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Lebendige Fracht

Triggerwarnung! Dieses Kapitel enthält Inhalt zu Menschenhandel. Wer so etwas nicht lesen kann/möchte, kann das Kapitel überspringen.

31. Juli 1821
Kap Verde

„Gefangenschaft ist die beste Voraussetzung für Freiheit."
~ Michael Richter

Anne Bonny

Mit eisernem Gesichtsausdruck hielt sie ihren Revolver gegen den Kopf eines am Boden knienden Mannes gedrückt. Er war Engländer und der Käpt'n dieses Schoners. Anders als seine Crew weinte er in Anbetracht ihrer Situation nicht so jämmerlich.

Seine Augen fixierten Jack, der ihm gegenüberstand und auf Cherletons und Blackwoods Rückmeldung wartete. Beide Männer fochten einen stillen Machtkampf miteinander aus.

Blut tropfte auf die bereits besudelten Planken. Natürlich hatte die Besatzung des Zweimasters nicht kampflos klein beigegebenen und wie jedes Mal hatten sie erst einige von ihnen töten müssen, bevor der Rest von ihnen auf die Knie gesunken war. Schlotternd und zitternd vor Angst, um Gnade flehend.

Alle bis auf der Käpt'n. Er war zu stolz gewesen und auch jetzt, trotz der immer weiter blutenden Kopfwunde, die Jack ihm verpasst hatte, wollte er nicht einknicken. Die beiden bärenstarken Niederländer hielten ihn an Ort und Stelle, ihre Pranken fest auf seine Schultern gepresst.

Anne wartete nur darauf, dass Calico ihr den Befehl gab, abzudrücken. Sie war erschrocken, wie leicht es ihr mittlerweile fiel, ein Leben zu beenden. In den vergangenen Monaten war es so zur Gewohnheit geworden, wie die Sonne, die jeden Morgen verlässlich am Horizont aufging.

Spannung schwebte in der Luft, elektrisierte sie förmlich, als wäre ein Blitz kurz davor in das Schiff einzuschlagen.

Schließlich ertönten Schritte vom Treppenabgang. Anne wagte es nicht den Blick auch nur für eine Sekunde von dem sturen Mann abzuwenden. So hörte sie Samuels Stimme nur, die vor Unsicherheit bebte. „Käpt'n, wir haben es mit ungewöhnlicher Fracht zu tun."

Auch Jacks Blick blieb weiterhin starr auf den knienden Mann gerichtet, als er fragte: "Worum handelt es sich Mr. Cherleton?"

„Es sind Sklaven, Käpt'n Calico", bellte Blackwood, da Samuel es offenbar nicht zustande brachte eine Antwort zu geben.

Annes Finger am Abzug begann zu zittern. Aus dem Augenwinkel glaubte sie wahrzunehmen, dass auch Jacks Kiefermuskulatur anfing ungehalten zu zucken.
Ob er auch an ihren Streit vor einem Monat zurückdachte und an dessen Grund?
Alte Wut begann in Annes Brust zu schwelen. Auch wenn ihr Zorn an jenem Abend in etwas Wunderschönem gemündet hatte, hatte sie Jack nicht vergeben, dass er die Portugiesen den Spaniern überlassen hatte.

Und nun hatte sie tatsächlich einen dieser Drecksäcke vor sich, die Menschen als Handelsware betrachteten. Direkt vor ihrer Nase kniete das Stück Scheiße und schien sich Jacks Gnade sicher zu sein.

"Wie viele?"

„Sieben Männer, zwei Frauen und ein Kind." Der Smutje wirkte nicht ansatzweise betroffen. Eher kalt und gleichgültig.

„Ein Kind", wiederholte sie leise, spürte den Zorn in sich aufwallen.
Sie starrte auf den Hinterkopf des englischen Arschlochs, das ihre Worte gehört hatte und daraufhin mit den Schultern zuckte.

„Arbeiten besser und schneller. Und sind bei Weitem nicht so verbraucht wie ihre ..."
Weiter kam er nicht. Ein ohrenbetäubender Knall durchschnitt die Luft. Blut spritzte.
Der Käpt'n des Schoners kippte nach vorne, blieb mit dem Gesicht voran auf dem Deck liegen.

Ein erbärmlicher Aufschrei ging durch die Runde seiner restlichen Mannschaft, sobald sie begriffen, dass Anne ihn erschossen hatte. Ohne auf den Befehl Calicos zu warten.

Das kurze Entsetzen in Jacks Blick wandelte sich binnen weniger Sekunden zu etwas, das auch Wut hätte sein können, ehe es sich in einem heiseren Lachen auflöste.
"Sie sind zu ungeduldig Mr. Parker", meinte er, während er sich ein paar blutige Spitzer aus der Stirn wischte.

Seine Worte drangen nur verschwommen zu ihr durch.
Kälte schlich sich in ihre Züge, während sie den Revolver auf den Nächsten richtete. Sie konnte sich nicht zügeln. Wollte es auch gar nicht. „War er allein dafür verantwortlich?!", knurrte sie, nickte in Richtung des Toten.

Ein kleiner Rotschopf sah bibbernd zu ihr auf. „Bitte ...", stammelte er.

„Mr. Parker!"
Die Stimme vermischte sich mit dem lauten Rauschen in ihren Ohren.
Alles woran sie denken konnte, war das arme Kind, das verängstigt im Laderaum dieses Schiffes kauern musste. Hoffentlich war eine der Frauen zumindest seine Mutter. Hoffentlich ... Sie bebte vor Zorn. Hoffentlich hatte das Stück Hundekot, das sich Käpt'n geschimpft hatte, nicht an der armen Seele vergriffen.

Der Rothaarige junge Kerl faltete die Hände, flehte sie an. Sie sah, dass sich seine Lippen bewegten, hörte aber keines seiner Worte.

Eine Hand legte sich bestimmt auf ihre Schulter.
„Parker, es ist genug!"

Ohne wirklich zu wissen was sie tat, schnellte ihr Ellenbogen mit einem Mal nach hinten.
Sie spürte, wie er auf etwas traf.
Die Berührung holte sie ins Hier und Jetzt zurück.

Jacks Hand schloss sich um ihren Kragen und zog sie gewaltsam mit sich, während er ihr mit der anderen Hand die Waffe aus den zitternden Fingern riss.
"Wenn ich sage, es reicht, dann reicht es, zum Henker, Mr. Parker! Beherrschen Sie sich und kommen Sie klar, bevor Sie wieder eine Waffe anfassen!" Er stieß sie grob von sich, in die Arme Winstons hinein.
"Ich gebe Ihnen eine letzte Chance wieder Herr Ihrer Sinne zu werden, Parker! Sie haben fünf Minuten, sonst lasse ich Sie an den Mast binden!"

Sie wollte protestieren, ihn anfauchen, dass er nicht wieder den gleichen Fehler machen sollte. Da spürte sie Winstons Finger, die sich um ihr Handgelenk schlossen, als würde er sie davon abhalten wollen.
Ihr Blick legte sich auf sein Gesicht, das er stur auf seinen Käpt'n gerichtet hatte.

Anne schluckte, atmete tief durch. Einmal. Zweimal. Dreimal. Erst dann wurde sie sich darüber klar, was sie getan hatte. Sie senkte den Kopf in Reue. Nicht, weil sie den Schiffsführer ermordet, sondern weil sie Jack beinahe zum Spott gemacht, ihn in seiner Autorität untergraben hatte.

***

Calico Jack

Der Gestank, der ihnen entgegenschlug, als sie die Stufen bis hinunter in die Laderäume stiegen, drehte ihm den Magen um. Es handelte sich um eine Mischung aus menschlichen Exkrementen, ungewaschenen Leibern und dem süßlichen Hauch des Todes. Jack hörte Jonahs unwilliges Brummen in seinem Rücken und als er einen Blick auf dessen Gesicht warf, hätte er selbst im dunklen Zwielicht darauf gewettet, dass die Haut seines Freundes einen ungesunden, blassen Ton angenommen hatte. Entschlossen hob er dem Hünen den Arm vor die breite Brust, um ihn zum Anhalten zu bewegen.

"Du musst das nicht machen", raunte er so leise, dass seine Stimme im Ächzen und Stöhnen des Schiffes unterging, ohne den schmalen Gang bis zu Parker, Asbury und Janssens entlangzuhallen, die ausgenommen von seinem Küchenjungen mit geladenen Waffen in ihrem Rücken warteten. "Wir können die Überlebenden an Deck bringen lassen."

"Aye, und ob ich das muss, Käpt'n", antwortete Jonah, ebenso leise. "Du weißt nicht, worauf du dich einlässt." Entschlossen nickte er in den Gang vor sich.

Jack hob seine Laterne höher und biss die Zähne zusammen, doch noch ehe er einen weiteren Schritt machen konnte, schob Winston Asbury seinen Kopf zwischen ihren Schultern hindurch.

"Was ist? Hören Sie was Ungewöhnliches?"

Jack lauschte und auch Jonah hielt erneut inne.

Die Totenstille, die ihnen entgegenschlug, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.

"Nein!", knurrte er ungehalten. "Gehen wir endlich nachsehen! Parker, Sie gehen in der Mitte, Janssens, Sie am Schluss!"

"Sie haben womöglich seit Jahren keine Person mehr zu Gesicht bekommen, die ihnen wohlgesonnen war, Käpt'n", erklang Jonahs tiefe Stimme in seinem Rücken. Die plötzliche Teilnahmslosigkeit in den Worten seines Freundes ließ ihn erneut erschaudern, als er die Tür aufstieß, die Cherleton und Blackwood ihnen beschrieben hatten. "Es ist möglich, dass sie verängstigt reagieren. Oder aber aggressiv. Wie geprügelte Hunde. Nimm dich in Acht."

Das Licht seiner Öllampe fiel auf eiserne Gitterstäbe, die sich unmittelbar hinter der hölzernen Tür anschlossen. Der Gestank verdichtete sich, schlug ihm in die Magengrube wie eine geballte Faust. Ein banaler Teil von ihm registrierte, wie Parker entsetzt aufkeuchte und Janssens dazu ansetze, sein Innerstes nach außen zu kehren.

Dann erhaschten seine Augen eine Bewegung in der vollkommenen Schwärze, die seine Laterne kaum zurückzudrängen vermochte. Das Klirren metallener Ketten erklang. Am anderen Ende des Verlieses klammerten sich Körper aneinander. Die Reflexion seines Lichtes spiegelte sich in einem Paar schwarzer Augen wider, die nicht zu ihm aufsahen.

Wieder übermannte Parker das Temperament. Wann war der Junge so überaus selbstbewusst geworden?
Er schob sich an den anderen vorbei. Als hätte er keinerlei Furcht, kniete er sich vor den Sklaven nieder. Vielleicht hatte er aber auch nur Jonahs warnende Worte nicht vernommen.
„Wir tun euch nichts." Die Sanftheit in seiner Stimme jagte Jack Blitze über die Haut.

Er hielt seine Lampe höher, als das Klirren erneut den stinkenden Raum erfüllte. Einer der Angeketteten baute sich vor Parker auf. Seine Absichten waren unklar, doch der Küchenjunge bewegte sich kein bisschen zurück.

Stattdessen hatte er offenbar etwas im Hintergrund erspäht, denn sein Blick ging nicht hinauf zu dem Hünen, der von seiner Größe her Jonah mehr als ebenbürtig war, sondern an jenem vorbei. Jack erkannte es erst Sekunden später. Das Kind, von dem Blackwood gesprochen hatte. Ein kleines Mädchen, das sich panisch an den Arm einer der Frauen klammerte.

Seine Aufmerksamkeit flackerte von den verängstigten Menschen im Hintergrund zurück zu dem Klang der Eisen und dem grunzenden Raunen des Mannes, der direkt vor ihnen stand. Gebückt, aber er stand. Jack konnte den Schweiß auf seiner dunklen bloßen Haut glänzen sehen. Parker hob seine Hand und setzte dazu an, seine Finger durch die rostigen Gitterstäbe stecken zu wollen.

Der Sklave schnellte vor. Sein dunkler Schrei fuhr Jack bis ins Mark. Ohne zu zögern, riss er seinen Küchenjungen an den Schultern zurück. Weg von den Gitterstäben. Doch als er aufsah, realisierte er, dass es dem angeketteten Mann durch seine Fesseln nicht gelungen wäre, Parker zu treffen. Der Junge atmete schnell.

Jonahs kalter Blick lag tadelnd auf ihnen.
"Bleibt zurück!"

„Die Mutter", stammelte Parker, bevor er sich wieder aufrichtete. „Sie braucht dringend Hilfe. Sie blutet und atmet röchelnd. Hört ihr das auch?"

Jack beließ seine Hand auf Parkers Schulter. Ja, er hörte es. Ja, er hatte die infizierten Verletzungen und die Krankheit bereits riechen können, ehe er die Tür geöffnet hatte.
"Findest du eine Möglichkeit, um mit ihnen zu kommunizieren, Jonah?", fragte er. "Wir müssen ihnen begreiflich machen, dass wir nicht der Feind ... Dass wir nicht ihre Herren sind."

Sein Freund warf ihm einen langen Blick zu. Jack verstand.
"Mr. Janssens, Mr. Asbury. Gehen Sie nach oben. Wir schicken nach Ihnen, wenn wir Sie wieder brauchen."

"Der Junge auch, Jack!"

"Der Junge bleibt."

Doch Parker schüttelte den Kopf. „Ist schon gut, Käpt'n. Sie brauchen sich nicht zu sorgen, dass ich nochmal die Kontrolle über mein Handeln verliere." Ein kurzer, verstehender Blick in Richtung Jonah folgte, bevor auch der Junge nach oben verschwand.

Nachdem die letzten Schritte verklungen waren, wandte Jonah sich dem dunklen Verlies zu. Laute kamen über seine Lippen und erreichten Jacks Ohren, von denen er niemals gedacht hatte, dass ein menschlicher Mund sie formen konnte.
Klickendes Summen und kehliges Zischen vermischte sich mit Silben, denen er nur schwer einen Buchstaben zuordnen konnte.
Doch auf der anderen Seite der Gitterstäbe herrschte nichts als Schweigen.

"Sie verstehen mich nicht, Käpt'n!", gab Jonah irgendwann auf. "Oder Sie wollen mich nicht verstehen. Ich weiß es nicht."

Jack erhob sich.
"Wir können sie nicht hier unten sterben lassen. Vielleicht vertrauen sie nur dir, wenn du vollkommen alleine mit ihnen sprichst. Ohne mich."

Er hörte Jonahs ratloses Aufseufzen mehr als dass er es sah.
"Wenn das dein Befehl ist, werde ich ihm Folge leisten, Calico Jack, aber diese Männer und Frauen sind offenbar schon so lange ..."

Seine Worte wurden unterbrochen von einem Raunen, das sich in der Finsternis vor ihnen zusammenbraute.
Ein Schauer zuckte über Jacks Haut, als er im heiseren Murmeln der Sklaven schließlich ein einzelnes Wort ausmachen konnte.

Calico.

Er wollte die Spucke hinunterschlucken, die sich in seinem Mund ansammelte, aber es gelang ihm nicht. Für einen Moment gestand er sich selbst zu, sich am Holz der Bordwand festzuhalten, um nicht umzufallen vor Angst, als sich zwei weitere dunkelhäutige Männer erhoben und sich unter dem Klirren der Ketten neben dem ersten postierten.
"Was hat das zu bedeuten, Jonah?" Seine Stimme zitterte.

"Ich weiß es nicht, Käpt'n." Jonahs Blick huschte von einem zum anderen und wieder zurück.

"Als du mir sagtest, dass Calico in deiner Sprache eine Bedeutung hat, welches Wort hast du mir da ins Ohr geflüstert?"

Jonah sah zu ihm auf.

"Größenwahn."

"Und welcher Inhalt kann noch dahinter stehen? In jeglichem Dialekt, der dir jemals in deinem Leben untergekommen ist, verflucht?"

Das sehende Auge seines Freundes erzitterte in übernatürlichem Blau, als es sich mit all seiner Macht auf ihn legte. Doch ohne Erfolg. Er ließ den Kopf hängen.
"Ich weiß es nicht. Womöglich ist es der Ort aus dem sie stammen, womöglich ein Name, ich weiß es nicht."

Jack trat nahe an die Seite seines Freundes.
"Wir müssen es weiter versuchen." Im nächsten Moment wurde ihm bewusst, wie falsch dieser Versuch sich anfühlte. Sie schlichen in das eroberte Schiff, mit gezogenen Waffen, von außen betrachtet, um in jedem Moment Gewalt auszuüben. Sie stellten sich vor die verschlossenen Käfigtüren, als würden sie die Attraktion eines Narrenzirkus besuchen und ihre Finger durch die eisernen Gitter stecken. Und zu guter Letzt folgten sie einem Muster: Der weiße, mächtige Mann erteilte dem farbigen Befehle.

Jack lenkte seine Aufmerksamkeit zu den drei vorgetretenen Männern und neigte sein Haupt vor ihnen in einer ehrerbietenden Weise. Wie es Parker zuvor getan hatte, als er sich vor ihnen niedergekniet hatte. Er spürte ihren Fokus kritisch auf sich ruhen. Dann griff er nach Jonahs Hand und schüttelte sie.

"Freund!" Er kam sich unendlich unbeholfen vor. Nahezu dämlich.

Jonahs amüsiertes Hüsteln bestätigte seinen Verdacht.

„In meiner alten Heimat teilen wir unseren Atem, Jack. Um zu zeigen, dass wir einander ebenbürtige Begegnungen sind."

Sein Freund legte seine Stirn an die seine und umfasste seinen linken Unterarm fest mit seiner großen Pranke. Ihre Nasen berührten sich fast, als Jonah die Augen schloss und tief und intensiv einatmete. Jack tat es ihm gleich. Als würde er einen Atemzug mit seinem Freund teilen.

"Xarit!"

Jack wiederholte das Wort. Es fühlte sich fremd auf seiner Zunge an.

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