
65 | Der Morgen danach
Justus Augenlider waren schwer, als sie sich am nächsten Morgen, von den Strahlen der Sonne, die durch sein Fenster schienen, geweckt, öffneten und er ein paar Sekunden brauchte, um sich im Hier und Jetzt wiederzufinden.
Unsicher, ob das Erlebte der letzten Nacht wirklich passiert war, oder ob es sich vielleicht nur um einen Traum gehandelt hatte, drehte er sich zur Seite und spähte über den Rand des Bettes. Skinny schlief noch tief und fest, so dass er ihn nicht fragen konnte.
Vorsichtig fühlte er mit der Hand unter seiner Bettdecke, nur um festzustellen, dass er tatsächlich nackt war. „Verdammt!" Grummelnd zog sich Justus sein Kopfkissen über das Gesicht. Wie hatte er nur so die Kontrolle verlieren können? Wieso hatte er Skinny die Kontrolle über die Situation überlassen? Natürlich, der Apfelsaft! Sofort war Justus hellwach. Skinny hatte ihm etwas in das Getränk getan. Das hatte ihn so willenlos gemacht!
Obwohl, so ohne Willen war er gar nicht gewesen. Entspannt, ja. Aber er hatte noch sehr genau gewusst, was auf ihn zugekommen war. Hatte sogar selbst einen Schluck genommen, wohl wissend, was es damit auf sich hatte. Hatte es genossen, als Skinny sich zwischen seinen Beinen versenkt hatte. ‚Oh Gott!' Erneut drückte sich Justus das weiche Kissen auf das Gesicht.
Gestern Nacht war es ihm egal gewesen, dass es Skinny war, der ihn so wunderbar verwöhnt hatte und nicht etwa ein hübsches Mädchen wie Lys oder Brittany. Es war ihm egal gewesen, da es sich so neu und gut angefühlt hatte. Doch nun, im hellen Tageslicht, konnte er kaum glauben, was er Skinny hatte tun lassen. Daran waren nur die Tabletten schuld, da war er sich sicher! Die Tabletten, die Skinny ihm einfach untergemischt hatte! Ihm, der noch nie irgendwelche Drogen genommen hatte und sich sogar von Alkohol fernhielt.
Plötzlich wurde Justus furchtbar wütend. Skinny hatte ihn hintergangen und benutzt! Hatte ihn für seinen Spaß verführt und nicht an seine Gefühle gedacht. Vielleicht hätte er sich diese intime Erfahrung, die er nun mit Skinny gemacht hatte, lieber aufgespart. Für jemanden, der ihm wirklich etwas bedeutete. Denn Skinny war niemand, mit dem Justus je eine Beziehung haben würde. Auch wenn er nicht leugnete, dass es zwischen ihnen eine gewisse Anziehung gab, so war es von Justus' Seite doch eher die Neugierde und Aufregung gewesen, die ihn zu Skinny hinzog, und keinesfalls romantische Gefühle.
Er fühlte keine Schmetterlinge im Bauch oder sonstiges Getier, von dem die Verliebten immer erzählten. Er fühlte das aufgeregte Herzrasen und auch das Kribbeln auf seiner Haut, wenn Skinny ihn berührte. Aber rosa Herzen sah er deswegen noch lange nicht.
Plötzlich spürte Justus, wie das Kissen von seinem Gesicht fortgenommen wurde und starrte dann direkt in Skinners Augen. „Alles gut?", fragte er fast besorgt, doch als er sah, dass Justus nicht erstickt war, legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Hast du gut geschlafen?"
Justus kam ruckartig hoch und stieß Skinny dabei zur Seite. „Du hast mir Drogen gegeben!", platzte es aus ihm heraus. Skinny lachte nur. „Das waren nur meine Entspannungstabletten, beruhige dich. Ich nehme die ständig!"
„Aber ich nicht!", polterte Justus und raffte die Decke über seinem Schoß zusammen. „Ich nehme höchstens mal eine Kopfschmerztablette. Du hättest mich fragen müssen!"
„Hättest du dich darauf eingelassen?", meinte Skinny nun patzig.
„Natürlich nicht!", entgegnete Justus.
„Siehst du? Deswegen musste ich es heimlich machen. Du brauchtest einen kleinen Schubs!", verteidigte Skinny seine Aktion.
„Wer sagt, dass ich das wollte?", fauchte Justus nun. „Du selbst!", blökte Skinny und stand auf. „Du hast gesagt, du willst dich mal fallen lassen. Und du hast zugestimmt, dass ich dich überrasche!", setzte er nach.
„Aber doch nicht mit Drogen!", meinte Just bestimmt.
„Es sind Entspannungstabletten!", fauchte Skinny. „Bekommst du in jeder Apotheke. Deine Tante hat sie mir besorgt. Frag sie doch! Das Einzige, was du mir vorwerfen kannst, ist, dass ich dir mehr gegeben habe als mir. Aber nur, weil du schwerer bist", meinte Skinny.
„Wenn ich so dick bin, warum hast du mich dann berührt? Warum wolltest du dann unbedingt..." Weiter kam Justus nicht. Er konnte nicht wiederholen, was Skinny gestern bei ihm getan hatte. Es kam ihm nun so fern vor. Als ob er das alles doch nur geträumt hatte.
„Man sollte meinen, dass jemand, der so klug ist wie du, keine Komplexe wegen eines nicht ganz dem Ideal entsprechenden Körpers hat", meinte Skinny mit vor der Brust verschränkten Armen.
„Und man sollte auch meinen, dass jemand, der so selbstbewusst und gutaussehend ist wie du, keine Hilfsmittel braucht, um jemandem zu verführen."
Eine Weile starrten sich die beiden Jungen schweigend an. Die Luft zwischen ihnen war spürbar aufgeladen und Skinny überlegte, ob er wütend das Zimmer verlassen oder sich stattdessen auf Justus stürzen sollte, um ihm zu zeigen, dass er von seinem Körper keinesfalls abgetörnt war. Vielleicht war es die Einsamkeit, die ihn schließlich zu diesem letzten Schritt geführt hatte. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, war es mehr als pure Geilheit, die ihn gestern geleitet hatte.
Er mochte Justus und fühlte sich von ihm angezogen. Sein Körper war nicht so schlank wie sein eigener, aber genau das fand er so schön. Justus war weich und hatte sich gut angefühlt unter seinen Fingern. Er wollte es wieder tun, wollte sich mit Justus auf den Laken wühlen und sich mit ihm vereinen. Auch wenn sie nie ein Paar werden würden, so hätte Skinny doch nichts gegen eine kleine Affäre mit dem Detektiv einzuwenden. Sie würden sicherlich eine Menge Spaß haben können. Wenn Justus sich nur trauen würde, sich noch einmal fallen zu lassen.
„Ich möchte, dass du wieder im Wohnwagen schläfst", sagte Justus plötzlich.
„Was?", fragte Skinny verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Ich muss das erstmal verdauen und da hilft es mir nicht gerade, wenn du im gleichen Raum schläfst", erklärte er fast nüchtern, doch Skinny hörte die Nervosität in Justus' Stimme.
„Meinetwegen!", meinte Skinny harsch und warf seine persönlichen Gegenstände in seine Sporttasche. „Bin schon weg!"
„Du musst nicht sofort gehen", versuchte Justus ihn nun aufzuhalten, doch Skinny war enttäuscht. Wenn sie nicht einmal darüber reden konnten, dann ging er eben. Ohne ein weiteres Wort schulterte er seine Tasche, griff seine Decke und sein Kopfkissen und machte sich auf den Weg direkt in die Zentrale.
Justus hörte noch, wie Skinner die Treppe hinunterpolterte und sah dann aus dem Fenster, wie er schnellen Schrittes über den Schrottplatz eilte, um dann etwas umständlich in dem Kühlschrank zu verschwinden, der in einem Gang zum Wohnwagen führte. Justus atmete tief ein. Hoffentlich hatte niemand Skinner gesehen, der diesmal nicht den Geheimgang genommen hatte. Kurz fühlte Justus sich schlecht, dass er Skinny quasi rausgeworfen hatte. Aber er musste sich erst über einiges klar werden. Und am besten konnte er das unter der Dusche. Justus wandte sich vom Fenster ab, um sich eine Unterhose überzuziehen und ins Badezimmer zu gehen.
So entging ihm leider, dass eine fremde Gestalt in einem schwarzen Kapuzenpullover auf den Schrottplatz geschlichen kam, sich kurz umsah und dann hinter Skinny im kalten Tor verschwand.
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