Prolog
"Und als die wunderschöne blaugraue Kätzin das hörte, riss sie überrascht die lilanen Augen auf. Denn sie hätte nie geahnt, dass ihr Handeln solche Folgen haben konnte! Und wer weiß, wenn Rahel Eisherz nicht abgewießen hätte...Dann wäre er nie so böse geworden."
Die kleine goldbraune Kätzin Mango folgte gespannt Mayaris Erzählung, während Aysha sich das rot getigerte, dunkelbraune Fell putzte. Sie hatte diese Geschichte schon oft gehört, aber sie war immer wieder spannend.
"Und was hat Rahel dann gemacht?" wollte Mango wissen. "Hat sie es Seelenklang gesagt?"
"Nein, hat sie nicht." Mayari streckte genüsslich die dunkelbraunen Vorderpfoten. Ihre grünen Augen blitzten. "Sie verkroch sich in ihrer Höhle und weinte."
"Aber weinen können doch nur Zweibeiner, oder nicht?" unterbrach sie Mango. Aysha schnurrte. "Sie weinte eben auf ihre Art. Und jetzt unterbrich deine Mutter nicht dauernd!"
Mayari nickte besänftigend. "Sie trauerte um die Liebe, die sie in Eisherz' Gegenwart verspürt hatte, und bereute ihre Entscheidung. Aber es gab kein Zurück mehr - Eisherz hatte seine schrecklichen Taten bereits begangen. Und dann ging es Rahel schlecht. Sie wandte sich an ihre Mutter, und was die ihr sagte, war erschreckend: Sie war trächtig!"
"Was?" Aufgeregt sprang Mango auf und wuselte um ihre Mutter herum. "Von Eisherz?"
"Ganz genau. Sie überstand die Geburt gut. Und wisst ihr, was sie dann gemacht hat? Sie hat die Jungen genommen - knapp einen Mondlauf alt - und sie zu Eisherz gebracht. Dann hat sie sich versteckt, um ihn zu bobachten."
"Nein!" rief Mango aus. "Hat sie nicht! Was hat er mit ihnen gemacht?"
"Er wollte sie töten. Doch als er in den Augen seiner Jungen sich und Rahel erkannte, brachte er es nicht über sein Herz. Sein Sohn Asche hatte dieselbe Fellzeichnung wie er, und eisblaue, klare Augen, die ihn sofort fesselten. Sein zweiter Sohn Wasser hatte das blaugraue Fell seiner Mutter und ihre lila Augen. Und dann hatte er noch eine Tochter, mit der er nichts anfangen konnte. Denn sie hatte braunes Fell und seine grünen Augen geerbt."
"Aber hatte er nicht verschiedenfarbige Augen?" hakte Mango nach.
"Ja, das hatte er. Sein linkes Auge war grün - und er bezeichnete diese Seite von sich als schwach. Deshalb liebte er Asche über alles, denn er hatte die eisblaue Farbe seines rechten Auges geerbt. Und Wasser erinnerte ihn an Rahel. Aber er fürchtete von seiner Tochter, dass sie ihm Unglück bringen würde. Deshalb brachte er sie in die Zweibeinersiedlung."
"In die hier?" wollte Mango wissen. Mayari lächelte geheimnisvoll. "Vielleicht. Ein Zweibeiner fand das winzige Kätzchen und brachte es ins Tierheim. Dort wuchs es auf, unter vielen anderen verwahslosten, wilden Katzen. Mit sieben Mondläufen verließ die junge Kätzin es schließlich und lebte auf der Straße. Ja, Aysha, da war sie so alt wie du."
Aysha legte sich auf den alten Hoolzboden und bettete den Kopf auf den Pfoten. Sofort sprang Mango auf ihren Rücken und zog an ihrem Fell. "Nicht einschlafen!"
"Ich schlafe doch nicht! Wenn ich die Augen zumache, kannst du mich gerne beißen." kündigte Aysha an und schüttelte die kleine Kätzin von sich herunter. "Mutter, wie geht es weiter?"
"Die kleine Kätzin lebte auf den Straßen. Sie schlief unter kalten Brücken, ernährte sich von Krähenfraß und Ratten." Wieder wurde die Kätzin von Mango unterbrochen. "Und Rahel? Sie hat das doch alles gesehen, oder nicht?"
"Ja, sie hat es gesehen, aber sie hat nichts getan. Denn ihre Mutter sagte: "Lass deine Jungen in diese Welt hinausziehen, sodass sie nicht unter dem Einfluss von "Gut" und "Böse" aufwachsen. Lass sie frei sein und behalte sie außer der Reichweite ihres Vaters." Und so ließ Rahel ihre Tochter ziehen. Diese aber wünschte sich nichts sehnstlicher als ein Zuhause und eine Familie. Sie konnte sich nur noch schemenhaft an Wasser, Asche und Rahel erinnern, doch das Gefühl von Eisherz mächtigen Fängen, wie er sie in die Siedlung trug, war präsenter denn je. So entschloss sie sich, gen Westen zu ziehen und ihren Vater zu suchen. Doch sie kam nie dort an."
"Warum nicht?" Mango hüpfte auf und ab wie ein Gummiball der Zweibeiner. "Warum kam sie nicht dort an?"
"Unterwegs traf sie auf einen Clankater."
"Wie sah er aus?" wollte Mango wissen. "Und aus welchem Clan stammte er?"
"Er entstammte dem NachtClan und er hatte goldfarbenes Fell mit rötlichen Streifen. Seine Augen waren verschiedenfarbig, eins tiefblau wie ein unergrüdlicher Teich und eins gelb wie die Sonne und sein Gemüt heller als jeder Sonnenstrahl. Sie verliebte sich in ihn und wollte dem Clan beitreten, doch der Anführer lehnte es ab. Und noch schlimmer: Er ließ den Kater töten."
"Oh nein!" hauchte Mango. "Und dann?"
"Die Kätzin zog traurig davon und ließ sich auf einem Bauernhof nieder, wo sie ein gutes Leben führte. Noch besser wurde es allerdings, als sie zwei Junge bekam."
Mango und Aysha wechselten einen Blick. "Mutter, wer war diese Kätzin?"
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