17. Traveller
Felix sitzt vor dem Wohnwagen mit den beiden alten Campern zusammen. Er kam wie zufällig vorbei, hielt für einen Gruß und etwas Smalltalk an und folgte dann ihrer Einladung zu einer Tasse Tee. <Warum sprichst du sie nicht einfach direkt auf sie an?> Die Frage des Pumas ist eher neugierig als verärgert. <Warum schleichst du dich erst so nah wie möglich an eine Beute an?> Der Mensch versucht es mit einer Gegenfrage und einem Vergleich und der Kater antwortet ohne zu zögern. <Um es mir leichter zu machen und die Chance auf einen Erfolg zu erhöhen.> Na also. <Genau das tue ich auch.>
"Es ist so nett dass wir uns endlich mal treffen,zumindest einen von euch." - "Ihr seid Reisende wie wir, oder nicht?" - "Übrigens ein netter Wohnwagen den ihr da habt." Das quirlige alte Paar weckt sofort Vertrauen bei dem Wandler. "Danke und ja, wir sind die meiste Zeit unseres Lebens auf Tour. Reisen macht so viel Spaß und man trifft immer auf interessante Menschen und Plätze, stimmts?" Die Lady kichert und der alte Mann, der sich selbst Traveller King nennt, sieht ihn erstaunt an. "Oh, ihr wollt also andere treffen?" - "Wir haben schon geglaubt dass ihr die Begegnung mit anderen lieber vermeidet". - "Ihr habt euren Trailer ganz schön weit weg von allen anderen abgestellt." Mit einem freundlichen Lächeln zuckt der so Verdächtigte mit den Achseln. "Naja, es gibt einen Unterschied zwischen Reisenden und Wochenend-Campern aus der Stadt und letzteren wollen wir weder zu nah kommen noch sie bei ihrer wohlverdienten Entspannung stören." Er verdreht dabei die Augen und erntet dafür ein neues Kichern der Frau während ihr Mann theatralisch aufseufzt bevor er schallend los lacht. Beide stimmen dabei mit einem Nicken zu, weitere Worte sind nicht notwendig, wenn man sich so einig ist.
"Habt ihr irgendjemand Interessanten hier getroffen?" Wie unter Campern üblich wird sich sofort geduzt. Was immer für eine gewisse Nähe unter Gleichgesinnten sorgt. "Haben wir jetzt - dich!" Die Lady zwinkert ihm zu und er erwidert mit einem freundlichen, leicht verlegenden Lachen. Die Tatsache, dass sie unabhängig vom üblichen Gedankenzug mit ihrem Mann spricht macht ihm deutlich, dass er Fortschritte damit macht ihr Vertrauen zu gewinnen. Dann fährt die Bahn der abwechselnden Reden wieder los. "Wir haben es allerdings auch nicht anders erwartet." - "Wir sind hier um eine junge Autorin zu treffen, die an unseren Reise-Erfahrungen interessiert ist." - "Was bringt euch beide in diese Gegend?" - "Es ist ja nicht gerade der schönste Ort der Welt den man unbedingt mal gesehen haben muss." Der Wandler nickt zustimmend während er hektisch überlegt, was er darauf antworten soll.
<Ich brauche etwas, dass ich mit den beiden teilen kann, etwas persönliches, dass ihr Vertrauen stärkt. Aber was soll ich ihnen erzählen?> Sein Tier ist nur zu gerne bereit ihm mit ein paar Ideen auszuhelfen. <Etwas über mich, über Conall, oder über Missy und ihre Aufgabe?> Der Mann ist sich jedoch nicht sicher, wie das alte Paar auf Homosexuelle oder Gestaltwandler reagieren wird. Normal währe ihm ersteres egal, aber er will schließlich etwas von den beiden und sie daher nicht gegen sich aufbringen. Und das andere ist ein Geheimnis das er nicht bereit ist so einfach preis zu geben, gerade weil es für den aktuellen Fall so wichtig ist. <Aber über Missy zu sprechen ist eine gute Idee.> Sein Kater schnurrt daraufhin zufrieden weil eine seiner Ideen Anklang gefunden hat. Seine Gesprächspartner beäugen ihn während seiner Überlegungen kritisch. Als er das bemerkt räuspert er sich verlegen und lächelt entschuldigend. "Sorry, die Frage hat mich über den Grund für unseres hier seins nachdenken lassen. Wir sind hier geboren und aufgewachsen und besuchen unsere Mom und einige alte Freunde. Aber ich stimme euch vorbehaltlos zu. Dieser Ort ist überhaupt kein netter Platz und uns hat es auch von hier fort getrieben sobald wir alt genug dafür waren."
"Oh, also seid ihr Brüder?" - "Ihr seht euch gar nicht ähnlich." - "wir dachten eigentlich ihr seid ein Paar." - "Sorry, das sollte keine Beleidigung sein." Die beiden Alten sind sichtlich überrascht, sich in ihrer Einschätzung aber so einig, dass es ihren Sprachduktus nicht stört. Der Junge Mann runzelt nachdenklich die Stirn und bringt sie dazu sich schnell weiter zu erklären. "Oh, damit meinen wir nicht dass es etwas schlechtes ist, schwul zu sein." - "Wen du liebst ist schließlich keine Entscheidung des Kopfes sondern des Herzens?" - "Alles was man tun kann ist, sich dafür zu entscheiden mit der Person die man liebt zusammen zu sein." Bei diesen Worten sieht sich das alte Paar dermaßen verliebt in die Augen dass Felix schmelzen könnte vor Rührung. Diese Blicke sprechen von einer ganz eigenen Geschichte in Sachen Liebe. Aber der junge Mann ist sich sicher, dass der Wolf nicht warten wird, bis das Paar die Geschichte seines Lebens erzählt hat und geht daher lieber nicht weiter darauf ein.
"Ihr habt recht, mit allem. Wir sind Waisen und haben unsere Erzieherin zu unserer Mutter ernannt. Wann haben sie heraus gefunden, dass wir ein Paar sind? Sie haben uns kaum gesehen und wir gehen mit unserer Beziehung zwar offen um aber nicht gerade hausieren." Diesmal sind sie auf die Frage oder vielleicht auch nur auf die richtige Antwort darauf nicht vorbereitet und daher bricht ihre zweigeteilte Sprechweise regelrecht zusammen. Die Lady wird knallrot und murmelt verlegen: Tut mir echt Leid. Was wir getan haben war nicht sehr höflich." Und ihr King entschuldigt sich damit, dass die beiden jungen Männer nun mal die einzigen interessanten Personen weit und breit sind. "Wir - hm - irgendwie - argh - haben wir euch beobachtet."
Beide sehen einen Moment in die gleiche Richtung, was dem Kater nicht entgeht weshalb er ihren Blicken folgt und dann die beiden Ferngläser auf einem Beistelltisch entdeckt. Er reißt seinen Kopf sofort wieder herum und schaut die beiden mit angehobenen Augenbrauen und einem ungläubigen Gesichtsausdruck an. "Dieser Platz ist voller Stalker, oder?" Allerdings kann er dabei seine Belustigung kaum verbergen und will es auch gar nicht. Sein amüsierter Tonfall wird unterstützt von einem breiten Grinsen und einem verzeihenden Zwinkern, wodurch er die Stimmung sichtlich entspannt. Er sieht ihnen an, dass sie sich wirklich schämen und wie erleichtert sie über seine Reaktion sind. "Wir müssen uns Entschuldigen." - "Das war in jeder Hinsicht schlechtes Benehmen."
< Wann bist du nah genug für einen Sprung?> Felix muss sein Lachen über die trockene Bemerkung seines Pumas zum Glück nicht unterdrücken, da es ebenfalls zu dem Kontext des Gesprächs passt. Das der dabei bei der Metapher bleibt die er selbst zuvor benutzt hat erheitert ihn um so mehr. <Seit wann bist du so ungeduldig?> Der Puma schnaubt nur gelangweilt. <Ich interessiere mich nicht für ihr Benehmen,> mault er, doch der Mann gibt nicht nach. <Aber ich bin daran interessiert, mit ihnen Freundschaft zu schließen.> Wieder spürt er die aufmerksamen Blicke seiner Gastgeber auf sich, dann wispern sie plötzlich beide gleichzeitig: "Ihr zwei seid Gestaltwandler, oder nicht?"
Felix klappt erstaunt die Kinnlade runter und erstarrt vor Schreck als er sich derart ertappt fühlt, entspannt sich aber schnell wieder, als er seinen Puma spürt, der sich über seine Versuche, alles geheim zu halten, und wie leicht er durchschaut wurde, köstlich amüsiert. Auch wirkt das Paar ob dieser Entdeckung weder verängstigt noch übermäßig aufgeregt. Schnell entscheidet er sich, ihnen zu vertrauen und wie bei der Frage um seine sexuelle Ausrichtung auch hier mit offenen Karten zu spielen. "Woher wisst ihr das?" Die beiden lächeln ihn zufrieden an und senken ihre Stimmen solang sie über seine Geheimnisse sprechen. Sie sind eindeutig stolz auf ihre Fähigkeit aber nicht daran interessiert, ihm Schwierigkeiten zu machen. "Wir reisen schon sehr lange und rund um die Welt." - "Wir waren an Orten wo eure Art kein Geheimnis ist." - "Wir haben einst offen und frei mit euresgleichen zusammen gelebt." - "Dabei lernten wir den Unterschied in euren Augen zu erkennen." - "Und vielleicht haben wir dich auch letzte Nacht mit einem Wolf herum spazieren sehen."
Jetzt muss Felix laut lachen, dann schüttelt er ungläubig seinen Kopf. <Du hinterhältiger Verräter,> beschimpft er sein Biest im Spaß und erhält eine ebenso belustigte Reaktion zurück, die man am ehesten mit einem zufriedenen Lachen beschreiben könnte. <Was denn? Ich bin eben auch daran interessiert, mit ihnen Freundschaft zu schließen.> "Euch kann niemand so leicht was vormachen, dass ist mal sicher," erklärt er den beiden Reisenden, nachdem er sich beruhigt hat und beschließt dann, die Aufgabe etwas direkter anzugehen. "Ihr habt mir vorhin von dieser jungen Autorin erzählt die sich für Reiseberichte interessiert. Uns ist aufgefallen, dass sie gestern versucht hat uns zu besuchen. Um ehrlich zu sein bin ich her gekommen um mehr über sie heraus zu finden. Könntet ihr mir in dieser Sache behilflich sein?" <Na endlich!> Er grinst und die beiden nicken. Sie mögen ihn, dass kann man an ihrem Verhalten sehen, und sie vertrauen ihm, vielleicht gerade weil er ein Gestaltwandler ist.
"Das war Heya." - "Sie schreibt Reiseromane für Newsworld." - "Du kennst deren Slogan?" - "Die Welt, wo die Neuigkeiten wohnen?" Felix spürt eine unglaubliche Erleichterung endlich einen Namen zu haben und rezitiert deshalb erfreut den bekannten Werbeslogan. "Besuchen sie die Nachrichten, wo sie zu Hause sind - besuchen sie Newsworld." Gemeinsam lachen sie darüber. Dann erzählen ihm die beiden über Heyas monatliche Reise-Kolumne. "Ihre Geschichten sind sehr populär." - "Ein Verlag bringt ihre Kurzgeschichten auch als Buch heraus." - "Sie beschreibt alles so lebendig." - "Wir können kaum glauben dass sie diese Gegend hier noch nie verlassen hat." Diese Information lässt den Wandler zusammen zucken, denn das ist seine größte Befürchtung. Durch sie gezwungen zu werden wieder hier her zu ziehen würde ihm nicht gefallen. Mit gerunzelter Stirn, die seine Sorgen nur all zu sehr sichtbar macht, sieht er die beiden entsetzt an. "Sie reist nicht gerne?" Doch das Paar nimmt ihm seine Ängste sofort wieder. "Das glauben wir eher nicht." - "Wir denken sogar, dass sie es lieben würde." - "Sie hat gesagt sie hätte dafür nie Geld gehabt." - "Aber dass kann nicht der wahre Grund sein, zumindest jetzt nicht mehr." - "Sie muss in den letzten Jahren genug Geld verdient haben."
Die alte Frau steht auf um in ihren Wohnwagen zu gehen. Als sie wieder heraus kommt hält sie ein Buch in der Hand, dass sie nun dem neugierigen Mann reicht der sich interessiert das Cover ansieht und liest.
"Hier, du kannst es behalten." - "Wir haben es doppelt, Geschenke von Freunden." - "Sie ist so ein nettes Mädchen." - "Und so eine großartige Zuhörerin." - "Und sie hat so eine romantische Art zu schreiben." Nach dieser letzten Aussage seiner Frau starrt sie ihr Mann kopfschüttelnd an. "Ich denke nicht, dass Männer an diesem romantischen Teil interessiert sind." Seine Aussage kommt ebenso strickt wie ihre leidenschaftliche Gegenwehr. Belustigt lauscht der Wandler ihrer Diskussion. "Lady, nicht jeder Schwule mag es romantisch." - "Diejenigen die ich getroffen habe schon." - "Also müssen alle anderen es ebenfalls mögen?" - "Sicher, warum nicht?" - "Das sind doch Vorurteile."
<Du magst es auch.> Erklärt der Kater und Felix hat keine Skrupel das zuzugeben. <Aber Conall ist kein Romantiker,> antwortet er voller Überzeugung doch sein Biest ist anderer Meinung. <Sicher ist er das. Er gibt es nur nicht gerne zu.> Das ist zuviel für den Wandler und er bricht in lautes Gelächter aus. Das Paar unterbricht daraufhin seine Diskussion und starrt ihn fragend an. Dabei werden sie immer mehr von seinem Lachen angesteckt, obwohl sie noch nicht wissen, worüber er überhaupt lacht. Nur langsam beruhigt er sich und wischt sich einige Freudentränen mit den Fingern aus den Augenwinkeln, bevor er sich erklären kann. "Tut mir Leid, Mann, aber mein Biest stimmt deiner Frau zu. Und ich schätzte ihr wisst beide, dass unsere Tiere mit Romantik überhaupt nichts am Hut haben. Also könntet ihr beide Recht haben." Das bringt die beiden zu ihrer zufrieden lächelnden Zweisamkeit zurück.
"Wir wollen am Sonntag grillen, willst du nicht auch kommen?" - "Wir schmeißen den Grill um 17 Uhr an." - "Bring einfach etwas zu essen oder zu trinken mit". - "Wir werden frischen Fisch und Gemüse vom Grill servieren." Der Angesprochene nickt dankbar für die Einladung. "Ich werde mit Conall darüber reden und euch später Bescheid geben. Ich muss jetzt gehen, aber ich habe noch eine letzte Frage. Habt ihr eine Adresse oder eine andere Möglichkeit, um Heya zu kontaktieren?" <Ich mag den Namen.> Der Gedanke des Pumas ist in ein zufriedenes Schnurren eingebettet. "Leider nein." - "Unser Neffe hat sie kontaktiert und den Termin für uns gemacht." - "Aber du kannst sie am Sonntag treffen." - "Sie ist ebenfalls eingeladen und sie hat zugesagt." Jetzt strahlt der Wandler über das ganze Gesicht. "Noch ein Grund ebenfalls zu kommen, vielen Dank. Die Einladung gilt hoffentlich auch für meinen Freund?" Das Paar lässt daran keinen Zweifel. "Aber sicher, je mehr desto besser." - "Wir freuen uns darauf ihn kennen zu lernen." - "Und wir werden mit niemandem über eure Geheimnisse reden, versprochen." - "Aber vermutlich werden uns auch die beiden Mädchen von Platz drei besuchen."
Felix mag die beiden wirklich. Warum können nicht alle so weltoffen und friedlich sein. "Mögt ihr die Mädchen, weil ihr ein gemeinsames Hobby teilt?" Seine neckenden Worte lassen die Frau erneut erröten, was sie gleich ein paar Jahre jünger wirken lässt. Doch sie lacht auch mit den beiden Männern mit. Das ist möglicherweise der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Weil Felix weiß wie wichtig dem Wolf diese Seelenverwandte ist, informiert er ihn noch auf dem Rückweg über Mind Link. <<Sie heißt Heya, sie schreibt besondere Reiseberichte für Newsworld, und sie kommt am Sonntag wieder her, zu einer Grillparty zu der wir ebenfalls eingeladen sind.>>
Als er Zuhause ankommt wartet Conall draußen auf ihn. Er ist komplett bekleidet und umarmt ihn glücklich. "Danke," flüstert er und küsst ihn liebevoll. Sein Wolf ist jetzt, mit den neuen Erkenntnissen, wieder deutlich friedfertiger. Schon bald drängt er ihn dann zum Auto und erzählt ihm, wo es hingeht. "Wir haben eine Verabredung bei Papa Bär. Ich habe mit Mom telefoniert und sie war so glücklich endlich ein Kind ihrer Mutter zurück geben zu können. Sie haben sich bereit erklärt sich mit uns zu treffen, aber nicht in der Nähe der Stadt. Also habe ich das Territorium von Papa Bär vorgeschlagen." Gemeinsam fahren sie los.
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