
Die Herrin des Lichts
Am nächsten Morgen wurde Lili von hereinstrahlenden Sonnenstrahlen geweckt. Sie schlug die Augen auf und fand sich in einem Elbenzimmer wieder. Es war hell und sehr schön eingerichtet. Das Bett war ziemlich gemütlich. Sie stand auf und ging auf den Balkon. Bruchtal war wunderschön. Die Sonne schien und tauchte das Tal von Imladris in goldenes Licht. Vögel zwitscherten und einige Elben machten anscheinend schon Musik. Plötzlich klopfte es an ihrer Tür. Lili wandte sich um und rief: ,,Herein!" Die Tür öffnete sich und eine Elbin trat ein. Sie war unfassbar schön. Ihr langes, braunes Haar glänzte und fiel ihr über die zarten Schultern. Ihre blauen Augen waren groß und strahlten. Sie war groß und trug ein wunderschönes, violettes Kleid mit quadratischem Auschnitt. Die Elbin lächelte und sagte: ,,Mae Govannen(*1)".
Líli wiederholte die Worte stockend.
Sie kam sich gerade unfassbar blöd vor, sie war noch im Nachthemd und ihr Haar war zerzaust. ,,Ich bin Arwen Abendstern, Elronds Tochter", stellte sich die schöne Elbin lächelnd vor. Lili erwiderte das Lächeln und meinte freundlich: ,,Líli, Vílis Tochter. Was möchtet Ihr hier?" Arwen entgegnete: ,,Ich wollte Euch helfen, beim Ankleiden". ,,Oh", meinte Líli, ,,also..ich..ich hätte gerne so ein Kleid wie Ihr, Arwen". Die Elbin lächelte, ging auf einen Schrank zu neben Lílis Bett und öffnete ihn. Sie holte ein blaues Kleid heraus und hielt es Líli hin. ,,Das ist wunderschön",sagte Líli begeistert. ,,Dann zieht es an", entgegnete Arwen. Líli verschwand im Badezimmer und zog das Kleid an. Es passte perfekt. Sie kam wieder raus. Arwen lächelte und führte die junge Zwergin zu einem Stuhl. Líli setzte sich und Arwen begann ihr die Haare zu flechten. Es wurde eine typische Elbenfrisur.
Als Arwen fertig war, stand Líli auf und betrachtete sich in einem großen Spiegel. Sie sah aus wie eine zu kleingeratete Elbin. Es gefiel ihr und es gefiel ihr noch mehr, dass es Thorin gar nicht gefallen würde. Sie wandte sich an Arwen und bedankte sich bei ihr. ,,Bitte", meinte Arwen nur und lächelte, ,,ich denke, man erwartet Euch beim Frühstück, Líli Vílistochter". Líli nickte und sie und Arwen verließen ihr Zimmer. ,,Namarie (*2), Arwen Abendstern", sagte sie schließlich und die Elbin sah sie erstaunt an. ,,Namarie, Líli". Dann gingen sie beide in entgegengesetzte Richtungen.
Das Frühstück fand wieder auf der Terrase statt. Líli bemerkte, dass sie die letzte war. Elrond, die Zwerge, Bilbo und Gandalf waren alle ins Essen vertieft. Líli räusperte sich und sofort langen alle Blicke auf ihr. ,,Guten Morgen", sagte Líli und lächelte. ,,Guten Morgen, Prinzessin!", riefen die Zwerge. Elrond und Gandalf nickten ihr nur freundlich zu. Bilbo hob eine Augenbraue aber lächelte. Nur Thorin starrte sie finster an. Doch Líli genoss einfach nur die plötzliche Aufmerksamkeit (vielleicht zu sehr) und stolzierte wie eine Elbin zum Tisch. Sie setzte sich neben Bilbo. ,,Du siehst gut aus", meinte der Hobbit mit einem Schmunzeln, ,,sehr elbisch". ,,Das war mein Ziel", sagte Líli triumphierend und begann zu frühstücken.
Nach dem Frühstück spazierten Bilbo und Líli durch Bruchtal. Plötzlich kam Thorin ihnen entgegen. ,,Líli, kann ich kurz mit dir reden?" Die junge Zwergin nickte. Sie wandte sich an Bilbo: ,,Ich komme gleich wieder, kleiner Mann", sagte sie. Bilbo ging weiter und regte sich dabei leise über den Spitznamen auf. ,,Was gibts denn?", fragte Líli leicht genervt. ,,Was wohl?", fragte Thorin, mindestens genauso genervt, ,,du siehst aus wie ein Elbenweib!"
,,Hey!", protestierte Líli, ,,dieses Wort hören Elbenfrauen nicht gerne, glaube ich. Aber schön, dass es dir aufgefallen ist. Das wollte ich erreichen!"
,,Warum machst du das?", erwiderte Thorin leicht wütend.
,,Was?", fragte Líli nach.
,,Mich provozieren!", entgegnete der Zwerg.
Líli meinte wütend: ,,Oh, ich weiß nicht. Vielleicht weil du mich nicht ernst nimmst und meinen Vater verspottest!"
Thorin erwiderte nichts. Líli starrte ihn durchbohrend an. ,,Du findest also, dass ich dich nicht ernst nehme und deinen Vater verspotte?", fragte er schließlich nach. Líli hatte die Arme vor der Brust verschränkt und nickte ungeduldig und wütend. Sie war so kurz davor, ihrem Onkel ins Gesicht zu schlagen!
,,Du hast Recht", sagte Thorin, ,,es tut mir Leid, Líli". Líli starrte ihn ungläubig an. Dann überfiel sie eine Welle der Traurigkeit und das Zwergenmädchen umarmte ihren Onkel. ,,Es tut mir auch so leid...
Amad (*3) würde nicht wollen, dass wir uns streiten". ,,Nein, das würde sie nicht", stimmte Thorin ihr zu, ,,das Kleid und die Frisur stehen dir übrigens". Líli kicherte. ,,Ich geh' zu Bilbo zurück, ja?", sagte sie schließlich und löste sich von Thorin. Der Zwerg nickte. Líli suchte Bilbo.
Sie fand ihn auf einem Balkon. Elrond stand bei ihm und sie redeten. Schließlich ging Elrond und nickte Líli freundlich zu: ,,Frau Líli". ,,Herr Elrond", meinte sie und erwiderte das Lächeln. Dann ging sie zu Bilbo. ,,Worüber habt ihr gesprochen?"
Der Hobbit sah in die Ferne. ,,Herr Elrond hat mir vorgeschlagen, dass ich hier bleiben kann", sagte er schließlich. ,,Und?", fragte Líli neugierig, ,,wirst du hier bleiben?" Bilbo zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß es noch nicht", antwortete der Hobbit, ,, vielleicht".
,,Ich würde dich vermissen", meinte Líli. ,,Ich weiß", entgegnete Bilbo, ,,ich dich auch". Die Company blieb schließlich viel länger in Bruchtal, als sie geplant hatten. Die Zwerge aßen viel und tranken den ganzen Weinvorrat der Elben von Bruchtal leer. Líli hatte mal mitbekommen, wie sich Lindir bei seinem Herrn Elrond beklagt hatte.
Gerade saßen Líli und Bilbo auf der Terrasse, rauchten Pfeife und tranken kühle Getränke. Es war ein sehr warmer Tag. Die Zwerge kühlten sich in einem Brunnen ab, sie waren splitterfasernackt. ,,Bei uns Hobbits gibt es ein paar lustige Badelieder, das hier war mein liebstes", meinte Bilbo und sang das Lied vor:
Ein Lob dem Bade, dem warmen Guss,
Der abspült den Staub und des Tages Verdruss!
Ein Lümmel ist er, der trielt und stinkt,
Wer heißes Wasser nicht laut besingt.
O zärtlich klingt des Regens Laut
Und das Rieseln des Baches im Wiesenkraut,
Doch nimmer tut Regen und Bach so gut,
Wie heißes Wasser im Zuber tut.
Auch kaltes Wasser, allenfalls
Netzt, wenn man durstig ist, den Hals;
Doch geht's ans Trinken, raten wir:
Das bessre Kehlenbad ist Bier.
O Wasser, das dem Springquell gleich
Gen Himmel steigt, ist wonnenreich;
Doch niemals rauscht ein Quell so süß,
Wie heißes Wasser mir-platsch! -auf die Füß!
,,Platsch!- Auf die Füß!", wiederholte Líli begeistert, ,,das gefällt mir!" Bilbo hatte ihr in letzter Zeit oft Lieder vorgesungen und auch selbst welche gedichtet. ,,Das freut mich", meinte der Hobbit lächelnd und zog entspannt an seiner Pfeife.
,,Es macht einem so richtig Lust auf ein Bad", fuhr Líli fort und deutete auf den Brunnen mit den Zwergen, ,,kommst du mit?" Bilbo wurde rot. ,,Nein, lieber nicht", sagte er verlegen, ,,ich bleibe hier sitzen, rauchend und meinen Gedanken nachgehend". ,,Tu' das", erwiderte Líli und rannte zum Brunnen. Dabei sang sie fröhlich das Badelied. Sie streifte Arwens Kleid ab und stieg nackt zu den anderen Zwergen in das kühle Wasser. Líli schämte sich für nichts.
Eines Abends spazierte Líli durch Bruchtal und genoss die Stille. Bilbo hatte sich schon schlafen gelegt und die anderen Zwerge grillten das Grünzeug der Elben. Sie hatte sich etwas verlaufen und stand vor einem steinernden Pavillon. Im Pavillon stand jemand. Die Person war sehr groß und schlank. Sie hatte langes, blondes Haar. ,,Mae Govannen", meinte Líli schüchtern. Die Person drehte sich um. Es war eine Elbin. Sie war das schönste Wesen, welches Líli je gesehen hatte. Ihre Augen waren blau, ihre Haut hell und rein. Die Elbin war hell gekleidet und trug ein verziertes Diadem auf dem Kopf. Sie kam Líli seltsam bekannt vor.
,,Mae Govannen", erwiderte die Elbin und lächelte einfach nur. Líli fiel auf, dass ihr Elbisch etwas anders klang, als das der Bruchtal-Elben. Vielleicht war es ein Dialekt? Plötzlich fiel ihr auch ein, woher ihr die Elbin so bekannt vorkam. ,,Ihr seid Galadriel, die Herrin des Lichts", staunte sie. Galadriel nickte. Víli hatte seinen Kindern von der Elbin erzählt, die die anderen Zwerge die ,,Elbenhexe" nannten. Galadriel war wohl die schönste, älteste und mächtigste aller Elben in Mittelerde.
,,Mein Vater hat mir von Euch erzählt, Herrin", sagte sie ehrfürchtig, ,,ich bin Líli, Tochter des Víli. Aber woher kannte er Euch, Herrin?" Galadriel antwortete in der gemeinsamen Sprache: ,,Dein Vater kam vor vielen Jahren in mein Reich, Lothlórien. Er wäre fast von den Wachen erschossen wurden aber dann erzählte er seine Geschichte: Ein junger Halbzwerg aus Thal, unerwünscht bei seiner eigenen Sippe, den Zwergen; der aus seiner Heimat geflüchtet war und seine Mutter in Smaugs Flammen verloren hatte. Deine Großmutter Elanor, die selbst elbische Vorfahren hatte, brachte ihm wohl unsere Sprache bei und erzählte ihm viel vom Traumblütenland. Víli, Snóris Sohn blieb eine Weile in meinem Reich, dann zog er weiter. Zum Abschied schenkte ich ihm dieses Schwert". Sie deutete auf das Schwert, welches Líli an der Hüfte trug. Sie war erstaunt und blickte auf das Schwert. ,,Er nannte es Dagorvali, auf Sindarin bedeutet das Schlacht-Schutz. Vílis Tod hat mich damals sehr getroffen, ich schulde ihm einen Gefallen", fügte Galadriel hinzu.
,,Danke Herrin, mein Vater hat Euch sehr verehrt, jedoch hat er in seinen Erzählungen Eure Schönheit noch unterschätzt", sagte Líli aufrichtig und sah die Elbin an. Galadriel lächelte nur als Antwort. ,,Du solltest nun gehen, Líli Vílistochter. Möge Dagorvali dir guten Schutz in der Schlacht bieten!"
Das Badelied findet ihr im ersten Buch des ,,Herrn der Ringe - Die Gefährten". Alle Rechte liegen bei Tolkien, ich habe es nur reingenommen, da ich es so gerne mag. 💕
Ich freue mich über Votes und Kommentare. Schönen Sonntag noch!
*1 Begrüßung auf Sindarin: Hallo oder Guten Tag
*2 Sindarin: Lebe wohl!
*3 Khuzdul: Mutter
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