⛧Fate⛧
❯────「Jay」────❮✿
Die Luft im Raum war schwer, fast erdrückend. Stille hatte sich zwischen uns gelegt, nur unterbrochen von dem gelegentlichen Knistern der alten Holzbohlen unter unseren Füßen.
Doch in meinem Kopf war es alles andere als still. Gedanken rasten, Erinnerungen spielten sich in Schleife ab, Emotionen schlugen Wellen, die ich nicht bändigen konnte.
Ich starrte ins Leere, mein Blick fixiert auf einen Punkt an der Wand, doch ich nahm nichts davon wirklich wahr. Alles fühlte sich falsch an. Unwirklich.
Sunoo saß mir gegenüber, die Arme verschränkt, seine Miene ausdruckslos. Und doch wusste ich, dass es nur eine Fassade war. Ich kannte ihn. Ich kannte ihn besser als jeden anderen. Und gerade deswegen wusste ich, dass es ihn zerstörte. Dass es ihn innerlich zerriss.
Und es war meine Schuld.
Ich wusste nicht, was passiert war. Warum ich es gesagt hatte. Warum es so mühelos über meine Lippen kam.
„Ich liebe dich nicht mehr.“
Fünf Worte, und es war, als hätte ich einen Dolch direkt in seine Brust gerammt. Ich konnte mich nicht einmal daran erinnern, es bewusst gesagt zu haben. Es war einfach passiert, wie ein Reflex, ein erzwungener Automatismus.
Doch der Ausdruck in Sunoos Augen, der Bruchteil einer Sekunde, in der sein Blick sich verändert hatte, hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt.
Schmerz.
Dann Wut.
Und dann... Nichts.
Sunoo hatte seine Emotionen sofort begraben. Hatte sich aufgesetzt, als wäre nichts gewesen. Hatte gelächelt. Gelächelt, als hätte ihn meine Worte nicht in tausend Stücke gerissen.
Und dann hatte er Heeseung geküsst.
Ich wusste nicht, was schlimmer war. Der Kuss an sich oder die Art, wie er es getan hatte. So kühl, so berechnend. Nicht aus Liebe, nicht aus echter Zuneigung. Sondern aus Rache. Er wollte mich leiden sehen. Und verdammt, das tat ich.
„Warum so still?“ Sunoos Stimme durchschnitt die Stille wie eine scharfe Klinge. Sein Blick ruhte auf mir, herausfordernd, unbarmherzig. Ich sah ihn an, suchte nach irgendetwas in seinen Augen, nach einem Zeichen, dass er mich nicht wirklich hasste. Doch da war nichts.
Ich schluckte schwer. „Sunoo, ich—“
„Du was?“ Er zog eine Augenbraue hoch.
„Du wolltest es nicht sagen? War ein Versehen? Nur so dahingesagt?“
Meine Hände ballten sich zu Fäusten. „Ich weiß nicht, warum ich es gesagt habe... Es war, als hätte ich keine Kontrolle darüber gehabt.“
Sunoo lachte. Es war ein bitteres, scharfes Lachen.
„Keine Kontrolle? Wirklich, Jay?“
Er lehnte sich zurück, schüttelte den Kopf. „Du klangst ziemlich überzeugt davon.“
Ich biss mir auf die Unterlippe, wollte etwas sagen, doch dann hörte ich Jungwon seufzen.
„Wir haben größere Probleme als das hier.“
Mein Kopf ruckte zu ihm herum. Sein Gesicht war bleich, seine Hände zitterten leicht. „Wir müssen einen Weg finden, das rückgängig zu machen.“
„Rückgängig machen?“ Heeseung, der bis jetzt ruhig an der Wand gelehnt hatte, lachte leise.
„Warum soll das rückgängig gemacht werden? Warum kannst du dieses Geschenk nicht einfach annehmen, Jungwon?“
Seine Stimme war ruhig, fast sanft, doch in seinen Augen funkelte etwas Unheilvolles.
Jungwon schüttelte heftig den Kopf. „Das ist kein Geschenk. Das ist ein Fluch.“
„Ein Fluch?“ Heeseung lachte wieder, trat ein paar Schritte näher.
„Ist es ein Fluch, stärker zu sein als jeder andere? Ist es ein Fluch, unbesiegbar zu sein?“
„Ist es ein Geschenk, jeden Moment die Kontrolle verlieren zu können?“ Ich sprach, bevor ich es überhaupt bewusst entschieden hatte. Meine eigene Stimme klang fremd in meinen Ohren.
„Den Menschen wehzutun, die man liebt?“
Heeseung musterte mich, und für einen Moment schien so etwas wie Anerkennung in seinem Blick aufzublitzen. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“
„Das hier ist nicht mehr normal“, murmelte Ni-ki leise. Seine Arme waren um seine Knie geschlungen, sein Blick auf den Boden gerichtet. „Wie sollen wir so weitermachen? Was ist mit der Schule? Was ist mit unseren Familien?“
Stille.
Niemand hatte eine Antwort darauf.
Ich spürte, wie mein Herz in meiner Brust hämmerte. Nicht, weil ich Angst hatte – nicht direkt. Sondern weil ich wusste, dass wir an einem Punkt waren, von dem es kein Zurück mehr gab.
Die Stille, die nach Ni-kis Worten eintrat, war fast noch drückender als die Dunkelheit, die sich langsam über den Himmel draußen legte. Niemand sagte etwas. Jeder von uns wusste, dass es keine einfache Antwort gab. Dass es vielleicht gar keine gab.
Ich sah zu Jungwon, der seinen Blick auf die Tischplatte vor ihm gesenkt hatte. Seine Finger spielten nervös an der Kante seines Ärmels. Sein Atem ging flach, als ob er versuchte, sich selbst zu beruhigen. Aber es funktionierte nicht.
„Wir... Wir können das nicht für immer geheim halten“, murmelte er schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Irgendwann wird es auffallen.“
„Dann müssen wir vorsichtig sein“, erwiderte Heeseung, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Ungeduld.
Jungwon riss den Kopf hoch, seine Augen blitzten wütend.
„Vorsichtig? Heeseung, wir können nicht einfach so tun, als wäre alles normal! Du hast Jake gebissen. Jake hat Sunghoon gebissen. Ni-ki—“ Seine Stimme brach, als er Ni-ki ansah, und für einen Moment schien er einfach keine Worte mehr zu finden.
Ni-ki sah nicht auf. Sein Blick war leer, seine Schultern angespannt.
„Und was schlägst du vor?“ Heeseung verschränkte die Arme vor der Brust. „Dass wir uns einfach alle umbringen? Ist das die Lösung, die du suchst, Jungwon?“
Jungwon wich einen Schritt zurück, als wäre er tatsächlich geschlagen worden. „Das habe ich nicht gesagt“, meinte er, seine Stimme nun lauter. „Aber ich weigere mich, das einfach so hinzunehmen. Ich weigere mich, mich mit diesem... diesem Ding abzufinden, das wir jetzt sind!“
„Das Ding, das wir jetzt sind, ist besser als alles, was du jemals warst“, sagte Heeseung und trat näher an ihn heran.
„Du bist schneller, stärker, unbesiegbar. Und trotzdem willst du dich immer noch an dein altes, schwaches Menschendasein klammern?“
„Ich war nicht schwach!“ Jungwon funkelte ihn an.
„Ach nein?“ Heeseung grinste leicht. „Dann erklär mir, warum du jetzt so verzweifelt nach einem Ausweg suchst.“
Jungwon ballte die Fäuste, und für einen Moment sah es so aus, als würde er Heeseung einfach ins Gesicht schlagen. Doch er tat es nicht. Stattdessen wandte er sich abrupt ab und rieb sich frustriert über die Stirn.
„Das kann doch nicht alles gewesen sein“, murmelte er. „Es muss einen Weg geben, das rückgängig zu machen.“
„Und wenn nicht?“ fragte Jake plötzlich, und alle Augen wandten sich zu ihm.
Er hatte bis jetzt kaum gesprochen. Seine Arme waren locker vor der Brust verschränkt, doch sein Gesichtsausdruck war nachdenklich. Und dann, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, hob er eine Hand – und der Stuhl neben ihm bewegte sich von allein.
Ich hielt die Luft an.
Ni-ki riss die Augen auf. Sunoo, der sich bis jetzt trotzig in seiner Rolle als „Ich-kümmere-mich-um-nichts“- Spieler gehalten hatte, setzte sich ruckartig auf.
„Jake...“ flüsterte Sunoo ungläubig.
Jake blinzelte selbst überrascht.
„Ich... Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe.“
Ni-ki sprang auf. „Mach es nochmal.“
Jake zögerte, dann fixierte er erneut den Stuhl. Seine Stirn legte sich in Falten, seine Augen funkelten leicht – und dann bewegte sich der Stuhl wieder. Dieses Mal viel kontrollierter.
Ich schluckte schwer.
„Okay, das ist offiziell krank“, murmelte Sunoo.
Heeseung grinste.
„Scheint, als wäre dein Geschenk nicht nur Unsterblichkeit. Jungwon, vielleicht solltest du das noch einmal überdenken.“
Jungwon sagte nichts. Sein Blick wanderte langsam von Jake zu seinen eigenen Händen, als würde er sich fragen, ob da mehr in ihm war, das er noch nicht entdeckt hatte.
Mein Magen zog sich zusammen.
Wenn Jake das konnte... Was konnten wir anderen dann noch?
Und wenn wir uns jetzt schon gegenseitig an die Kehle gingen – was würde passieren, wenn wir noch mächtiger wurden?
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