- 6. Kapitel -
Es hatte die Nacht geschneit, es schneite immer noch und die weißen Flocken sanken auf den kalten Boden hinab. Die Blattleere war kalt und der Schnee war hoch - ein Jammer für die Clans. Noch hungerte niemand, noch gab es genug Beute, aber für wie lange? Wie lange waren die Clans noch sicher, wie lange hielten ihre Pelze sie noch warm?
Diese Fragen schwirrten Honigohr durch den Kopf, als sie durch den Wald streifte. Sie war auf der Suche nach Beute - allein. Sie wusste, dass ihre Schwester Tatzensprung in der Nähe war und den Ort ebenfalls nach Nahrung durchkämmte.
Doch bis jetzt schienen die beiden Erfolglos. Vielleicht lag es an ihrer Fellfarbe - Honigohr hatte zwar hellbraunes Fell, was sich dem Schnee relativ gut anpasste und Tatzensprung war mit weißem Fell gesegnet wurden, auch wenn sich braune Flecken darauf befanden.
Vielleicht schlief die Beute auch noch, denn es war früher morgen und die Sonne ging erst langsam auf. Oder das Knirschen des Schnees, welches Honigohr so gefiel verscheuchte die kleinen Tiere.
Was es auch war, die beiden Kätzinnen würden sich davon nicht unterkriegen lassen und solange Suchen, bis sie etwas fanden.
Wie es dem RegenClan wohl geht?, fragte sich Honigohr. Der RegenClan jagte an Gewässern und bekam den größten Teil seiner Nahrung aus Bächen oder kleinen Teichen. Letzteres war nun wohl gefroren und vielleicht auch die Bäche.
Doch das brauchte sie nicht zu kümmern. Ihr reichte das Wissen, dass der RegenClan stark genug war um zu überleben. Und wenn sie durch die Blattleere geschwächt werden würden, könnte der SturmClan einen Erfolg feiern.
Sie sind mit uns nicht im Krieg, dennoch sind sie ein verfeindeter Clan. Wer weiß, wie lange der Frieden unter Milbensterns Führung anhält?, sie erhoffte sich, dass es eine lange Zeit sein würde, denn Milbenstern hatte neun Leben vom SternenClan erhalten und vermutlich erst wenige davon verbraucht.
Dann wanderten ihre Gedanken wieder zum SturmClan. Ihr Lager lag in den Gipfeln der Berge, weit oben, wo die Luft am Morgen praktisch gefror. Deswegen jagte Honigohr auch im Wald, wo die Bäume die Kälte fernhielten. Auch, wenn der Wald winzig war. Doch die Kätzin hatte kein Interesse auf freiem Feld umherzulaufen und eingeschneit zu werden.
Sie hörte ein Knacken der Äste und drehte sich um. Auf dem Ast einer Kiefer hatte sich zu viel Schnee abgelagert und das Holz hielt dem Gewicht nicht weiter stand und fiel in sich zusammen.
Glücklicherweise stand Honigohr weit genug entfernt um nur etwas Schnee vom Aufprall ins Gesicht gepustet zu bekommen.
Das muss ich Spinnenstern berichten, dachte sie und machte sich weiter auf die Suche nach Beute aber sie achtete darauf, genug Abstand von Bäumen zu halten - in einem Wald, egal wie groß er war, eine schwierige Aufgabe aber Honigohr blieb unverletzt.
Dann witterte sie ein Eichhörnchen. Es musste von einem Baum heruntergeklettert sein um Eicheln zu suchen, oder anderweitige Nahrung. Honigohr verfiel in Lauerstellung und pirschte sich langsam an. Sie setzte ihre Pfoten geschickt so, dass der Schnee möglichst leise knirschte und sprang dann ab.
Doch der Boden unter ihren Pfoten war gefroren und als sie aufkam rutschte sie seitlich aus und verfehlte das Nagetier, welches sofort auf einen Baum zu fliehen versuchte.
Doch eine weiße Gestalt stellte sich dem Eichhörnchen in den weg und mit einem präzisen Schlag am Hals war das Tier tot. Vorher stieß es einen Warnschrei aus und machte so andere Beutetiere auf die Katzen aufmerksam.
"Brauchst du Hilfe?", fragte Tatzensprung besorgt, als sie Honigohr auf dem Boden liegen sah.
"Passt schon", nuschelte sie als Antwort. Sie versuchte sich aufzurappeln aber durch ihre Pfote schoss ein unerwarteter Schmerz und sie brach wieder zusammen.
"Warte...ich helfe dir" Tatzensprung eilte zu ihrer Schwester und zog sie am Schulterfell wieder auf die Beine, "Du hast dir deine Pfote bestimmt verstaucht oder geprellt", fuhr die Weiße fort.
"Ich werd' Eisflamme sagen, dass sie es sich ansehen soll", versprach Honigohr, die von der großen Besorgtheit ihrer Schwester natürlich wusste.
Tatzensprung war überaus nett und freundlich, aber stets um andere besorgt oder zumindest stellte sie das Wohl der Anderen immer über ihres.
"Lass uns ins Lager zurückkehren. Hier finden wir sowieso keine Beute mehr", schlug Tatzensprung vor und nahm das Eichhörnchen ins Maul.
_ _ _
Im Lager angekommen humpelte Honigohr trotz der Bitte ihrer Schwester sofort zur Heilerin zu gehen zuerst zu Spinnenstern. Ihr Bau lag am Rand der Höhle und war weder besonders groß noch besonders klein. Der Platz reichte für etwa vier Katzen, auch wenn dort nur sie und ihre Gefährtin Pflaumenseide schliefen.
"Spinnenstern?", fragte Honigohr zögerlich nach Eintritt.
"Komm herein, Honigohr"
Die Kätzin betrat den Bau und blickte direkt in Spinnensterns Augen. Ihr eines war grün während das andere gold-gelb leuchtete. Sie war an diesen Anblick gewöhnt und fand die Farben hübsch aber sie kannte auch die Geschichten, die man sich in anderen Lagern über die Anführerin erzählte.
Dass das eine Auge ein Geschenk des SternenClans war, doch das andere sie verfluchte und sie zu einer bösartigen Kätzin machte. Aber Spinnenstern war die respektvollste und klügste Kätzin, der Honigohr je begegnet war.
"Du humpelst", stellte die Anführerin fest.
"Es geht schon", miaute Honigohr. Sie sprach die Wahrheit - auch wenn die Pfote beim Auftreten schmerzte spürte sie, wie die Schmerzen abnahmen, "ich gehe dennoch gleich zu Eisflamme", fügte sie hinzu, als sie Spinnensterns besorgten Blick bemerkte.
"Das ist gut", nickte die Anführerin, "die Blattleere wird hart. Der Schnee fällt und es ist kalt. Wir brauchen jeden Jäger, jeden Krieger, den wir momentan in unseren Reihen haben um zu überleben. Konntet ihr etwas fangen?"
"Ein Eichhörnchen im Wald. Es hat aber einen Warnruf ausgestoßen, ich glaube nicht, dass wir dort heute noch fündig werden. Aber ich hatte eine Idee - das Eichhörnchen war dabei, ein paar Eicheln auszugraben - ich kann eine Patrouille hinführen. Vielleicht locken wir so mehr Beute an"
Spinnenstern überlegte kurz, senkte dann aber zustimmend den Kopf: "Ich habe mit Schneehase schon darüber gesprochen, dass wir es mit Nüssen versuchen sollten. Danke dir, Honigohr. Aber Tatzensprung wird die Patrouille führen - du ruhst dich aus"
Honigohr zuckte ungeduldig mit den Ohren. Sie wollte ihrem Clan helfen, aber sie wusste, dass sie es mit der Pfote bei der Jagt nicht leicht haben würde.
"Da gäbe es noch etwas - im Wald sind die Äste nicht mehr stark genug, den Schnee zu halten. Sie brechen zusammen"
"Ich werde die Patrouille begleiten. Ich habe neun Leben, meine Krieger nur eines. Wenn der Ast fällt, kann er mich treffen. Aber jetzt geh zum Heilerbau", entschied Spinnenstern und verließ ihre kleine Höhle, was Honigohr ihr nachtat.
"Was kann ich für dich tun?", fragte Eisflamme, als Honigohr den Heilerbau betrat. Die Wände waren ursprünglich aus Stein aber vor jedem Blattfall wurde Lehm darauf verteilt, damit sie die Höhle in der Blattleere nicht auskühlten sondern die Wärme behielten. Auf die Idee war - wer hätte es geahnt - Lehmpfote gekommen, der Heilerschüler des BlattClans.
Nur die Spalten im Stein, in denen die Kräuter lagerten wurden freigelassen oder es wurde nur eine dünne Schicht Lehm darauf verteilt.
In der Blattfrische wurde der Lehm entfernt, um in der Blattgrüne die Höhle kühl zu halten.
Ein sehr cleverer Prozess, wie Honigohr fand.
"Ich bin beim Jagen auf dem Eis ausgerutscht", gestand die Kriegerin und hielt ihre schmerzende Pfote hoch, wie einen Beweis oder eine Trophäe, um der Heilerin zu symbolisieren, was bei ihrem Ausrutscher entstanden war.
Eisflamme nickte ihr knapp zu und wandte sich den Kräutern zu.
Dann tastete sie vorsichtig Honigohrs Pfote ab. Die Kriegerin zuckte nicht einmal zusammen.
"Ich will niemandem die Vorräte wegnehmen", miaute die Kätzin, "und die Schmerzen sind auszuhalten"
Eisflamme ignorierte sie gekonnt und schob ihr stattdessen einige Mohnsamen vor die Pfoten.
"Nimm sie und leg dich schlafen. Deine Pfote ist nur etwas gezerrt, das sollte in wenigen Sonnenaufgängen wieder verheilt sein. Bis dahin ruhst du dich aus. Wenn du wieder wach bist, kühl deine Pfote etwas im Schnee. Und du gehst erst wieder auf Patrouille, wenn ich es dir erlaube, verstanden? Du machst es nur noch schlimmer, wenn du die Pfote jetzt beanspruchst"
Ihre Stimme klang weich aber Honigohr hörte dennoch einen Befehl hinaus, an welchen sie sich erfahrungsgemäß lieber hielt. Also nickte sie, schluckte die Mohnsamen und verließ dankend den Heilerbau und trottete in ihr Nest, wo sie in einen traumlosen, ruhigen Schlaf fiel.
_ _ _
"Katzen des SturmClans - die große Versammlung steht bevor", kündigte Spinnenstern an.
Honigohr spitze ihre Ohren, wartete darauf, ihren Namen fallen zu hören.
Seit ihrem unglücklichen Ausrutscher waren acht Sonnenaufgänge verstrichen und heute hatte Eisflamme ihr erlaubt, wieder die Patrouillen zu begleiten, auch wenn sie es langsam angehen sollte.
Im Clan hatte die Tage Ruhe geherrscht, jeder ging seinen Beschäftigungen nach, Grenzkonflikte wurden weitestgehend vermieden und der Frischbeutehaufen war gefüllt, auch wenn nicht alle Katzen satt wurden, so bekam jeder genug um kräftig zu bleiben.
Der Schnee blieb liegen, alle paar Tage fiel Neuschnee aber der SturmClan hatte sich daran gewöhnt.
"Begleiten werden mich folgende Katzen: Schneehase, Eisflamme, Zitterpfote, Sprenkelgras, Saatherz, Glockenklang, Tatzensprung, Nachtschimmer, Honigohr, Donnerklaue, Habichtsturz, Rotnase, Windfels, Rehpfote, Wolfspfote und Dämmerpfote. Wir brechen jetzt auf"
Honigohrs Herz tat einen kleinen Sprung, als sie ihren Namen hörte.
Sie lief freudig zum Lagereingang und wartete dort geduldig, bis alle Katzen sich verabschiedet hatten.
Spinnenstern rieb ihre Nase an der von Pflaumenweide, Nachtschimmer, Tatzensprung und Glockenklang verabschiedeten sich von Orkanauge sowie zahlreiche weitere Krieger sich verabschiedeten. Donnerklaue stand neben Honigohr und wartete.
"Geht es deiner Pfote wieder besser?", fragte der Kater und warf einen mitfühlenden Blick auf Honigohrs Bein, auch wenn seine Stimme kühl blieb.
Ihre Antwort fiel knapp aus: "Ja, es geht schon wieder"
Sie stand Donnerklaue nicht wirklich nahe, auch wenn oft zusammen auf Patrouille waren. Er war ein guter, treuer Bau- und Clangefährte, vielleicht würde sie ihn sogar als Freund bezeichnen.
Immerhin waren sie zusammen Schüler gewesen. Ja, Donnerklaue war Honigohrs Freund.
Mehr Krieger gesellten sich zu ihnen und schlussendlich brachen sie auf.
Der Weg war eingeschneit und es dauerte eine Weile, bis die große Katzengruppe das Gebirge durchquert und wieder auf dem eingeschneiten Gras angekommen war.
Die Schüler bewarfen sich gegenseitig mit Schnee - wie auch immer sie das schafften - und die Krieger unterhielten sich angeregt und entwarfen Vermutungen, wie es um die anderen Clans stand.
"Ich denke, der BlattClan sonnt sich bisweilen in Wohlstand", überlegte Honigohr, "sie leben im Wald. Solange kein Schnee von Bäumen fällt und sie begräbt sollten sie kein Problem bei der Nahrungssuche haben"
"Das wäre zu vermuten", nickte Glockenklang ihrer Freundin zu.
"Dafür hat der BlitzClan einen deutlichen Nachteil - die Vögel sind im Blattfall fortgeflogen und der Boden ist gefroren", meinte Sprenkelgras.
"Dafür haben sie aber einen Nadelwald bei sich. Und die angrenzenden Zweibeinerorte - Schafe, Hühner. Ich bin mir sicher, in der größten Not jagen sie dort", philosophierte Habichtsturz.
"Ich könnte es ihnen nicht verübeln", miaute Schneehase, "Sie haben es nicht einfach. Und es ist ein hohes Risiko bei Zweibeinern zu jagen"
"Aber es wäre unfair uns gegenüber", meinte Rotnase zischend.
Spinnenstern öffnete ebenfalls ihren Mund: "Der BlitzClan wird seine Not selbst einschätzen können. Aber was meint ihr zum RegenClan?"
"Unter der Führung von Milbenstern in der Blattleere? Sie sind so gut wie tot", kommentierte Donnerklaue.
Man hörte amüsiertes Schnurren - offensichtlich hatte Donnerklaue einen Witz gemacht.
"Ich habe Angst, dass das passiert", gestand Schneehase, "Milbenstern kann sich nicht durchsetzen, kann nicht führen. Eine schwache Anführerin führt einen schwachen Clan"
"Milbenstern führt nicht. Das macht Wipfelschnelle", warf Nachtschimmer ein.
"Sie werden dennoch der schwächste Clan sein", meinte Windfels.
"Flockensturm hätte sie nie zur Anführerin machen dürfen", miaute Glockenklang. Verbitterung lag in ihrer Stimme.
"Was hätte er schon tun sollen?", fragte Spinnenstern kopfschüttelnd, "sie war rechtmäßig ernannt wurden. Der SternenClan gab ihr neun Leben. Es tut mir leid, dass der RegenClan unter ihr leiden muss"
"Milbenstern denkt nicht mit, wenn sie handelt. Irgendwann führt sie ihren geschwächten Clan in einen unnötigen Kampf. Und der RegenClan wird unter ihr schließlich fallen", meinte Honigohr prophezeiend. Sie wollte dieses Schicksal nicht mit ertragen, sie hoffte, der SternenClan würde vorher handeln.
Aber vielleicht war es auch zu spät.
Vielleicht konnten sie den RegenClan nicht mehr retten.
Vielleicht war er zu schwach.
Vielleicht...
"Wir sind da"
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Ein neues Kapitel xD
Wie findet ihr die Story bis jetzt, die Charaktere und deren Persönlichkeiten?
Was glaubt ihr, wird passieren?
Und wer könnte die Katze, die mit den Fischen schwimmt sein, die für die Prophezeiung so wichtig ist?
Lasst gerne ein Sternchen da :D <3
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