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Ein Fass mit Whisky

03. Mai 1821
Irgendwo auf dem Ozean

"Was mit Lügen erlangt worden ist, kann man nur mit Lügen behalten."
~ Werner Rohrmoser Bornheim

Jack Calico

Jack lief unruhig in der Kapitänsmesse auf und ab. Immer wieder streiften seine Blicke die Tür, die zu seiner Kammer führte, in der er für gewöhnlich schlief. Er hatte Parker für die Dauer des Sturms seine persönlichen Schlafräume beziehen lassen und ihm damit gedroht, ihm den Hals umzudrehen, wenn er vor dem Morgengrauen wieder herauskam. Der Junge war in einen tiefen Schlaf gefallen, sobald sein Kopf das weiche Kissen berührt hatte und war fast gänzlich in dem großzügigen Federbett versunken. Zumindest hatte es den Anschein gemacht.

Jack brauchte Zeit und Ruhe, um über die Entwicklungen nachzudenken.
Jemand hatte Parker entgegen seines Befehls an Bord gelassen.
Jonahs Worte, die er im Levres Rouges gesprochen hatte, hallten durch sein Bewusstsein: Der Junge ist dein Untergang. Der Junge reißt das Ruder an sich.

Jonah hatte die Anwesenheit Parkers als seinen Untergang vorhergesehen. In seiner Vision hatte der Steuermann von einem Sturm gesprochen. Einem Sturm, in dem der Junge das Ruder an sich reißen würde.
Jack runzelte die Stirn.

Auch wenn er sich selbst seines Aberglaubens mehr als bewusst war, so konnte man doch über die Wahrheit, die Jonahs Prophezeiung enthielt, nur spekulieren. Womöglich hatte der Hüne lediglich sich selbst gesehen, wie er am Steuer stand. Und es hatte sich viel mehr um den Untergang des Jungen gehandelt, hätte Jack ihn nicht aus dem kalten Wasser gezogen.
Frustriert warf er die Hände in die Luft, als er erneut die Tür zu seiner Bettstatt passierte. Ein unzufriedener Laut entrang sich seiner Kehle.

Es gab hundert weitere Möglichkeiten, um die Worte Jonahs zu deuten. Bei keiner würde er sich sicher sein können.

Was für eine Wahl hatte er?
Er könnte Parker die Kehle durchschneiden und seine Leiche im Schutze der Nacht über die Planke schicken. Er könnte ihn beim nächsten Landgang loswerden, wenn sie unweit von Bristol frische Nahrung aufnahmen, ehe sie den ersten richtigen Beutezug wagen würden. Er könnte ihn nahe bei sich behalten, um Einfluss auf die sich entwickelnden Geschehnisse zu nehmen.

Optionen.

Zögernd hielt er sich an der Wandhalterung einer Laterne fest, als die Searose erneut ihre Krängung veränderte. Die Wogen waren bereits weniger hoch, als noch vor einer halben Stunde. Der Wind ließ nach, der Sturm ebbte ab.

Und was war mit der Frau, die sich hinter Parker verbarg?

"Anne Bonny."
Er flüsterte den Namen in die Schatten des noch immer spärlich beleuchteten Raumes hinein. Die feinen Härchen auf seinen Unterarmen stellten sich auf. Ein Schauer wand sich seinen Rücken hinab.
Was für Motive trieben die Tochter eines angesehenen londoner Richters als Küchenjunge auf ein Piratenschiff? Sein Gefühl hielt sich hartnäckig, dass Cherleton nicht der einzige Grund war, auch wenn er es ihr unterstellt hatte. Neugierde bemächtigte sich seines Herzens.

Er konnte nicht leugnen, dass ihr Mut und ihre Entschlossenheit ihm imponierten. Der Wunsch keimte in seinem Herzen, ihr dabei zuzusehen wie sie bei ihrem Unterfangen Erfolg hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde war er sich sicher, dass wenn eine Anne Bonny es unter dem Namen Grayson Parker schaffen konnte, sich auf einem Piratenschiff durchzuschlagen, die Ära alter, weißer, reicher Männer wie Charles Vane sich dem Ende neigen mochte. Männer, die Menschen in Geschlechter und Klassen einteilten, mit dem Wink einer Hand über das Leben und die Freiheit von ihresgleichen bestimmten und sich am Leid anderer bereicherten, wo es nur möglich war.

Jack biss die Zähne zusammen. So sehr er sich wünschte, dass Anne Bonny die Sterne ins Wanken bringen würde, für den Anfang musste er mit Sicherheit dafür sorgen, dass niemand ihre Tarnung aufdeckte. Und falls das dennoch geschehen sollte, dass niemand davon erfahren würde, dass er sich darüber im Klaren gewesen war.

Dafür musste er allerdings zunächst herausfinden, wer ihr dabei geholfen hatte, auf die Searose zu gelangen. Und diese Person musste er zur Rechenschaft ziehen.

Jack ließ sich nachdenklich auf den bequemen Stuhl am Arbeitstisch sinken und schlug seine langen Beine auf der Tischplatte übereinander. Wie von selbst glitten seine Hände zu der Schublade, in der er sein Rauchwerk aufbewahrte.

Der neue Koch, Tiw Blackwood. Hatte er auf zwei oder auf drei Küchenhelferjungen bestanden? Jack versuchte sich zu erinnern, während er den fein geschnittenen Tabak aus der Blechschachtel heraus zupfte und ordentlich in der Mitte des Pergaments zu einer winzigen Bergkette auftürmte.

Nein, er war sich sicher, dass der Smutje große Töne gespuckt hatte, als er und Ben seine Organisationskünste mit nur zwei Küchenjungen angezweifelt hatten. Und Ben hatte sich in seiner Erinnerung mit leicht verzogenen Mundwinkeln zurückgezogen, um die Listen dennoch nach einem geeigneten dritten Kandidaten zu durchforsten.

Ben.

Jack drehte den Tabak im Pergament zwischen den Fingern zu einer Rolle.
Ben, der ihn vor zwei Wochen mit aller Macht davon abhalten wollte, der Kombüse einen Besuch abzustatten.

Er hob das Pergament an seine Lippen, um eine Seite mit seiner Zungenspitze zu befeuchten, ehe er es in einer geschickten Bewegung seiner Finger zusammendrehte.
Ben, der sich bei der Zahl der Besatzungsmitglieder verhaspelte. Ben, der beim Namen Mr. Larkers zusammenzuckte. Weil er gedacht hatte, den Namen Parker gehört zu haben.

Jack betrachtete seine fertige Zigarette konzentriert und ließ sie mit dem unteren Ende mehrmals auf den Tisch klopfen, sodass der Tabak sich verdichtete. Das überschüssige Kraut zupfte er ab, um dieses wieder in die Blechschachtel zu geben.

Dann warf er das vollendete Rauchwerk frustriert auf den Tisch und ballte die Hände zu Fäusten. Es war seine eigene Schuld. Er hatte sich geschworen, persönlichen Kontakt zu jedem einzelnen Besatzungsmitglied herzustellen. Jetzt, nach einem Monat, war ihm das nicht mal mit der Hälfte der Männer gelungen. Er hätte darauf beharren müssen, dem seekranken Küchenjungen seine Aufwartung zu machen.

Er fluchte laut.

Ben hatte ihn hintergangen. Und nicht nur das. Er hatte es über einen Monat lang geschafft, ihm ins Gesicht zu lügen. Wenn er ihn damit getäuscht hatte, wobei hatte er sich noch sein Vertrauen erschlichen?

Müde begann er sich die Schläfen zu massieren. Wenn er Ben für das Beherbergen eines blinden Passagiers in aller Öffentlichkeit zur Rechenschaft zog, musste er auch einen blinden Passagier liefern. Und damit wäre Parkers Integrität gefährdet, ebenso wie seine eigene.

Kopfschüttelnd griff er nach der Zigarette und steckte sich diese hinters Ohr, ehe er eine Schachtel Streichhölzer in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Draußen am Horizont begann die Abenddämmerung sich durch die grauen Sturmwolken herabzusenken. Der Regen fiel nur noch als leichter Niesel vom Himmel. Der Wind hatte weiter abgeflacht, doch die sturmzerwühlte See wurde noch einige Stunden brauchen, um sich weiter zu beruhigen.
Er hatte die ganze folgende Nacht am Steuer Zeit darüber nachzudenken, wie er Ben büßen lassen konnte, ohne es auf dem Rücken Anne Bonnys auszutragen.

***

Die Kanne mit Kaffee war längst leer, als sich der östliche Horizont am Ende der Nacht rosa färbte. Der tiefschwarze Himmel erbleichte erst zu einem grauen Blauton und errötete dann, als hätte er Jacks verdorbene Gedanken mit angehört, obwohl er die ganze Nacht der glitzernden Schweigsamkeit der mit Wolken verhüllten Sterne entsprochen hatte.

Es war dem kalten Wind noch nicht gelungen, das nasse Holz des Schiffes zu trocknen. Dafür bedurfte es der kräftigen Strahlen der Sonne, die sich mühevoll und verschlafen hinter dem Horizont empor kämpfte.

Jack hörte durch das pulsierende Wiegen der Wellen, wie sich die Tür zu seiner Kajüte öffnete und wieder schloss. Er verzichtete darauf, Parker dabei zuzusehen, wie er sich verstohlen über das Deck schummelte, ehe er den Niedergang zur Kombüse hinabstieg. Womöglich hatte ihn nicht einmal einer der anderen Seemänner an Deck bemerkt. Der Bursche machte sich gut darin, nicht aufzufallen. Im Gegensatz zu manch anderem.
Jack stand von seinem Platz auf, stützte sich mit den Unterarmen auf der Reling ab und ließ den Niedergang nicht aus den Augen. Es dauerte lediglich knappe fünf Minuten und das dunkle Loch, das in den Schiffsbauch führte, spuckte die Gestalt aus, auf die er gewartet hatte.

Er beobachtete, wie die Ratte sich die Arme um den Körper schlang, als der kalte Wind in seinen Mantel fuhr, sah ihm dabei zu, wie er zuerst ein paar Scherze mit einem der Vorschoter riss, ehe er sich abwandte, um seinen Weg zu ihm hinauf aufs Hüttendeck zu finden.

"Guten Morgen, Käpt'n!", begann er heiter. "Sie hat sich fantastisch im Sturm gehalten, wenn du mich fragst." Als Jack nicht reagierte, sondern weiterhin eisern die Männer an Deck fixierte, erstarb das selbstsichere Grinsen, das in seinen Worten mitschwang. "Irgendwelche besonderen Vorkommnisse in der Nacht? Etwas, das ich wissen sollte?", fragte er ernst.

Jack hob die Augenbrauen.
"Allerdings." Langsam wandte er seinen Blick von den Seemännern ab und eichtet ihn auf seinen Maat. "Ich will, dass wir in spätestens einer Woche in der Nähe von Bristol anlegen und neue Vorräte an Bord laden. Mehr als zuvor. Wir müssen uns auf einige Wochen auf See gefasst machen."

Ben atmete erleichtert aus.
"Achso, klar. Wenn du das willst, machen wir das. Aber das musst du doch nicht mit so einem apokalyptischen Ton kundtun."

"So ein Wort kennst du? Apokalyptisch?"

Lachend klopfte Ben ihm auf die Schulter.
"Klar, wenn man mit dir segelt, sollte man sich der Bedeutung bewusst sein."

Ein vorsichtiges Lächeln zupfte an Jacks Mundwinkeln.
"Sie ist bald zwölf Jahre tot."

Sein Maat neigte sich näher zu ihm. Dessen Lächeln blieb an seinen Mundwinkeln hängen, doch es wirkte mit einem Mal falsch.
"Manchmal denke ich, es sind ihre Schimpftiraden, die uns die Segel so nachdrücklich mit Wind füllen." Er tippte sich ehrenvoll an sein grünes Kopftuch und sein Blick hob sich gen Himmel.

"Aye!", stimmte Jack ihm zu. "Ihr Wille hat Berge und Klippen versetzt. Warum sollte es jetzt anders sein." Er legte seinen Arm um Bens Schulter und schickte ebenso einen Gruß in die Wolken, die langsam einen blauen weiten Himmel freigaben.

"Also Käpt'n, du solltest nach einer Nachtschicht echt darauf achten, rechtzeitig zu frühstücken, sonst lässt du deine miese Laune an den falschen Leuten aus. Hab mir gerade echt fast in die Hosen geschissen." Ben machte eine kurze Pause. "Was war mit dem Matrosen gestern Abend? Lebt er noch?"

Jack schloss genervt die Augen.
In den letzten paar Stunden war er sich so sicher gewesen, einfach zu schweigen. Ben weiter in dem Glauben zu lassen, sich weiter vor ihm verstecken zu können. Doch als ihm dessen Geruch nach Alkohol entgegenschlug, die Gleichgültigkeit, mit der er über den vermeintlichen Tod eines Matrosen sprach, bewegte sich ein Stück seiner Wut zurück an den Platz in seiner Brust. Doch das Gefühl wurde nicht heiß und unbeherrscht, sondern hielt sich kalt und berechnend an Ort und Stelle.

"Aye, er lebt." Seine Stimme klang wie ein leises Surren in seinen eigenen Ohren.

"Wer war es?"

Jack erwiderte Bens Blick. Bedeutsam hob er die Augenbrauen. Gespannt sah er dabei zu, wie Bens neugierige Ahnungslosigkeit erst in Unverständnis, dann in Leugnen und zuletzt in Entsetzen umschlug. Seine Lippen öffneten sich zu einem stummen Nein.

"Aye. Mr. Parker."

"Nein. Bist du sicher? Wie soll dieser Bäckerssohn aus Harwich denn bitte an Bord gekommen sein?"

Genervt verdrehte Jack die Augen.
"Das willst du nicht wirklich versuchen, Ben."

"Ehrlich, ich habe nicht die geringste Ahnung, was du meinst."

Entschlossen schüttelte Jack den Kopf.
"Mit jedem Wort machst du es nur schlimmer für dich."
Er warf dem Steuerrad einen letzten prüfenden Blick zu, ehe er nach Bens Kragen griff und diesen mit sich die Treppe hinab auf das Hauptdeck zerrte, wo er ihn wütend von sich stieß. Einige der Seemänner hielten in ihrer Arbeit inne und schenkten ihnen ihre irritierte Aufmerksamkeit.

"Sie haben sich an etwas bereichert, dessen Gebrauch ich ausdrücklich verboten hatte, Mr. Scarlett", sprach er laut. Seine Stimme hallte weit über das Deck und sicherte ihm die Aufmerksamkeit eines jeden Anwesenden. Ohne Ben die Möglichkeit zum Einwand zu geben, redete er weiter. "Sie haben vor zwei Wochen die Männer mit einem Fass voller Whisky im Laderaum gefunden, damit ich sie zur Rechenschaft ziehe. Die Männer haben brav ihre Strafe abgesessen und das gesamte Deck blitzblank geputzt. Doch was ist danach mit dem Whisky passiert, hm? Befindet sich das Fass wieder an Ort und Stelle im Laderaum? Oder hat ihr elender Organismus es längst zu Pisse umgewandelt!"

Ben entfuhr ein atemloses "Was?"
Jack sah ihm an, dass er ihm kaum folgen konnte. Für etwas zur Rechenschaft gezogen zu werden, das er nicht aussprach, während er sich augenscheinlich auf etwas vollkommen anderes bezog. Die Erinnerung an Parker mit einem Fass voll Alkohol gleichzusetzen, überforderte die trägen Zahnräder des Verstandes der Ratte.

"Wenn wir gemeinsam in Ihre Kajüte gehen, Mr. Scarlett, was werden wir da finden? Ein fast zur Gänze geleertes Fass Alkohol, das Sie sich vollkommen alleine in den Kopf geschüttet haben? Sie stinken wie eine elende Destille! Obwohl Sie wissen, dass ich Schnaps während des Alltags abgesehen von Feierlichkeiten nicht dulde!", zischte er.

Ben wich stolpernd bis zum Mast zurück und lehnte mit dem Rücken dagegen. Jack setzte ihm nach, bis sie sich nahe gegenüber standen. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt.
"Ich... Ich..."

Der alkoholgeschwängerte Atem der Ratte schlug ihm entgegen. Jack packte ihn am Kragen. Dass Ben stotternd die Worte wegblieben, deutete Jack als größtes Schuldeingeständnis, das er je von sich gegeben hatte.

"Ich enthebe Sie für die Dauer von zwei Wochen ihres Postens und all Ihrer Privilegien. Ihr Posten bleibt unbesetzt. Das ist genauso nützlich, als würde ich eine betrunkene Ratte darauf setzen!"

"Wegen eines Fasses mit Whisky?", fragte Ben unsicher.

"Aye, wegen eines Fasses mit Whisky", wiederholte er leise. "Wegen welchem Sie mir einen Monat lang ins Gesicht gelogen haben und das Sie versucht haben vor mir und der Mannschaft zu verstecken. Sie dürfen ihre Fähigkeiten in der Kombüse neu unter Beweis stellen, Mr. Scarlett. Dort wo Sie es verstecken wollten, dort verstecke ich nun auch Sie, damit ich Sie nicht mehr ständig vor der Nase habe! Und jetzt gehen Sie mir aus den Augen!"

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