XI.
Kapitel 11
Schnell greife ich mir all die Papiere, die ich aus der Schublade genommen habe und stopfe sie zurück in die Schublade. Gerade als ich sie geschlossen habe, erscheint Edward vor der Tür und grinst mich selbstgefällig an.
,,Was hast du gewusst?", frage ich unschuldig und tue so, als wüsste ich nicht, was er gewusst hat.
,,Dass du versuchen wirst, in mein Zimmer einzubrechen. Aber ich hab mich verrechnet. Eigentlich hättest du erst jetzt du Tür knacken sollen, aber es scheint so, als wärst du schon länger hier drin."
,,Oh, ich bin doch nicht hier eingebrochen, das war...ein Unfall. Ich bin so durch die Gänge geschlendert und dann bin ich ausgerutscht und voll gegen deine Tür gekracht. Die ist dann eingestürzt und ich bin hier unten gelandet", erkläre ich ihm die erste Erklärung, die mir in den Sinn kommt. Die Erste und die Schlechteste. Dabei gestikuliere ich eindrücklich und lächle Edward unschuldig an.
Edward zieht eine Augenbraue hoch und fragt zögernd: ,,Und wieso ist dann diese Tür noch ganz?"
,,Die...hab ich gerade repariert, ich bin nämlich ausgebildeter...Tischler."
,,Und wieso liegen dann vier Schlüssel da rum?", hinterfragt Edward und deutet auf die vier Schlüssel, die neben mir auf dem Boden liegen.
,,Das sind meine Schlüssel...für meinen Meerschweinchenstall, ich muss die immer bei mir haben und sie sind mir anscheinend herausgefallen."
,,Okay, Schluss jetzt mit den bescheuerten Ausreden. Steh auf!" Weil ich nicht weiß, ob er immer noch gut drauf ist oder jetzt ausflippt, gehorche ich ihm und stelle mich neben ihn. Edward beginnt in Richtung Wohnzimmer zu laufen, auf welchem Grund ich ihm folge.
,,Ich wusste, dass du versuchen würdest, in mein Zimmer zu kommen. Ich wollte es aber zulassen, um dich zu testen. Jetzt im Ernst, du hast den Schlüssel ziemlich schnell gefunden, Respekt."
Ich grinse Edward an, während er sich auf das Sofa setzt. Weil ich sein Verhalten immer noch nicht deuten kann, bleibe ich lieber stehen, wobei ich ein wenig verloren aussehen muss.
,,Dennoch war es sehr unverantwortlich von dir, einfach einzubrechen, vor allem so unprofessionell. Und jetzt sag mir nicht, dass du dich doch unauffällig angezogen hast, denn das hast du nicht. Am unauffälligsten ist immer Kleidung, die jeder Mensch trägt. Und da du nicht aussiehst, wie eine Gothik, kann dir das auch niemand abkaufen."
,,Warte, du bist also nicht böse auf mich?", frage ich lieber nach, denn wer weiß, vielleicht stekt dahinter auch ein listiger Plan.
,,Ich wäre enttäuscht, würde es mich wirklich interessieren, was du machst und ob du mir vertraust, aber ich gehe davon nicht einmal aus. Außerdem weiß ich ganz genau, wie neugierig du bist, ich habe also nichts anderes erwartet. Doch ich habe erwartet, du wärst langsamer, ich bin anscheinend zu spät gekommen. Hast du etwas Spannendes gefunden?"
,,Vielleicht", entgegne ich ihm schlicht, weil ich nicht weiß, von was ich ihm erzählen sollte. Ich glaube dass ich sein Elitepartnerpasswort gefunden habe, sollte ich lieber für mich behalten. Ebenfalls die IKEA- Anleitungen. Diese beiden Informationen werden mir bestimmt noch nützlich sein. Auf seinen Arbeitsvertrag sollte ich ihn aber ebenfalls lieber nicht ansprechen, das wäre ziemlich unklug.
Besonders viel habe ich durch ihn zwar nicht herausgefunden, aber ich weiß jetzt immerhin, dass sie doch einen Namen haben. Den habe ich leider aber schon vergessen. Aber es war irgendetwas mit Deutschland, das heißt, dass diese Organisation größer als gedacht ist. Und er darf niemandem etwas davon erzählen, das stand da ebenfalls.
,,Ich glaube, du hast noch nicht verstanden, was die Konsequenzen sind, wenn du zu viel weißt, oder?" Da es der Wahrheit entspricht, nicke ich mit meinem Kopf.
,,Stell dir mal bitte vor, du würdest, wie gestern entführt werden, von gewissen Menschen, die darauf aus sind, dich zu entführen. Wenn du keine Informationen über unsere Organisation kennst, können sie keine aus dir herausquetschen. Wenn du allerdings viel weißt, werden sie dich so lange foltern, bis du alles preisgibst. Deswegen darfst du erst gar nichts wissen, Felicia."
,,Aber wenn sie denken, ich wüsste etwas, aber das stimmt nicht, dann foltern sie mich doch auch und ich kann nicht einmal was dagegen tun. Wenn ich etwas weiß, könnte ich es ihnen sagen und dann würden sie mich freilassen."
,,Glaubst du wirklich, dass diese Menschen dich freilassen würden?", möchte Edward spottend wissen und lacht trocken auf.,,Nein, das werden sie nicht. Ihnen ist es egal, ob du noch ein kleines Mädchen bist. Diese Menschen sind verrückt. Sie foltern dich und wenn du ihnen das gesagt hast, was sie hören wollten, töten sie dicht, ganz einfach. Also versuch nicht weiter etwas herauszufinden, sonst kriegst du es wirklich mit mir zu tun. Ich frage dich jetzt noch einmal, hast du etwas Wichtiges gefunden?"
,,Nein", antworte ich ihm mit Nachdruck, beiße mir unauffällig von innen auf die Lippe. ,,Abgesehen von deinen Sherlock- DVD's, du hast mich angelogen! Anscheinend magst du die Serie doch!" Diese Information preiszugeben, ist denke ich das Klügste. So wird mir Edward besser glauben und ich habe weder meine Geheimwaffen, noch das wirklich Wichtige verraten.
,,So, ich muss jetzt wirklich los, nehme dieses Mal aber den Schlüssel mit. Wenn ich zurück komme, erkläre ich dir, was du beim Einbruch hättest besser machen sollen. Du kannst bis dahin fern gucken oder so, ist mir egal. Hauptsache, du machst nichts kaputt oder brennst etwas an!" Edward steht auf und schließt die Tür zu seinem Zimmer zu.
Ich setzte mich auf die Couch, rufe ihm von dort zu: ,,Ich bin kein kleines Kind mehr!"
,,Doch genau das bist du", sind seine letzten Wörter, dann öffnet er die Haustür und verschwindet hinter ihr.
Ich seufze theatralisch, nehme mir die Fernbedienung und schalte den Fernseher an. Nachdem ich durch einige Kanäle gezappt habe, entscheide ich mich dazu,Taff zu gucken und denke in den Werbepausen immer wieder darüber nach, wie ich noch mehr über die Organisation herausfinden könnte. Ich würde Vincent anrufen und ihm um Hilfe fragen, doch mein Handy liegt in meinem Zimmer und zum Aufstehen bin ich jetzt wirklich zu faul.
Also bleibe ich vorm Fernseher sitzen, während ich auf Edward warte. Über ihn mache ich mir auch sehr viele Gedanken. Sein Verhalten ist so...seltsam. Manchmal ist er ein reines Arschloch, abweisend, spielverderbend und arrogant. Manchmal ist er aber etwas netter, wie gerade eben. Manchmal schafft er es sogar, zu lächeln!
Okay, das sollte eigentlich jeder Mensch jeden Tag machen, aber für ihn ist das bestimmt eine große Leistung. Es zu schaffen, ihn zu durchschauen, werde ich bestimmt niemals, ich kann schließlich nicht einmal sein Alter einschätzen. Jetzt im Ernst, wie alt ist Edward?
So viele unbeantwortete Fragen brennen in meinem Kopf und niemand ist da, um sie mir zu beantworten. Edward ist da nämlich nicht unbedingt eine große Hilfe. Genauer gesagt hindert er mich daran, etwas herauszufinden, er ist also das Gegenteil einer Hilfe.
Als ich gerade schon bei der zweiten Folge von den Simpsons bin, öffnet sich die Tür und Edward betritt den Raum. Sein Gesicht sieht gestresst, nachdenklich und besorgt aus. Wo er wohl war? Sobald er bemerkt, dass ich ihn beobachte, setzt er diesen besorgten Blick wie auf Knopfdruck ab und zeigt wieder seine kalte Fassade. Ich wusste doch, dass er ein Schauspieler ist! Niemand kann durchgehend so emotionslos sein.
,,Etwas intellektuelleres als die Simpsons hast du wohl nicht gefunden?", fragt mich Edward sarkastisch, zieht seine Schuhe dabei aus.
,,Ach komm, jeder liebt die Simpsons!"
,,Ich hab sie einmal geguckt, weil Roxy mich dazu gezwungen hat. Es war schrecklich! Nichts in dieser Serie macht Sinn!"
,,Aber es muss doch nicht immer alles einen Sinn ergeben", meine ich, beobachte Edward dabei, wie er sich neben mich setzt. ,,Zum Beispiel die Liebe, die ergibt auch keinen Sinn. Oder 'Marvel'. Also das 'Marvel' Universum ist eigentlich echt sinnlos. Ich meine, so einen Anzug, wie der von 'Ant- Man' geht eigentlich gar nicht! Man kann den Abstand von den Teilchen zueinander nicht verändern, ist überhaupt nicht möglich! Trotzdem liebt jeder Marvel, immerhin sind es Superhelden. Außerdem sieht Paul Rudd für sein Alter in 'Ant-Man' echt gut aus."
,,Wie sehr kannst du dich für ein paar Filme interessieren, dass du sogar die Namen der Schauspieler kennst?", wundert sich Edward und schaut mich misstrauisch an.
,,Ach komm, Paul Rudd hat schon in 'Clueless' mitgespielt, natürlich kenne ich seinen Namen! Immerhin ist das 'Clueless'! Einer der-"
,,Okay, es reicht! So viele Informationen über unwichtiges Zeugs brauche ich wirklich nicht in meinem Kopf. Mit dir kann man wirklich keine normale Konversation führen. Also, kommen wir nun aber zum Wichtigen." Edward schaltet den Fernseher aus, dreht sich anschließend zu mir.
,,Wenn dein Kopf sich so viel merken kann, dann hoffentlich auch folgendes: Was hast du beim Einbruch in mein Zimmer falsch gemacht, ist die Frage. Hast du schon Ideen?" Edward setzt sich neben mich auf das Sofa und sieht mich erwartend an.
,,Ich hätte mich anders anziehen sollen", nenne ich das erste, was mir einfällt, weil Edward vorhin schon erwähnt hat, dass meine Kleiderwahl unpraktisch war.
,,Ja, aber das habe ich vorhin bereits gesagt. Noch Ideen?"
,,Naja, vielleicht hätte ich ja...mir einen besseren Ort zum Einbrechen suchen sollen. Oder eine bessere Person. Oder ich hätte dafür sorgen sollen, dass du nicht weißt, dass ich bei dir einbreche, das wäre auch ganz vorteilhaft", überlege ich laut, lächle Edward an, der mir aber nur einen vollkommen verzweifelten Blick zuwirft. Ach komm, so schlecht war meine Idee doch wirklich nicht!
,,Ja, aber stell dir das ganze mit den selben Voraussetzungen vor, wie du sie hattest. Was hättest du besser machen können?"
,,Naja, ich hätte den Schlüssel schneller finden sollen, dann hätte ich mehr Zeit in deinem Zimmer gehabt, oder? Oder vielleicht hätte ich ihn auch schon davor beschaffen sollen, dann wäre ich noch schneller gewesen. Ich hätte das alles besser planen sollen."
,,Ja, das ist ein ganz guter Gedanke. Schon zuvor die Mittel haben, die du benötigst. Du solltest ebenfalls einen Notfallplan aushecken, falls du, wie gerade eben erwischt wirst. Und deinem Gegenüber zu erzählen, dass du ausgerutscht bist, bringt überhaupt nichts. Also, wie hätte dein Notfallplan aussehen müssen?"
,,Warte mal. Wir sind doch die Guten, oder? Wieso bringst du mir dann bei, wie man bei jemandem einbricht?", möchte ich verwundet wissen, denn eigentlich brechen doch die Kriminellen ein.
,,Du wirst diese Informationen für alle Arbeiten als Spion benötigen. Mal so nebenbei musst du als Spion auch irgendwo einbrechen. Dazu musst du das Handeln deiner Gegner genau kennen, also ist das hier wirklich wichtig, streng deinen Kopf also an!"
,,Hm, vielleicht hätte ich im Eingang der Tür einen Sender oder so befestigen sollen, der mir meldet, wenn jemand das Haus betritt. Dann hätte ich mich schnell verstecken können und du hättest mich nie erwischt", bedenke ich und bin wirklich ausgesprochen beeindruckt von meiner Idee.
,,Das wäre möglich und vor allem hier eine der einzigen Lösungen. Aber kommen wir nun zu deinem Verhalten während deines Einbruchs. Wo hast du zuerst begonnen, zu suchen?"
,,Ich denke, ich habe zuerst dein Bücherregal abgesucht. Und danach deinen Schreibtisch."
,,Naja, ganz dumm war der Schreibtisch nicht. Wo du suchst, hängt natürlich immer damit zusammen, was du suchst. Das bedeutet, dass du auch genau wissen solltest, wonach du suchst. Ich denke, du hast gerade nach nichts Bestimmten gesucht, oder?" Ich nicke.
,,Gut, dann war's das. Wir werden jetzt kochen. Merk dir das bitte alles, ich denke, wir werden so etwas öfter machen."
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