...für die Menschen, die du liebst!
„Lorenzo und Daniella sind tot, sie wurden umgebracht. Ich habe es gesehen", erzählst du deiner Mutter, die dir das erste Mal ihre ganze Geschichte erzählt hat.
„Nein, Lorenzo ist nicht tot", sagt Fiona entschlossen. „Wenn ich eins gelernt habe, dann, dass auf Schloss Belli nichts wirklich tot ist. Nein, Lorenzo ist viel zu gerissen dafür. Er hat sicher Vorkehrungen getroffen, um zurückzukehren."
Ihr habt euch in einem Teil des Schlosses zurückgezogen, um einen Plan zu schmieden. Doch bevor das alles passiert ist, hast du deine Mutter dazu gedrängt, dir endlich zu erzählen, was damals passiert ist, woher sie die Einwohner von Schloss Belli kennt und warum sie alle ihren Azoth wollen.
„Als ich den Brief, der an deinen Vater gerichtet war, durchlas und den Namen Lorenzo erblickte, habe ich Angst bekommen. Die Vergangenheit holte mich ein. Mir hätte klar sein müssen dass, wenn Lorenzo überlebt hat, auch Riccardo und Daniella zurück sein müssen. Hätte ich Hewie damals nicht gehabt, wäre ich niemals entkommen. Ich habe dir nichts davon erzählt, weil ich dich beschützen wollte. Das war ein Fehler. Ich bin eine schlechte Mutter."
„Nein, Mama", beruhigst du sie und nimmst ihre Hand. „Du warst nie eine schlechte Mutter. Alles, was du getan hast, hast du gemacht, um mich zu beschützen. Um UNS zu beschützen."
„Oh, meine Süße", Fiona nimmt dich in den Arm und vergießt eine Träne. „Ich konnte keine Nacht schlafen, zu sehr hatte ich Angst, dass sie dir etwas angetan haben und ich dich vielleicht nie wieder sehe. Es tut mir alles so leid, was du durchmachen musstest. Ich habe Jahre gebraucht, um einigermaßen darüber hinweg zu kommen. Doch so etwas vergisst man sein ganzes Leben lang nicht. Ich hoffe, du kannst mir jemals verzeihen."
„Mama..."
Du weißt nicht, was du sagen sollst. Du erinnerst dich. Solange du deine Mutter kennst, weißt du, dass sie an starken Panikattacken litt und deswegen auch in Behandlung war. Das hat deinen Vater oft belastet und als Kind hast du das nicht verstanden. Auch später fiel es dir nicht leicht, zu verstehen, dass manche Situationen, mochten sie noch so banal sein, deine Mutter getriggert haben und sie deswegen immer wieder in Panikattacken fiel. Fiona konnte dann tagelang nicht aus dem Haus gehen, hat sich eingeschlossen, konnte nicht sprechen und fast jedes Geräusch hat sie in Panik versetzt. Jetzt aber, jetzt verstehst du alles. Nachdem du am eigenen Leib erfahren hast, was Fiona in deinem Alter durchgemacht hat. Du drückst sie an dich. Du bist froh, dass sie hier ist. Ihr seid nicht mehr allein. Howard sitzt vor euch. Er hat eine Pfote auf Fionas Knie gelegt, fiept und winselt, als ob er sie trösten will. Du streichelst seinen Kopf.
„Guter Junge", lobst du ihn.
Ihr löst euch wieder voneinander. Fiona hat sich beruhigt und nimmt deine Hand.
„Da ist noch etwas, was ich dir sagen muss. Du musst jetzt stark sein."
Du machst dich darauf gefasst, was kommt. Trotzdem trifft es dich wie ein Schlag, als du erfährst, dass dein Vater schwer verletzt wurde und im Krankenhaus liegt. Sein Zustand ist kritisch, er hat eine tiefe Schnittwunde erlitten, die nur knapp lebenswichtige Organe verfehlt hat.
„Ich weiß nicht, ob es Riccardo war, aber ich vermute es. Lorenzo hätte sich nicht die Hände schmutzig gemacht."
„Vielleicht war es aber auch Secret", sagst du und in dir braut der Hass und die Wut auf.
„Secret?"
Fiona wusste nicht, wer Secret war.
„Riccardo hat einen Homunculus erschaffen, der für ihn arbeitet. Die rothaarige Frau, sie hat dich angegriffen. Er ernährt sich von ihrem Azoth und sie tötet für ihn. Sie war es, die Daniella und Lorenzo ermordet hat. Sie haben auch eine gemeinsame Tochter, Isabella heißt sie."
„Eine Tochter?"
Fiona ist der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
„Ja", sagst du. „Sie ist gerade mal neun, glaube ich."
Du siehst, wie deine Mutter das erst einmal verarbeiten muss.
„Mama, ich habe Isabella versprochen, sie hier rauszuholen. Dieses Versprechen will ich einhalten."
Fiona ist alles andere als begeistert. Sie schüttelt den Kopf.
„Wir können sie nicht mitnehmen. Ich weiß, dass Riccardo ein Monster ist, aber es sind immer noch ihre Eltern. Wir können nicht ein Kind seinen Eltern entreißen."
„Mama!!! Bitte!!! Wenn wir sie hier lassen, ist das ihr sicherer tot. Ihre Mutter hat sie verstoßen, die Dienstmagd Daniella hat sie großgezogen. Und Daniella ist tot. Ich bin die einzige, die sie noch hat."
„Schätzchen, dieses Kind ist hier im Schloss groß geworden. Sie hat neun Jahre hier verbracht. Die Welt da draußen ist eine völlig andere. Sie wird vollkommen überfordert damit sein. Ich meine, wie stellst du dir das vor? Sollen wir ein fremdes Kind bei uns aufnehmen?"
„Sie hat Milas Augen", poltert es aus dir heraus. „Riccardo hat ihren Azoth benutzt, um Secret zu erschaffen. Er hat es mir erzählt, als wir im Labor waren."
Fiona beginnt zu begreifen, dass du nicht mehr von deinem Entschluss abzubringen bist. Sie seufzt einmal aus, bevor sie sich sammeln kann.
„Nun gut, wo finden wir das Kind?"
Ihr schmiedet gemeinsam einen Plan. Fiona will einen Gottesstein schmieden, mit welchem sie das Tor zum Chaoswald öffnen will. Ihr ist das schon einmal gelungen, so sagt sie. Du vertraust deiner Mutter, bist aber absolut nicht davon begeistert, dass ihr euch dafür wieder trennen müsst. Doch das ist die einzige Möglichkeit, um so schnell wie möglich voranzukommen.
„Howard, geh mit Fiona", befiehlst du deinem Hund.
Fiona möchte etwas dagegen sagen, aber du stoppst sie auf der Stelle.
„Mutter, wir müssen realistisch bleiben. Wenn du eine Panikattacke bekommst, darfst du nicht alleine sein. Ich schaff das schon, aber du nicht. Howard kann dich verteidigen, solltest du solch eine Attacke bekommen."
Dieses Argument sieht deine Mutter letztendlich ein. Howard trippelt brav hinter Fiona her. Beide drehen sich beinahe zeitgleich noch einmal um zu dir. Nur um sicherzugehen, dass es dir gut geht. Du siehst die beiden an und dir wird noch einmal klar, wie sehr du die beiden liebst.
„Nun geht schon, wir treffen uns genau wieder hier", sagst du aufmunternd und zeigst auf die Statur im Eingangssaal, welche eine Waage in der Hand hält.
Deine Mutter lächelt.
„Du bist so schnell erwachsen geworden. Ich bin so stolz auf dich, meine Süße."
Du schleichst dich durch die Gänge des Schlosses, leise und immer auf der Hut. Irgendwie musst du umbemerkt ins Kinderzimmer gelangen. Dir gelingt dies mit großer Mühe, doch mit Entsetzen musst du feststellen, dass Isabellas Zimmer leer ist.
„Verdammt", murrst du, sackst mit dem Rücken an der Wand zu Boden und raufst dir die Haare. Du denkst nach. Wo könnte Isabella sein? Ob sie mitbekommen hat, dass du und deine Mutter geflohen seid? Vielleicht sucht sie nach euch, du würdest ihr das zutrauen. Du siehst dich im Zimmer um. Nichts zu sehen, was dir weiterhelfen könnte. Du siehst dir ein Buch auf dem Tisch an mit Zeichnungen. War da vielleicht etwas, was auf irgendetwas hinweisen könnte? Auf einen Aufenthaltsort? Isabella malt immer wieder einen Raum mit vielen Puppen und Augen. Puppen....Augen....natürlich! Dieser Raum existiert, und zwar hier im Schloss Belli. Du bist schon dort gewesen. Du vergeudest keine Zeit und begibst dich zu diesem besagten Raum. Ein Schauer läuft dir über den Rücken, als du all die Puppen an der Wand siehst. Unheimlich, als ob man permanent beobachtet wird. Nicht weit von dir steht auch das schreckliche Puppenhaus. Du betrachtest es und stellst fest, dass ein weiterer Raum hinzugekommen ist. Im Keller ist eine Puppe ohne Kopf unter einem Felsen, blutverschmiert, und eine andere Puppe mit vielen Nadeln im Körper. In dir arbeitet es.
„Das ist das Haus von Mamma", sagt eine kleine ängstliche Stimme hinter dir. „Sie macht diese Puppen... wenn sie getötet hat."
Du drehst dich um. Isabella steht völlig verstört dort in einem weißen Nachthemd. Langsam kommt sie auf dich zu und zeigt mit ihrer kleinen Hand auf einen leeren Raum.
„Ich glaube, der Raum ist für euch", flüstert sie leise.
Dir kommt die Galle hoch. Dir ist jede Sympathie für diese Frau abhanden gekommen. Sie ist ein genauso großer Psychopath wie ihr Schöpfer. Wenn du es genau betrachtest, geben sie eigentlich sogar ein ideales Paar ab. Oh Gott, dir ist so danach, auf die Toilette zu rennen, um zu spucken. Noch nie hast du wen getroffen, der so bestialisch war. Du gehst in die Hocke und nimmst Isabellas Hand. Du siehst ihr in die Augen und lächelst sie an.
„Isabella, meine Mutter ist hier. Wir werden heute noch von hier fliehen. Ich habe dir versprochen, dir die Welt da draußen zu zeigen. Wir werden dich mitnehmen, du kannst bei uns wohnen, wir können jeden Tag zusammen sein und so oft verstecken spielen, wie du willst. Oder mit Puppen, wie wäre das? Howard wohnt auch bei uns und du kannst andere Kinder kennenlernen. Kinder, die so sind, wie du. Na? Was denkst du?"
„Ich weiß nicht...", meint Isabella beinahe völlig apathisch. Sie scheint nicht wirklich anwesend zu sein. Du streichst ihr eine Strähne hinter das Ohr.
„Isabella, ich weiß dass diese Entscheidung schwer ist und hätte ich die Zeit, dann würde ich sie dir geben, damit du darüber in Ruhe nachdenken kannst. Aber diese Zeit verbleibt mir leider nicht. Hör zu, kein Kind sollte in ständiger Angst leben müssen. Ein Kind sollte eine Familie haben, Eltern, die es vor all den Dingen beschützen und ihm keine Angst machen. Sie sollten für das Kind da sein, wenn es ihm schlecht geht, trösten, wenn es mal hinfällt und sich die Knie aufschürft, ihm Mut machen, wenn es sich etwas nicht traut und es lieben. Aber das können deine Eltern nicht. Du verdienst eine unbeschwerte Kindheit. "
„Das reicht!!!"
Du fährst hoch. In der Tür steht Riccardo, der sich die ganze Konversation mit angehört hat. Mit gezogener Waffe kommt er auf euch zu.
„Isabella, komm her zu mir. Auf der Stelle!"
Isabella dreht sich zu ihrem Vater um. Sie macht Anstalten, ihm zu gehorchen. Du musst etwas unternehmen.
„Nein, Isabella, tu das nicht. Geh nicht zu ihm."
„Isabella, sei nicht dumm. Ich bin dein Vater und dieses elende MIststück versucht nur, dich gegen uns aufzulehnen."
Du wirst wütend und ballst die Fäuste zusammen.
„Ich will dir helfen, Isabella. Wenn du hierbleibst, wird er dir dein Leben aussaugen, so wie bei deiner Mutter."
"Pupetta. Ich wiederhole mich nicht noch einmal. Du bist meine Tochter, du hast eine glorreiche Zukunft vor dir."
„Erinnere dich daran, was sie Daniella angetan haben, Isabella. Sie sind Mörder."
„Nun halt endlich deine verdammte Klappe!!!", schreit Riccardo und gibt einen Warnschuss ab.
Der Schuss geht direkt in die Wand hinter dir. Du duckst dich und blickst in Riccardos wütendes Gesicht. Isabella steht dort in der Mitte, völlig unentschlossen, was sie tuen soll. Da kommt Debilitas um die Ecke. Nichtsahnend stapft der Riese mitten in die Szenerie. Er kratzt sich am Kopf und gibt einen ahnungslosen Laut von sich, da er nicht versteht, was hier vor sich geht. Vor ihm muss sich ein seltsames Bild abspielen. Eine zitternde junge Frau, die von seinem Hausherren mit der Pistole bedroht wird und seine kleine Tochter, die völlig apathisch dazwischen steht.
„Exire, Debilitas!!!", schreit Riccardo ihn an.
Du nutzt diesen Moment für dich und wendest dich an den Riesen.
„Bitte hilf mir, Debilitas. Er will mich töten."
Du siehst, wie Debilitas wirklich versucht, nachzudenken. Es fällt ihm schwer, du siehst es in seinen Augen, die immer wieder hin und her wandern wie zwei Murmeln. Er sieht zu dir, dann zu Riccardo, dann wieder zu dir, dann wieder zu Riccardo und....hebt brüllend die Arme. Aus dem Nichts läuft er auf seinen Hausherren zu. Du siehst die Überraschung in Riccardos Gesicht. Du schnappst dir Isabellas Hand und läufst mit ihr davon. Im Flur hört ihr ein paar Schüsse und dann ein Weinen und Jammern. Debilitas, mit blutigen zerschossenen Händen, läuft schreiend und winselnd aus dem Raum heraus. Dich packen die Schuldgefühle. Der arme Debilitas muss heute ganz schön was durchmachen. Aber leider hattest du keine andere Wahl. Du läufst mit Isabella Richtung Treffpunkt. Doch mit wem du nicht mehr gerechnet hast, das war Secret. Sie springt euch in den Weg. Ihr stoppt vor ihr, schlagt einen Haken und lauft in eine andere Richtung. Leider bist du mit Isabella an der Hand nicht so schnell wie alleine, das arme Mädchen steht immer noch völlig neben sich, begreift noch nicht ganz, was vor sich geht. Ihr werdet nun von Secret, ihrer Mutter, durch das Schloss verfolgt. So langsam geht euch die Puste aus. Mittlerweile hast du auch die Orientierung verloren und weißt nicht mehr, wo ihr seid. Du bist dir sogar ziemlich sicher, dass der Teil des Schlosses, wo ihr jetzt seid, zuvor von dir noch nicht erkundet wurde. Nichts kommt dir bekannt vor. Wart ihr überhaupt immer noch im Schloss, oder schon im Herrenhaus? Alles war so verwinkelt und vernetzt, ihr könntet überall sein. Hinter euch war immer noch Secret. Plötzlich übernimmt Isabella, die wieder in die Realität zurückgefunden hat.
„Ich habe eine Idee", sagt sie mit leuchtenden Augen und zieht dich mit sich.
Ihr lauft zu einem Gang, der in einem Aquarium endet. Um euch herum schwimmen riesige Fische. Ihr seid unter Wasser, so sieht es zumindest aus. In der Mitte des Weges stoppt Isabella und sieht zu Secret. Secret stoppt, kurz vor dem Gang. So abrupt, dass ihre Stiefel auf dem Boden quietschen. Sie bleibt dort stehen und starrt mit großen Augen auf die Fische. Du verstehst nicht.
„Mamma hat panische Angst vor Wasser und Meerestieren. Sie meidet diesen Gang", erklärt dir Isabella.
„Interessant", bringst du nur heraus. "Das ist also ihre Schwachstelle."
Beinahe faszinierst siehst du dabei zu, wie Secret mit sich ringt, euch zu folgen. Sie will zu euch gelangen, aber kann es einfach nicht über sich bringen, diesen Gang zu betreten. Als sei da eine unsichtbare Wand, die sie nicht überwinden kann. Sie kämpft mit sich und gibt schließlich auf. Sie bleibt dort stehen, sieht euch nur an wie ein Wolf, der begierig nach seiner Beute lechzt. Du nimmst Isabella an die Hand.
„Komm, lass uns gehen."
„Nein, warte!"
Du siehst das Mädchen fragend an. Isabella starrt zu ihrer Mutter. Secret hat ihre Finger zwischen die Lippen genommen, ein schriller Pfeifton erklingt. Bevor du mitbekommst, was das zu bedeuten hat, zieht Isabella dich schon mit sich.
„Sie holt die Riesenechse, lauf!!!!!!"
Isabella rennt mit ihren kurzen Beinen schneller, als du und ihre Ausdauer ist ebenfalls größer, als deine. Du drehst dich nicht um, das musst du nicht, du hörst die großen Pranken, wie sie über den Boden kratzen. Der Boden und die Wände vibrieren und Steine rieseln herab. Du erinnerst dich an die riesigen Zähne, an die großen gelben Augen, an den letzten Schrei von Francesco und den Anblick seiner herausgerissenen Eingeweide. Mittlerweile brennt deine Lunge und nach Atem zu ringen fällt dir schwer. Seitenstiche plagen dich, in der Angst hast du mit dem konstanten Atmen ausgesetzt. Lange hältst du nicht mehr durch. Dein Kopf und das Adrenalin treiben dich an, aber dein Körper wird müde. Du beginnst, über deine eigenen Füße zu stolpern. Panik macht sich in dir breit.
„Isabella, ich kann nicht mehr. Wir müssen irgendwo rein."
Gerade seid ihr in einen dunklen Korridor abgebogen. Ihr kommt in einen seltsamen Raum mit einem Karussell. Verzerrte Jahrmarktmusik schallt aus dem Gerät, riesige Pferde, teilweise ohne Kopf, stehen hier. Es ist mehr gruselig als einladend, dieses Fahrgeschäft. Hinter dem kopflosen Pferd ist eine große Tür. So schnell ihr könnt rast ihr darauf zu. Es geht alles ganz schnell. Du reißt die Tür auf, Isabella schlittert durch die Öffnung, du schaffst es gerade noch so hinterher. Du siehst in dieser Millisekunde den riesigen Schlund der Echse und ihre kleinen Krallen besetzten Arme, die dich schnappen wollen. Wie Dominosteine reißt sie die Pferde im Karussell um und schnellt auf dich zu. Drinnen stemmst du dich gegen die Tür. Die Echse greift mit ihren Krallen dazwischen, sodass du sie nicht schließen kannst. Sie versucht, die Tür mit ihrer Schnauze zu öffnen.
„Isabella, schnell!!!!HILF MIR!!!!!", schreist du zum Mädchen. Denn alleine schaffst du das nicht.
Isabella geht dir sofort zur Hand. Schreiend und brüllend stemmt ihr euch mit all eurer Kraft dagegen und schafft es, die Echse auszusperren. Du legst zeitnah im richtigen Moment den Riegel um, verharrst aber trotzdem noch an der Tür. Hinter dir schmeißt sich die Echse gegen die Tür, du spürst es in deinem Rücken. Sie probiert es noch dreimal, dann lässt sie ab. Du hörst nur noch das frustrierte Knurren auf der anderen Seite. Erleichtert atmest du aus und lässt dich zu Boden sinken. Lange hast du jedoch keine Verschnaufpause. Panik steigt in dir hoch, als du siehst, wo ihr euch jetzt befindet. Ihr seid in einer Folterkammer.
„Oh....mein....Gott!", kommt es nur von dir.
Mit offenem Mund siehst du dich im Raum um. In der Mitte steht ein Stuhl mit Handfesseln, Blut klebt an der Lehne. Es ist bereits getrocknet und scheint schon älter zu sein. Weiter davon weg sind verschiedene Instrumente, die du nicht alle zuordnen kannst. Eine Steckbank ist auch noch hier drin und - dir rutscht das Herz in die Hose - die eiserne Jungfrau. Ein metallener Hohlkörper in Form einer Frau, der innen drin mit Nägeln beschlagen war. Wurde jemand hineingestellt und der Deckel zugemacht, durchbohrten ihn diese Nägel.
„Wir müssen von hier verschwinden."
„Wir können nicht. Wenn wir rausgehen, erwischt uns die Riesenechse", sagt Isabella ängstlich.
Du lässt einen Frustrationsschrei los. Warum musste das ausgerechnet euch passieren? Warum?
„Da ist das Schäfchen also durch den Wolf von seiner Herde getrennt worden? Wie bedauerlich", erklingt die spottende Stimme von Riccardo.
Er kommt hinter der eisernen Jungfrau hervor, gefolgt mit der Pistole in der Hand. Schützend stellst du dich vor Isabella. Riccardo beginnt, zu lachen.
„Gib endlich auf, das Katz und Maus Spiel ist zu Ende."
„Nein, das werde ich nicht zulassen", erwiderst du.
Riccardo streckt seine Hand aus. Er sieht nicht zu dir, er sieht zu Isabella.
„Komm zu mir. Du weißt, Tata liebt dich. Und Tata kann ohne dich nicht leben."
Du siehst das Funkeln in seinen Augen. Dieses verräterische Funkeln, was die waren Absichten hinter diesen Worten verbirgt. Manipulation. Riccardo lügt nicht, wenn er sagt, er könne ohne Isabella nicht leben. Er braucht sie wegen ihrem Azoth. Du hast dieses kleine Mädchen in dein Herz geschlossen. Es ist egal, ob du Isabella oder Mila in ihr siehst, du willst sie um jeden Preis beschützen. Anders würdest du dir das alles nie verzeihen. Es kostet dich weniger Überwindung, als du gedacht hast, als du einen Schritt auf Riccardo zumachst und ihn in seine Augen schaust. In diese kalten seelenlosen Augen. Du siehst nicht weg, du starrt ihn an. Auch, wenn du immer noch fürchterliche Angst vor ihm hast. Und vor dem, was du gleich tuen wirst.
„Nimm mich, Riccardo. Mein Azoth ist der Azoth, den du wirklich willst und brauchst. Nimm mich und lass Isabella gehen."
Das erste Mal siehst du, dass sich in Riccardos Gesicht etwas verändert. Es ist...Verwirrung. Du hast Riccardo verwirrt. Dass du dich freiwillig ergibst, um dich einem fremden Mädchen zu opfern. Damit hat der Alchemist nicht gerechnet.
„Wenn du meinen Azoth hast, dann brauchst du den von Isabella und Secret nicht mehr. Versprich mir, dass du Isabella mit meiner Mutter gehen lässt."
Der Wächter von Schloss Belli bekommt jedoch schnell sein teuflisches Grinsen zurück.
„Du bist ein kluges Mädchen, klüger, als deine Mutter. Komm zu mir und hab keine Angst. Ich werde es schnell und schmerzlos machen."
„Versprich es, Riccardo!", zischst du ungehalten.
Er hebt seine Arme.
„Ich verspreche es", entgegnet er mit geschlossenen Augen. Als würde er dein Friedensangebot mit Respekt anerkennen.
Langsam gehst du auf ihn zu. Du würdest lügen, würdest du sagen, du hättest keine Angst. Du hast Angst. Aber du hast keine Angst um dich. Du hast Angst um die Menschen, die du liebst. Und das ist es, was dich antreibt. Für sie gehst du durch Feuer und Wasser, durch Licht und Dunkelheit, durch Schmerz und Trauer und auch durch Leben und Tod.
Für Fiona...
Für Isabella...
Für Mila...
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