
Aller Anfang ist ein Abschied
- Hermines Sicht -
Ich musste eingeschlafen sein, als ich wach wurde, war ich nicht mehr alleine. Bei Merlin, wie hatte ich mich Severus gegenüber nur verhalten? Wie eine Verrückte! Waren das etwa immer noch die Nebenwirkungen vom Cruciatus? „Nein, das sind sie nicht", teilte mir jemand mit und ich erschrak mit einem Schrei.
„Tom!", stieß ich dann giftig aus. „Mmm ...", machte er, während er auf dem Bett neben mir lag und mir eine Strähne hinters Ohr strich. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als er mich berührte. Als er mit seinem Finger einer unsichtbaren Linie folgte, über meine Kehle, meine Schulter, über den Ansatz meines Busens ... „Wie fühlst du dich?", fragte er sanft. „Ich weiß nicht ... alles ist so ...", „Mmm ... ich hab was für dich vorbereitet", sprach er sanft weiter. Dabei hörte sein Finger nicht auf diese Linie immer und immer wieder nachzuzeichnen.
„Vorbereitet? Ich möchte keine Überraschungen mehr haben, die Letzten waren schrecklich", flüsterte ich und wandte meinen Kopf ab. „Versteck dich nicht vor mir, Hermine. Wir hatten das doch schon einmal", mahnte er mich und umfasst mit sanften Finger mein Kinn.
Seine grünen Augen erfassten die meinen und er senkte seine Lippen auf meine Stirn hinab. „Zieh dir das Kleid an, dass ich dir rausgelegt habe, Hermine", wies er mich an, mit einem selbstzufriedenen Grinsen und ich ahnte Schlimmes. „Was für ein Kleid?", fragte ich misstrauisch. „Keine Sorge, es ist noch genug Stoff dran", lachte er leise gegen meine Lippen und küsste mich sanft.
Ich genoss diese kleine Intimität zwischen uns. In den letzten Tagen oder auch Stunden war davon nicht viel zu sehen und ich hatte es so sehr vermisst. Die ganzen Monate ohne ihn waren grausam. Doch da hatte ich noch die Gewissheit sein Kind unter meinem Herzen zu tragen, aber jetzt war es weg. Meine kleine Tochter ... „Unsere Tochter, Hermine. Es tut mir so leid ... wenn ich es rückgängig machen könnte, dann würde ich es sofort tun. Aber ich kann nicht ... ich kann nicht und es tut mir so unendlich leid, dass du erfahren musst, wie sich das anfühlt", sagte er mir. Versicherte mir, dass auch er mitfühlte. Es war das erste Mal, dass er was zum dem Kind so direkt sagte.
Merkwürdigerweise erwärmte mich dies, vor allem, weil ich jetzt wusste, dass er auch fühlte, nicht nur für mich, sondern auch für unsere Tochter. „Was habt ihr mit ihr gemacht?", fragte ich leise und griff nach seiner Hand. Diese langen, eleganten Finger, die so viel Macht in sich hatten. Selbst in seinen Fingerspitzen konnte ich die Magie fühlen. „Severus hat sie zurecht gemacht, damit du Abschied nehmen kannst. Wenn du sie sehen willst", erklärte er und ich schaute direkt auf. „Ich kann sie sehen?", entkam es mir fragend. Ich konnte es nicht glauben, dass ich das kleine Wesen, was ich so lange unter meinem Herzen getragen hatte, doch noch einmal sehen konnte.
„Aber natürlich, aber mach dich erst frisch. Geh duschen, zieh das Kleid an", wies er mich noch einmal an. Beugte sich weiter vor, sodass er mir direkt ins Ohr flüstern konnte: „Ich liebe es, dich in Kleidern zu sehen, mein Licht. Es macht es mir viel einfacher, dich an jedem beliebigen Ort meiner Wahl zu lieben". Natürlich errötete ich, er war etwas herrischer geworden, aber es gefiel mir irgendwie. Auf eine nicht ganz jugendfreie Art und Weise.
So errötet ließ er mich dann im Zimmer zurück, dabei hatte er beim Hinausgehen ein breites selbstgefälligen Grinsen auf seinem Gesicht kleben. Dieser ... urg ... er hatte sich irgendwie komplett verändert, aber irgendwie auch nicht. Er war einfach nur ... erwachsen geworden, könnte man sagen, reifer. Noch attraktiver, auf jeden Fall. Die Mitte Zwanzig stand ihm gut, zumindest war er kein alter Knacker, wobei er auch schon über 70 sein musste – eigentlich.
Ich war kurz unter die Dusche gegangen und fühlte mich gleich besser. Selbst wenn ich nicht wirklich in den Spiegel sehen wollte. Mein Körper war voll von Narben, von Zeichnungen, dass ich ein Schlammblut war. Das Wort hatte mich anfangs verletzt, doch mit der Zeit war es mir egal geworden. Aber jetzt, die Buchstaben von Grindelwalds Männern zu sehen, das Wort von Bellatrix ... es schnürte mir die Kehle zu.
Mein Körper war wie eine Landschaft, die gezeichnet wurden. Eine Geschichte, die mein Leben erzählte oder auch meine Leidensgeschichte. Am Rücken hatte ich ebenfalls eine Narbe, ich war nur dankbar, dass ich sie nicht sehen konnte. Der Zauber von Dumbledore und das Teil, das mir in den Rücken gestochen hatte, nachdem ich aus dem Fenster geflogen war, hatte eine hässliche, runde Narbe hinterlassen. Direkt in der Mitte meines Rücken.
Außerdem hatte ich an meinem Unterleib auch eine. Diese war mir zuvor nicht aufgefallen, aber ich wusste, warum sie da war. Dort haben sie mir das Baby rausgeholt. Ein Kaiserschnitt ... wie von selbst wanderte meine Hand zu meinem Bauch. Flach ... es fühlte so komisch an, jetzt wo das Baby weg war. So ... so leer und kalt in meinem Inneren. Noch vor ein paar Tagen wuchs dort Leben heran und jetzt war nichts mehr da. Nichts ... Träne über Träne lief an meiner Wange hinab.
Richtig geweint hatte ich noch nicht, aber alles holte mich so langsam ein. Vor allem nachdem ich Severus so angeschrien hatte. Es tat so unendlich weh, diesen Schmerz in meinem Herzen zu spüren ... wieso konnte es nicht einfach aufhören? Wieso tat man mir das an? Ich hatte meine Eltern verloren, die Zukunft, die ich mir gewünscht hatte mit Tom. Eine Zukunft ohne Krieg und ohne Tod. Ich hatte mein Baby, meine Tochter verloren ... das war schlimmer als alles andere. Wie kamen andere Frauen damit klar? Ich konnte mir nicht vorstellen jemals darüber hinweg zu kommen. Wie auch? Dieses Kind wäre das Einzige gewesen, was mich an Tom erinnert hätte, falls er diesen Krieg nicht überlebte.
Harry hatte die Horkruxe nach und nach zerstört. Es dürften nicht mehr viele übrig sein und Tom würde dann sterben. Er würde sterben und auch er würde mir genommen werden, er würde mich alleine lassen. Womit hatte ich das verdient? Was hatte ich getan, dass Merlin mir so etwas antat?
- Toms Sicht -
Ich wusste, dass sie litt. Ihre wunderschönen Augen hatten aufgehört zu funkeln und es brach mir mein dunkles Herz. Gerade sie, mein Licht, hatte es nicht verdient. Aber vielleicht war es meine Strafe, die Strafe dafür, dass ich so viel Unrecht in den Jahren ihrer Abwesenheit getan hatte. Ich konnte mir ehrlich gesagt, nichts Schlimmeres vorstellen als mit anzusehen, wie sie litt, wie sie vor meinen Augen zerbrach und sich nicht wieder zusammensetzen konnte. Etwas Schlimmeres gab es nicht!
Sie war jetzt schon eine Stunde alleine im Schlafzimmer und eigentlich sollte sie schon fertig sein. Severus und ich hatten uns was überlegt, was ihr helfen sollte, mit dem Schmerz besser umzugehen. Sie sollte Abschied nehmen können.
Mit ruhigen Schritten erklomm ich die Treppe, die nach oben führte, direkt zum Schlafzimmer von Hermine und mir. Nur einmal hatten wir darin zusammen geschlafen. Obwohl sie es kaum bemerkt haben wird. Sie war zu weggetreten, aber ich hatte es vermisst ihren zarten Körper neben dem meinen zu spüren. Ihr warmer Atem, der mich nachts streifte, ihre wilde Haarpracht, die mich kitzelte und mich nachts durchaus zum Niesen brachte. Ich hatte alles an ihr vermisst und jetzt wo ich es wieder hatte, sie wieder bei mir hatte, passierte all dies Unglück.
Der Höhepunkt war der Fluch von Bellatrix, ich kannte ihn, aber mir war nichts bekannt, was ich dagegen tun konnte. Doch ich konnte sie nicht sterben lassen, nicht nach all dem, was ich getan hatte, um sie wieder zu mir zu holen. Das konnte ich einfach nicht akzeptieren. Niemals!
Am Schlafzimmer angekommen, ging ich schlicht und einfach hinein. Auf dem kleinen Sessel lag noch immer das nachtschwarze Kleid, dass ich heraus gesucht hatte. Das mehr verdeckte als mir lieb war, aber ich wusste, dass sie sich in freizügigen Kleidern nicht wohlfühlte. Und ihr Wohlbefinden, lag mir unter anderem, sehr am Herzen.
„Hermine?", rief ich sie mit leicht erhobener Stimme, jedoch kam keine Antwort von ihr. War ihr wieder was passiert? Mit schnellen, fast schon hastigen Schritten war ich an der Badezimmertür und öffnete diese. Diesmal wieder ruhig, schon zögerlich, vor Angst was mich auf der anderen Seite erwarten würde. Seit sie wieder in mein Leben getreten war, war ich wirklich weich geworden. Noch vor Monaten war nicht daran zu denken, dass ich vor irgendwas Angst hatte.
Ich sah hinein und sah nur sie. Hermine, entblößt stand sie vor dem großen Spiegel. Beide Hände, flach auf ihren Unterleib gepresst, mit einem Tränen verschmierten Gesicht. Die letzten Wassertropfen tropften von ihren – immer noch – wohlgeformten Brüsten hinab oder liefen an ihren Seiten entlang. Das braune Haar klebte an ihren Schultern und ihr Blick war einfach nur grausam. Wenn ich sie nicht hätte deutlich atmen gehört, hätte ich gedacht, sie sei Tod. Denn das war es, was ich in ihrem Blick sah – den Tod.
Mir fehlten die Worte, wie so oft bei ihr. Was konnte ich sagen, dass es besser machte? Was sollte ich ihr sagen? Mit solch einen Kram war ich nicht gut, ich hasste es meine Gefühle nach außen zu tragen. Aber für sie, für Hermine, würde ich wieder einmal eine Ausnahme machen.
Ruhig und behutsam näherte ich mich ihr, zog dabei mein Jackett aus. Ja, Jackett. Auch ich hatte mich umgezogen, hatte zu einem Anzug der Muggel gegriffen. Nicht mein Stil, aber durchaus bequem und ich wusste, dass es Hermine gefiel.
„Amasiuncula (Liebling*) ", flüsterte ich leise auf Latein. Sie bewegte sich nicht, doch ihre Augenlider zuckten leicht, bei meiner Stimme. „Schhhh ... ich bin hier", wisperte ich gegen ihren Nacken, als ich sanft meine Hände auf die ihren von hinten legte und sie behutsam an mich zog. Ein Schluchzen entkam ihr und ich spürte, wie sie unter meinen Händen, die ihren fester gegen ihren Bauch presste. Ich war einfach nur sprachlos, mir fehlten Worte. „Hermine ...", „Schh", machte sie und verbot mir damit das Sprechen.
Im Spiegel konnte ich nur auf ihre Augen achten, mir kam in diesem Moment nicht in den Sinn, mir den Rest ihren Körpers anzusehen. Nur ihre Augen waren wichtig, von denen ich wollte, dass sie wieder leuchteten, funkelten wie die Sterne am Himmel.
Ich beobachtete, wie sie langsam die Augen schloss und sich dann nach Hinten lehnte, gegen meinen Körper. Natürlich fing ich sie auf und genoss, ein bisschen zu sehr, die Nähe ihres nackten Körpers. Für mich war sie noch immer wunderschön, die Male auf ihrer Haut würden mich nur immer wieder daran erinnern, wie miserabel ich versagte hatte, wenn es darum ging sie zu schützen.
„Was kann ich tun?", fragte ich nach eine Weile der Stille zwischen uns. Legte mein Kinn auf ihrem Haupt ab und sah, wie ihre Augen sich langsam wieder öffneten. „Du tust schon alles, was ich brauche, Tom", hauchte sie mit kratziger Stimme.
Ich wollte sie dazu bewegen sich was anzuziehen, sie würde noch krank werden und das wollte ich nicht. „Komm, es wird dir helfen. Versprochen", versprach ich ihr mit einem Flüstern und hauchte einen leichten Kuss, direkt unterhalb ihres Ohres hin. Ein leichtes Lächeln spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider, bei dieser Aktion und erwärmte mein Herz.
Nun wusste ich, was sie brauchte, ein wenig Zuneigung, Bestätigung, Behutsamkeit und Liebe. Ich konnte ihr das geben, wenn ich wollte und ich wollte. Ich wollte all den Schmerz von ihr nehmen und sie nur noch Lachen sehen. Keine Träne sollte mehr über ihr Gesicht segeln, nein, wenn dann Tränen der Freude. Aber nicht solche, nicht solche wie jetzt. Wie ich noch immer in ihren Augen schimmern sah.
- Hermines Sicht -
Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass er herein gekommen war. Erst als er seine Hände auf meine legte. Sein Blick war dabei die ganze Zeit auf meine Augen gerichtet, kein einziges Mal hatte er den Blick gesenkt. Was ich ihm jedoch nicht übel nehmen konnte, an mir war nichts wirklich schön. Ich konnte ja selbst kaum hinsehen, wie sollte er es dann tun?
Auch wenn ich nicht wollte, ließ ich mich von ihm aus dem Badezimmer raus führen. Er jedoch ließ mich dort stehen, kehrte aber schnell mit einem weichen Handtuch zurück und tupfte mich behutsam ab. Es erstaunte mich immer wieder, wie er so zärtlich und sanft sein konnte, wenn diese Hände auch so viel Schreckliches getan hatten.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging er zu dem Sessel. Da sah ich es zum ersten Mal, ein dunkles, pechschwarzes Abendkleid. Er hatte es mir rausgelegt, wollte, dass ich es trug und auch erst jetzt, nahm ich ihn ins Auge. Er hatte einen Anzug an, einen Anzug, wie die Muggel ihn trugen. Sein weißes Hemd war feucht, okay, es war total durchnässt. Dennoch sah er verboten gut aus. „Der Anzug steht dir", sagte ich ihm und spürte die Wärme in meine Wangen zurückkehren.
„Und Rot steht dir ausgezeichnet, Hermine", konterte er mit einem Grinsen, was die Wärme noch verschlimmerte. Er und Abraxas waren die einzigen Männer, die mich jemals so fühlen gelassen haben, dennoch war es bei Abraxas mehr geschwisterlich, nur ein kleines Necken seinerseits.
Mir wurde auch so langsam bewusst, dass ich nackt vor ihm stand und wollte das Handtuch vom Boden aufheben um mich mindestens ein bisschen, ein klein wenig, zu bedecken. „Denk nicht einmal dran, du bist wunderschön. Die Narben ändern nichts daran", herrschte er mich leicht an und ich verharrte in der Bewegung.
Seine schnellen Schritte nahm ich wahr und schon legten sich seine Hände um meine Schultern und hoben meinen Oberkörper an. „Du glaubst mir nicht?!", entkam es ihm mit lodernden Blick. War das eine Frage gewesen oder eine Feststellung? Bei ihm war ich manchmal nicht sicher. „Unmöglich, du könntest komplett entstellt sein, mein Licht und noch immer würde ich dich wunderschön finden. Ich liebe deinen Körper, unterschätze dessen Anziehung auf mich nicht. Aber dein Inneres liebe ich noch viel mehr. Nicht umsonst, bist du mein Licht, Hermine", erklärte er mir.
Wie er es sagte, machte mir deutlich, dass er es auch wirklich ernst meinte. Er liebte alles an mir, egal wie es aussah. Urg ... und ich konnte mich nicht einmal dazu bringen ihn anzusehen, wenn er in seiner anderen Gestalt war. „Mm ... das sollst du auch nicht. Das hier...", sagte er und fuhr demonstrativ mit seinen Händen über seinen Körper. „...ist das, was nur dir gehört".
Mit diesem einen, kleinen Satz hatte er es tatsächlich geschafft, mich maßlos zum Lachen zu bringen. „All die Jahre, habe ich unter anderem dieses Geräusch am meisten vermisst", flüsterte er und strich mir dich Haare aus dem Gesicht. „Welches andere noch?", wollte ich wissen, was ihn hinterhältig grinsen ließ. Oh, oh, ein bisschen Angst machte mir das schon, wenn er so daher blickte. „Das hier", sagte er knapp und plötzlich stöhnte ich laut auf.
Er hatte doch tatsächlich seine Finger durch meine Spalte gezogen. Durch seine ganzen Worte und vom Duschen war ich noch etwas feucht. Außerdem war es wie ein Stromschlag, der mich aufweckte, seine Hände, seine Finger, einfach seine Berührungen auf meiner Haut zu fühlen. „Dieses Geräusch liebe ich, meine Kleine", raunte er mit tiefer Stimme, die vor Lust getränkt war. „Glaube nie, dass ich diesen Körper nicht begehre, Hermine, sonst wirst du mich auf eine Art kennenlernen, die dir nicht gefallen wird", zischte er weiter.
Oh Merlin! „Vielleicht täusche ich mich, dir scheint es zu gefallen oder?", fragte er mich. Strich dabei wieder durch meine Spalte. „Oh ...", entkam es mir und ich klammerte mich mit meinen Händen an deinen Oberarmen fest. „Ein anderes Mal, werde ich dich hier in diesem Zimmer nehmen, jetzt jedoch möchte ich, dass du das Kleid für mich anziehst und dir die Haare machst. Ich warte hier und dann werden wir in den Garten gehen", erzählte er leise und drückte mich leicht von seinem Körper weg.
Tom setzte sich aufs Bett und schaute aus dem Fenster. „Beeil dich, Hermine, bevor es regnet", wies er mich an und wie von der Acromantula gestochen, schnappte ich mir das schwarze Kleid und lief zurück ins Bad.
Ich zog es vorsichtig an, da der Stoff so dünn war. Es war enganliegend, mit langen Ärmeln, die wirklich alles verdeckten. Es zeigte, anders als erwartet, kein bisschen Haut. Der Ausschnitt war mit einem dunklen, aber transparenten Stoff ausgelegt, genau wie der Ausschnitt auf der Rückenseite. Es war ein hübsches Kleid, es gefiel mir.
Es schleifte leicht über den Boden, hohe Schuhe würden ein Muss sein, bei diesem Kleid. Doch was sollte ich mit meinen Haaren machen? Ich wusste ganz genau, was Tom tat. Er bot mir eine kleine Ablenkung von allem, daher versuchte ich nicht daran zu denken, was ich gleich machen würde. Am Ende entschied ich mich für einen einfachen Dutt, wobei er mehr oder weniger, einfach nur locker an meinem Hinterkopf hing. Er war mir sogar nicht gelungen, aber es war auch egal. Außer Tom und mir würde, wenn nur Severus da sein.
Fertig trat ich aus dem Badezimmer und da stand er, er hatte sich auch umgezogen. Sein Hemd war jetzt schwarz und ... naja, sein Jackett lag noch immer im Badezimmer. „Fertig?", erkundigte er sich und drehte sich zu mir um.
Seine grünen Augen begutachteten mich und unter diesen hitzigen Blick wurde ich wieder Rot. Würde das jemals aufhören, wenn ich in seiner Nähe war? „Ich hoffe nicht", hörte ich ihn flüstern. „Bitte lass das", bat ich ihn. Da hatte ich Severus so angeschrien, das er in meinen Kopf schaute und Tom machte es die ganze Zeit über. „Deine Gedanken sind so rein, Hermine. Ich mag sie, ich spüre die Zuneigung, die du für mich empfindest gerne", erklärte er mir.
„Das ist keine Zuneigung, Tom, das ist Liebe. Trotzdem möchte ich das nicht, nur weil ich noch nicht vollkommen wieder bei Kräften bin, kann ich dich nicht aussperren, aber wenn ...", deutete ich am Ende an. Musste aber kichern, das war eine solch normale und gewöhnliche Szene. Eine Situation, in der man sich den Dunklen Lord nicht vorstellen konnte. Niemand würde wirklich Angst vor ihm haben, wenn sie sahen, wie er mit mir war.
Ich sah Tom den Kopf schütteln und wusste, dass er wieder mit gehört hatte. Mm ... ich würde mir schon was einfallen lassen, damit er das nicht wieder tat. „Oh, ich bin gespannt, wie du das machen willst", lachte er leise und reichte mir seinen Arm.
Diese simple Geste brachte so viele vergrabene Erinnerungen aus der Vergangenheit ans Licht. „Ich wünschte, ich hätte da bleiben können", flüsterte ich ihm zu, als ich mich bei ihm einhakte. Erst antwortete er nicht darauf, was ich auch nicht erwartete, ich genoss die Stille zwischen uns. Es bescherte mir das kurzzeitige Gefühl von Normalität. Ein ganz normales Pärchen, das irgendwo hinging. Nur waren wir kein normales Pärchen ... wir waren ganz weit davon entfernt normal zu sein. „Ich wünschte es mir auch", gab er dann jedoch zu.
Der Garten, in den er mich führte, war groß, aber nicht zu groß. Es war keine Parkanlage, aber trotzdem größer als der durchschnittliche Garten, würde ich sagen.
Der Garten von meinen Eltern war auf jeden Fall nicht so groß. Große Bäume zäunten den Garten vom Rest der Welt ab, es machte fast den Eindruck, als würde man auf einer Lichtung stehen. „Gefällt es dir?", fragte er mich. „Ja, aber ...", „Zu groß oder? Ich hatte dieses Manor für dich geholt, für uns. Dennoch, als ich dich in dieser Zeit wieder traf, war mir klar, dass es dir gefallen würde, aber es viel zu groß war. Du würdest hier nicht leben wollen", unterbrach er mich.
Er schien nicht sauer über diese Erkenntnis zu sein, ganz im Gegenteil. „Genau", stimmte ich seiner Ausführung einfach zu. Vom weiten konnte ich schon Severus sehen, dieser stand vor einem Graben. Falls ich mich nicht täuschte. Dicke Wurzeln bildeten mit den grünen Zweigen und Blättern einen Kreis. Erst als ich näher kam, entdeckte ich, was in der Mitte des Kreises war. Ein Sarg aus Stein, mit einer liegenden Figur. Einem Baby.
Wie angewurzelt blieb ich stehen. „Ist okay, du kannst sie sehen und Abschied nehmen. Ich hab dafür gesorgt, dass es ein magisches Grab ist. Wir können es überall hin mitnehmen, in einen kleineren Garten, wenn alles vorbei ist", informierte er mich ruhig und legte seine andere Hand über die meine, die sich in dem Ärmel seines Hemdes verkrampft hatte.
„Danke", entkam es mir hauchend und wir gingen die letzten Schritte weiter nach vorne. Severus nickte mir zu, entfernte sich dann ein paar Schritte und ließ mich mit Tom vortreten. Wieder liefen mir die Tränen hinab und ich war mir sicher, dass ich nie so viel geweint hatte, wie in den letzten Stunden. „Kann ... kann ich sie sehen?", fragte ich Tom. Er nickte leicht und schnipste mit seinen Fingern. Das Grab öffnete sich und es schwebte eine winzige, eine kleine Gestalt nach oben. Sie war in einem Glasgehäuse und sah aus, als würde sie einfach nur schlafen.
Meine Beine konnten mich nicht mehr halten, als ich auf die weiche, leicht feuchte Wiese sackte. Tom war nicht schnell genug um mich aufzufangen, doch ich kniete nur. Die Tränen liefen und strömten über mein Gesicht. Sie sah so friedlich aus, wie ein kleiner Engel.
Plötzlich schwebte die Kiste näher auf mich zu und ich wünschte mir so sehr, dass ich sie einmal halten konnte. Nur ein einziges Mal ... Die Glaskiste landete sanft vor mir auf dem Boden und Deckel öffnete sich. Erschrocken schaute ich zu, wie meine kleine Tochter in die Luft gehoben wurde und zu mir schwebte.
Aus einem – mütterlichen – Reflex heraus, streckte ich die Arme leicht und dann lag sie da. Schlafend in meinen Armen. Sie sah nicht tot aus, sie fühlte sich nicht einmal so an, bis darauf, dass sie eiskalt war. Fest drückte ich das Bündel an meine Brust und ließ meinen Tränen freien Lauf.
Sie war so unschuldig gewesen, so ... sie war schon so groß, ein bisschen kleiner als ein Neugeborenes, aber groß genug um deutlich zu erkennen, dass sie ein kleines Baby war. Auf ihrem Kopf erblickte ich leichtes dunkelbraunes Haar, nur ein paar Strähnen. Minimal, aber es machte sie nur lebendiger für mich. Wie sollte ich jemals damit klar kommen?
„Hermine", sprach Tom mich an und hockte sich zu mir runter. Automatisch drückte ich meine Tochter fester an mich. Er würde sie mir wegnehmen, sie wieder zurück in das kalte Grab legen. „Es tut mir so leid", flüsterte er. „Ich lass euch alleine", hörte ich Severus sagen und vernahm seine Schritte auf dem feuchten Grass.
Tom seufzte leicht und setzte sich dann hin, zog mich mit einem leichten Ruck an sich und so saßen wir zusammen, vor dem Grab unserer Tochter. Die ich noch immer fest in den Armen hielt. „Ich kann nicht ...", schluchzte ich. Sein Arm, den er um meine Schultern gelegt hatte, zog mich fester an sich. „Ich weiß, Hermine. Aber du musst ... sie ... sie wird immer bei dir sein, nur nicht hier, sondern in deinem Herzen", sprach er zuversichtlich. „In deinem auch?!", es sollte eine Feststellung sein, aber durch meine kratzige, verweinte Stimme hörte es sich an wie eine Frage. „Immer, genau wie du", versicherte er mir und beugte sich hinab um unserer Tochter einen Abschiedskuss auf die Stirn zu geben.
„Sie ist wunderschön", sagte ich, als ich meinen Griff etwas lockerte. „Wie ihre Mutter", lächelte Tom. Leise kicherte ich und drückte mich an ihn. „Es wird Zeit", teilte er mir dann mit. Es fiel mir so schwer, sie wieder gehen zu lassen. Das Gefühl sein eigenes Kind in den Armen zu halten, war unbeschreiblich. Ich wünschte mir nur, sie würde ihre Augen öffnen, ein winziges Geräusch von sich geben, nur etwas kleines, was mir zeigte, dass alles nur ein Albtraum war.
Tom ließ die Glaskiste wieder zu uns schweben, da fiel es mir noch ein: „Sie hat keinen Namen". „Willst du ihr einen geben?", fragte er mich. Woraufhin ich nur nickten konnte, ich hatte schon einen Namen für sie. Er war direkt eingefallen, als ich erfuhr, dass es ein Mädchen war. „Kann er ... kann er auf dem Grab stehen?", „Was immer du willst, Hermine", stimmte er zu.
Das war es jetzt, die Zeit des Abschieds. Vorsichtig kniete ich mich hin und begann ein Kinderlied zu singen, was meine Mutter mir immer vorgesungen hatte, als ich noch klein war: „Goodnight to you. Goodnight to me. Now close your eyes and got to sleep. Goodnight. Sleep tight. Sweet dreams tonight. Goodnight. I love you".
Eine Träne lief auf ihr regungsloses Gesicht, langsam senkte ich meinen Kopf und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht, Hope Riddle. Mummy liebt dich so sehr", flüsterte ich und legte sie dann in auf das rosa Kissen in der Glaskiste. Sackte augenblicklich zurück und presste meine Hände gegen meine Brust. Ich spürte diesen Schmerz in meinem Herzen und er ließ einfach nicht ab.
Tom ließ die Kiste langsam wieder zurück in das Grab schweben, bis ich sie nicht mehr sehen konnte und das Grab geschlossen wurde. „Es ist versiegelt, Hermine, niemand wird ihr was tun können", versprach er mir und half mir dann hoch. Oder eher gesagt, er hob mich auf seine Arme, während ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge vergrub und trug mich zurück ins Haus. Dabei fiel mir ein altes Sprichwort ein, welches meine Großmutter mir einmal gesagt hatte, bevor sie starb. „Aller Anfang ist ein Abschied", hauchte ich gegen Toms Hals. Er zitterte leicht, doch kümmerte ich mich nicht darum. „Du wirst das Leben haben, was du verdient hast, das verspreche ich dir, mein Licht", entgegnete er mir, doch noch konnte ich nur an das Gefühl meiner Tochter, meiner kleinen Hope denken, wie sie in meinen Arm lag. Niemals würde ich das vergessen.
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* Englisch: loved one, darling, sweetheart, fond lover
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