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Tiw Blackwood

09. April 1821
Irgendwo auf dem Ozean

„Lernen aus Vergnügen ist am schönsten,
lernen aus Not am wirksamsten."
~ Prof. Querulix

Anne Bonny

„Wo bleiben die Kartoffeln, zum Henker?!", schallte es lautstark durch die Kombüse und brachte Anne dazu, die Füße in die Hände zu nehmen.

Sie waren erst wenige Tage auf dem offenen Meer unterwegs und doch hatte sie schon drei Dinge gelernt.
Erstens - Die Vorräte an Deck waren mitnichten mit den Möglichkeiten zum Kochen am Festland zu vergleichen.
Zweitens - Sie hatte in der Küche nichts zu melden.
Und drittens - wenn Tiw Blackwood ungemütlich wurde und zu schreien begann, dann beeilte man sich besser.

Während sie mit dem randvoll gefüllten Topf zu ihm hinüber stürmte, bildete sie sich ein, ihre Wange vom gestrigen Tag noch immer brennen spüren zu können.
Blackwood war kein Mann der großen Worte, eher einer der Taten und wenn ihm etwas zu langsam ging, dann konnte er auch schon mal handgreiflich werden.
Die anderen beiden Küchenjungen, Winston und Theodore, hatten ihr das direkt zu Beginn ihrer Reise verklickern wollen, doch Anne hatte nur darüber geschmunzelt. Viel zu sicher war sie sich dessen gewesen, dass ihre Fähigkeiten mehr als nur genügen würden, um einen Piratenkoch besänftigt zu halten und ihn vielleicht sogar zu begeistern. Wenn sie sich da mal nicht geirrt hatte ...

Diamond hatte versucht sie zu warnen, hatte ihr gesagt, dass auf hoher See alles rauer und gröber zuging. Anne hatte das nie bestritten und auch nie zu glauben gewagt, dass es ein Kinderspiel werden würde, aber dass ihr von einfacher Küchenarbeit schon nach vier Tagen alle Muskeln brennen würden, hatte sie bei bestem Willen nicht erwartet. Ja, selbst die Muskeln, von deren Existenz sie bis zum jetzigen Zeitpunkt nichts gewusst hatte, machten sich schmerzhaft bemerkbar.

Anne biss die Zähne zusammen und stellte die geschnippelten Kartoffeln vor Blackwood ab.
Sie hielt den Atem an, als er hineingriff und ein Scheibchen herauszog, um es gründlich zu begutachten.
Als eine ruckartige Bewegung seines Arms folgte, schloss sie bereits in ängstlicher Erwartung eine Schelle zu empfangen die Augen, doch der Schmerz blieb aus.

„Was stehst du noch da rum?!", blaffte er sie an. Sein Tonfall erinnerte Anne an einen bellenden Hund.

„Aye, Sir", antwortete sie ihm auf der Stelle, eilte zurück an ihren Platz und machte sich daran anderes Gemüse klein zu schneiden.

Wie konnte es sein, dass eine solch wenig aufwändige Tätigkeit ihr das Wasser auf die Stirn trieb? Sie wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken ab, bevor er Karotten und Lauch vorzeitig salzen konnte und wickelte sich dann ein Leinentuch um den Haaransatz, das die Feuchtigkeit sofort abfing. 

Winston, ein dünner, langer Mann von vielleicht dreiundzwanzig Jahren gesellte sich an ihre Seite. Seine Lippen waren zu einem Grinsen verzogen, das seine leicht gelblich verfärbten Zähne preisgab. „Wenn du hierbei schon so aus der Puste kommst, dann will ich mir definitiv nicht entgegen lassen wie du nach dem ersten Training mit Säbeln, Schwertern und Dolchen aussiehst."

„Ich habe mich nur für die Kombüse gemeldet", gab sie zurück, während sie ihr Messer wieder und wieder durch den Lauch gleiten ließ. Wie lange es wohl dauern würde, bis nur noch Kartoffeln und Zwiebeln über waren, weil diese sich schlichtweg am längsten hielten?

Ihrem neuen Kollegen entrang sich ein Lachen, das er aber sogleich wieder verstummen ließ, als Blackwood ihm einen tadelnden Blick zuwarf.
Mit gesenkter Stimme meinte er: „Wenn's zum Plündern kommt, dann sind alle gefragt. Nicht nur die Männer an Deck."

Anne schnitt sich vor Schreck beinahe in den Finger. Sie hielt inne und bedachte Winston mit einem ahnungslosen Ausdruck auf dem Gesicht. Verflucht, hätte Scarlett das nicht auch erwähnen können?
„Ich ... ich hatte noch nie eine Waffe in der Hand", gestand sie leise flüsternd.

„Macht nichts." Winston sah nicht auf, während er die Vorräte an gepökeltem Fleisch kontrollierte. „Haben die meisten nich, die neu an Bord sind. Deswegen wird's ja Trainingseinheiten geben, bei denen die Erfahrenen den Nichtsnutzen den Umgang damit beibringen werden. Ich kann dich mir zu Brust nehmen, wenn'ste magst."

Sie schluckte, nahm ihre Arbeit wieder auf, bevor Blackwood ihr Trödeln bemerkte. Eine Frage drängte sich ihr auf, die sie stellen musste, da sie ansonsten keine Ruhe mehr gefunden hätte: „Wird der Käpt'n dabei sein?"

Bisher war es ihr gut gelungen sich vor ihm versteckt zu halten und sie wollte auch nicht, dass sich das alsbald änderte. Es konnten ruhig erst ein paar Monate vergehen, bis er sie bemerkte.

„Möglich." Winston nahm sich etwas von dem frischen Schweinefleisch und begann es in kleine Würfel zu schneiden. „Aber eher unwahrscheinlich. Er hat wichtigere Dinge zu tun als uns dabei zuzusehen, wie wir uns zum Narren machen. Vielleicht kontrolliert er hin und wieder was wir treiben und wie schnell wir lernen, aber das ist auch schon alles."

Dennoch bedeutete das, dass Calico sie womöglich unter den Trainierenden entdecken würde. Sie versuchte sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, was ihr offenbar nicht gelang. „Was hast'n jetzt auf einmal? Wirkt ja schon fast, als wärst'e illegal auf der Searose." Erneut lachte er, grunzte dabei wie das Tier, das er gerade zerlegte, um es für den Eintopf dienlich zu machen. „Ha! Ein Verbrecher auf einem Schiff voller Piraten!"

„Was ist da so lustig?!", drang das bedrohliche Knurren Blackwoods zu ihnen hinüber.
Auch wenn sie den neuen Smutje fürchtete, so war sie in diesem Moment doch froh darüber, dass er sich in ihr Gespräch einmischte. So musste sie Winston keine Erklärung für ihr unruhiges Verhalten liefern.

Der Schiffskoch humpelte auf sie zu, was Anne sich zum unzähligsten Mal in den vergangenen vier Tagen fragen ließ, was mit seinem linken Bein nicht in Ordnung war. Doch sie traute sich weder darauf zu starren und den Grund dadurch eventuell zu erkennen, noch wagte sie es auf direktem Wege nachzuhaken.
Winston und Theodore wussten ebenso wenig was es mit dem merkwürdigen Gangbild Blackwoods auf sich hatte. Immerhin hatte er, ebenso wie Anne, erst in Harwich angeheuert, nachdem der alte Smutje Mr. Todd sich dem ehemaligen Käpt'n angeschlossen hatte, als dieser sich von der Mannschaft getrennt hatte.

Dunkle Augen, die denen eines gierigen Wolfes glichen, musterten Anne und Winston mit einem gefährlichen Funkeln. Der kahlrasierte Schiffskoch ballte die Hände zu wütenden Fäusten. „Was hab ich euch Bengeln über das Herumtrödeln gesagt?! Wollt ihr erneut, dass ich euch deutlich mache, dass ich das nicht dulde?! Die Mannschaft erwartet Punkt Sonnenuntergang ihr Essen und wenn der Käpt'n euretwegen auf sein Mahl warten muss, dann prügle ich euch erst jedweden Blödsinn aus dem Leib, bevor ich euch persönlich kielholen lasse!" Während er sie anbrüllte überkamen seine Lippen Spucketropfen, die die Gesichter der ängstlich dreinblickend Küchenhilfen besprenkelten.

„Nichts ist lustig, Sir", antwortete Winston ihm und deutete auf das sorgfältig geschnittene Fleisch. „Bin fertig."

„Ich auch." Anne nickte in Richtung des zerkleinerten Gemüses.

Blackwood zog die buschigen Brauen nach oben. „Besser ist das!"
Anschließend wandte er sich Theodore zu, der dafür zuständig war, das Wasser zum Kochen zu bringen.
Der etwas dickliche Sechzehnjährige stand über den Topf gebeugt, kontrollierte stets die Brandstelle, die niemals aus den Augen gelassen werden durfte und den Rauch, damit dieser auch ja ordentlich über das winzige Fenster über dem Kochfeld abzog.

Sein rostbraunes Haar glomm im Schein der tänzelnden Flammen wie jene selbst und die Sommersprossen auf seinem pausbackigen Wangen sahen aus, als hätte ihn das Feuer mit zarten Küssen beschenkt.

„Alles bereit, Mr. Blackwood!", rief er dem Smutje zu, als er bemerkte, dass jener den Blick auf ihn richtete.
Seine Stimme klang wie die eines Kindes. Er hatte Anne erklärt, dass der Stimmbruch auf sich warten ließ. Aber trotz der häufigen Sticheleien von Winston machte er sich nichts daraus. Irgendwann, so sagte er, würde er schon noch zum richtigen Mann werden und dann würde sein Bart so voll sprießen und seine Stimme so dunkel klingen, dass ein jeder vor ihm Respekt haben würde.
Anne wünschte ihm, dass sich seine Vorstellungen in der Zukunft auch bewahrheiten würden, denn er war, ebenso wie Winston, ein guter Kerl.

„Dann auf!", bellte Blackwood und klatschte ungeduldig in die tellergroßen Hände.

Anne und Winston ließen sich nicht zweimal dazu auffordern, nahmen ihre fertig geschnittenen Zutaten und brachten sie zu Theodore hinüber.
Dort gaben sie alles in den Kessel.

„Und jetzt ab mit euch! Tretet mir aus den Augen und kommt erst wieder, wenn es Zeit wird die Tische einzudecken!", knurrte der Smutje sobald der Eintopf vor sich hin kochte und machte eine fortscheuchende Bewegung.
Noch bevor seine drei Helfer aus der Kombüse verschwanden, ließ er sich geräuschvoll ausatmend auf einem Schemel sinken, von dem aus er das Feuer gut beobachten konnte. Obwohl er nur daneben gestanden und Aufgaben delegiert hatte, wirkte er erschöpfter als der Rest.
Anne konnte noch einen Blick auf sein zitterndes Bein erhaschen, bevor sie Blackwood als letzte seine Ruhe ließ.

„Lasst uns nach oben an Deck gehen", schlug Thedore vor und setzte bereits einen Fuß auf die wenigen Stufen, die nach oben führten.

„Hmm, ein bisschen frische Luft kann sicher nicht schaden", stimmte Winston zu.

Nur Anne war wenig begeistert von dieser Idee.   Zu groß war ihre Angst Samuel oder gar Calico über den Weg zu laufen.
Auf beide Begegnungen konnte sie nach wie vor getrost verzichten. Vorerst zumindest, bis sie sich noch weiter draußen auf dem offenen Meer befanden.

„Ich denke, ich gehe lieber mal nach der Bilge sehen", meinte sie zögernd und wandte sich von ihren beiden Kameraden ab.

Beide Jungs kräuselten gleichermaßen angewidert die Nasen. „In den Kielraum willst'e? Einfach so? Freiwillig?", rief der Schlanke aus und rieb sich verwundert über die kurzgeschorenen, braunen Haare.

„Lass Parker doch machen!", meinte der andere sofort und packte seinen Freund Ellenbogen. „Wenn er die Drecksarbeit erledigt, dann müssen wir's schon nicht machen."

„Schön", brummte Winston kopfschüttelnd. „Aber schrubb dich ordentlich ab, bevor du wieder in die Kombüse gehst, sonst wird Blackwood dich ..."

„Schon gut, hab verstanden", fiel Anne ihm ins Wort. „Wir sehen uns später."

Während Theodore und Winston die Stufen nach oben nahmen, nahm sie die nach unten.
Für Anne war das Benutzen dieser leiterähnlichen Treppe noch sehr ungewohnt. Die Trittflächen waren schmal und rutschig. Bei jedem Schritt musste sie aufpassen, ihren Fuß nicht daneben zu setzen. Verfehlte man eine Stufe, musste man zusehen schnell wieder Halt zu finden, sonst segelte segelte man hinunter und brach sich die Knochen - wenn alles gut ging.

Ihr schwebte ein süßlicher, feuchter Geruch entgegen, der immer intensiver wurde, je weiter sie sich dem Boden des Kielraums näherte.
Hier unten klangen die Wellen, die von außen gegen das Holz schlugen, wie ein bedrohliches Donnergrollen.

Ein letzter Schritt, dann stand sie in der Bilge. Nur noch die Bodenplanken trennten sie vom Meer. Unter ihren Füßen gluckerte, schmatzte und raunte es, als würde der Ozean versuchen ihr eine Geschichte zu erzählen.

Anne ließ ihren Blick durch den schlecht beleuchteten Raum gleiten, betrachtete den Haufen an Steinen, der den tiefsten Punkt des Schiffs markierte. Darüber und dazwischen schwappte schleimiges, grünliches Wasser.
Es war noch nicht so viel wie am Tag zuvor, als Winston mit ihr hinabgeklettert war und ihr gezeigt hatte, wie die Pumpe funktionierte. Noch nicht.

Auch wenn die Arbeit im Kielraum nicht gerade die tollste war, war sie ihr doch lieber als die ständige Gefahr von Jack oder Samuel entdeckt zu werden, wenn sie über Deck schlenderte.
Sie krempelte die Ärmel ihres durchgeschwitzten Leinenhemdes nach oben, bevor sie sich an die Pumpe begab.
Bevor sie damit begann das Leckwasser in die Weiten des Meeres zu entlassen, wanderte ihr Blick nach unten auf ihre Füße. Sie spürte wie sich die Feuchtigkeit durch ihre Schuhe kämpfte und verzog das Gesicht. Vielleicht sollte sie das nächste Mal lieber barfuß in den Kielraum klettern. Andererseits wären die Stufen dann nur noch rutschiger und ein Abstieg noch gefährlicher.

Die widerlich stinkende Pampe würde bald zu zu gären beginnen, wenn sie nicht zeitig hinausgeschafft wurde. Die übelriechenden Dämpfe würden bis nach oben dringen und alle Decks durchziehen, dass man dachte das Essen röche nach Bilgewasser. So hatte es ihr Winston zumindest erklärt.
Sie war sich sicher, würde ihr Eintopf so riechen, würde sie lieber verhungern als sich auch nur einen Löffel davon in den Mund zu schieben.
Abgesehen von dem Gestank, der dann nicht mehr nur den Kielraum erfüllen würde, würden die Planken zu faulen beginnen und das hätte das Ende der Searose und deren Besatzung bedeutet.
Mithin war es absolut notwendig die Bilge so rein und trocken wie möglich zu halten.

Von dieser Erkenntnis durchdrungen band sie das Leichentuch, das sie sich um den Haaransatz gewickelt hatte, um die Nase und begann mit ihrer Arbeit, die gut zwei Stunden in Anspruch nahm.
Nachdem sie das brackige Wasser zurück ins Meer gepumpt hatte nahm Anne mehrere Eimer Salzwasser, goss sie mit Schwung aus und schrubbte den Boden sauber.
Am Ende war der faulige Geruch beinahe ganz verschwunden und es roch nur noch leicht muffig, wie nasses Holz nach einem ordentlichen Gewitter.

Zufrieden betrachtete Anne die vom Schmierfilm befreiten Planken.
All ihre Knochen schmerzten, ihre Hände und Muskeln brannten und sie fühlte sich so erschöpft, dass sie im Stehen hätte einschlafen können.
Die ungewohnt harte Arbeit zerrte an ihren physischen und das Versteck- und Maskeradenspiel an ihren psychischen Kräften und doch fühlte sie sich auf diesem Schiff freier als in London und willkommener als in Harwich. 
Etwas in ihr sagte ihr, dass sie nirgendwo anders hätte sein sollen, dass ihr Schicksal genau hier lag - an Bord der Searose.

Bevor sie sich wieder in die Kombüse begab, schrubbte sie sich mit dem übrigen Salzwasser die Arme und Hände und entledigte sich ihrer mit Leckwasser vollgesogenen Schuhe. Sie stellte sie vor der Tür zu dem Schlafraum ab, der von ihr, Winston, Theodore und noch drei anderen benutzt wurde, deren Namen sie nicht kannte.

Sie erreichte die Küche noch vor den Jungs.
Blackwood saß noch immer auf seinem Schemel und starrte ins Feuer, als sähe er in den tanzenden Flammen ein Theaterspiel.

Anne wollte sich bereits räuspern, da sie annahm er hätte ihr Eintreten nicht bemerkt als er mit einem Mal die Stimme erhob: „Du stinkst, Bursche!" Zwar knurrte er noch immer, doch es klang weniger bedrohlich als noch vor drei Stunden.

„Tut mir leid", sagte sie schnell. „Ich war in der Bilge und hab das Wasser ..."

„Fleißiger Kerl." Hatte sie sich soeben verhört, oder hatte Blackwood sie tatsächlich unterbrochen, um ihr ein Lob auszusprechen?

Er erhob sich auf seine Beine. Das Zittern aus dem linken war verschwunden, aber er humpelte noch immer. War jetzt vielleicht doch der passende Moment gekommen, um ihn danach zu fragen? Jetzt da er doch recht umgänglich wirkte?

Anne versuchte ihre Neugierde mit aller Macht zu bändigen, aber als der Smutje mehr zum Kochtopf hinkte als zu laufen, konnte sie den Mund nicht länger halten. „Was ist mit Ihrem Bein geschehen?"

Ein heiseres Lachen erfüllte den stickigen Raum. „Denkst wohl, wir könnten Freunde werden, was?" Er kostete vom Eintopf. „Das kannst du vergessen, Jungchen. Man knüpft auf dem Meer keine Freundschaften. Meine Vergangenheit geht hier niemanden etwas an. Ich hab sie auf dem Festland zurückgelassen und dort ist sie auch gut aufgehoben."

Auch wenn er Anne nicht erzählte, was sie wissen wollte, war sie doch überrascht von der Menge an Worten die über seine Lippen kamen.

„Steh nicht so dumm in der Gegend rum und sieh zu, dass du die Tische auf dem oberen Deck aufbackst!", bellte er nur eine Sekunde später wieder.

Anne zögerte. Sie tat alles, so lange sie nur nicht nach oben musste. „Ich ... das hab ich noch nie ..."

„Dann machst du's eben jetzt! Hopp! Den Käpt'n lässt man nicht warten! Oder muss ich dir erst Beine machen?!" Drohend hob er seine Faust in die Höhe und bracht Anne mit dieser Geste dazu auf der Stelle kehrt zu machen und sich zum Treppenaufgang zu begeben.

Dort angekommen stockte sie erneut. Schwer schluckend starrte sie die Stufen an, als brächte es ihr den sofortigen Tod, wenn sie den Fuß auch nur auf die unterste setzte.
Verflucht, sie konnte nicht auf die oberen Decks. Nicht heute.

Ihre Hände begannen zu schwitzen und auch auf ihrer Stirn glitzerten feuchte Perlen. Sie biss sich auf die Lippe und sah über ihre Schultern. Zurück in die Kombüse zu kehren stellte allerdings auch keine Option dar. Ihr tat jetzt schon alles weh, da konnte sie es nicht gebrauchen auch noch von Blackwood geprügelt zu werden.

Sie befand sich in einer äußert prekären Zwickmühle.
Ihre Gedanken kreisten auf der vergeblichen Suche nach einer Lösung wie wild durch ihren Kopf.
Es gab nur diese zwei Möglichkeiten - die Tische eindecken und Gefahr laufen von Cherleton oder Calico entdeckt zu werden, oder Hiebe vom Smutje kassieren.

Gerade als sie sich dazu entschied, den Aufstieg doch zu wagen, da es ihr wahrscheinlicher erschien es zu schaffen sich zu verbergen als Blackwood davon zu überzeugen seine Fäuste bei sich zu halten, kamen ihr Winston und Theodore entgegen.

Erleichtert atmete sie aus. „Da seid ihr ja endlich! Blackwood hat schon nach euch gefragt!"

„Und du hast uns suchen wollen, oder was?", entgegnete ihr der Ältere, wobei er grinsend seine gelblichen Zähne entblößte.

„Ich soll die Tische aufbacken, aber ich hab das noch nie gemacht", antwortete sie ihm unruhig.

„Ist doch nichts dabei!", meinte Theodore in sanftem Tonfall, ein gutmütiges Lächeln auf den Lippen. „Nimm einfach die Schüsseln und die Löffel und leg sie bereit und wenn sich alle vollgefressen haben, klarst du alles wieder auf. Ist das leichteste auf der Welt."

„Ich fühl mich nicht so gut", nuschelte sie schon fast und warf Winston einen flehenden Blick zu.

„Siehst aus, als würdest du dich gleich übergeben", kommentierte dieser ihr blasses Gesicht. „Ich mach's schon. Und ihr tragt den Kessel nach oben. Auf, auf!" Er machte auf der untersten Stufe kehrt und stieg wieder nach oben.

Theodore klopfte ihr mitfühlend auf die Schulter. „Wirst du uns etwa doch noch seekrank? Oder ist der Gestank in der Bilge schuld an deinem flauen Magen?"

„Das wird's wohl sein", meinte sie und lief mit ihm zurück zur Kombüse.

„Ich trag den Topf auch allein, ist kein Problem. Ich hab kräftige Arme, schau." Um seine Worte zu untermalen ließ er seine nicht zu erkennenden Muskeln spielen. „Ruh du dich aus, nicht dass du noch in den Eintopf kotzt."

„Was höre ich da von kotzen?", raunte Blackwood und seine dunklen Augen legten sich auf Anne. „Parker! Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nach oben und die Tische aufbacken?!" Erneut hob er die Faust.

„Winston war schneller. Er ist schon dabei", nahm Theodore sie in Schutz. „Sehen Sie sich den armen Kerl doch mal an, Mr. Blackwood. Der ist doch noch weißer um die Nase als die Leichen die in der See umher treiben. Sind Sie wirklich so barbarisch ihn dennoch an Deck zu hetzen?"

Tiw knirschte mit den Zähnen. „Fein! Hock dich hin, halt aber ja dein Maul, hast'e verstanden? Ich kann kein dummes Geplapper in meiner Kombüse gebrauchen!"

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