74. Die eine Frage
Die Ankunft beim Haus und der Weg hinauf in die Wohnung ist still aber beide Männer suchen nach Nähe zu ihr und sie nimmt die angeboten Hände nur zu gern. Felix öffnet die Tür für sie und Conall schließt sie hinter ihnen wieder. Ohne sich miteinander abzusprechen gehen sie gemeinsam in die Küche.
"Wie wäre es mit Spaghetti Bolognese?" - "Und einen grünen Salat?" - "Soll ich eine Flasche Rotwein öffnen?" Die drei müssen erst einmal runter kommen und da die Mittagszeit bereits vorbei ist, liegt ein gemeinsames Essen nahe. Heyas Vorschlag wird daher einvernehmlich von Felix ergänzt und von Conall angenommen und mit einem verstehenden Lächeln, dass sie miteinander austauschen, geht jeder an seine selbst gewählte Aufgabe. Doch ist es nicht so, dass jeder nur vor sich hin werkelt. Während er den Salat und Kräuter schneidet bereitet Felix auch die Tomaten und Zwiebeln für Heya vor und Conall gibt etwas Wein in die Sauce. Er deckt auch den Tisch und man reicht sich gegenseitig immer wieder Geschirr, Utensilien und Gewürze an und kostet schließlich gemeinsam die Saucen.
Die Stimmung zwischen ihnen ist ruhig und harmonisch. Jeder will im Moment das gleiche - etwas essen und trinken und etwas Ruhe nach all der Aufregung. Aus diesem Grund liegt im Moment auch keine Erregung in der Luft und doch suchen sie alle nach Nähe. Es wird nicht viel geredet, statt dessen werden liebevolle Blicke und fürsorgliche Berührungen ausgetauscht. Und doch ist es nur die Ruhe vor dem Sturm, denn alle haben jetzt das gleiche Ziel vor Augen.
Keiner hat es eilig und niemand ist ungeduldig, nicht einmal der Wolf. Stattdessen bewegen sich alle gemeinsam auf den Punkt zu, den sie nicht länger hinauszögern wollen. Und dann kommt der Moment in dem alles aufgegessen und wieder aufgeräumt ist. Felix und Heya sehen Conall erwartungsvoll an, der nickt und die Führung ohne zu zögern und sehr gerne übernimmt. Schnell schickt er seinem Freund ein Bild von der Position, die ihm für das kommende Ritual vorschwebt und dieser ist damit sehr einverstanden Er überrascht Heya damit, dass er sie nicht ins Schlafzimmer sondern ins Wohnzimmer führt aber sie wehrt sich nicht, als sie von Felix zu ihm auf die Couch gezogen wird. Sie ist wirklich nervös jetzt, aber es ist eine gute, erwartungsvolle Nervosität. Das Selbstbewusstsein, dass die Männer ausstrahlen, lässt nicht zu, dass sie Angst bekommt, sie fühlt sich sicher.
Der Mann neben ihr legt seinen Arm um ihre Schulter und zieht sie nah an sich ran. Conall kniet sich vor sie so nah es geht, legt seine Arme auf ihren Beinen ab und ergreift mit seinen Händen sanft aber besitzergreifend ihre Hüften. Ihre Blicke wandern abwechselnd erwartungsvoll von einem zum anderen, ihre leichte Anspannung hat sich mit den Berührungen ihrer Männer aufgelöst und sie seufzt zufrieden auf.
"Heya, du weist was wir wollen. Unsere Tiere sind sich sicher dass die Zeit reif ist und wir stimmen ihnen zu." Conalls eindringlichen Worte kommen nicht überraschend für sie und so lächelt sie ihn an als Zeichen, dass sie genau weiß, was er will. "Aber du hast hierbei das letzte Wort." Wie immer ist es Felix, der eher Support als Führung anbietet. " Nur wenn du bereit bist, werden wir das Ritual der Bindung durchführen. Also bitte sag uns, ob es noch irgendwelche Unsicherheiten gibt, Ängste über die Zukunft oder irgendetwas, was dich sonst umtreibt." Überraschenderweise stimmt sein Freund ihm vorbehaltlos zu. "Je sicherer du dir bist und je mehr du diese Verbindung für dich selbst willst, um so stärker wird sie am Ende sein."
Der jungen Frau ist absolut klar, wie tiefgreifend ihre Entscheidung sein wird aber Conalls Worte machen ihr zusätzlich deutlich, dass sie sich dem nicht einfach nur ergeben darf. Sie muss es auch selbst wollen, damit es eine gute Bindung wird. Und wenn sie daran denkt, wie eng die beiden Männer zueinander stehen, dann weiß sie einfach, dass sie auf jeden Fall das beste und stärkste Band knüpfen will, dass ihr möglich ist. Trotzdem muss sie jetzt schlucken, weil es nicht mehr länger um das ob geht sondern nur noch um das wann. Und dieses wann ist ganz allein von ihr abhängig. Unter den flehenden Blicken ihrer Männer beginnt sie zu sprechen.
"Die Verbrechen meines Ex-Anwalts haben mich die Art, wie ich lebe, neu überdenken lassen." Eine ihrer Hände liegt auf Felix Oberschenkel und die andere auf einem von Conalls Armen. Sie hält sich an ihnen fest und drückt zu, als sie die Unsicherheit in den Blicken der Männer erkennt, die den Atem angehalten haben, weil sie nicht wissen, wohin ihre Rede führen wird.
"Ich glaube nicht, dass meine Einstellung, jeden Tag einzeln anzugehen - ein Tag nach dem anderen - das Problem dabei ist. Mein Fehler war viel mehr mein fehlendes Interesse, mein Leben selbst zu hinterfragen und zu beeinflussen, wo immer es möglich ist." Sie nickt sich selbst bestätigend und zeigt so, dass sie nicht nur zu den beiden sondern auch mit sich selbst spricht. "Ihr zwei habt mir gezeigt, dass es für mich viel mehr Möglichkeiten gibt, als ich jemals gedacht hätte."
<<Wovon redet sie? Mehr Auswahl? Gibt es noch andere Männer?>> Dem Wolf gefällt nicht, wohin der Hase hier läuft und er wird unruhig, was dafür sorgt, dass Conalls Griffe etwas fester werden. Er muss sich zusammenreißen, um ihr nicht weh zu tun. Sie lächelt ihm beruhigend zu. "Ich habe auch gelernt, jedes Angebot, das mir gemacht wird, zu hinterfragen und zu überprüfen bevor ich es annehme oder ablehne. Ich möchte den Fehler, den ich mit dieser Schlange gemacht habe, nicht wiederholen."
<<Vergleicht sie uns wirklich mit diesem verbrecherischen Idioten?>> Der Puma ist, um es schlicht auszudrücken, not amused und sorgt so dafür, dass Felix sich ebenfalls anspannt und sie fester an sich zieht. Sie reagiert auf die leuchtenden Augen ihrer Männer mit einem entschuldigenden Blick und macht sie damit nur noch nervöser. "Heya ..." fordert Conall unruhig und "bitte ..." kommt es auch flehendlich von seinem Freund, doch sie unterbricht beide mit je einem Finger auf deren Lippen und einem kurzen Kuss für jeden, der dem Finger folgt.
"Ich bin weder dumm noch blind geschweige denn unsensibel für Gefühle. Ich erkenne, wie viel ihr mir da anbietet und was ich euch bedeute und ich glaube genug an das Schicksal um auf einen positiven Ausgang zu hoffen." Die Männer ziehen geräuschvoll ihren Atem ein um ihn erneut anzuhalten als sie mit einem "Aber ..." nachsetzt. Das lässt sie aufseufzen und mit einem Blick um Geduld betteln. Nur die Tatsche, dass ihre Hände jetzt nach je einer ihrer Männer greifen und sie fest drücken, überredet die Männer aber schließlich dazu.
"So sehr ich euch auch vertraue musste ich gerade erst lernen, dass du nicht einfach vertrauen darfst. Es ist wichtig auch zu prüfen, ob das Vertrauen gerechtfertigt ist." Sie weiß, dass sie ihre Männer mit dem, was sie vor hat im Grunde beleidigt, doch nach den Worten der Richterin weiß sie einfach, dass sie jetzt das Richtige tun muss. "Ich habe außerdem den Rat bekommen, nicht nur den Männern zu vertrauen sondern auch die Biester zu befragen, denn sie lügen nicht." Ernst sieht sie die beiden an und in ihren Augen liegt nicht nur die Bitte um Erfüllung ihres Wunsches sondern auch um Vergebung. "Würdet ihr mir also den Gefallen tun und mich direkt mit ihnen reden lassen?"
Mit einem Seufzen stoßen beide den Atem aus, den sie so lange angehalten haben. Dann stehen sie wortlos auf und entkleiden sich. Sie kann in ihren Gesichtern ebenso wie in ihren Bewegungen sehen, dass die Männer verletzt sind, weil sie ihnen nicht vertraut. "Ich muss zugeben, dass es mir im Herzen weh tut, dass du danach fragen musst." Gesteht ihr Felix auch sofort offen und einmal mehr erkennt sie, dass es nicht nur Gerede war als Conall ihr gesagt hat, dass die beiden immer offen aussprechen werden, wenn ihnen etwas nicht gefällt. "Nichts desto Trotz freut sich meine Katze darüber, dass du bereit bist, aus deinen Fehlern zu lernen und auch darauf, direkt mit dir zu interagieren, aber sie kann immer noch nicht sprechen."
Erleichterung macht sich kurz auf ihrem Gesicht breit und einmal mehr weiß sie mit Sicherheit, dass sie nicht nur Felix sondern auch seinen Puma lieben wird. Dann fixieren sich ihre Sorgen auf Conall. "Mein Wolf stimmt dir zu. Was immer dir hilft noch sicherer zu werden ist er bereit dir zu geben." Vielleicht hat sie damit keine all zu schlechte Entscheidung getroffen, wenn sie die Reaktion der Biester bedenkt, doch eine Sorge bleibt. "Und was ist mit dir Conall? Bist du sauer auf mich?" Niemals hätte sie gedacht, dass es sie mal stören würde, wenn ein Mann sauer auf sie sein könnte, weil sie etwas will, das ihm nicht passt. Doch Conall glücklich machen zu wollen ist Teil von ihr geworden und ein Wunsch, der stärker ist, als jeder andere.
"Wenn du meinem Wolf mehr vertraust als mir, dann ist es das, was du bekommst. Sobald wir miteinander verbunden sind wirst du besser verstehen, dass wir ein und derselbe sind. Wir haben dich noch nie angelogen und werden es niemals tun." Seine Worte sind harsch und zeigen, dass auch er verletzt ist, doch sie kratzen nicht an seinem Selbstbewusstsein. Bevor sie noch weiter reagieren kann steht er in Wolfsform vor ihr und Felix folgt ihm mit einer fließenden Verwandlung. Heya nimmt sich vor, es bei den beiden wieder gut zu machen, so schnell es geht, doch jetzt muss sie sicher stellen, dass sie sich niemals die was-wäre-wenn-Frage stellen oder ein hätte-ich-doch vorwerfen muss.
Neugierig setzt sich der Wolf jetzt vor sie hin und legt fragend den Kopf zur Seite. <<Was jetzt?>> Der Puma setzt sich neben ihn und beugt seinen Kopf zur anderen Seite, so dass sich die Köpfe der beiden berühren. <<Sie hat einen Plan.>> Die beiden so zu sehen entlockt Heya ein bewunderndes seufzen. Sie sind so niedlich, wie sie da auf das warten, was sie vor hat und gleichzeitig so einig, es gemeinsam durchstehen zu wollen. Sie spürt nicht zum ersten Mal was für eine große Ehre es wirklich ist, dass die beiden sie dabei haben wollen.
"In Ordnung mein Sonnenschein und mein Mondlicht. Ich glaube fest daran, dass eure Männer mich nicht angelogen haben und dass ihr alle wirklich zu mir gehört und ich die vom Schicksal für Euch vorgesehene Frau in eurer Triade bin." Hebt sie an um den Männern das noch einmal zu verdeutlichen. Dann atmet sie tief ein und fährt mit gerunzelter Stirn und absoluter Anspannung fort. "Wenn ich falsch liege und alles eine Lüge ist, dann bitte ich euch, jetzt zur Haustür zu gehen. Dann werde ich euch hier und jetzt raus lassen und mich für immer von Euch verabschieden."
Ihr Herz hat sich schmerzhaft zusammen gezogen, doch da die Tiere nicht direkt aufspringen und sich auf die Wohnungstür zubewegen, verstärkt sich ihre Hoffnung, endlich ihr großes Glück gefunden zu haben. Es kann nicht alles eine Lüge gewesen sein, diese Gefühle haben sie nicht getäuscht, oder? "Aber wenn es stimmt und ihr mich wirklich und zu Recht eure Gefährtin nennt, dann kommt jetzt zu mir und zeigt mir Eure Liebe. Danach werde ich unsere Beziehung nie wieder in Frage stellen, das schwöre ich."
Nur einen Wimpernschlag später sind beide Tiere nah bei ihr. Die Hinterläufe auf dem Boden je ein Vorderfuß auf jedem ihrer Schenkel und der andere auf dem Sofa neben ihr, ihre Nasen an ihrem Nacken und in ihrem Haar lecken sie über ihren Hals und ihre Wangen und saugen ihren Duft ein. Sie lacht erleichtert und glücklich auf und kann nicht verhindern, dass ihre Tränen fließen, als die Anspannung von ihr abfällt und sie endlich die selbe Gewissheit verspürt wie die Biester und ihre Menschen. Ihre Hände tief in ihrem Fell vergraben und ihre Finger in ständiger Bewegung um sie zu kraulen und zu liebkosten fragt sie aufgelöst: "Also bin ich eure Seelenverwandte und ihr meine Gefährten? Ihr beide? Verbunden durch das Schicksal und füreinander bestimmt bis der Tod uns scheidet?"
Die Männer wandeln sich zurück und küssen ihre Wangen und flüstern ihr gleichzeitig direkt in die Ohren, begleitet vom sanften Schnurren der Katze und untermalt vom zustimmenden knurren des Wolfes: "Das bin ich." Die Männer lassen die Geräusche ihrer Tiere ganz bewusst durch und Heya erzittert lustvoll, als die Geräusche zusammen mit dem Atem ihre Ohren berühren. "Ich bin dabei. Verdammt, ich gehöre euch mit meinem Herzen und meiner Seele." Dann gibt sie jedem einzelnen einen leidenschaftlichen Kuss, erst Conall und, während der sich wieder vor sie auf die Knie begibt, auch Felix, der wieder an ihrer Seite sitzt. Endlich ist die Anspannung abgefallen, endlich ist jede Hürde genommen, endlich sind sie sich einander sicher und einig.
"Hast du noch weitere Fragen an uns oder unsere Biester?" Conall übernimmt wieder die Führung und Heya sieht ihn flehend an. "Conall, ich habe es ernst gemeint. Ich werde deine Ehrlichkeit nie wieder in Frage stellen." Er nickt denn er ist bereit ihr zu vergeben und weil sie erklärt, dass sie trotzdem noch Fragen hat sind beide bereit, ihr zuzuhören und sie nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. "Werde ich durch dieses Ritual selbst zu einem Gestaltwandler?" Diese Frage hat sie besonders umgetrieben und als sie die beiden jetzt neugierig ansieht runzelt Conall besorgt die Stirn. "Nein, tut mir leid. Du musst als Gestaltwandler geboren sein oder das Erbgut eines Gestaltwandlers in dir tragen." - "Oh, okay." Ihre recht neutral hervorgebrachte Antwort sorgt dafür, dass sich auch Felix Stirn in Falten legt. "Warum fragst du, würdest du gerne einer werden?" Sie schüttelt sofort den Kopf und er kann sehen, dass sie das ernst meint. "Nein, nicht wirklich. Nur noch sowas von dem ich gehört habe und das ich einfach wissen wollte. Die Gelegenheit war günstig."
Felix blinzelt überrascht und sie kichert, als er anfängt sie zu kitzeln. "Oh, du bist so ein schlimmes Mädchen, oder nicht?" Conall macht ein ernstes Gesicht aber die Ecken seiner Mundwinkel zucken verräterisch als er versucht, sein Lachen zu unterdrücken. "Interviewst du uns gerade?" Unter Lachen versucht sie es erst zu leugnen, gesteht aber schließlich, als es ihr zu viel wird und ihr der Atem vor Lachen ausgeht: "Okay, vielleicht ein kleines bisschen." Und plötzlich wandelt sich die ausgelassene Stimmung in etwas ganz anderes.
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