Kapitel 3
„So, jetzt setzt euch nebeneinander ans Ufer - und haltet still"
Dunkelpfote trat an den Fluss heran und legte sich zwischen das Schilf, etwa einen halbe Pfotenlänge vom Wasser entfernt. Neben ihm taten Nesselpfote und Lichtpfote es ihm gleich.
„Jetzt wartet ihr. Geduld ist ein essentieller Schritt beim Jagen", erklärte Bienenflügel.
Konzentriert starrte Dunkelpfote auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Noch war kein Fisch weit und breit zu sehen, nur eine Libelle sauste über den Fluss hinweg und verschwand im NebelClan Territorium. Er hoffte, dass sich dies bald ändern würde, schließlich wollte er auch etwas fangen bei seiner ersten Jagdlektion.
Bienenflügel setzte sich stumm neben sie und beobachtete aufmerksam die drei Schüler. Da Lichtpfote Mentorin Nachthimmel aufgrund leichten Hustens von Flusspelz zur Beobachtung im Lager behalten wurde, hatten sich Haselschweif und Bienenflügel darauf geeinigt, dass Dunkelpfotes Mentorin die drei jungen Schüler bis Sonnenhoch zum Jagen mitnehmen sollte.
Die Sonne kletterte allmählich höher, doch im Fluss regte sich nach wie vor wenig. Nur einmal schwamm ein kleiner Schwarm winziger, silberner Fische vorbei. Dunkelpfotes Augenlider fühlten sich schwer vom ganzen auf-das-Wasser-Starren und er war sich sicher, dass seine Beine bereits eingeschlafen waren.
Das Sonnenlicht tanzte auf dem Wasser und blitzte schwindelerregend auf. Nesselpfote zappelte ungeduldig. „Wo bleiben denn die Fische?", jammerte er. „Wenn ich mich nicht gleich bewege, dann wachse ich noch hier fest!"
„Sei still", ermahnte Lichtpfote ihn. „Sonst verscheuchst du die Beute"
„Da!", flüsterte Dunkelpfote aufgeregt. Im Wasser regte sich etwas und ein Schwarm Fische schwamm vorbei.
Er fokussierte sich auf einen kleinen Nachzügler am Ende des Schwarms. Jetzt! Er schnellte vor und wollte den kleinen Fisch mit seiner Pfote aus dem Wasser angeln. Im selben Moment tat Nesselpfote es ihm gleich. Ihre Pfoten stießen im Wasser aneinander und der Fisch schwamm aufgescheucht davon.
Dunkelpfote versuchte noch, ihn zu fassen, aber er entglitt ihm zwischen den Krallen. Frustriert zog er sein Vorderbein zurück und leckte sich das Flusswasser aus dem Fell. Neben ihm beschwerte sich Nesselpfote: „Wenn Dunkelpfote nicht gewesen wäre, hätte ich den Fisch gehabt!
„Sei leise", wies überraschenderweise Bienenflügel ihn zurecht. „Man kann nicht immer Erfolg beim Jagen haben. Und jetzt setzt euch wieder brav hin und wartet"
Nesselpfote zog ein genervtes Gesicht, sagte aber ausnahmeweise nichts und kauerte sich grummelnd wieder an das Ufer.
***
Als sie in das Lager zurückkehrten, hatten sie keinen einzigen Fisch gefangen. Zwar war ein weiterer Fischwarm vorbeigeschwommen, aber als Nesselpfote direkt vorgestürzt war, war Dunkelpfote sitzen geblieben, um keinen erneuten Konflikt herbeizuführen.
Nesselpfote nörgelte wieder vor sich hin, dass sie heute keinen Fang gemacht haben. Seine Schwester Lichtpfote versuchte währenddessen, ihn genervt zum Schweigen zu kriegen und Dunkelpfote machte sich langsam Sorgen, dass sie ihm bald Mäusegalle in sein Maul stopfen könnte, wenn ihr Bruder noch einen Ton von sich gab. Ihrem Gesichtsausdruck nach würde sie es nur allzu gerne machen.
Dunkelpfote hörte Nesselpfote nur mit halbem Ohr zu. Natürlich fand er es auch schade und enttäuschend, dass sie heute leer ausgegangen sind, aber die wenigsten Schüler fingen bei ihrer ersten Jagdlektion etwas.
Hoffentlich wurde es beim nächsten Mal besser.
Die Nennung seines Namens ließ Dunkelpfote aufhorchen.
„Wenn Dunkelpfote nicht gewesen wäre, hätte ich den Fisch bestimmt erwischt", behauptete Nesselpfote.
„Wenn du nicht gewesen wärst, hätte Dunkelpfote den Fisch auch gefangen", bemerkte Lichtpfote trocken.
„Hätte er nicht", beharrte er. „Hauskätzchen können nicht jagen!"
Ärger stieg in Dunkelpfote auf. „Ich bin kein Hauskätzchen"
„Doch! Du bist nicht im RegenClan geboren. Sogar Pfützenglanz sagt, du seist ein Hauskätzchen oder ein Streunerjunges und er ist ein Ältester"
Dunkelpfote blickte sich nach Bienenflügel um. Sie sollte Nesselpfote für diese Beleidigung zurecht weisen! Aber seine Mentorin drehte sich nur wortlos um und ging. Dunkelpfote glaubte sogar, den Hauch eines hämischen Grinsens in ihrem Gesicht entdeckt zu haben.
„Hauskätzchen! Hauskätzchen!", säuselte Nesselpfote vor sich hin.
Dunkelpfote versuchte, ihn zu ignorieren, aber seine Laune sank dennoch merklich.
„Hauskätzchen! Hauskätzchen! Weichpfote!"
Sie kamen beim Schülerbau an, wo Kirschpfote sich gerade putzt. Missmutig hob sie den Kopf. „Wer ist ein Hauskätzchen?", fragte sie.
„Dunkelpfote. Er kann nicht einmal jagen"
„Du hast doch auch nichts gefangen!", entgegnete Dunkelpfote wütend.
„Ohne dich hätte ich ja auch etwas gefangen", behauptete Nesselpfote, „Hauskätzchen! Streunerjunges! NebelClan-Katze!"
„Wer sagt das?", wollte Kirschpfote mit einem scharfen Unterton wissen.
„Pfützenglanz und Bienenflügel haben das gesagt. Sogar Flutensturm hat einmal erwähnt, dass Dunkelpfote keine RegenClan Katze ist"
Ein schweres Gefühl machte sich in Dunkelpfotes Magengegend breit. Natürlich war er eine RegenClan Katze! Er ist hier schließlich aufgewachsen und würde auch alles machen, um dem Clan ein treuer und wertvoller Krieger zu sein.
Neben ihm fauchte Kirschpfote wütend: „Natürlich ist Dunkelpfote eine richtige RegenClan Katze! Was hat er gemacht, dass du vom Gegenteil überzeugt bist? Nenn mir doch ein Beispiel!"
Nesselpfote drehte sich sichtlich beleidigt um und trottete von dannen, nicht ohne Kirschpfote noch einen sehr, sehr bösen Blick über die Schulter zuzuwerfen. Dunkelpfote glaubte, ihn etwas von „Hauskätzchenfreundin" murmeln zu hören.
„Manche Krieger sind echt Idioten. Das die den Schüler schon so eine Denkweise einpflanzen", schimpfte Kirschpfote.
„Danke", murmelte Dunkelpfote, da er das Gefühl hatte, das Dank wohl an dieser Stelle angebracht war. Er war plötzlich schrecklich müde und wollte sich nur noch in sein Nest legen und schlafen.
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