Kapitel 16
Irgendetwas ließ Hermine zögern, als sie vor der Haustür des kleinen Backsteinhäuschens zum stehen kamen. Nicht, dass sie Angst hatte, wie ihre beste Freundin auf sie reagieren würde, es war eher die Angst davor noch weiteres ungewolltes Wissen über ihre eigene Zukunft zu erlangen, die noch weitere Handlungen von ihr beeinflussen könnten. Doch sie musste sich daran gewöhnen, dass es von Nöten war, ihre Handlungen in ihrer eigenen Zeit zu überdenken, wenn sie die zukünftigen Entwicklungen verhindern wollte.
„Worauf wartest du?", kam die ungläubige Frage ihres blonden Begleiters, den dieses Gespräch in dieser Hinsicht vermutlich eher kalt ließ.
„Es ist nur...", begann sie. „Ach, vergiss es!"
Entschlossen drückte sie die Klingel über dem Namensschild Potter. Es hatte doch keinen Zweck zu warten. Sie würde ganz gewiss nicht umkehren.
Nach quälend langen Sekunden, in denen sie schon dachte, dass Ginny nicht zuhause war, öffnete sich endlich die Haustür. Die alte, zerbrechliche Frau vor ihnen, wessen feurige Haarfarbe durch die vielen ergrauten Strähnen nur noch wage erkennbar war, schien zunächst nicht zu verstehen was da vor sich ging, doch nach ihrem Gesichtsausdruck, der plötzlich zu schockiert wechselte zu urteilen, dauerte es nicht lange, bis sie die Sachlage durchschaute.
„Ich habe euch nichts zu sagen!"
Ihre Stimme klang fest und entschlossen, als sie die Tür wieder zu schließen versuchte, doch hat Draco blitzschnell seinen Fuß dazwischen geschoben, sodass sie sich nun anhören musste, was sie zu sagen hatten.
„Ginny, bitte, hör uns nur einen Augenblick zu!"
„Du bist doch vollkommen verrückt hier aufzutauchen, Hermine!"
Noch immer hat sie sich nicht bewegt oder Anstalten gemacht sie beide reinzulassen. Und Hermine wusste, was sie diesmal auf diese Aussage antworten musste.
„Bin ich das?"
Sprachlos blickte ihre Freundin sie an. Sie schien Hermine zu durchschauen, wenn sie es auch nicht gut zu heißen schien. Zwar bat sie die beiden nicht einzutreten, doch dass Ginny sich vom Eingang entfernte und im Inneren des Hauses verschwand, war eindeutig. Mit einem Seitenblick auf Draco, der sie nur eisern anblickte betrat sie den kleinen Eingangsbereich und folgte den Schritten.
„Ich weiß, es ist nicht ganz ungefährlich hier"
„Nicht ganz ungefährlich? Pah!"
Im Wohnzimmer der älteren Version ihrer Freundin kamen sie beide zum stehen. Verkrampft versuchte sie nicht die Fotos an den Wänden und auf dem Kaminsims anzustarren und konzentrierte sich stattdessen ganz auf ihre Worte. Draco, der nur achtlos im Türrahmen lehnte und wartete, schien hierbei ja keine große Hilfe zu sein.
„Ginny, hör zu. Ich weiß nicht, wieso gerade ich zufällig hier gelandet bin, aber es hat mir die Augen geöffnet. Wir dürfen uns nicht tatenlos auf dem Sieg gegen Voldemort ausruhen, sondern etwas dagegen unternehmen, dass er zurückkehrt. Aber dafür muss ich erstmal in meine Zeit zurückkehren und genau dabei musst du mir helfen! Wir brauchen einen Zeitumkehrer!"
Ihre Freundin starrte sie immer noch wie einen ungewünschten Eindringling an. „Was lässt dich glauben, dass ich einen Zeitumkehrer besitze?"
„Das glaube ich doch gar nicht, ich habe lediglich gehofft, dass du mit einer Person in Kontakt stehst, die wissen könnte, wo einer zu finden ist..."
Ein verächtliches Schnauben, war die einzige Antwort, die sie erhielt.
Sie verstand nicht, wieso sie sich so dagegen sträubte, ihr zu helfen. War sie nicht auch davon betroffen?
„Ginny... bist du glücklich?", fragte sie also leise. Sie kam sich so dämlich vor einer anderen, erfahrenen Frau vorzumachen, sie könnte sie retten, ohne zu wissen, was tatsächlich geschehen ist, aber hatte sie denn eine Wahl? Sie beobachtete, wie Ginny zum Fenster lief und lange herausstarrte, bis sie mit einem eingerahmtem Foto von der Fensterbank zurückkehrte. Genau das hatte Hermine vermeiden wollen, aber dennoch starrte sie jetzt auf das glückliche Familienbild, was Ginny ihr mit zitternden Händen vor ihr Gesicht hielt.
„Wir waren es. Wir waren so glücklich, wie ich es mir nie hätte erträumen können. Und genau dieser Umstand hätte mich schon skeptisch stimmen sollen. Als ob so eine außergewöhnliche Erfahrung lange anhalten könnte... Ich war so dämlich. Ich war so dämlich, nicht mit meiner Familie abzuhauen solange ich noch konnte."
Hermine betrachtete die lachenden Gesichter auf dem Bild vor ihr. Ihr bester Freund mit einem kleinen Jungen auf der Schulter und einem anderen, der sich an sein Bein klammerte, während Ginny ein kleines Baby auf dem Arm hielt. Das musste Lily sein.
„Aber du kennst deinen besten Freund. Als ob er vor Lord Voldemort davongelaufen wäre. Vor allem, nachdem er ihn bereits schon mal besiegt hatte. Doch Dinge passieren nie zwei Mal auf die gleiche Weise. Diesmal hatte er nicht so viel Glück."
Ihre Stimme brach und auch Hermine musste gegen die aufsteigenden Tränen ankämpfen. Auch wenn noch alles anders verlaufen könnte, konnte sie den Gedanken nicht ertragen, jemals ihren besten Freund zu verlieren.
„Seine Söhne wollten ihn rächen, doch hat James dafür mit seinem Leben bezahlen müssen. Doch bevor Voldemort seine gerechte Strafe bekommen konnte, ist er einfach verschwunden. Der einzige Trost, der mir dann noch blieb, war, dass der Schrecken endlich vorbei war. Ich wollte mit Albus, Lily und meinem Enkelsohn einfach nur noch verschwinden in der Hoffnung das Geschehene eines Tages überwinden zu können, doch weißt du was dann passiert ist?"
Hermine nickte. Sie wollte diese arme Frau nicht dazu zwingen, es noch einmal durchleben zu müssen. „Wir wissen von D., Ginny. Du musst nicht weiterreden."
„Dann wisst ihr auch, dass er seinen Vater vor den Augen des gesamten verbliebenen Ministeriums mit einem Avada Kadavra umgebracht hat, aus dem simplen Grund, weil er sich von ihm nicht ständig einen Rat geben wollte? Wisst ihr auch, dass Lily mich daraufhin verlassen hat, um sich der Revolution anzuschließen und seit dem kein einziges Wort mehr mit mir spricht, weil ich es verdammt noch mal leid bin zu kämpfen, wenn ich sowieso jedes einzelne Mal verliere?"
Endlich lässt sie das Foto in ihrer Hand sinken und dreht sich wieder zum Fenster. „Ich hoffe das beantwortet deine Frage!"
Zögernd trat sie einen Schritt auf sie zu und legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter. Ginny zuckte zusammen aber schien sich nicht dagegen wehren zu wollen.
„Auch, wenn du aufgegeben hast... Ich kenne dich, Ginny. Du bist nicht umsonst eine Gryffindor gewesen. Ich weiß, dass du alles dafür tun würdest, das hier ungeschehen zu machen. Ich weiß, dass du dafür kämpfen würdest, auch wenn du denkst, dass nichts mehr zu retten ist. Alles, was du dafür tun musst, ist, mir mit dieser einen Sache zu helfen."
Doch anstatt der gehofften Antwort fragte sie: „Wieso seid ihr überhaupt hierhergekommen? Wieso mit ihm? Wieso ist er hier?" Das erste Mal in diesem Gespräch schien sie überhaupt Notiz von Draco zu nehmen.
„Ich.." Sie konnte es ihr nicht sagen, denn sie wusste es ja selber nicht. Klar, sie hatte erfahren, dass er im Auftrag der Todesser, im Auftrag eben jenes Monsters hier war, der Ginnys Leben zerstört hatte, aber das zuzugeben, war nicht gerade förderlich für die Situation. Und zum Glück schien Ginny nachzugeben.
„Sag mir nur eines, Mine... Vertraust du ihm?"
Ihr Bauchgefühl schien in diesem Moment die Oberhand über ihren protestierenden Verstand zu haben, als sie sich selber die folgenden Worte hören ließ: „Ja, das tue ich!"
Endlich schien Ginny ihrer Bitte nachzukommen. „Ich hoffe du wolltest von mir wissen, wo du dich aufhälst. Denn jemand anderes kenne ich nicht der wissen könnte, wo man heute noch einen Zeitumkehrer auftreibt."
Eifrig nickte Hermine um ihr zu bedeuten weiterzusprechen.
„Na schön, du lebst in einem kleinen ländlichen Vorort von London, namens Knoxville. Du leitest die örtliche Bibliothek, deine Wohnung befindet sich direkt daneben."
Ihre Geste deutet zum Ausgang, als sie hinzufügte: „Jetzt geht schon!"
Draco und Hermine folgten ihrer Aufforderung doch drehte sie sich draußen vor der Haustür noch einmal um.
„Vielen Dank, Ginny!"
Sie nickte nur. „Ich hoffe, ihr findet wonach ihr sucht!" Mit einem letzten skeptischen Blick auf Draco schloss sie die Tür.
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