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Ein einseitiger Abschied

04. April 1821
Harwich

„Verlustangst: zweifellos einer der schmierigsten Egoismen."
~ Peter Rudl

Anne Bonny

Es war kurz nach Mitternacht, als Diamond endlich den Raum verließ, in welchem sie die vergangenen Stunden mit Jonah verbracht hatte.
Erschrocken fuhr die Farbige zusammen, sobald sie die Gestalt bemerkte, die im Schatten des nächsten Türrahmens lehnte.

Nur eine Sekunde später erkannte sie die Person, der sie selbst ein neues Aussehen verliehen hatte. „Herrgott", keuchte sie und fasste sich an die Brust, als könnte diese einfache Berührung ihren Herzschlag wieder regulieren.

Anne trat aus dem Dunkel hervor. „Es tut mir schon beinahe leid, aber ich brauche deine Hilfe erneut", gab sie im Flüsterton von sich und schob sie dann den Flur hinunter. Immerhin wusste sie nicht, ob Jonah ihr gleich nach draußen folgen würde.

Als könnte Diamond ihre Gedanken lesen, meinte sie: „Er schläft und das tief und fest. Ich bin eben eine Künstlerin durch und durch."
Anne konnte das Grinsen hören, das dabei die Lippen ihrer Freundin umspielte, ohne ihr dazu ins Gesicht blicken zu müssen.

Als sie einen leeren Raum erreichten, der für die Freier des Hauses als Rückzugsort mit ihren Liebschaften gedacht war, stieß Diamond sie in diesen hinein.

„Was soll das?", zischte Anne von der plötzlichen Grobheit überrumpelt und rieb sich die Schulter. Diamond hatte mehr Kraft, als man ihr zutraute.

„So behandle ich meine Kundschaft immer. Und wir wollen doch nicht auffallen, oder? Du siehst mittlerweile, nur zur Erinnerung, nicht mehr wie eine Frau aus, sondern wie Kerl. Zwar nicht wie einer, der in mir die Lust entfacht, aber manchmal springen wir Mädchen auch über unseren eigenen Schatten. Das heißt, wenn der Freier genug Geld in den Taschen trägt. Am besten so viel, dass wir es schon klimpern hören, wenn wir ihn in die privaten Zimmer führen." Sie entzündete die Kerzen, die am Fenstersims standen und zog die roten, samtenen Vorhänge zu.

Anne konnte sich nicht daran erinnern, jemand anderen auf dem Flur gesehen zu haben, sagte aber nichts zu dem fragwürdigen Schauspiel Diamonds.

Sie ließ ihren Blick durch den kleinen Raum wandern, überflog den gemütlich knisternden Kamin, das einladende, mit Seidenbezügen versehene Bett, die orientalisch aussehenden Teppiche und den kleinen Tisch, der von zwei Stühlen flankiert wurde.
Auf einem von diesen ließ sie sich nieder und griff dann nach dem Krug, der auf der Anrichte platziert worden war.
Vorsichtig hielt sie ihre Nase darüber und stellte erleichtert fest, dass es sich hierbei um den lieblichen weißen Wein und nicht um den seltsam brennenden Whisky handelte, den Calico vorhin getrunken hatte.

Diamond reichte ihr einen Tonbecher und nahm sich ebenfalls einen, bevor sie ihr gegenüber Platz nahm.
Anne schenkte ihnen beiden ein, drehte das Trinkgefäß in ihren Fingern hin und her und betrachtete das Muster, das ihm aufgemalt worden war und ihn aussehen ließ, als wäre er aus dunklem Marmor.

„Ist dir dein Vorhaben geglückt?", wollte Diamond wissen, nachdem sie einen Schluck genommen hatte.

„Fast. Das soll heißen, ich arbeite daran." Anne leerte ihren Wein fast in einem Zug, stellte den Becher dann auf dem Tisch ab. „Wir haben eine Wette abgeschlossen."

Die Schwarze lachte und schüttelte den Kopf. „Oh, A... ich meine Grayson. Denkst du wirklich, Piraten spielen mit ehrlichen Karten? Er kann mit dir um alles mögliche wetten, aber ob er seine eventuelle Niederlage am Ende auch anerkennt, das steht in den Sternen."

„Sterne. Das ist ein gutes Stichwort", antwortete Anne, als hätte sie die restlichen Worte der anderen überhört. „Trägt Jonah ein goldenes Astrolabium um seinen Hals?"

Verwirrt hoben sich die dunklen Brauen ihres Gegenübers an. „Ich habe zwar keine Ahnung, was ein Astrolobidum sein soll, aber ich denke du sprichst von dem uralt aussehenden Ding, das seinen Glanz aber nicht verloren hat. Jonah scheint es gut vor den Bedingungen, die auf dem offenen Ozean herrschen, zu schützen."

„Astrolabium", berichtigte Anne Diamond, bevor sich ein erleichtertes Lächeln auf ihre Lippen schlich. „Kommst du an es heran?"

„Fragst du mich gerade, ob ich es stehlen kann?" Diamonds Gesicht wurde ernst.

„Das klingt so unschön, wenn du es so formulierst. Nennen wir es lieber leihen. Nur eben ohne dass er es merkt. Zumindest nicht gleich." Ein bittendes Funkeln erhellte Annes Iriden. „Das ist unsere Wette. Ich nehme Jonah das Sterneninstrument ab und dafür lässt Calico mich anheuern."

Diamond atmete tief durch, lachte dann, als hätte Anne ihr einen Witz erzählt. Anschließend bettete sie ihr Kinn in ihrer Handfläche. „Hätte ich geahnt, was es für einen langen Rattenschwanz nach sich ziehen würde, wenn ich dich vor dem Regen und der Kälte rette, hätte ich dich da draußen stehenlassen."

„Ich verspreche dir, das ist das letzte Mal, dass ich dich um deineHilfe bitte. Wenn ich erstmal an Deck der Searose bin, siehst du mich nie wieder." Anne lehnte sich ihr entgegen und griff nach ihrer freien Hand, die auf dem Tisch ruhte.

„Vane hat oft in Harwich angelegt, um seine Beute zu verscherbeln und ich gehe davon aus, dass wir auch Calicos Truppe noch oft genug hier begrüßen werden dürfen. Sonst hätte der Vertrag, den er mit Miss Danielle geschlossen hat ja überhaupt keinen Sinn. Aber wahrscheinlich hast du recht und ich werde dich nicht wieder sehen, weil das Meer dich verschlingen wird."
Sie seufzte und ihr Blick senkte sich auf ihre sich berührenden Finger. „Ach, verflucht ... Ich weiß nicht, ob ich das tun kann, A... Grayson. Ich glaube mich ernsthaft in Jonah verliebt zu haben. Wie soll ich es da übers Herz bringen, ihm etwas zu stehlen, das ihm offenbar wichtig ist? Er wird schlussfolgern, dass nur ich der Dieb gewesen sein kann. Immerhin teilt er nur mit mir das Bett, wenn er hier ist. Was, wenn er mich danach hasst?"

„Ich werde alle Schuld auf mich nehmen."

„Und trotzdem werden es meine Finger gewesen sein, die ihm das Astro... das Ding da, ... die Kette, entwendet haben werden." Diamond schüttelte den Kopf. „Nein. Nein, das kann ich nicht tun. Nicht zu diesem Preis."

Anne biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht so, als würde sie den Zwiespalt, in dem ihre Freundin steckte, nicht nachempfinden können, aber sie konnte nicht lockerlassen. Diamond war ihre einzige Hoffnung. Sie selbst hätte niemals die Möglichkeit erhalten, so nah an Jonah heranzukommen, um ihm das Astrolabium zu stehlen. Nicht mit ihrem jetzigen Aussehen und die Tatsache, dass er sie stets mit einem solch seltsamen Blick bedachte, der ihr sein Misstrauen bei jeder Begegnung förmlich entgegen schrie, trug nicht  gerade zur Chancensteigerung bei.

„Ich flehe dich an, Diamond. Ich habe den Fehler gemacht, Calico Samuels Namen zu verraten und jetzt droht er uns beiden den Zutritt auf die Searose zu verwehren. Das würde Samuel das Herz brechen und er würde mich hassen ... wenn ich ihn verliere, dann habe ich niemanden mehr auf dieser Welt."

„Das ist doch zum Haareraufen! Du kostet mich noch meinen letzen Nerv!" Um ihre Worte zu untermalen, klopfte Diamond sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, bevor sie aufstand und auf- und abzuschreiten begann. „Wieso muss ich nur immer jeden retten wollen? Wieso musste ich ausgerechnet zu dem Zeitpunkt frische Luft vor dem Bordell schnappen, an dem du auf der anderen Straßenseite aufgetaucht bist? Und wieso verdammt ..." Sie blieb stehen, ihre dunkelbraunen Augen bohrten sich in Annes. „Wieso musste sich in den wenigen Tagen, die wir uns kennen bereits eine Art Freundschaft entwickeln?"

Die Hände in die Hüften gestemmt atmete sie geräuschvoll aus. „Also schön, ich helfe dir. Aber zum letzten Mal! Und ich schwöre bei Gott, wenn ich Jonah verliere ..." Sie ließ den Satz unvollendet.

„Danke." Anne legte die Handflächen aneinander als würde sie beten. „Eine Sache noch. Hast du einen Zettel und eine Feder für mich? Ich würde Samuel gerne einen Brief schreiben."

„Wozu denn das?", fragte Diamond, erhob sich aber, um die Dinge holen zu gehen, nach denen sie gefragt worden war. Unerwarteter Weise musste sie dazu nicht einmal den Raum verlassen. In einem kleinen, kniehohen Schrank, der neben dem Bett stand, war alles davon verstaut.

„Ich will mich von ihm verabschieden", erklärte die Jüngere, öffnete das Tintenfass und tauchte den Kiel des Schreibutensils darin ein.

Diamond stellte eine Kerze neben dem Pergament ab, die Anne besseres Licht spendete. „Aber wieso denn verabschieden? Ich dachte, ihr heuert beide auf der Searose an. Du glaubst doch nicht wirklich, dass er dich nicht erkennen wird."

„Das wird er, ohne Zweifel. Aber er braucht nicht von meinem Plan zu erfahren, bevor er mir durch Zufall an Deck über den Weg läuft, verstehst du? Und ohne zu wissen, dass es mir gut geht und dass auch ich meinen Weg gefunden habe, wird er das Schiff womöglich nicht besteigen. Also schreibe ich ihm, ich hätte eine Arbeit gefunden."
Noch während sie sprach, ließ sie die Feder über das Papier tanzen und Worte entstehen.

Mein lieber Freund,
Wir wussten beide, dass uns irgendwann ein Abschied bevorstehen wird.
Ich konnte es nicht über mein Herz bringen, dir dabei ins Gesicht zu sehen, deshalb schreibe ich dir diesen Brief.
Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast. Dafür, dass du in den letzten Jahren immer ein offenes Ohr für mich hattest und mir schlussendlich dabei geholfen hast, meiner aussichtslosen Lage zu entfliehen.
Ich hoffe, dass wir uns irgendwann wiedersehen und ich Gelegenheit dazu erhalte, mich zu revanchieren.
Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe eine Stelle in einer Schneiderei gefunden. Du weißt doch noch, wie sehr ich mich in London für Mode interessiert habe. Auch wenn ich mein damenhaftes Aussehen abgelegt habe, gehe ich davon aus, dass mich dieser Beruf durchaus erfüllen konnte. Und wenn nicht, dann hilft er mir zumindest dabei in Harwich richtig Fuß zu fassen.

Pass auf dich auf, Samuel.

In ewiger Liebe und Dankbarkeit
- Anne

Sorgfältig faltete sie den Brief und betrachtete ihn für einige Sekunden stillschweigend.
Dann leerte sie ihren Wein und stand auf.

Ihr Blick legte sich auf Diamonds Gesicht, auf welchem die Schatten der Kerze tanzten. „Ich werde Cherleton dieses Schreiben zukommen lassen und anschließend zurückkommen und ..."

„Bis du wieder hier bist, werden wir die Speerstunden eröffnet haben. Die Mädchen brauchen auch die Möglichkeit um zu verschnaufen, wie du weißt. Du hast doch Calicos Geld, das er dir zur Entschädigung gegeben hat. Die Straße runter befindet sich noch ein weiteres Gasthaus. Schlaf dort und komm morgen früh zurück. Bis dahin hab ich die Kette", unterbrach Diamond sie und nickte ihr zu.

Anne erwiderte diese Geste, bevor sie aus dem Zimmer trat.

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