
13 | Der Coup
...
„Du trägst noch mein T-Shirt", stellte Justus in seiner sachlichen Art und Weise fest, als er Skinny nach oben begleitet und ihm ein frisches Handtuch in die Hand gedrückt hatte.
„Möchtest du es wiederhaben?", fragte Skinny und griff bereits danach, um es sich über den Kopf zu ziehen.
„Nein, behalte es ruhig. Es steht dir irgendwie", sagte Justus schnell, bevor Skinny wieder oberkörperfrei vor ihm stehen würde.
Skinny ließ tatsächlich die Arme wieder sinken. „Danke", murmelte er. „Ich mag es irgendwie auch", gab er zu.
„Okay", meinte Justus, um die entstandene Stille zu unterbrechen. „Ich decke dann schon mal den Tisch, während du im Bad bist."
„Justus?", fragte Skinny plötzlich. „Ja?", antwortete er. „Danke", flüsterte Skinny und ehe sich Justus versah, hatte der Ältere seine Hand nach ihm ausgestreckt und seine Lippen auf den Mund des Detektivs gedrückt.
Für eine lange Sekunde, war Justus' Gehirn wie leergefegt. Völlig perplex stand er im Flur zwischen seinem Zimmer und dem Bad und versuchte zu begreifen, was hier gerade vor sich ging. Doch bevor er etwas sagen oder tun konnte, hatte sich Skinny auch schon zurückgezogen und mit einem schelmischen Grinsen die Badezimmertür hinter sich geschlossen.
...
„Justus?" Der erste Detektiv schreckte hoch, als Skinner auf einmal vor ihm stand, die Haare sauber gekämmt und in frischer Kleidung. Das Shirt von Justus hatte er gegen sein eigenes, enges getauscht. Beim Anblick des muskulösen Oberkörpers wurde Justus sofort an seinen Tagtraum erinnert, dem er vor ein paar Sekunden noch nachgehangen hatte. Sofort schoss ihm die Röte ins Gesicht.
„Das Frühstück ist fertig", sagte er schnell und eilte zum Kühlschrank, um die Milch für den Kaffee zu holen. Kurz war er versucht, seinen heißen Kopf in dem Fach mit dem Käse zu kühlen.
„Ich habe einen Bärenhunger", meinte Skinny und griff nach einem Brötchen. „Darf ich?", fragte er ungewohnt höflich. „Sicher", bestätigte Justus und atmete tief ein, bevor er sich Skinny gegenübersetzte.
Schweigend aßen sie ihr Frühstück: Skinny, weil er sich wie ein ausgehungertes Tier auf die Brötchen stürzte und Justus, weil er über seine ungewohnten Gedanken grübelte.
Was er nicht wusste, war, dass auch Skinnys Gedanken an etwas hingen, was er lange verdrängt hatte und was seit der letzten Nacht wieder den Weg in seinen Kopf gefunden hatte.
Worauf hat er sich da nur eingelassen? Eddy stand in der Eingangshalle des Casinos und fragte sich, ob er aus dieser Sache noch unbeschadet herauskommen könnte. Seine neuen „Freunde" hatten ihm diese doch sehr leichte, aber moralisch verwerflich Aufgabe gestellt, damit er auch wirklich „zu ihnen" gehörte. Er sollte ein Schmuckstück eines der Gäste des Casinos unbemerkt an sich bringen.
Eddy, der sich nach der Schule fast tagtäglich im Casino aufhielt und inzwischen sehr gut darin war, Menschen zu lesen, hatte keine Angst davor, die Aufgabe nicht zu schaffen, weil sie so schwer war. Die Angestellten kannten ihn, da sein Vater hier der Manager war und niemand würde auf ihn achten. Nein, er hatte Angst vor der Aufgabe selbst. Er hatte Angst, dass er mit ihrer Erfüllung ein Tor öffnen würde, das er nie wieder schließen können würde.
Seine neuen „Freunde" hatten ihm erklärt, dass er das Schmuckstück ihnen nur kurz zeigen müsse und es danach wieder zu seinem Besitzer zurückbringen sollte. Er könne ja erzählen, dass das Schmuckstück auf dem Boden gefallen wäre und er es gefunden hätte.
Natürlich war diese Mutprobe riskant. Denn wenn sie ihn erwischen würden, wäre das nicht nur für ihn eine Straftat mit der Aussicht auf eine Nacht im Gefängnis, sondern sein Vater könnte seinen Job dabei verlieren. Und ohne Job und Einkommen würden Sie das kleine Haus im Fox Hill Drive nicht halten können.
Leider war diese Erkenntnis auch der Ansporn für den jungen Eddy die Mutprobe anzunehmen. ‚Vielleicht', dachte er hoffnungsvoll, ‚werden meine Eltern dann wieder nach Kalifornien zurückziehen und ich könnte meine Großmutter wiedersehen'. Insgeheim wünschte er sich sogar, er würde erwischt werden. Welche weiteren Konsequenzen so eine Verhaftung mit sich bringen könnte, hatte der damals 14-Jährige nicht absehen können.
So machte er sich schließlich zur Mutprobe auf, während die Gang um Billy Hartford draußen vor dem Casino wartete. In dem opulenten Saal des Rampert Casinos des Marriott Hotels saßen auch schon zur Mittagszeit die Menschen an den Spieltischen und standen an den Automaten. Eddy brauchte nur wenige Sekunden, um sich das passende Opfer auszusuchen. Ein älterer Mann Ende sechzig, stand an einem Spieltisch und würfelte. Er hatte bereits zwei leere Gläser neben sich stehen, und so wie er schwankte, würde er bald auf die Toilette müssen. Eddie würde dort auf ihn warten und dem halb Betrunkenen seine teure Uhr abnehmen. Easy.
Aber war das nicht zu einfach?
Eddy schaute sich um. Es gab ja noch mehr Möglichkeiten. Eine Frau Mitte vierzig, saß an einem einarmigen Banditen. Sie trug die Haare kurz, so dass Eddy die goldene Kette an ihrem Nacken sehen konnte. Der Verschluss des Schmuckstückes befand sich dabei gut sichtbar knapp unter dem Haaransatz. Er bräuchte nur kurz seine Finger darüber wandern lassen, sich eine Ausrede einfallen lassen und dann mit dem Amulett, oder was auch immer es war, verschwinden. Ein kleiner Taschenspieler-Trick.
Eddy sah sich kurz um und schaute, ob die Luft rein war. Dann ging er zielstrebig auf die Frau zu, um sein Vorhaben umzusetzen.
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