Frieden oder Krieg?
Am nächsten Morgen zogen die Elben und Menschen aus Thal hinaus zum Erebor. Thranduils Elben trugen goldene Rüstungen, die in der aufgehenden Sonne schimmerten. Die Männer aus Seestadt trugen alte Mäntel und verstaubte Kettenhemden darunter. Bard und Thranduil ritten vor. ,,Hoffentlich passiert ihnen nichts", sagte Tilda ängstlich. Sie stand mit ihrer Schwester am Stadttor von Thal und sah dem Herr hinterher.
,,Keine Sorge", erwiderte Sigrid leise, ,,Da wird das schaffen!" Mit diesen Worten küsste sie ihrer Schwester auf den Haaransatz. Aber Sigrid war sich selbst nicht ganz sicher. Unter die Elben und Menschen hatte sich ein kleines graues Pony gemischt. Es war zottelig und sah alt aus. Auf ihm saßen zwei Gestalten. Die Zügel hielt ein junger Mann. Die große Kapuze seines dunklen Mantels verdeckte sein Gesicht und die braunen Locken. Unter dem Mantel trug er nur Hemd und Hose, kein Kettenhemd oder ähnliches. Seine einzige Waffe war ein kleines aber dennoch scharfes Messer, in dessen Klinge die folgenden Worte eingraviert waren:
Für Líli, von Fíli
Hinter ihm saß ein weiterer Junge. Er war jedoch kleiner und zierlicher als der erste. Er trug ein zu großes Leinenhemd (darunter versteckt ein Kettenhemd)darüber eine dicke Strickjacke und eine dunkle Hose aus grobem Stoff. Er trug noch einen langen verwaschenen Mantel. Darunter lag versteckt ein Elbenschwert. ,,Ich habe Angst", flüsterte Líli Vílistochter, die natürlich trotz Bards Verbot mitgekommen war.
Sie klammerte sich noch fester an Bains Hüfte. ,,Die haben wir alle", sagte Bain leise und blickte in die angespannten Gesichter der Männer aus Esgaroth. Sie hatten noch nie eine Schlacht erlebt und wollten es auch eigentlich gar nicht. Ihr dunkles Haar hatte Líli im Nacken zusammengeknotet und ihre Kapuze darüber gestülpt. Laut Bain sah sie aus wie ein echter Junge.
Líli reckte den Kopf in die Höhe und blickte in Thorins kalte Augen. Sie hatte ihn seit dem Tag in der Galerie der Könige nicht mehr gesehen aber natürlich hatte er sich nicht verändert. Die Company stand auf der Mauer. Bilbo war bei ihnen. Thorin hatte einen Bogen in den Händen und schoss gerade einen Pfeil vor die Hufe von Thranduils Elch. ,,Der nächste trifft Euch zwischen die Augen!", rief Thorin. Die Zwerge jubelten. Líli schüttelte leicht den Kopf. Warum machten die anderen bei so etwas mit?
Thranduil lächelte nur süffisant und neigte den Kopf. Sofort zogen die Elbenkrieger Pfeile und zielten auf die Zwerge. Die Zwerge verstummten und gingen in Deckung. Nur Thorin zielte weiter auf Thranduils Kopf. Thranduil hob die Hand. Seine Elben senkten ihre Bögen wieder und steckten die Pfeile weg. ,,Wir kommen, um Euch zu sagen, dass die Begleichung Eurer Schuld angeboten und angenommen wurde", sagte der Elbenkönig schließlich. ,,Welche Begleichung?", bellte Thorin, ,,ich habe Euch nichts gegeben! Ihr habt nichts!" ,,Wir haben das hier!", rief Bard und hob den Arkenstein hoch. Líli atmete scharf ein. Der Mensch hatte ihn die ganze Nacht gehabt. Sie hätte einfach in sein Zimmer schleichen und ihn stehlen können. Bain berührte zaghaft ihre Hand. Er schien zu spüren, was in ihr vorgeht. Nein, dachte Líli, hör auf über diesen Stein nachzudenken.
Thorin ließ den Bogen sinken und starrte den Stein an. ,,Sie haben den Arkenstein!", rief Kíli laut, ,,Diebe! Wie kommt das Erbstück unseres Hauses in Eure Hände! Dieser Stein gehört dem König!" ,,Und der König soll ihn bekommen", erwiderte Bard ruhig, warf den Arkenstein, fing ihn wieder auf und verstaute in wieder in seiner Manteltasche, ,,aber zuerst muss er zu seinem Wort stehen!" Thorin schüttelte den Kopf und murmelte dne Zwergen etwas zu. Dann rief er laut zu Bard und Thranduil: ,,Der Arkenstein liegt in diesem Berg versteckt! Das ist eine Täuschung!" ,,...Nein", entgegnete Bilbo, ,,das ist keine Täuschung. Der Stein ist echt. Ich habe ihn ihnen gegeben". Thorin wurde furchtbar wütend und beschuldigte Bilbo ein Dieb zu sein.
Er befahl den Zwergen, den kleinen Hobbit den Wall herunterzuwerfen. Doch sie weigerten sich. Líli presste sich erschrocken die Hand auf den Mund. Es war schiefgelaufen! Sie hatte schreckliche Angst um Bilbo. ,,Schon gut, Líl, der Zauberer ist doch hier. Dem Halbling wird nichts geschehen", meinte Bain und drückte ihre Hand. Aber auf seinem Gesicht zeichnete sich tiefe Besorgnis ab. ,,Dann mach ich es selbst!", rief Thorin und packte Bilbo. Líli unterdrückte einen panischen Schrei. Bilbo würde sterben und sie würde die Schuld tragen, weil sie nichts getan hatte! Die Zwerge versuchten Thorin aufzuhalten aber der König unter dem Berge drückte Bilbo schon über die Kante. ,,Verflucht sollst du sein!", brüllte er, ,,und der Zauberer, der dich uns aufgezwungen hat!"
,,Wenn du mit meinem Meisterdieb nicht zufrieden bist...", rief Gandalf plötzlich, ,,dann tu ihm bitte nichts! Gib ihn mir zurück!" Thorin starrte den Zauberer nur an. ,,Bis jetzt machst du als König unter dem Berge keine sehr gute Figur! Nicht wahr, Thorin, Sohn von Thráin?", fuhr Gandalf fort. Thorin ließ Bilbo los. Dieser warf schnell ein Seil über die Mauer und kletterte daran hinab. Líli sah angsterfüllt zu ihrem Onkel. Sie hätte nie gedacht, dass er so weit gehen würde.
,,Ich will nichts mehr zu schaffen haben mit Zauberen und Auenlandratten!", brüllte Thorin dem Hobbit und Gandalf zu. ,,Sind wir uns einig?", fragte Bard, ,,die Rückgabe des Arkensteins gegen das, was versprochen war?" ,,Warum sollte ich zurückkaufen, was rechtmäßig mir gehört?" ,,Hör auf!", schrie Líli heiser. Sie konnte nicht länger nur zusehen, ,,hör auf, Thorin Eichenschild!" ,,Was tust du denn?", fragte Bain sie entgeistert. ,,Wie wagst du es mit mir zu sprechen, Fischersjunge?", fragte Thorin wütend und überheblich. ,,Ich bin kein Junge aus Seestadt", entgegnete Líli grimmig und begegnete direkt seinem Blick, ,,erkennst du mich nicht?" Mit diesen Worten warf sie ihre Kapuze nach hinten und funkelte Thorin und die Zwerge an. ,,Was ist aus dir geworden?", rief sie zu ihnen hoch, ,,ich frage euch alle, wollt ihr das alles hier? Wollt ihr diesen Krieg? Was ist aus eurem Traum geworden?"
,,Du!", brüllte Thorin, ,,du Verräterin deines eigenen Fleisch und Blutes! Es war klar, dass du dich mit Menschen und Elben zusammentust! Ich wusste es schon immer! Du bist eine elendige Verräterin! Ich habe keine Nichte mehr! Líli starb im Feuer des Drachen, weil sie nicht auf mich hören wollte!" Seine Worte schmerzten ihr furchtbar aber sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. ,,Du bist verloren! Diesen Krieg kannst du nicht mehr gewinnen! Du hast nichts mehr, außer deinem Gold! Und das kannst du nicht essen und es wird dich auch nicht glücklich machen!", rief Líli. In ihrer Stimme brach sich ein Feuerwerk aus Emotionen, Angst, Trauer, Wut, Zorn. Sie hatte Tränen in den Augen.
Thranduil bot Bard an den Arkenstein an den Truchsess von Gondor zu verkaufen. ,,Ich bring euch um!", brüllte Thorin fanatsich, ,,bei meinem Schwur, ich töte euch alle!" Thranduil erwiderte abfällig: ,,Eurer Schwur bedeutet gar nichts! Ich habe genug gehört". Dann wandte er seinen Elch. Einer seiner Elben rief etwas und die Elben zogen abermals ihre Pfeile und richteten sie auf die Zwerge. ,,Gebt uns Eure Antwort!", befahl Bard, der anscheinend auch langsam genug hatte, ,,wollt ihr Frieden oder Krieg?" ,,Ich will...KRIEG!", schrie Thorin. Bain stieß Líli in die Rippen und deutete auf einen Hügel. Ein großes Zwergenheer kam über den Hügel marschiert. Es wurde angeführt von einem rothaarigen Zwerg, der ein Wildschwein ritt. ,,Nicht der auch noch", stöhnte Líli genervt. Sie hatte Dáin nie leiden können. ,,Wer ist das?", fragte Bain sie neugierig. ,,Dáin Eisenfuß, Thorins Vetter", entgegnete Líli und musterte den Zwerg, ,,er ist der Herr über die Eisenberge im Osten".
Die Zwerge des Erebors jubelten. Die Seestädtler reckten ängstlich ihre Speere. Bain griff nach dem Messer, welches Líli ihm geschenkt hatte. ,,Guten Morgen!", rief Dáin, ,,wie gehts uns allerseits? Ich hätte da einen kleinen Vorschlag zu machen, wenn ihr mir einen Augenblick eurer Zeit schenken würdet. Wärt ihr so freundlich...UND VERSCHWINDET VON HIER ?" Die Männer aus Esgaroth wichen zurück. ,,Haltet die Stellung!", rief Bard laut. Bain sprang von dem zotteligen Pony ab und schnappte sich auch einen Speer. ,,IHR ALLE! UND ZWAR SOFORT!", fügte Dáin brüllend hinzu. Gandalf trat vor und sagte: ,,Oh, aber nicht doch, Fürst Dáin!" ,,Gandalf der Graue", stellte Dáin fest. Gandalf neigte den Kopf. ,,Sagt diesem Gesindel, es soll verschwinden. Sonst tränke ich den Boden mit ihrem Blut!" Die Seestädtler murmelten unruhig. Bain sah unsicher zu Líli. Er war sich nicht sicher, ob Dáin das alles ernst meinte. Líli schluckte nur. Dáin hatte zwar einen sehr fragwürdigen Humor aber in Schlachten scherzte er sicher nicht.
Gandalf versuchte den Zwerg irgendwie zu beruhigen. ,,Haltet eure Streitmacht zurück!", meinte der graue Zauberer. ,,Vor Elben halte ich überhaupt nichts zurück! Und schon gar nicht vor diesem ehrlosen Waldlandkobold". Líli sah zu Thranduil, der hämisch grinste. Sie seufzte. Das provozierte Dáin doch nur noch mehr! ,,Er wünscht sich nur das Schlechteste für mein Volk! Und sollte er sich zwischen mich und meine Sippe stellen..Dann spalte ich ihm seinen hübschen Schädel! Mal sehen, ob er dann immer noch so fein lächelt!" Der Herr der Eisenberge drehte sein Wildschwein um. ,,Dáin...Wartet!", rief Gandalf.
,,Sollen sie vorrücken", meinte Thranduil arrogant, ,,wir werden sehen, wie weit sie kommen". Da wurde Dáin, hob drohend seinen Hammer und brüllte: ,,Glaubst du, ich geb auch nur einen toten Hund auf deine Drohung, du spitzohrige Prinzessin!?" Nun sah auch Thranduil wütend aus. Dáin stieß einen Kampfschrei aus. Die Elben marschierten vorwärts. Zwerge auf Widdern ritten durch die Reihen nach vorne.
Die Elben machten ihre Bögen bereit. Die Widder kamen näher. Líli sah entsetzt zwischen Gandalf, Dáin, Thranduil und Bard hin und her. Die Elben schossen ihre Pfeile ab aber sie wurden von riesigen Wirbelpfeilen zerschreddert, die im Heer der Elben einschlugen. ,,Hey, wie gefallen euch unsere Wirbelzwirbel?", rief Dáin lachend, ,,ha, ihr Mistkerle!"
Die beiden Heere beschossen sich immer wieder gegenseitig mit Pfeilen. Die Elben machten sich kampfbereit und bauten einen Wall aus Schilden. Die Widder der Zwerge stiegen über sie hinweg. Einige Zwerge wurden von den Speeren der Elben aufgespießt. Die Elben wurden von den Widderreitern erschlagen.
Líli saß auf dem Pony und beobachtete schockiert das Kampfgeschehen. Thranduil hatte zu Bard gesagt, dass sich die Seemenschen zurückziehen sollten. Gerade trafen die Fußsoldaten auf die vordersten Reihen der Elben. Plötzlich ertönte ein Grollen und Rumpeln. Alle hielten im Kampf inne und sahen zu der Bergflanke. Auf einmal brachen riesige Würmer aus der Erde hervor. Líli schrie auf. Das waren Werwürmer, Erdfresser! Das Pony scheute ängstlich und warf sie ab. Líli landete unsanft im Dreck, rappelte sich schnell auf und lief zu Bain und den Männern aus Esgaroth.
Jeder auf dem Schlachtfeld sah entsetzt zu den riesigen Würmern.
So schnell sie gekommen waren, verschwanden sie auch wieder. Líli zog Dagorvali. Sie hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Das Zwergenmädchen keuchte auf, als sie sah, dass die Klinge ihres Schwertes blau leuchtete. ,,Orks!", rief sie panisch, ,,Orks in Anmarsch!" Die Fischer aus Seestadt blickten sie entgeistert und ängstlich an.
Ein Horn ertönte und unzählige Orks kamen hervor. Dáin schrie: ,,Die Horden der Finsternis greifen an! Kämpft bis zum Tod!" Seine Zwerge stürmten den Orks entgegen und begannen zu kämpfen. Auch die Elben zogen ihre Schwerter und kämpften Seite an Seite mit den Zwergen aus den Eisenbergen. Plötzlich kamen auch noch Trolle, die von den Elben mit Pfeilen beschossen wurden. Die riesigen Geschöpfe gingen zu Boden.
Líli klammerte sich an Bain. Sie wollte kämpfen aber sie hatte Angst, so große Angst. Sie war so feige! Dann ertönte ein weiteres Horn und das Heer der Orks teilte sich. Eine Hälfte setzte sich in Bewegung und marschierte auf Thal zu. ,,Azog! Er will uns von den anderen trennen!", rief Gandalf. ,,Herhören!", brüllte Bard den Seestädtlern, ,,Rückzug nach Thal, sofort!"
,,Líli!", sagte Bain panisch, ,,sie greifen die Stadt an! Wir müssen sofort zurück! Sigrid und Tilda sind dort! Ich muss sie beschützen!" Líli nickte und rief: ,,Schnell!" Bain fing geschickt das kleine Pony wieder ein, das auf dem Schlachtfeld umhergestreift war, hob Líli mühelos auf den Rücken des Tieres und schwang sich vor sie.
Dann galoppierten sie direkt auf die Stadt zu, den Orks und Trollen hinterher.
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