Nächtlicher Überfall
Als wir endlich wieder an die frische Luft traten, atmete ich tief ein. Mir war gar nicht aufgefallen wie stickig es in der Höhle gewesen war. Ich wollte gerade losgehen als Janah mich aufhielt.
"Hey, warte mal! Ich will dich mal was fragen. Auf dem Schiff kann man ja nie in Ruhe reden. Also, sag mal, was hältst von den anderen?", fragte sie neugierig. Eigentlich war ich überhaupt nicht in der Stimmung zu tratschen, dennoch würde es mich interessieren, ob Janah etwas über die anderen drei Passagiere wusste.
"Nun, es sind eigentlich alle ganz in Ordnung. Nur bei diesen Handelsreisenden komme ich ins Grübeln.", sagte ich und blickte skeptisch in die Richtung in der das Nachtlager lag.
"Oh ja, die sind wirklich seltsam. Du musst es mir unbedingt erzählen, falls du was erfährst. Ich habe schon versucht ein bisschen mit dem gutaussehenden Dunkelhaarigen zu reden, doch die anderen beiden haben mich gleich weggeschickt." Aha, ich war also nicht die einzige, die ihn attraktiv fand.
"Ja, es merkt wirklich jeder, dass sie was zu verbergen haben. Immer stehen sie abseits und-"
"Genau! Und tuscheln wie Burgjungfern, die was ausbrüten!", unterbrach sie mich.
"Ja, ich werde mein Glück versuchen heute etwas herauszufinden.", sagte ich und grinste verschwörerisch.
Janah machte kurz große Augen, nickte aber dann aufgeregt.
"Und dann erzählst du mir alles, was du rausgefunden hast!", sagte Janah freudig. Naja, vielleicht. Hing von meiner Stimmung ab und von dem was ich erfahren würde.
"Jetzt haben wir aber genug geredet. Wir sollten zurück zum Lager gehen.", meinte ich.
"Oh ja. Du hast Recht. Ich hab's! Wer als letztes beim Lager ist, muss das Feuer machen! Los!" Damit rannte sie weg.
Ich schüttelte nur seufzend den Kopf und ging im normalen Schritttempo hinterher. Ich machte lieber Feuer als mich zum Affen indem ich einem kleinen Mädchen hinterher rannte.
Als ich ins Lager kam, sah ich wie Albass und Piet lauthals stritten und Janah sich offenbar nicht traute dazwischen zu gehen.
Ich unterbrach einen Redeschwall vom Piet ohne Zeit damit zu verschwenden ihnen zu zuhören.
"Würden die Herren sich bitte beruhigen? Wir konnten endlich Zunderschwamm auftreiben.", sagte ich und Albass seufzte erleichtert.
"Endlich eine erfreuliche Nachricht! Piet, kümmere du dich um das Feuer und hör mit dem Gerede auf, verstanden?"
Piet schnaubte.
"Mach du das Feuer, Janah.", schob er es auf die Kleine.
"Aber das sollte doch-", fing sie an.
"Bitte sagt doch euren drei Mitreisenden Bescheid, dass das Nachtlager bereitet ist.", sagte Albass zu mir und ich nickte.
"Danach könnt ihr euch auf euerer Schlafmatte ausruhen, die Piet bereitgelegt hat.", rief er mir noch hinterher, während ich schon zu den drei mysteriösen Gestalten ging, die irgendetwas vor sich hin flüsterten. Schließlich hatte ich jetzt den perfekten Vorwand.
Der Blonde bemerkte mich zuerst und wechselte sofort, wenn auch sehr auffällig das Thema.
"Ähm, ja! Ein wunderbarer lauer Abend, nicht wahr, Gefährten?", fragte er laut in die Runde.
Der Hübsche begriff sofort und schloss sich an, ohne sich auch nur umzudrehen.
"Ah, ja wunderbares Reisewetter!", sagte er und räusperte sich. Bei dem schnellen Reaktionsvermögen war er sicher mit auch mit Phex' Gaben vertraut. Der Zwerg war etwas schwerer von Begriff.
"Äh, was?", fragte er verwirrt. Ich war nun zu den dreien getreten und der Zwerg bemerkte mich nun auch.
"Oh! Achso ja.", murmelte er.
"Verzeiht, wenn ich euch störe, doch ich soll euch vom Kapitän ausrichten, dass das Nachtlager bereitet ist.", sagte ich und zwinkerte ein paar Mal, was leider den Blonden und den Zwerg völlig kalt ließ oder sie verbargen es nur besonders gut. Doch dafür hing der Dunkelhaarige förmlich an meinen Lippen.
Also sollte ich mich mehr an ihn halten.
"Oh, habt Dank für diese wahrhaft beruhigende Information, meine schöne Dame. Ich meine, etwas Entspannung haben wir uns wohl verdient.", sagte er erleichtert. Beeindruckend wie ruhig seine Stimme klang, obwohl sein Gesichtsausdruck etwas ganz anderes zeigte.
"Ja, da muss ich dem Kerl mal zustimmen. Ich werde schlafen wie ein Stein." Der Zwerg gähnte herzhaft. Der Blonde stieß ihn gegen die Schulter.
"Hier wird noch nicht geschlafen! Oder ist einer von euch etwa schon auf eine brauchbare Idee gekommen?", fragte er verärgert.
Die anderen beiden gaben ein undeutliches Murmeln von sich, was wie ein 'Nein' klang. Eine Idee, also... Was für eine nur?
"So, ihr habt's gehört! Sagt dem Kapitän, es dauert hier noch eine Weile. Kümmert euch einfach nicht um uns und geht schön schlafen.", sagte Zwerg zu mir. Hielt er mich etwa für eine Halbwüchsige, die auf Erwachsene hören muss? Tz.
Ich drehte mich wieder zu dem Dunkelhaarigen.
"Ihr fahrt auch nach Nadoret, oder?", fragte ich und lächelte ihn verführerisch an. Er öffnete den Mund, doch der Zwerg kam ihm zuvor.
"Das geht dich gar nichts an, Mensch!", herrschte er mich an. Bei Phex, konnte er sich nicht mal raushalten?
"Oh wie elegant und unauffällig du das gesagt hast, Gammlund. Ich bin beeindruckt.", sagte der Gutaussehende ironisch. Ja, er besaß definitiv Phexens Gaben. Da eine gewisse Betonung auf dem Namen lag, nahm ich an, dass er erfunden war.
"Was soll denn das heißen?!", rief der Zwerg wütend, "Machst du dich etwa über mich lustig Cuano?! Äh... Fuchsenberg. Ich meine Fuchsenberg!" Aha, Cuano hieß er also. Dieser Zwerg hatte ein sehr loses Mundwerk.
"Nun gut, wenn ihr uns jetzt entschuldigen würdet, wir wären jetzt gern ungestört.", sagte der Blonde bemüht freundlich.
Verdammt! Dann musste ich sie wohl unauffällig belauschen.
"Es tut mir leid, meine Teure, doch meinen Gefährten hier ist euere Anwesenheit leider nicht genehm.", sagte Cuano noch und lächelte mich entschuldigend an. Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Natürlich hatten nur seine Gefährten etwas gegen mich. Er doch niemals.
"Nun denn, dann will ich die Herren mal ihren Geschäften überlassen.", lächelte ich und wandte mich ab.
"Ja, verschwinde Mensch!", rief mir der Zwerg noch hinterher. Ich war durchaus versucht, ihm meinen Degen in den Bauch zu rammen.
"Du weißt echt nicht, wie man mit Frauen zu reden hat, Kurzer.", hörte ich noch Cuano spöttisch sagen. Wo er Recht hatte...
Ich blickte kurz zum Lager, wo sich schon alle außer Janah hingelegt hatten und schlich dann hinter den großen Baum bei dem die drei Heimlichtuer standen. Ich versuchte so nah es ging zu ihnen zu pirschen und spitzte dann die Ohren.
"Glaubst du, dass man uns bespitzelt?", hörte ich dem Zwerg.
"Wer ist nur diese seltsame, aufdringliche Frau? Hat einer von euch sie schon mal gesehen?", fragte der Blonde.
"Nur auf dem Schiff.", antwortete der Zwerg. Nein, echt? Dieser Zwerg war echt nicht der Schlauste. Cuano schien das genauso zu sehen.
"Welch ausgeprägte Beobachtungsgabe, Forgrimm!", sagte er mal wieder mit einem spöttischen Ton. Der Zwerg hieß also Forgrimm.
"Nun gut. Ist euch irgendetwas Verdächtiges an ihr aufgefallen?", fragte der Blonde weiter.
"Nur, dass sie verdächtig gut aussieht.", bemerkte Cuano und ich lachte leise.
Danke für das Kompliment.
"Das war ja klar, dass du wieder nur den Weibern hinterher starrst, Schleicher!", rief Forgrimm laut. Dieser Hitzkopf von Zwerg sollte sich echt zügeln, wenn sie nicht komplett aufliegen wollten.
"Im Gegensatz zu dir, bin ich aber auch in der Lage vernünftig mit ihnen zu reden, Kurzer." Okay, das offensichtlichste, was man bei dieser Unterhaltung herausfinden konnte war: Cuano und Forgrimm mochten sich nicht.
"Genug! Wir werden heute eh zu keiner Einigung mehr kommen! Ihr könnt gehen!", sagte der Blonde deutlich genervt. Das war das Zeichen für mich schnell zu verschwinden.
Ich schlich hinter ein paar Büsche, die am Wasser standen und ging unauffällig einmal um das Lager herum, um anschließend von der entgegengesetzten Richtung wiederzukommen.
Sie sollten ja keinen Verdacht schöpfen.
Ich ließ mich auf meiner Schlafmatte nieder und bemerkte wie die anderen drei nun auch dazu kamen. Ich sah Janah wie sie ungeduldig mit ihren Fingern auf dem Boden tippte. Sie wollte natürlich wissen, was ich herausgefunden hatte.
Da musste sie aber wohl oder übel warten bis alle schlief und selbst da war es noch riskant.
Plötzlich spürte ich wie sich jemand neben mich setzte.
Cuano, sieh einer an.
"Ihr müsst das Verhalten meiner Gefährten vorhin entschuldigen. Sie sind nicht gerne in Gesellschaft von weiblichen Wesen.", sagte er und lächelte dabei leicht. Ich hob eine Augenbraue.
"Tatsächlich? Ich hatte eher den Eindruck, dass sie jegliche Gesellschaft meiden.", sagte ich und blickte zu den beiden herüber, die gerade versuchten uns unauffällig zu beobachten.
"Tja, sie haben halt keine Ahnung von Umgangsformen.", murmelte er.
"Und ihr habt sie?", fragte ich und blickte ihn direkt an. Er lachte etwas.
"Ich denke schon oder habe ich euch schon in irgendeiner Art und Weise beleidigt?"
"Noch nicht.", sagte ich kühl. Belustigt stellte ich fest, dass Janah immer zappeliger wurde und Cuano mit Blicken anhimmelte.
"Kleine, dafür bist du noch zu jung.", dachte ich mir im Stillen.
"Und würde ich euch beleidigen, wenn ich euch nach eurem Namen frage?", hakte Cuano weiter nach. Irgendwie war er ja echt süß.
"Nicht, wenn ihr mir zuerst den euren verratet.", sagte ich und lächelte ihn an. Zwar wusste ich seinen Namen schon, aber mich interessierte es ob er mir die Wahrheit sagen würde.
Er schien mit sich zu ringen, den er blickte zwischen mir und seinen Gefährten hin und her.
Dann fasste er einen Entschluss.
"Nun gut. Dabro Fuchsenberg zu eueren Diensten.", sagte er und senkte leicht den Kopf. War ja klar. Was war auch anderes von einem Mann zu erwarten?
"Und euer richtiger Name?", fragte ich nun längst nicht mehr so freundlich wie ich es vorher gewesen war.
"Verzeiht, ich verstehe nicht.", sagte er verwirrt. Und damit hatte er es verbockt.
"Oh doch, ich bin mir sicher, ihr versteht sehr wohl. Wenn ihr mich nun entschuldigen würdet, ich würde gerne schlafen gehen.", sagte ich kalt und ließ mich auf meine Matte fallen.
Ich sah noch wie Ärger in seinen Augen aufblitzte und er sich seufzend erhob.
"Wie ihr wünscht.", murmelte er. Das hatte er sich selbst zu verschulden.
Janah hatte anscheinend aufgegeben und sich ebenfalls hingelegt. Noch während ich die Augen schloss, spürte ich Cuanos Blick auf mir.
***
Ich wurde von starkem Lärm geweckt, der um mich herum stattfand. Blinzelnd öffnete ich die Augen und erkannte Albass über mir.
"Wacht auf! Wir werden angegriffen!", rief er und erschrocken blickte ich ihn an. Ich wurde sofort hellwach und sprang auf, während Albass das Weite suchte.
Was ein Feigling.
Etwas desorientiert sah ich mich um und versuchte unsere Angreifer zu erkennen, was nicht ganz einfach war, da um mich herum sehr viele Kämpfe stattfanden.
Piraten? Wie kamen die hierher? Und warum griffen sie uns an?
Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, sah ich wie zwei von denen langsam auf mich zu kamen und mich widerlich angrinsten.
"Hättet ihr wohl gerne!", murmelte ich und zog meinen Degen. Die Piraten grinsten noch mehr und hoben ihre Keulen. Das waren wohl die Art von Männern, die dachten dass Frauen nicht kämpfen konnten.
Ich machte eine schnelle Drehung und stach dem einen in die Hand, der seine Waffe darauf fallen ließ. Mit einem weiteren Streich schnitt ich ihm ins Bein, worauf er umfiel und ich meinen Degen in sein Herz sausen ließ. Er starb sofort.
Sein Kamerad hatte die ganze Zeit daneben gestanden und uns mit offenem Mund beobachtet und ging nun wutentbrannt auf mich los. Ich wich seinem unüberlegten Schlag aus und schlitzte ihm drauf mit einer fließenden Bewegung die Kehle auf. Röchelnd ging auch er zu Boden. Das war der Vorteil, wenn man unterschätzt wurde.
Ich blickte mich nun nach den anderen um. Wir waren definitiv in der Unterzahl, doch besaßen wir anscheinend das bessere Kampfgeschick. Zumindest schlugen sich alle ganz gut bis auf Janah, die von zwei Kerlen gleichzeitig attackiert wurde. Ich trat hinter die Piraten und trat dem einen ins Kreuz, woraufhin er sein Gleichgewicht verlor und sogleich Janahs Keule auf seinem Kopf zu spüren bekam. Der andere hatte sich nun zu mir umgedreht und hob seine Waffe. Ich ließ meinen Fuß vorschnellen und trat ihm zwischen die Beine. Dies ließ ihn auf die Knie sinken und mit einem Faustschlag ins Gesicht, war auch er am Boden.
"Danke.", keuchte Janah und hielt sich die Schulter.
"Versteck dich!", rief ich ihr zu und sie rannte davon. Ich sah mich nach Weiteren um, die Hilfe brauchten und entdeckte dabei Cuano wie er gegen drei Gegner gleichzeitig kämpfte, dabei aber nicht so aussah als bräuchte er Hilfe. Ich kam nicht umhin, kurz seinen gekonnten Umgang mit dem Degen zu bewundern.
Doch da sah ich wie sich ein etwas kleinerer Pirat von hinten an ihn heranpirschte. Oh oh.
"Dabro!", rief ich seinen falschen Namen. Er reagierte nicht. War auch nicht anders zu erwarten.
"Bei Phex! Cuano!", rief ich so laut ich konnte. Sein Blick schnellte zu mir und er sah mich teils verblüfft teils fragend an.
"Duckt euch!", schrie ich und zog ein Wurfmesser aus meinem Gürtel. Ein Glück war er schnell vom Begriff und zog den Kopf ein, gerade als ich das Messer warf und den Piraten, der hinter ihm gestanden hatte, mitten auf der Stirn traf, worauf er leblos zusammensackte.
Cuano blickte kurz zu dem Toten, ehe er sich wieder seinen Gegnern zuwandte. Dabei nickte er mir kurz dankbar zu.
Da merkte ich plötzlich, wie ich von hinten an beiden Armen gepackt und weggezogen wurde. Ich schrie laut auf und begann um mich zu treten, doch es hatte keinen Sinn, da die Kerle hinter mir standen und somit außerhalb meiner Reichweite.
Es baute sich nun noch ein dritter vor mir auf, der mit seinem Schwert auf die Nähte meines Hemdes zielte. Schnell erkannte ich sein Vorhaben und mir gefror das Blut in den Adern. Er wollte meinen Körper entblößen! Dieses verdammte Schwein!
Ich holte nochmals mit dem Fuß aus und schaffte es, ihm das Schwert aus der Hand zu treten. Er schaute auf das am Boden liegende Schwert und dann zu mir. Er gab einen grunzenden Laut von sich und kam nun so auf mich zu. Ich schluckte und spürte wie Panik in mir hochkroch. Ich war wehrlos.
Doch bevor er mich erreichte, wurde er plötzlich von hinten niedergestochen und ich spürte wie die Kerle hinter mir mich losließen. Aber ehe ich erkennen konnte wer mein Retter war, spürte ich einen festen Schlag auf den Hinterkopf und ich fiel zu Boden, während meine Sicht verschwamm.
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