10.5 Verwirrung - Helena
„Und du bist dir sicher, dass du mich dir nicht helfen lassen willst?"
Helena hatte sich wieder mal auf Darius' Bett verkrümelt, nachdem der Artist ihr wie schon die Tage zuvor verboten hatte ihm beim Kochen zu helfen. Dieses Mal allerdings hatte er nur eine Hand zur Verfügung und auch wenn es nur seine schwache Hand war, die ihm jetzt fehlte, merkte man ihm das Handicap deutlich an. Die Tänzerin hatte zwar Mitleid mit dem jungen Mann und auch die Schuld nagte noch ein kleines bisschen an ihr, doch sie musste sich selbst eingestehen, dass sie beim Zusehen gerade hauptsächlich Belustigung empfand. Und exakt diese Belustigung war es, die in ihrer Stimme mitschwang und ihr diesen gemeinen Tonfall gab, den sie, soweit sie wusste, noch nie an sich gehört hatte. Selbst der Artist schien überrascht von ihrem Spott, wie er jetzt von seinem Platz in der kleinen Küche zu ihr rüber sah. Seine Augenbrauen versuchten wieder einmal die Spitze seiner Stirn zu erklimmen.
„Du kannst ganz schön frech sein, wenn du willst."
Er sagte es mit einem Lächeln auf den Lippen, das Helenas ganzen Körper kribbeln ließ. Es war ein seltsames Kribbeln. Anders als das ihr bekannte Brause-Gefühl fuhr es ihr hierbei heiß und kalt durch die Fingerspitzen und ihr Herz schien sich auf einen kleinen Punkt in ihrem Inneren zurückzuziehen. Völlig verrückt, aber unerwartet wunderbar. Und es machte sie mutig.
Sie erwiderte Darius Lächeln auf eine ähnlich spöttische Art, während sie sich von ihrem Aussichtspunkt erhob und barfuß die kurze Distanz in die Küche überbrückte. Sie lehnte sich über den kleinen angedeuteten Tresen, hinter dem Darius stand und versuchte, Gemüse zu schneiden. Das Kribbeln wurde intensiver als sie ihm jetzt näher war und seine Schokoladen-Augen nun wieder aus nächster Nähe ansehen konnte.
„Kann ich das? Ich wurde immer für mein braves Benehmen gelobt."
Der Artist öffnete – scheinbar wieder überrascht – den Mund, sagte aber nichts. Sein Lächeln war kleiner geworden, doch Helena hatte nicht den Eindruck, als hätte sie etwas Falsches gemacht. Tatsächlich schien sich Darius auch schnell wieder zu fangen, er schloss den Mund wieder und räusperte sich kurz, ehe sein Lächeln wieder diesen gefährlichen Zug bekam, den Helena schon einmal an ihm bemerkt hatte. Heiß und kalt – sie unterdrückte mit Mühe ein Schauern und stützte sich nur noch mehr auf den Tresen auf, was sie automatisch näher an Darius brachte.
„Ich wäre auch froh, wenn kein anderer diese Art an dir kennenlernt."
Jetzt war Helena irritiert, doch dem süßlich schmerzhaften Kribbeln tat dies keinen Abbruch. Darius' Blick sorgte stattdessen dafür, dass es noch schöner wurde. Trotzdem rauschte ihr das Blut in den Ohren und sie spürte die Hitze in ihre Wangen kriechen.
„Warum?"
Sie konnte nicht verhindern, dass sie heiser klang, als sie ihm diese Frage stellte. Doch Darius schien das nicht zu stören. Stattdessen legte er das Gemüsemesser auf die Arbeitsplatte und stützte sich mit seiner gesunden Hand ebenfalls ab. Sein Oberkörper richtete sich dadurch auf und sein Kopf kam ihrem jetzt gefährlich nahe.
Was zum Teufel hatte sie sich dabei gedacht, diesem Kribbeln nachzugeben?
„Weil ich mir ansonsten vorstellen müsste, welche Männer du damit noch um den kleinen Finger gewickelt hast", antwortete Darius mit eigenartig belegter Stimme, dann zog er sich langsam von der Arbeitsplatte zurück. Seinen Mund umspielte immer noch das aufregende Lächeln, als er jetzt einen Schritt zur Seite trat und sie zu sich winkte. „Komm gefälligst her und hilf mir."
In einer schwungvollen Bewegung richtete sie sich ebenfalls auf und beobachtete Darius aufmerksam, doch dessen Lächeln wurde zunehmend weicher. Das Kribbeln in ihrem Inneren wich mehr und mehr dem Brause-Gefühl, das sie immerhin schon besser kannte. Die seltsame Verwegenheit, die von ihr Besitz ergriffen hatte, schwand allmählich. Doch ihr Herz klopfte ihr immer noch bis zum Hals, als sie jetzt an Darius' Seite trat. Noch mehr Verwirrung machte sich in ihr breit.
‚Was war das gerade?'
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