Kapitel 63
Wo sollte ich jetzt hin? Ich war klatschnass, meine Jacke presste ich eng gegen meinen Körper, damit mir wenigstens ein bisschen wärmer wurde und ich saß am schmutzigen Boden an ein Haus gelehnt, das nur ein paar Straßen entfernt war von dem meiner Mutter.
Ich könnte zu Dora gehen, aber da viel mir ein, dass es ja sein könnte, dass sie und Zayn zusammengezogen sind, da ich ihnen ein Treffen organisiert hatte, als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Seitdem hatte ich nicht mehr mit ihr geredet und ich konnte es jetzt auch nicht, da mein Handy keinen Akku mehr hatte.
Die einzige Person, die mir sonst einfiel, zu der ich flüchten konnte war Sam. Sam, mein Ex-Freund, ein totales Arschloch, aber hoffentlich nicht so groß, dass er mich vor seiner Tür stehen lassen würde.
Also stieg ich in den einzigen Bus, der um diese Zeit fuhr und circa fünf Minuten später stand ich auch schon vor Sams Haustür. Dieses reiche Schwein wohnte alleine in einer riesigen Villa.
Und in dieser Villa wurde heute anscheinend Party gefeiert, denn man hörte gedämpft Musik und hinter den Vorhängen konnte man Schatten tanzender, torkelnder und lachender Menschen erkennen.
Mein Finger presste trotzdem auf die Klingel. Bei einer Party konnte ich vielleicht unauffällig in einem Raum verschwinden, mir ein Ladegerät ausleihen, mein Handy aufladen, Dora fragen wo sie wohnte und wieder abhauen.
Ein durch und durch besoffener Junge machte mir auf und stellte sich sofort in Anmachpose. Es war definitiv nicht Sam, was mich aufatmen ließ.
"Nhaaa wasch machtn scho'n Püppschn wie du gansch alleinn", lallte er mit blutunterlaufenen Augen.
"Hast du ein Ladegerät dabei?", fragte ich und schaute hinter ihn. Niemand schien hier nur ansatzweise nüchtern zu sein und Körper rieben sich zur Musik an andere Körper.
Er begann schallend loszulachen, hielt sich den Bauch und grinste mich dann an
"Püppschn dafür musschte wasch tun"
Angeekelt ging ich einen Schritt zurück, aber dann dachte ich daran, dass der Typ morgen alles wieder vergessen haben würde, machte wieder ein paar Schritte auf ihn zu, beugte mich zu ihm hinauf und verpasste dem Typ mit dem grauenvollen Geruch nach Alkohol einen ungefähr dreisekündigen Kuss.
Er zog mich weiter zu sich, aber ich war so angewiedert, dass ich mich losriss und zurückstolperte.
"Ich brauch jetzt echt das Ladegerät" Mein verzweifelter Blick brachte ihn wieder zum Lachen, aber mit einer Handbewegung befahl er mir mit ihm zu kommen.
Einerseits fühlte ich pure Angst, andererseits auch Hoffnung.
Mit jeder Abzweigung wurde mir mulmiger zumute und als er mich in einen Raum zog, bekam ich langsam Panik.
"Ich brauch jetzt dieses Ladegerät"
Meine Stimme sollte fest klingen, aber sie war das reinste Nervenbündel, wie man auch nur schwer überhören konnte.
Er ignorierte mich, warf sich nur auf das Bett, während ich immer noch mit Wackelpudding Beinen im Türrahmen stand.
"Haschte echt geglaubt scho'n Kusch reicht mjir?"
Sein Lachen könnte in einem Horrorfilm vorkommen, solche Angst hatte ich in dem Moment.
Vergiss es, dachte ich mir. Lauf.
Und ich drehte mich um und rannte weg, als sich der Typ aufsetzte und mir mit roten, leeren Augen nachschaute.
Fünf, sechs Flure weiter blieb ich stehen und schöpfte nach Atem. Toll, ich war in einem riesigen Haus gefangen, in einer Sackgasse gelandet und einfach nur fertig mit den Nerven.
Mit einem Blick auf meine Uhr stellte ich fest, dass Mitternacht schon vorbei war und als mir ein Gähner entrutschte, dass ich einfach nur mega müde war.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und versuchte die Tür hinter mir aufzumachen. Abgeschlossen. Danach die Tür links von mir. Auch abgeschlossen. Meine letzte Hoffnung war die Tür rechts von mir sonst müsste ich zu diesem gruseligen Mann zurück.
Eine Träne rannte meine Wange hinunter, als ich feststellte, dass auch die abgeschlossen war. Langsam ließ ich mich an der Tür hinuntergleiten und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
"Püppschn!!",schallte es durch die Gänge und mein Kopf schnellte hoch. Scheiße.
Ich sah eine Gestalt um die Ecke biegen und schrie verzweifelt auf. Er war nur fünf Meter von mir entfernt. Erneut schrie ich gellend vor Angst und trommelte auf alle drei Türen nacheinander ein.
"Aufmachen!!!! Macht mir bitte auf, ich werde verfolgt!!"
Das durfte nicht passieren, das durfte einfach nicht passieren.
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