase zu und krame alles an Make-up aus dem Schminktisch. Wie man einen Mann älter schminkt, weiß ich zwar noch nicht wirklich, aber ich denke, ich sollte das hinbekommen. Auf jeden Fall wird es ein großer Spaß. ,,Du kannst dich schon mal auf einen Stuhl setzten", rufe ich Edward zu während ich das Zimmer verlasse, meine Schminkutensilien auf dem Esstisch ablege. ,,Ich gehe noch schnell auf die Toilette."
Beim Händewaschen gucke ich verwirrt in den Spiegel. Was war gerade mit mir los? Und vor allem, seit wann verhält sich Edward so...ich kann es nicht beschreiben. Irgendwie hat mich das gerade sehr verwirrt. Das ist alles sehr verwirrend.
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