Kapitel 74 ~ Halluzination
Nachdem ich mein Mahl endlich fertig gegessen hatte, schrieb ich Nick dass er mich in 20 Minuten abholen sollte.
Ich musste Karl besuchen. Es fühlte sich einfach wie eine Pflicht für mich an.
Meine Hand fuhr durch meine Haare entlang, die fettigen und klebrigen Haaren. Ich hob die Krücken vom Boden auf, und humpelte ins Badezimmer. "Mom!", schrie ich. Sie kam von einer Ecke. "Ja, Liebling?" "Könntest du mir vielleicht neue Klamotten bringen? Ich gehe duschen". Sie nickte mit großen Augen, "Soll ich-" "Nein alles gut ich brauche deine Hilfe nicht". Somit schloss ich die Tür vom Badezimmer, aber nur zur Hälfte, damit meine Mutter noch die Klamotten reinlegen könnte.
Mein Bein schmerzte. Es drückte. Viel zu stark, und ich verzog das Gesicht. Ich schweifte mir alle Klamotten vom Körper und warf sie auf den Boden.
Ich drehte das Wasser an. Es tropfelte meinen Körper entlang, vom Kopf bis zu den Füßen.
Ich schaute dem Wasser, dass meine Hautt berührte entgegen. Und da sah ich es. Die Tropfen verwandelten sich in die zwei Autolichter des viel zu schnellen LKW's welches auf uns zu raste. Wir flogen paar Mal zur Seite, und blieben dann stehen. Der Schmerz kommt hoch, alles kommt wieder hoch und trifft mich wie ein Schlag. Ich erlebe es nochmal. Ich spüre es. Ich schaue Karl an, während das Auto stoppt. Er ist immer noch abwesend und dann sehe ich schwarz. Schwarze Nacht.
Mein schlechtes Bein beginnt zu zittern und zu knicken, es kann mein Gewicht nicht länger halten. Ich breche mit dem Rücken gelehnt, auf den Boden zusammen. Vor meinen Augen spielt sich einer der schlimmsten Momente meines Lebens noch einmal ab. Wie kann das sein? Mein Hirn reitet mich in irgendwas rein. Das muss es sein. Allein der Gedanke beruhigt mich schon.
Es ist nämlich nicht wahr. Es ist eine Halluzination.
"Sei stark, Y/n", sagt eine Stimme neben mir. Wie vom Donner gerührt wende ich langsam den Kopf.
Gott, da ist er. Karl sitzt in der Dusche neben mir, hat die Augen fest nach vorne gerichtet, seine Haut schimmert wegen des Dampfenden Wassers wie Porzellan. Ich blinzle wild, warte darauf, dass er verschwindet, doch er tut es nicht.
"Du bist nicht hier", flüstere ich. Und tatsächlich, nach paar Sekunden löst er sich auf. Hektisch, stehe ich auf. Was meinem Bein nicht sehr gefällt. Ich versuche es nochmal langsamer und wasche mir schleunigst die Haare, ziehe mir die Klamotten rüber, nehme die Krücken und gehe, so schnell sie es zulassen, aus dem Haus.
Oben, hatte ich noch nicht einmal bemerkt wann meine Mom mir die Klamotten gebracht hatte. Ob sie Karl auch gesehen hatte? Ich schüttelte den Kopf. Ich drehe langsam durch.
Als ich Nicks Auto sah, stieg ich ein. Ich entschied mich dazu, ihm alles zu erzählen. Im Moment ist er der einzige, mit dem ich noch offen rede.
Nick hob eine Augenbraue, "Wie er war da?" "Ich weiß es nicht..ich..ich sah ihn da. Ich sah ihn, okay?". Ich weiß das es albern klingen mochte, aber ich sah ihn schließlich wirklich. Er wirkte so real.."Ich weiß dass es nicht sein kann..ah ich weiß auch nicht". Nick schien zu überlegen. Es herrschte Schweigen.
Eigentlich sitze ich nicht gerne im Auto. Nicht seittem Unfall. Mich überkam ein komisches mulmiges Gefühl. Aber letztlich, hielten wir doch sicher vor dem Krankenhaus an. Nick half mir auszusteigen und reichte mir die Krücken.
Wir gingen durch die dicken Glastüren und ich atmete den mir so bekannten ärtzlichen Duft ein.
An Karls Zimmer angekommen, gingen wir rein. Ich sah ihn wieder. Das Piepen des Metallgeräts hallte durch den gesamten Raum. Tränen stiegen mir wieder in den Augen auf. Ich setzte mich an einen Stuhl, neben Karls Bett hin. Meine Hand fand die seine. Aber seine Finger..sie waren so eiskalt. Als wäre er schon lange tot. Ich schluckte und schaute zur Seite.
"Bitte", murmelte ich. "Komm zurück. Ich brauche dich". Keine Antwort, nur das Piepen.
Plötzlich kam Dr. Roxanne in den Raum. Sie lehnte am Türrahmen, aber ihr Blick war ernst. "Er wacht doch wieder auf, oder?" Ich mache einen Schritt auf sie zu, fürchte die Antwort. "Das hängt jetzt nur noch von ihm ab", sagt Dr. Roxanne. Ich trete wieder ans Bett. "Er sollte eigentlich längst wach sein..", fuhr sie fort.
Was? Warum ist er es dann nicht? Ich sehe sie an, verstehe gar nichts mehr. "Er hat sich stark den Kopf angeschlagen, wir haben sämtliche OP's gemacht, die es schon eigentlich geheilt haben. Jetzt gibt es kaum noch Blutungen und die Schädelaufnahmen zeigen kein massives Trauma", sagt Dr. Roxanne betrübt und schiebt sich die Brille hoch. "Er sollte aufwachen, aber es scheint, als wollte er nicht".
Nick neben mir bricht in leises Schluchzen aus, gibt meine Hand frei, die er bis jetzt gehalten hatte, um sich das Gesicht zu bedecken.
"Manchmal liegt die Entscheidung, ob wir leben wollen oder nicht, ganz bei uns", sagt Dr. Roxanne und betrachtet Karl. "Er kämpft nicht".
Die Entscheidung ob wir leben wollen oder nicht. Ich sehe die dunklen Schatten unter seinen Augen, und Karls Worte, die mir durch den Kopf hallen. Er wollte nicht mehr. Er wollte nicht nach Hause fahren. Er wollte es nur beenden.
Und das Gerät piept...pieeept...piiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeept.
Nulllinie.
Mein gequälter Schrei, hallt genauso wie das laute Piepen durch den viel zu stickigen Raum.
Karl. Fort.
Dr. Roxanne schubst uns weg vom Bett, um den Herzstillstand-Notruf zu bestätigen. Doch..sie zögert. Nick brüllt, "Tu doch was! Du musst...!". Dr. Roxanne hält die Hand in einer sicheren, bestimmten Geste nach oben, dass wir alle erstarren. Sie nickt zum Bett, zu Karls Hand..
...in der das Finger-Pulsoximeter jetzt liegt, seine Finger sich drum schließen, während wir alle ungläubig zuschauen. Ich hebe den Blick zu seinem Gesicht, habe zu viel Angst, um zu hoffen.
Dann beginnen, seine Lider an zu flattern und die braunen Augen suchen meine, finden sie.
"Denkt ihr echt ihr werdet mich so schnell los?", seine Stimme klingt schwach. Meine Knien geben unter mir nach und ich breche auf seinem Bett zusammen. "Niemals", lache ich und weine zeitgleich. Mein Bein schmerzt, aber das ist egal. Denn Karl ist wach. Er ist hier.
ENDE DES ERSTEN BUCHES
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