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50) Unruhe

Als ich am nächsten Morgen aufwache, liegt der Duft von Orangen in der Luft.

Ich fühle mich schwer und ein bisschen betäubt. Die Zuversicht von gestern ist verflogen. Mir wird bewusst, dass wir heute vielleicht sterben werden.

Bei dem Gedanken fühle ist es mir, als wäre ich in eine zu enge Glasflasche gepresst worden. Ich quäle mich aus dem Korbstuhl, in dem ich eingeschlafen bin, und strecke meine verkrampften Glieder – allerdings ohne das unangenehme Gefühl der Enge abschütteln zu können.

Mein Blick fällt auf Étienne, der – nachdem ich ihn gedrückt habe – am Esstisch eingeschlafen ist. Irgendwann würde ich gerne wissen, wie er mich in meiner Drudengestalt wahrnimmt, aber die Frage hat Zeit bis nach unserer Rückkehr. Wenn wir Seymour gerettet haben und noch am Leben sind, können wir unsere Zukunft besprechen. Andernfalls macht diese Unterhaltung ohnehin keinen Sinn.

Aus dem Nebenraum sind leise Stimmen zu hören.

Ich schleiche mich hinüber und entdecke Mae, die an Theos Lagerstätte vor dem Kachelofen sitzt und sich um seine Brandwunden kümmert. Dabei geht sie sehr sorgfältig und konzentriert vor. Wahrscheinlich würde sie eine ausgezeichnete Krankenschwester abgeben.

Isabel hockt auf dem Fensterbrett, lässt die Beine baumeln und späht in den dichten Morgennebel hinaus. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und es liegt eine herbstliche Stille über dem Land. Isabels nackte Knie, die zwischen ihren Ringelstrümpfen und dem zerknitterten Rocksaum hervorlugen, sind aufgeschürft und dreckig. In den Dienstbotenunterkünften gibt es kein fließendes Wasser. Das Wasser, mit dem Mae die Wunden von Theo behandelt, stammt aus dem Brunnen in der Senke hinter dem Haus.

»Wo ist Adeline?«, frage ich und halte die Hand vor den Mund, um ein Gähnen zu verbergen.

»In die Stadt gefahren«, antwortet Mae. »Sie sollte bald zurück sein.«

In der vergangenen Nacht haben wir diverse Szenarien durchgesprochen. Keines davon hat sich nach näherer Betrachtung als Lösung für unser Problem entpuppt. Wenn wir nicht am verabredeten Treffpunkt erscheinen oder die Baupläne nicht bei uns haben, wird Faucon nicht zögern, Seymour zu töten. Dasselbe wird wohl auch passieren, wenn wir nicht vollzählig sind oder wenn wir irgendetwas anderes versuchen, um ihn zu überlisten.

Adeline ist jedoch nicht davon überzeugt, dass unsere Situation vollkommen hoffnungslos ist. Sie glaubt auch nicht, dass Faucon dahintersteckt. Ich habe nicht verstanden, mit welcher Begründung, aber ich denke, dass sie von uns allen am meisten Erfahrung mit Erpressungen hat. Und ich muss auch zugeben, dass es nicht Faucons üblichem Vorgehen entspricht, seine Opfer vorzuwarnen. Wenn er uns die Baupläne abnehmen und uns töten wollte, könnte er beides jederzeit bewerkstelligen und müsste uns nicht zuerst an irgendeinen Treffpunkt locken. Also vielleicht hat Adeline Recht und diesmal steckt jemand anders dahinter.

»Mademoiselle Pommier«, ächzt Theo.

»Ja?« Ich trete an sein Krankenlager und sehe auf ihn herab.

Theo sieht deutlich besser aus als gestern Abend. Seine Haut hat noch immer einen rötlichen Anstrich und sein Bart ist von der Hitze versengt, aber seine Augen sind wach und klar.

Bei diesem Anblick weiß ich, dass er durchkommen wird. Dieses Wissen verleiht auch mir neuen Mut. Vielleicht haben wir tatsächlich eine Chance.

»Ich habe noch einmal darüber nachgedacht«, murmelt Theo, während Mae seine Verbände auswäscht.

»Worüber?«

»Über den Namen auf den Plänen.« Theos Stimme klingt heiser. Genau wie Étienne und ich hat er viel Rauch eingeatmet.

»Was ist mit dem Namen?«

»Hubert Samedi ...« Theo zupft an seinem Schnauzbart herum. »Ich glaube, ich weiß wieder, wo ich von ihm gehört habe. Zu Zeiten der Großen Dürre war er ein recht bekannter Erfinder. Er ...« Theo späht zum Fenster, wo der Himmel sich langsam dunkelgrau färbt. »... verschwand einige Jahre, bevor der Krieg ausbrach.«

»Die Große Dürre«, murmelt Mae. Es klingt ehrfürchtig.

Theo nickt. »Ja. Ganz genau.« Er fährt sich mit der Zunge über die Lippen. »Die Menschen damals haben sehr gelitten und waren auf der Suche nach einem Sündenbock. So kam es schließlich zum Überfall auf Aude und in der Konsequenz zum Beginn des Krieges.«

»Und was bedeutet das?«, will ich wissen.

»Ich weiß es nicht«, gibt Theo zu. »Aber vielleicht war Samedi der Erfinder der magischen Maschine.«

»Ist je herausgekommen, was aus ihm geworden ist?«

Theo verdreht die Augen zur Decke, als müsste er nachdenken. »Ich glaube, er ist während des Krieges wieder aufgetaucht. Als Berater des Königs. Und am Ende hieß es, er wäre irgendwo hinter feindlichen Linien verschollen.«

Ich lasse mir diesen Gedanken durch den Kopf gehen. Wenn Hubert Samedi tatsächlich der Erfinder der magischen Maschine ist, könnten er und seine Pläne während des Krieges in die Hände der Ellyrier gefallen sein. Das würde erklären, wie die Elfen und später Narcisse in den Besitz der Pläne gelangt sind.

»Und wie hilft uns das?«, fragt Mae.

Theo knetet seine Finger. »Das ... das ist mehr eine theoretische Überlegung.«

»Hintergrundwissen«, ergänze ich mit einem schwachen Lächeln, während ich überlege, wie uns dieses Hintergrundwissen davor bewahren kann, scheußlich ermordet und irgendwo im Meer versenkt zu werden.

»Ihr müsst euch keine Sorgen machen«, bemerkt Isabel von der Fensterbank, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Seymour geht es gut. Und uns wird nichts passieren.«

»Ach ja? Und woher weißt du das?«

Isabel weicht meinem Blick aus und strampelt noch energischer mit den Beinen. »Die Magie wird uns beschützen.«

Mae verzieht das Gesicht, hat sich aber schnell wieder im Griff. Allerdings verkalkuliert sie sich mit dem Verband und muss ihn noch einmal aufwickeln. Offenbar bin ich nicht die Einzige, die an diesem Morgen etwas neben der Spur ist.

Ich sage mir, dass es ganz natürlich ist, Angst zu empfinden. Dass meine schlimmsten Befürchtungen vermutlich ohnehin nicht eintreten werden. Dass meine inneren Stimmen zum Katastrophisieren neigen und der Tag sich noch in jede Richtung entwickeln kann. Doch wirklich daran glauben, tue ich nicht. Ich rieche die Orangen und kann nicht anders, als den Geruch als schlechtes Vorzeichen zu interpretieren.

Wenig später kehrt Adeline zurück und weckt Étienne, indem sie ihm ein Bündel Kleidung an den Kopf wirft. »Aufwachen und umziehen, ihr Büchsenscheißer.«

Ich springe auf und husche zur Tür ins Nebenzimmer. »Umziehen?«

»Wir sehen alle aus, als wären wir durch eine Kohleschacht gekrabbelt«, erwiderte Adeline. »Damit werden wir in der Stadt nur auffallen.«

»Und das wollen wir nicht?«

Adeline rauscht an mir vorbei in die Küche. Dabei verbreitet sie – wie gewohnt – eine Atmosphäre von Energie und Tatendrang. »Nein. Noch nicht.«

Ich verschränke die Arme vor dem Körper. »Und was heißt das? Was haben wir vor?«

»Wir werden zur alten Königsburg fahren«, antwortet Adeline, während sie Isabel mit Blicken und Gesten dazu anweist, von der Fensterbank zu klettern.

Étienne tritt neben mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Um was zu tun?«

Bevor Adeline antworten kann, stößt Mae einen leisen Schreckenslaut aus und zieht damit alle Aufmerksamkeit auf sich. Der Grund für ihr Verhalten ist Theo. Er ist dabei, sich zu verwandeln. Ähnlich wie ich, verwandelt er sich nicht nur mit Haut und Haar, sondern auch mitsamt seiner Kleidung. Nur seine Brille ist davon nicht betroffen. Warum auch immer.

»Étienne ...«, höre ich ihn flüstern, während sein Körper zu Holz erstarrt und Wurzeln aus der Bettdecke sprießen.

Étienne hockt sich zu ihm. »Ja, mein Freund?«

»Bring ...« Theos Unterlippe zittert. Seine Haut wird dunkel und rau, platzt auf, bekommt Risse und Furchen. »... Momo zurück.«

»Das werde ich«, verspricht Étienne und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Wenn du wieder aufwachst, sind wir vielleicht schon wieder zurück.« Er schenkt ihm ein zuversichtliches Lächeln. »Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut.«

Theo nickt zögerlich, lässt den Kopf zurücksinken und schließt die Augen. Die Verwandlung zieht wie ein Regenschauer über ihn hinweg. Seine Haut wird rau und kräuselig, Äste wachsen ihm aus dem Kopf und Sekunden später liegt nur noch eine buschige Pinie im Bett am Kachelofen.

Ein Gefühl von starker Trauer überkommt mich. Vielleicht ist es das letzte Mal, dass Theo seine Freunde gesehen hat. Und ich habe mich nicht einmal von ihm verabschiedet.

Étienne seufzt, stützt sich mit den Händen auf den Knien ab und richtet sich wieder auf. »Mae ... warum siehst du dir nicht noch Bettys Arm an?«

Ich will ihm sagen, dass das nicht nötig ist, weil ich in Anbetracht der Umstände wohl kaum an einer bereits ausheilenden Streifschussverletzung sterben werde, aber Adeline kommt mir zuvor. »Gute Idee. Wir sollten alle in bester Form sein, wenn wir gleich aufbrechen.«

»Das wäre viel leichter, wenn es Kaffee gäbe«, brummt Étienne.

»Aber was haben wir vor?«, fragt Mae, während sie nervös ihre Hochsteckfrisur richtet. Hier und da schimmern die Adern durch ihre Haut. Ihr Fluchproblem scheint nicht nur vom Elfmond abzuhängen, sondern auch schlimmer zu werden, wenn sie aufgeregt ist.

»Wir werden uns bei der alten Königsburg umsehen und auf das Eintreffen der Erpresser warten«, antwortet Adeline. »Wenn wir sehen, wie sie ankommen, wissen wir, mit wem wir es zu tun haben – und ob Seymour bei ihnen ist.«

»Das heißt ... wir legen uns auf die Lauer?«

Étiennes Mundwinkel zucken. Die Aussicht darauf, etwas zu unternehmen, scheint ihm zu gefallen. Mir gefällt sie ebenfalls. Alles ist besser, als abzuwarten und nichts zu tun. Trotzdem muss ich frösteln. In meinem Bauch breitet sich ein nervöses Kribbeln aus und ich bin froh, dass ich das alles nicht alleine durchstehen muss.

Nachdem Mae meinen Arm neu verbunden hat und wir uns alle umgezogen haben, fahren wir in die Stadt. Dort herrscht eine spürbare Unruhe. Zuerst denke ich, dass diese Wahrnehmung an mir liegen muss. An meiner eigenen Aufregung. Doch dann fahren wir am Parlament vorbei und ich kann die Schmierereien an der Fassade entdecken. Respekt für unsere Toten - Frieden gehört verboten, steht mit leuchtend roten Buchstaben über dem Eingangsportal.

»Die Contres«, sagt Adeline. »Sie bestreiten, etwas mit Narcisse' Tod zu tun zu haben, aber sie sind ganz sicher nicht unglücklich darüber.« Adeline lenkt die Voiturette über die Kreuzung. Die Straße Richtung Innenstadt ist gesperrt. Gendarmen patrouillieren an den Absperrungen. »Die Eisenkreuzbewegung hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und sich zu dem Anschlag auf das Geldhaus in Jouyan-Sin bekannt. Angeblich war es bloß eine Warnung.«

»Hat es denn Verletzte gegeben?«, frage ich.

Adeline schnaubt. »Nein. Nur einen Sachschaden. Haru-Sin wird es verkraften können.«

»Sie sind erstaunlich still«, bemerkt Étienne.

»Wer?«

»Die Eisenkreuzbewegung.« Étienne knetet seine Unterlippe. »Normalerweise werden sie vor jeder Troisan besonders aktiv. Beim letzten Mal haben sie den Sohn von Lai Makaran entführt und die Zigarrenfabrik seines alten Herren in Holting niedergebrannt.«

»Der arme Lai ...«, flüstert Mae.

»Tut mir leid«, entschuldigt sich Étienne. »Ich hatte vergessen, dass ihr euch kanntet.«

»Kanntet?«, wiederholt Adeline. »Die beiden waren verlobt, du unsensibler Sch-«

»Schon gut«, fällt Mae Adeline ins Wort.

»Aber wieso machen sie das vor der Troisan?«, will ich wissen. »Die Troisan hat doch überhaupt nichts mit Jouyan zu tun.«

»Aufmerksamkeit«, antwortet Adeline. »Alle vier Jahre richtet sich das Auge der Welt auf Menthe und die Eisenkreuzbewegung will ihren Teil des Kuchens abhaben.« Sie wendet sich an Étienne: »Und ich wäre mit solchen Aussagen äußerst vorsichtig ... morgen ist das Jouminsche Neujahrsfest. Das - zusammen mit der Troisan ...«

Sie lässt den Satz unvollendet, aber ich glaube wir können uns alle denken, worauf sie hinaus will. Der Rest der Fahrt verläuft in einem bedrückten Schweigen.


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