Kapitel 22
„Lily - Maus?", eine besorgte Stimme drang in mein Bewusstsein und riss mich aus meinem Traum. Nicht das ich mich beschweren würde, es war kein guter Traum gewesen, eher ein Albtraum. Einer von der ganz üblen Sorte.
Mit einem vernebelten Gefühl im Kopf, versuchte ich mich an den Traum zu erinnern, dessen Auswirkungen ich noch immer bis in die Kochen spürte. Ich hatte Angst gehabt, panische Angst. Doch das einzige, was ich noch von den Wirren Fetzen zufassen bekam, war die Erinnerung an meinen Namen. Irgendjemand hatte in panischer Sorge nach mir gerufen. Aber wer? Und warum?
Angewidert rümpfte ich die Nase. Ein beißend steriler Geruch ließ mich erschaudern und schien meine Schleimhäute verätzen zu wollen. Desorientiert versuchte ich mich aufzusetzen, um dem Ursprung auf den Grund zu gehen. Doch alleine meine Augen aufzuschlagen, fühlte sich an, wie eine Lebensaufgabe. Mit einem erschöpften Stöhnen schaffte ich es schließlich meine schweren Augenlieder zu heben und starrte mit glasigen Blick an eine weiße Decke.
Helles Licht flutete den fremden Raum. Stirnrunzelnd betrachtete ich die seltsame Sonde, die neben mir in die Höhe ragte. Das war nicht mein Zimmer. Ich war mir nicht mal sicher, ob das Hogwarts war! Warum war ich nicht in meinem Bett? Und noch viel wichtiger, wo bei Merlin war ich?
Panik stieg in mir auf und ich ignorierte meinen steifen Nacken, um mich mit rasendem Herzen umzusehen. Mein Brustkorb hob und senkte sich im Takt meines zitternden Atems. Das erste was meine Aufmerksamkeit auf mich zog war meine Mutter, die mich betrachtete, als hätte sie soeben einen Geist gesehen und vorsichtig nach meiner Hand griff.
„Lily? Kannst du mich hören?" Stirnrunzelnd betrachtete ich sie. Natürlich konnte ich sie hören. Warum denn auch nicht? Doch ihre Worte klangen erschöpft und rau, so als wäre sie durch die Hölle selbst gegangen und deswegen betrachtete ich sie genauer.
Mir stockte der Atem, als ich die tiefen Tränenfurchen auf ihren Wangen entdeckte. Ihre Augen wirkten dunkel und sie sah alt aus. Für gewöhnlich war meine Mutter eine quirlige, muntere Frau, die jeden mit ihrer Ausstrahlung in ihren Bann zog. Jetzt wirkte sie wie eine gealterte, farblosere Version meiner Mutter.
„Mum", krächztet ich besorgt. Augenblicklich bereute ich es. Mein Hals fühlte sich an wie Schmirgelpapier und ich hustete unter stechenden Schmerzen auf. Was war passiert? In Mums müden Augen trat eine altbekannte Weichheit, die mich sofort besser fühlen ließ.
„Alles wird wieder gut, mein Schatz. Alles wird wieder gut. Du bist endlich wach. Jetzt wird alles wieder gut."
Wie ein Mantra murmelte sie diese Worte, fast, als müsse sie sich selbst von ihrer Wahrheit überzeugen und drückte mir einen langen Kuss auf die Stirn.
„Mum?", hauchte ich erneut und konnte nicht umhin, etwas Angst in meiner Stimme mitschwingen zu lassen.
„Alles wird gut", wiederholte sie und strich mir lächelnd über die Haare.
„Was ist passiert?", versuchte ich meiner Verwirrung Ausdruck zu verschaffen, meine Worte kamen jedoch so gebrochen über meine Lippen, das ich nicht sicher war, ob sie mich verstanden hatte.
„Sch", beruhigte sie mich. „Du warst krank, kleine Maus, aber die Heiler haben ihr bestes getan, damit du wieder zu uns zurück kommst."
Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und ich sah wie in Trance dabei zu, wie sie langsam über ihre Wange glitt und auf mein weißes Laken tropfte.
Ich war krank? Nun, dass würde zumindest den seltsam sterilen Geruch erklären und die hellen weißen Wände. Ich war in einem Krankenhaus! Wie bei Merlins zehn Zehen war ich denn hier gelandet?!
Anscheinend war ich wieder eingeschlafen, denn, als ich das nächste mal die Augen öffnete, saß Dad neben mir und hatte liebevoll einen Arm um Mum geschlungen. Sie schlief seelenruhig auf einem unbequem aussehenden Stuhl.
Leise, um sie nicht zu wecken, versuchte ich die Aufmerksamkeit meines Vaters zu erlangen. Als er sah, dass ich wach war, hellte sich seine Miene schlagartig auf.
„Oh Lily, wir haben uns solche Sorgen gemacht!" Er nahm den Arm von meiner Mutter und rutschte näher zu mir heran.
Verschlafen rieb ich mir die Augen und versuchte mich langsam aufzusetzen. Ich fühlte mich besser - Naja zumindest besser, als das letzte Mal, wo ich wach war. Jedoch fühlte ich mich immer noch erschöpft und war nicht weniger verwirrt, was überhaupt passiert war. Ich fuhr mir müde übers Gesicht und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen.
„Wie lange war ich weg?"
Dads Stirn legte sich in tiefe Falten. „Meinst du insgesamt oder seit dem du das erste Mal aufgewacht bist?"
Ich biss mir ängstlich auf die Lippen. „Beides", nuschelte ich schließlich.
Dad seufzte, als würde ihm allein die Erinnerung an die letzten Tage unendlich viel Energie ziehen.
„Vor etwa einer Woche kam der Brief von deiner Schule. Sie meinten es hatte einen Vorfall gegeben und das du in einer Art Koma wärst."
Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Sie waren überzeugt, dass es alles nicht so schlimm sei und sie uns auf dem laufenden halten würden. Ein paar Tage später erschien dann dein Schulleiter persönlich bei uns vor der Haustür und hat uns erklärt, was vorgefallen ist und sie dich in ein Zaubererkrankenhaus bringen mussten."
Ich war im St. Mungos Hospital? Dann musst ich etwas wirklich ernsthaftes gehabt haben. Besorgt sah ich zu Mum und versuchte mir vorzustellen, was sie die letzten Tage hatte durchstehen müssen. Meine Eltern wussten nicht viel von der magischen Welt und wenn ihre Tochter wegen etwas magischen im Koma gelegen hatte, mussten sie tausend Tode gestorben sein. Dad ruhige Stimme riss mich auf meinen Gedanken.
„Gestern bist du das erste Mal aufgewacht, aber du hattest noch nicht die Kraft lange bei Bewusstsein zu bleiben. Aber die Ärzte -", er stockte und räusperte sich etwas unbehaglich. „Ich meine die Heiler, haben gesagt, dass sei völlig normal und es würde auch heißen, dass du auf dem besten Weg der Genesung wärst."
Ich nickte und versuchte die neuen Informationen zu verarbeiten.
„Haben sie euch erklärt was ich hatte?", versuchte ich den Nebel in meinem Kopf zu lichten.
„Sie haben es als starken Schlaftrunk bezeichnet." Grübelnd rieb er sich übers Kinn.
„Trank der Toten oder so haben sie es genannt. Oh Lily, wir hatte eine solche Angst. Wer würde dir denn nur einen Trank geben, der das Wort tot beinhaltet?!"
Ich sah echte Verzweiflung und Unglauben in seinen Augen und griff hastig nach seiner Hand, während in meinem Kopf alle Rädchen ratterten.
Jemand hatte mir den Trank der lebenden Toten untergemischt? Das ergab doch alles keinen Sinn! Wer sollte mir sowas antun wollen?
Wie die Heiler vermutet hatten, fiel es mir äußerst schwer, bei Bewusstsein zu belieben. Immer wieder setzte ein Taubheitsgefühl in meinen Armen und Beinen ein, sodass ich weiterhin ans Bett gefesselt war. Die Müdigkeit war jedoch das schlimmere Übel. Ich konnte in einem Moment hell wach sein und im nächsten wieder das Bewusstsein verlieren.
Ich war dankbar, dass meine Eltern jedes Mal neben mir saßen, wenn ich aufwachte. Gleichzeitig machte ich mir auch Sogen um sie, denn sie schienen weder viel zu schlafen, noch zu essen.
Als mein Vater sich gerade auf den Weg machte etwas von dem recht eintönigen Cafeteria Essen zu besorgen, fing meine Mutter plötzlich an ihre Handtasche zu durchwühlen. Ich schmunzelte über ihre Bemühungen, mir vielleicht ein Bonbon anbieten zu können oder ihren heiß geliebten Labello zu finden. Umso überraschter musterte ich ihre Hand, als sie etwas goldenes aus ihrer Tasche fischte.
Ehrfürchtig betrachtete sie ihren Fund und reichte ihn mir so vorsichtig, als fürchte sie, sie können ihn zerbrechen.
„Diese kleine goldene Kugel haben sie in deiner Hand gefunden, als du eingeliefert wurdest. Du hieltst sie fest umklammert", erklärte sie und beobachtete neugierig meine Reaktion auf den Gegenstand.
Vorsichtig nahm ich ihr den kleinen goldenen Schnatz ab und drehte ihn verwundert zwischen meinen Fingerspitzen. Wie war der denn in meine Hand gekommen? Die einzige Person, die sowas immer mit sich herumschleppte war James Potter. Verblüfft öffnete ich den Mund und hauchte ein leises, fast unmerkliches,
„Oh".
Er musste mich im Krankenflügel besucht haben und ihn mir vor meiner Abreise gegeben haben. Ein unerwartetes, angenehmes Kribbeln wanderte durch meine Bauch, bis in meine Fingerkuppen, wo ich den Schnatz berührte. Meine Mundwinkel verzog sich zu einem leichten Schmunzeln. Er hatte mich besucht. Die Vorstellung, das mich eine so banale Tatsache, so unermesslich glücklich fühlen ließ, war schon fast beängstigend. Doch ich wehrte mich nicht gegen die Wärme, die mich langsam umwickelte.
Mum, die mich interessiert beobachtet hatte, lehnte sich neugierig vor.
„Ist sie wertvoll?"
Ich lachte leise. Manchmal war ihre Unwissenheit über meine andere Welt schon fast niedlich.
„Für eine ganz bestimmt Person schon", erwiderter ich und lächelte leicht verträumt vor mich hin. Er hatte mir wirklich seinen Schnatz gegeben. Ich war selbst überrascht, wie sehr mich diese Geste berührt und wie viel Sicherheit mir der kleine Ball in der Hand gab. Fast so, als wäre James bei mir.
Mum schien meinen Blick richtig zu deuten und sah mich wissend an. Eben mit jenem Blick, mit dem eine Mutter ihre Jugendliche Tochter beschmunzelte, wenn sie eine Vorahnung hatte.
„Dann pass lieber gut darauf auf, es ist ja so klein, dass man es sicher leicht verlegt", überlegte Mum und ich schüttelte grinsend den Kopf.
„Ich glaub es ist eher dafür gedacht, dass es auf mich aufpasst. Du weist schon...als Glücksbringer."
Meine Gedanken schweiften zu dem Gespräch mit James. Es schien schon eine Ewigkeit her zu sein und doch fühlte es sich noch so präsent an. Ich ließ es zu, das der kleine Ball seine feinen Flügel ausbreitete und kurz über meiner Hand schwebte, bevor ich wieder meine Finger um ihn schloss, so wie ich es schon unzählige Male bei James gesehen hatte.
Ein aufgeregtes Kribbeln breitete sich in mir aus, bei der Vorstellung ihn bald wieder zu sehen, dann schloss ich die Augen und driftete abermals ins Land der Träume.
Juhu!! Da ist unsere Lily wieder : )
Irgendwie hab ich sie ja schon vermisst😇
Und James vermisst sie sicher auch ganz schrecklich!🥰
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro