Kapitel 13 - Die Abrechnung
Sie klopft an die Tür von Tommy und die drei warten, bis sich die Tür öffnet. Scarletts kleiner Bruder guckt von einem zum anderen, langsam realisiert er, warum die drei vor ihm stehen und er schluckt schwer. Crowley guckt ihn an und die autoritäre Aura die ihn umgibt schüchtert Tommy etwas ein.
„Tommy, bist du bereit oder willst du hier bleiben?"
„Ich bin bereit."
Tommy spricht leise und man merkt, dass er sich unsicher ist, aber keiner möchte es ihm verbieten, sich mit seinen Eltern auszusprechen. Schließlich betrifft es ihn ja auch und er hat ein Recht darauf mit dabei zu sein. Crowley reibt sich die Hände und guckt alle ein wenig erwartungsvoll an.
„Fahren wir oder soll es schneller gehen?"
Scud steht nah bei Scarlett und möchte eigentlich nur ungern, dass sie dorthin zurückkehrt. Er kann zwar verstehen das sie sich mit ihren Eltern ausreden will und auch das Tommy wissen will wer sein richtiger Vater ist, aber nach dem letzten Mal möchte er die beiden lieber in der Villa wissen, da wo sie sicher sind. Scarlett hingegen will unbedingt mit ihren Eltern reden, sie möchte ein für alle Mal Gewissheit haben und die Sache aus der Welt schaffen. Da sie sieht wie unsicher ihr kleiner Bruder ist, antwortet sie Crowley.
„Zapp uns hin. Ich will das schnell hinter mich bringen. Oh und Scud, du hast mir versprochen das es keine Prügelei gibt."
„Jaja."
„Gebt mir eure Hände."
Scarlett greift instinktiv nach der Hand von Scud, welcher sie nimmt und sanft drückt. Tommy nimmt Scarletts andere Hand und streckt die andere etwas zögerlich Crowley hin. Er nimmt sie und in der nächsten Sekunde stehen alle vier vor dem Haus von Scarletts und Tommys Eltern. Die Stimmung ist angespannt, das kann jeder spüren. Alle Blicke sind auf das Haus gerichtet, niemand weiß was sie erwartet und wie sich das Gespräch entwickeln wird. Scarlett atmet tief durch und versucht, ihre Nerven zu beruhigen. Sie tritt einen Schritt vor und klingelt. Alle warten angespannt darauf, dass sich die Tür öffnet, völlig im unklaren, was sich dahinter befindet. Als sich die Tür dann öffnet, steht ihnen Judith gegenüber.
„Tommy! Scarlett!"
„Hey Mama."
Scarlett klingt unsicher, sie weiß nicht wie sie sich verhalten soll. Nach dem, was letztes Mal passiert ist, kann sie ihr nicht mehr wie früher gegenübertreten. Tommy stellt sich etwas versteckt hinter seine große Schwester, es fällt ihm schwer seinen Eltern zu verzeihen, dass sie ihn all die Jahre über belogen haben. Im Hintergrund können sie den Fernseher hören, anscheinend läuft ein Footballspiel. James ruft von der Couch aus, auf der mit einem Bier in der Hand sitzt, durch den Raum zu seiner Frau.
„Sind die zwei wieder da?"
„Kommt rein, kommt rein. Euer Vater wartet auf euch."
Judith tritt zur Seite und hält die Tür auf, sie freut sich sichtlich das ihre Kinder wieder zu Hause sind. Es tut ihr leid, dass sie ihre Tochter geohrfeigt hat, sie weiß selbst nicht wie es so weit kommen konnte. Es war jedenfalls nie ihre Absicht. Scarlett geht mit Tommy rein und hält dabei noch immer Scuds Hand, er gibt ihr in dieser schweren und komplizierten Zeit Halt und Unterstützung. Sie weiß das sie auf ihn zählen kann. Crowley geht als letzter rein und schließt die Tür hinter sich, er betrachtet stumm das ganze geschehen und hält sich für's erste noch zurück.
„Ich habe euch vermisst."
„Mama, wir waren nicht grade lang weg."
Sie guckt ihre Mutter an und weiß einfach nicht, wie sie sich verhalten soll. Soll sie ihrer Wut freien Lauf lassen und schreien? Oder soll sie eher ihre ganze Trauer und Enttäuschung zeigen? Die Emotionen wirbeln in ihr herum und sie weiß wirklich nicht, wie sie damit umgehen soll. Zumal ihre Mutter so tut als sei nichts vorgefallen. Aus dem Wohnzimmer hören sie wieder James rufen, der scheinbar ungeduldig darauf wartet, dass seine Kinder zu ihm kommen.
„Kommt ihr zwei endlich mal her?"
„Der Vater hat zu kommen."
Crowley sagt das ganz trocken und versteht nicht, wie einem Vater die Kinder so egal sein können. Zugegeben, er selbst hat viele Fehler bei seinem ersten Sohn gemacht, damals zu seiner menschlichen Lebenszeit, aber man lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern. Um Scud kümmert er sich zum Beispiel sehr gut und er findet, dass sich jeder Vater um seine Kinder bemühen sollte. Er guckt zu Scarlett, die einen Blick zum Wohnzimmer wirft und leise seufzt, er kann sich denken was in ihrem Kopf so vor sich geht.
„Wie ist Dad denn drauf?"
„Wie wohl wenn die Kinder weg sind?"
„Daran ist er schuld."
„Geh zu ihm, Scarlett."
Als sie den ersten Schritt in Richtung Wohnzimmer macht, hört sie auch schon wie ihr Vater wieder ruft. Das beginnt doch schon mal gut. Sie ist froh, dass Scud und Crowley dabei sind, denn das verspricht kein gutes Ende zu nehmen. Sie betritt den Raum und sieht ihren Vater mit seinem Bier auf der Couch sitzen, Tommy ist dicht hinter ihr und hält sich eher versteckt. Er weiß nicht, was er sagen oder tun soll und fühlt sich sichtlich unwohl.
„Da ist ja mein Mädchen. Endlich zur Vernunft gekommen, ja?"
„Sie schon lange. Aber du. Du nicht."
Crowley ist ihnen gefolgt und steht nun neben Scarlett, guckt James mit einem ernsten und durchbohrenden Blick an. Für ihn gehört Scarlett zur Familie und diese beschützt er nun mal. Er hat es im Gefühl, dass er und James noch viel Spaß miteinander haben werden. James guckt Crowley schief an und hält seinem Blick stand, er lässt sich doch nicht von einem alten Mann in seinem eigenen Haus einschüchtern.
„Und wer ist das? Noch einer von dieser Sippe der denkt, meine Tochter von mir zu nehmen?"
„Nur weil du Angst hast, musst du nicht beleidigend werden."
Crowley steht ruhig da und hält seinen Blick auf James gerichtet, der einen weiteren Schluck von seinem Bier nimmt, die Flasche ist schon zu einem Drittel leer. Scarlett beobachtet die beiden, sie ist sich unsicher ob sie einschreiten oder sich lieber raus halten soll. Tommy, der etwas abseits steht, wendet sich seiner Mutter zu, er kann den Anblick von James nicht mehr ertragen, nicht in dem Wissen das er ihm all die Jahre vorenthalten hat, dass er gar nicht sein leiblicher Vater ist.
„Wieso habt ihr mir das nie erzählt?"
„Du hättest das nicht verstanden."
Judith guckt ihren Sohn an und verteidigt sich damit, dass er ja noch so jung ist. Das er alt genug ist, um so etwas zu verstehen, möchte sie nicht wahrhaben. Sie hatte in der Vergangenheit einen Fehler begangen und möchte das nicht weiter ausführen, es war nun mal einfacher ihren Kindern etwas vorzuspielen. Ihre Aussage löst in Tommy jedoch etwas aus. Er kann seine Wut nur noch schwer im Zaum halten und ballt seine Hände zu Fäusten.
„Woher willst du das denn wissen? Warum habt ihr mir das nicht einfach erklärt? Ihr habt mich die ganze Zeit angelogen!"
„Es war halt schwer, okay?"
„Ja sicher."
Tommy kann es nicht glauben, seine Mutter kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass er das nun so hinnimmt? Warum bekommt er nicht eine eindeutige Antwort von ihr? Sie ist es ihm doch schuldig, es ihm wenigstens jetzt zu erklären, da er das große Geheimnis doch eh schon weiß.
„Wer ist mein richtiger Vater?"
„Er heißt Mitch. Mitch Richsons."
„Weiß er von mir?"
„Nein."
Er ist sehr angespannt und muss die Informationen erst einmal verarbeiten. Während er in Gedanken ist und versucht mit dieser Situation klar zu kommen, spielt sich hinter ihm im Wohnzimmer eine ganz andere Szene ab. Auf Crowleys Aussage hin, ist James aufgestanden und zeigt mit dem Zeigefinger auf Crowley.
„Angst? Pass mal auf, du wirst jetzt die Biege machen und dein Sohn wird die Finger von meiner Tochter lassen."
„Dad! Ich werde bei Scud bleiben. Dagegen kannst du nichts machen. Und du wirst und jetzt erklären, was es mit Tommy auf sich hat."
In Scarlett brodelt es. Wie kann ihr Vater sich nur so verhalten? Sie hat ihr ganzes Leben zu diesem Mann aufgesehen, ihn regelrecht verehrt. Für sie war ihr Vater immer ein Held, aber nach allem was war ist ihr Bild von ihm total zerstört und liegt in Trümmern. Jetzt ist er für sie nur noch ein Lügner und Alkoholiker mit einem Wutproblem.
„Wir klären das allein."
„Da freu ich mich schon drauf."
James blickt scharf zu Crowley und verengt die Augen etwas. Sein Blick ist bedrohlich und voller Anspannung. Dieser Mann geht ihm gewaltig auf die Nerven und er duldet weder ihn, noch seinen kiffenden Sohn in seinem Haus.
„Du wirst jetzt gehen."
Er macht einen Schritt nach vorn und packt seine Tochter grob am Arm, zieht sie von Crowley weg und guckt ihn funkelnd an, für ihn wird es jetzt definitiv Zeit zu gehen.
„Sofort."
„Dad, du tust mir weh."
Scarlett versucht sich aus dem Griff ihres Vaters zu befreien und windet sich dabei etwas. Der Griff an ihrem Oberarm ist jedoch zu stark. James wirft seiner Tochter kurz einen strengen Blick zu.
„Sei still. Und du, raus aus meinem Haus."
Er zeigt wieder mit dem Finger auf Crowley und wird so langsam aber sicher wütend. Da sind seine Kinder endlich wieder nach Hause gekommen, da schleppen sie doch tatsächlich noch diese zwei Witzfiguren an. Er duldet sie jedenfalls keine Sekunde länger in seinem Haus.
„Hey hey hey. Das ist ein Hugo Boss Anzug, ja?"
Crowley guckt ihn unbeeindruckt an. Was kann ihm schließlich ein einziger Mensch anhaben, der sich in der Welt des Übernatürlichen nicht mal ein bisschen auskennt? Er hat ganz klar die Oberhand. Doch James kann seine Wut nicht mehr zügeln, er ist kurz vor'm explodieren und flüstert leise und bedrohlich, jedes Wort betont, ehe es aus ihm herausbricht.
„Raus. Aus. Meinem. Haus. SOFORT!"
Scarlett erschrickt sich etwas als ihr Vater plötzlich so laut wird und guckt ihn mit großen Augen an. Sie versucht noch immer sich aus seinem Griff zu befreien, doch James packt etwas fester zu und zieht sie mit einem Ruck nah an sich heran.
„Das du dich mit so eingebildeten Leuten abgibst. Und dich auch noch auf einen Kiffer einlässt. Darüber reden wir noch mein Fräulein."
Bis dahin war Crowley noch zurückhaltend und wollte es auf zivilisierte Art und Weise regeln, doch zu sehen wie James mit seiner Tochter umgeht, lässt das Fass überlaufen und für ihn wird es nun Zeit, zu handeln. Er macht eine leichte Handbewegung und lässt James somit an die Wand hinter ihm und Scarlett knallen, wo er ihn telepathisch festhält.
„Halt die Klappe."
James ist völlig entgeistert und begreift nicht, was da gerade passiert. Wie konnte das passieren? Und warum kommt er nicht mehr von der Wand los? Er windet sich und tritt wild um sich, versucht gegen die unsichtbare Kraft anzukämpfen, doch scheitert dabei kläglich. Wutentbrannt starrt er Crowley an.
„Was fällt dir ein? Du wirst jetzt sofort gehen bevor ich dich eigenhändig raus werfe!"
„Wie willst du das machen wenn du an die Wand genagelt bist?"
Scarlett tritt einen Schritt zurück während sich die beiden das Wortgefecht liefern und sich anfunkeln. Sie reibt sich den Oberarm, der durch den festen Griff ihres Vaters wehtut. Das wird sicher ein paar blaue Flecken geben. Sie guckt zur Tür und ist etwas erleichtert zu sehen, dass Tommy und Scud nicht mehr da sind. Scheinbar hat Scud Tommy nach draußen gebracht, damit er all das nicht mit ansehen muss, er kümmert sich wirklich gut um ihren kleinen Bruder.
„Scarlett. Du gehst jetzt mit deinem Bruder nach oben. Und wir beide klären das."
James' Blick ist die ganze Zeit wütend und bedrohlich zugleich auf Crowley gerichtet, der unbeeindruckt und völlig ruhig mitten im Raum steht, sein Blick verweilt auf James.
„Was willst du klären?"
„Das du hier einfach rein marschierst und denkst, du hättest hier das sagen. NICHT IN MEINEM HAUS! Scarlett. Geh rauf auf dein Zimmer! Hörst du nicht?"
„Dann müsste sie ja zu uns nach Hause wenn sie in ihr Zimmer soll. Pass mal auf, mein Lieber, entweder reden wir vernünftig oder ich muss dich leider mitnehmen in mein Spielzimmer."
„Ihr Zimmer ist hier! Bei ihrer Familie. Was geht dich das alles an, mh? Was ist das hier für ein kranker Scheiß?"
„Ich bin der Vater ihres Freundes. Also geht mich das schon etwas an."
„Sie hat keinen Freund."
„Hat sie. Sonst wäre sie heute nicht mit meinem Sohn im Bett gewesen."
„DU HAST MIT DIESEM KIFFER GESCHLAFEN?"
James schaut wutentbrannt zu seiner Tochter und denkt, er hat sich verhört. Seine eigene Tochter kann sich doch nicht auf so einen einlassen. Scarlett, die bisher nur unauffällig dastand und beide stumm beobachtet hatte, guckt mit großen Augen, in denen die angst deutlich zu sehen ist, ihren Vater an, der noch immer wie an die Wand geklebt ihr gegenüber steht. Crowley sieht, dass sie etwas zittert und stellt sich beschützend seitlich vor sie. Damit versperrt er ihr nicht den Blick zu James, aber zeigt ihr, dass er für sie da ist und ihr nichts passieren wird.
„Ganz ruhig hier, ja? Sonst gehe ich mit dir gleich wirklich in mein Spielzimmer."
„Was ist das hier für ein kranker Scheiß?"
„Ich würde mal sagen, normales reden. Jedenfalls von meiner Seite. Von deiner kommt nur dummes Zeug."
„Was geht dich das alles überhaupt an? Nimm deinen Sohn und raus aus meinem Haus. Was willst du hier?"
„Eigentlich vernünftig mit dir reden. Ich habe deiner Tochter versprochen, dir nicht wehzutun."
James lässt seinen Blick wütend zu Scarlett schweifen und kann nicht glauben was hier vor sich geht. Es fällt ihm schwer seine ganze Wut zu zügeln, wenn er von der Wand loskommen würde, was auf mysteriöse Weise nicht geht, dann würde er sich auf diesen Anzugträger stürzen und ihn windelweich prügeln. Und danach würde er seine Tochter zur Vernunft bringen und das lächerliche Spielchen mit diesem Kiffer ein für alle Mal beenden.
„Du rennst zu dem und heulst dich aus statt nach Hause zu kommen?"
„Sie hören mir wenigstens zu und sind offen und aufgeschlossen. Nicht wie ihr, Dad."
„Was willst du jetzt hören, Scarlett? Das es mir leid tut? Tut es nicht. Das mit Tommy? Da musst du mit deiner Mutter reden, sie ist schließlich fremdgegangen."
Das ist für Scarlett alles zu viel. Sie kann nicht glauben was sie da hört. Ihrem Vater ist das alles egal? Wie kann das sein? Das alles überfordert sie und sie weiß einfach nicht mehr, was zu tun ist. Crowley selbst kann nicht tatenlos daneben stehen, während James so etwas direkt in das Gesicht seiner Tochter sagt und nutzt seine dämonischen Kräfte, um ihm die Luft kurz abzudrücken. Als kleine Warnung. James keucht und ringt für einen Moment nach Luft, für einen kleinen Augenblick ist ihm die Panik in den Augen anzusehen, bevor er sich schnell atmend wieder fängt und zu Crowley starrt.
„Was wird das hier? Was ist hier los?"
„Willkommen in meiner Welt, James."
Crowley spricht ruhig und mit einer düsteren Autorität in seiner Stimme, die es deutlich macht, das ihm noch viel schlimmeres widerfahren wird. In seinen Augen blitzt etwas auf, etwas das jedem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Crowley guckt kurz zu Scarlett, sein Blick wiest sie eindeutig dazu an, raus zu gehen. Sie schluckt schwer und zittert am ganzen Körper. Mit einem kurzen Blick zu ihrem Vater geht sie dann an Crowley vorbei zur Haustür, öffnet sie und tritt hinaus. Sie schließt die Tür hinter sich ohne sich auch nur ein letztes Mal umzudrehen.Mit dem Wissen, was sich in dem Haus abspielen wird, geht sie die Stufen hinab in den Vorgarten, zu Scud und Tommy, die sie beide angucken, die blicke der beiden sind voller Sorge. Die Entscheidung ist jedoch gefallen und sie weiß, dass sich Crowley um die Sache kümmern wird.
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