19. Kapitel: Die Dämonenburg
Dragona:
Laut hallten die Schritte meiner Stiefel an den glatten Steinwänden wider, während ich mich mit Kelbek, einigen weiteren Kriegern unseres Ordens und zwei gefangenen Seelenkrieger in Richtung Spitze der Dämonenburg bewegte. „Hier wären wir, Abschaum. Trautes Heim, Glück allein", meinte ich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Kaum, dass ich zu Ende gesprochen hatte, packte mein Waffenbruder auch schon einen unserer beiden Gefangenen und warf ihn in einen über dem Abgrund hängenden Käfig. Sofort danach schloss einer von unseren anderen Begleitern die Tür desselbigen, womit dem Seelenkrieger nur noch übrigblieb, mit zornigem Blick sein neues Zuhause zu begutachten. „Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, wenn du versuchen solltest irgendwelche Dummheiten zu machen, oder die Gitterstäbe auch nur schief ansiehst...", anstatt meinen Satz zu beenden, trat ich zu einem an der Wand befestigten Hebel und bewegte ihn leicht nach oben. Augenblicklich lösten sich die Halterungen des Käfigs ein Stückchen, was dessen Insassen dazu veranlasste, erschrocken nach oben zu blicken. „Über 20 Schiffslängen steil nach unten! Direkt in das Herz eines schlafenden Vulkans!", erklärte ich mit fester Stimme und schritt in Richtung des Käfigs. „Das Ganze funktioniert nach dem einfachsten Prinzip der Welt", meinte ich daraufhin und zeigte mit dem Finger auf den Seelenkrieger, „Insekt, Stiefelabsatz." Bei dem letzten Wort hatte ich mich halb umgedreht und zeigte nun auf den Hebel. Darauf hatte mein Gegenüber nichts einzuwenden, was ich als Anlass nahm, gemeinsam mit den anderen weiter in Richtung des Thrones zu gehen. Wenige Minuten später hatten wir den weiträumigen Saal auch schon erreicht und ich drehte mich instinktiv zum Sitz meines Herrn, um daraufhin genau wie meine Gefährten vor ihm niederzuknien.
„Dragona, ich sehe, du hast deine Mission zu meiner vollsten Zufriedenheit erfüllt, genauso wie ich es erwartet hatte", hörte ich die dunkle, feste Stimme meines Herrn geradezu verkünden. „Selbstverständlich, mein Gebieter", erwiderte ich nur und hob meinen Blick gerade genug, um die Gestalt meines Meisters erkennen zu können. Er hatte sich auf seinem, aus tiefschwarzem Obsidian gefertigten, Thron niedergelassen und starrte uns aus seinen feuerroten Augen an. Gehüllt war er in eine schwere Rüstung aus dunklem, fast vollkommen schwarzem Metall, die nur sein Gesicht freiließ. Alles andere wurde von den schweren Platten verdeckt und sogar sein Kopf blieb nur halbwegs sichtbar, weil der Helm mit den kronenartig zulaufenden Spitzen am oberen Ende keinen Gesichtsschutz hatte. Langsam erhob sich mein Gebieter von seinem Sitz, wodurch er nun das wahre Ausmaß seiner Größe von ungefähr zweieinhalb Metern offenbarte, und trat auf den gefesselten Seelenkrieger zu. Dabei fiel ihm sein pechschwarzer Umhang ausladend über die Schultern und meiner Meinung nach, sah er in genau diesem Moment mehr denn je aus wie ein wahrer König. „Verbeuge dich vor mir", verlangte mein Herr mit dunklem Unterton in der Stimme. „Niemals. Du magst dich zwar selbst als Dämonenkönig sehen, aber mein König bist du deshalb nicht!", entgegnete der Angesprochene. Für diese Aussage fing sich der Narr gleich im nächsten Moment eine kraftvolle Ohrfeige von meinem Herrn ein, wodurch seine Unterlippe aufplatzte. „Ich bitte dich jetzt noch einmal höflich. Verbeuge dich vor mir!", wiederholte er scharf. „Darauf kannst du lange warten!", erwiderte der Seelenkrieger entschlossen. „Wie du willst", meinte der Größere nur erschreckend ruhig und innerlich freute ich mich schon auf das, was folgen würde. Nicht eine Sekunde später packte der Dämonenkönig unseren Gefangenen an dessen Handschellen und schmetterte ihn anschließend einmal über seinen Rücken durch die Luft auf den steinernen Boden.
Zeit zur Erholung blieb diesem Narren in keiner Weise, denn mein Gebieter hob ihn einfach wieder hoch, wirbelte ihn an sich vorbei durch die Luft und schleuderte ihn gegen die nächste Wand. „Dann überspringen wir die Höflichkeiten eben und kommen direkt zum Punkt!", stellte der König klar und marschierte auf den sich keuchend am Boden windenden Seelenkrieger zu. „Meine Spione haben mir zugetragen, dass sich Onyx mit einigen Stammesführern der Menschen treffen wird, um sich mit ihnen zu verbünden, und du wirst mir jetzt sagen, wo!", erklärte er daraufhin und kam im selben Moment vor ihm zum Stehen. „Vergiss es!", keifte der Gefangene entschlossen. „Falsche Antwort", meinte der Dämonenkönig und schlug dem am Boden Liegenden mit der Faust in die Magengrube, packte ihn danach an den Handschellen und schleuderte ihn gleich nochmal durch den Raum. „Wo. Ist. Onyx!", wollte er mit Nachdruck wissen. „Wälz... dich in Drachendung!", entgegnete der Seelenkrieger keuchend. „Du zuerst!", bemerkte Angesprochener und schnippte kurz mit den Fingern. Auf dieses Zeichen hin sprangen zwei der Männer hinter mir auf, packten den Gefangenen, zogen ihn grob auf die Beine und schleiften ihn zu unserem Herrn. Dieser war inzwischen vollkommen ruhig zu einer der Feuerschalen, die neben seinem Thron standen, gelaufen und starrte scheinbar gedankenverloren in die Flammen. „Weißt du, diese menschliche Gestalt fühlt sich für mich irgendwie seltsam an. Sie ist so viel schwächer und weniger widerstandfähig als meine wahre Form, aber sie bietet eben auch ein paar Vorzüge... und außerdem sind mir ein paar Vorteile meiner tatsächlichen Gestalt erhalten geblieben", erklärte mein Herr und legte anschließend seine behandschuhte, rechte Hand zwischen die brennenden Holzstücke. „Sag mir, wo ist dein Anführer!", verlangte er zum wiederholten Mal, nahm die Hand aus dem Feuer und schritt zu dem Seelenkrieger.
Als er schließlich genau vor ihm stand, packte er mit der linken Hand den Hinterkopf seines Gegenübers und bewegte gleichzeitig die leicht glühenden Metallklauen seiner Rechten vor dessen Augen. „Wenn du versuchst mich einzuschüchtern, musst du dir schon etwas mehr Mühe geben", behauptete dieser Narr und lächelte dabei auch noch provokativ. „Das werden wir sehen...", gab mein Lord zurück und ballte all seine Finger der rechten Hand, außer Zeige- sowie Mittelfinger, zur Faust. Ganz langsam bewegte er seine ausgestreckten Finger zur linken Wange des Gefangenen und führte sie senkrecht von oben nach unten. Bei dieser Berührung verzog der Seelenkrieger schmerzvoll das Gesicht, doch aus einem mir unerklärlichen Grund schaffte er es nicht zu schreien. „Also, möchtest du mir etwas sagen?", fragte der schwarz Gerüstete dunkel. „Aus mir bekommst du gar nichts raus!", stellte der Gepeinigte klar. „Langsam glaube ich dir das sogar", meinte der König und wiederholte die Prozedur von vorhin auf der rechten Wange, mit dem einzigen Unterschied, dass er die Finger diesmal waagerecht bewegte. „Letzte Chance", erklärte mein Herr, als er die Metallklauen wieder anhob. Als Antwort spuckte der Seelenkrieger seinem Peiniger nur trotzig eine Mischung aus Speichel und Blut ins Gesicht. „Deine Entscheidung", stellte der König fest, ließ den Kopf seines Gegenübers los und packte ihn stattdessen am Hals. Unter würgenden Lauten seitens seines Gefangenen marschierte mein Gebieter zur gegenüberliegenden Wand der Halle und legte einen verborgenen Hebel um. Sofort klappte sich ein breites Stück der Wand wie an einem Scharnier nach unten und bildete so eine Art von Rampe, die direkt nach draußen führte. „Weißt du, inzwischen glaube ich, dass es gar keine schlechte Idee gewesen ist, meine Schlachtklauen heute Morgen hungern zu lassen!", teilte der Dämonenkönig dem Seelenkrieger mit und schleifte ihn auf die Rampe. „FRESSENSZEIT!", schrie er dort aus voller Kehle und warf seinen Gefangenen einfach nach draußen, wo ihn sich sofort einige dieser kleinen, schwarzen Drachen schnappten. Völlig entspannt beobachteten mein Herr und ich, wie die Schlachtklauen um den nun doch aus Leibeskräften schreienden Seelenkrieger rangen, bis sie schließlich aus unserer Sicht verschwanden. Kurz darauf drehte sich mein König wieder um und blickte mich scheinbar etwas unschlüssig an. „Das hat Spaß gemacht", meinte er dann und ging festen Schrittes auf mich zu. „Dragona, du findest mir doch sicher heraus, wo genau Onyx steckt?", erkundigte er sich und blieb kurz stehen. „Wenn dies euer Wunsch ist, dann werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um ihn zu erfüllen", antwortete ich wahrheitsgemäß. „Es ist mein Wunsch", stellte mein Lord klar. „Dann kennt ihr meine Antwort ja bereits", meinte ich und senkte respektvoll das Haupt.
400 Jahre später
Rowin:
Erleichtert atmete ich auf, als ich endlich den ersten Fuß von der hängenden Wendeltreppe auf festen Boden setzen konnte. Wir waren in den unteren Ebenen der Festung angekommen, dort wo die großen Schmieden, Verliese und Waffenkammern lagen. Zu unserer linken Seite lag der breite Schacht, oder viel mehr die abgesenkte Lavagrube an seinem Grund, während sich zu unserer Rechten weitere Gänge und Korridore erstreckten. Ein Schaudern ging mir über den Rücken, als ich daran dachte, was ich beim Abstieg an der Außenseite des Schachtes hatte hängen sehen, Käfige. „Gut, wo ist jetzt diese verdammte Karte?", fragte Astrid, nachdem wir alle dieses Kettengerüst verlassen hatten. „Wenn ich richtig liege, dann befindet sich der sicherste Ort in dieser Burg bei den große Waffen- und Schatzkammern tief in diesem Gewölbe. Diese Räume müssten sich irgendwo auf dieser Ebene liegen", erklärte Sigfrid und sah sich um. „Wenn ich raten müsste, dann würde ich darauf tippen, dass uns dieser Weg dorthin führt", meinte er dann und zeigte auf einen breiten Gang, der tief in die unterirdischen Gewölbe zu führen schien. „Hm, könnte durchaus sein", stimmte ich ihm zu und trat in Richtung des breiten Korridors. Die anderen folgten mir mit einigen Sekunden Abstand und kurz darauf standen wir in einer weitläufigen Halle, von der mehrere schwere Metalltüren in weitere Kammern führten. „Na toll, welche Kammer nehmen wir uns als erstes vor?", fragte Aliena leicht frustriert. „Ich schätze mal, wir sollten uns zuerst das Ausschlussverfahren vornehmen", entgegnete Sigfrid nur und sah sich die verschiedenen Türen genau an. „Und nach welchen Kriterien willst du hier gehen?", erkundigte sich Heidrun leicht argwöhnisch. „Nun ja, da die Dämonenburg bereits seit Jahrhunderten verlassen ist und die Karte erst vor einigen Jahren hier versteckt wurde, sollten wir vielleicht nach irgendeiner Tür suchen, dessen Klinke nicht ganz so verstaubt ist wie die anderen hier", erklärte ich nur schulterzuckend und ging schon zum ersten Tor.
Der Geräuschkulisse nach zu urteilen taten meine Freunde dasselbe, weshalb ich mich der Metalltür vor mir zuwandte. Sie war mit einer dicken Schicht Staub und Ruß überzogen und somit sicherlich nicht die Richtige für uns, aber trotzdem konnte ich meinen Blick kaum von dem verdreckten Stahl lösen. Einem plötzlichen Instinkt folgend hob ich meine Hand und wischte vorsichtig den Schmutz von dem kalten Metall, woraufhin ich leicht entsetzt die Augen aufriss. Auf der Tür prangte die weitläufige Zeichnung eines Roten Todes, der das Maul zu einem zornigen Brüllen geöffnet hatte und mich scheinbar direkt ansah. Während ich noch versuchte meine Atmung unter Kontrolle zu kriegen, hastete ich zur nächsten Tür und befreite sie ebenfalls von der Schmutzschicht. Darunter zierten unzählig viele, menschliche Totenschädel die Oberfläche und als ich wieder zur Nächsten eilte, erkannte ich dort die Darstellung eines Großen Überwilden. Schluckend überlegte ich, ob sich hier wohl die Kriegsbeute des Einen versteckte, die er aus unzähligen Wikingerdörfern und Drachenhorten gestohlen hatte. „Ich glaube, ich habe hier etwas!", rief plötzlich die Stimme von Astrid durch den Raum und nur zu gern ließ ich von diesem Gedanken ab, um zu ihr zu laufen. „Die Tür hier steht im Gegensatz zu allen anderen leicht offen und dann wäre da noch das hier", meinte die Wikingerin, als alle da waren, und zeigte auf das Schloss der Doppeltür, bei welchem die Staubschicht etwas dünner war. Ich hatte aber in der Hauptsache nur Augen für die große Zeichnung auf den Türflügeln, welche einen großgebauten Krieger in voller Rüstung, wehendem Umhang und wie zum Sieg gehobenem Breitschwert abbildete. „Das sieht vielversprechend aus... lasst uns reingehen", legte Sigfrid fest, stieß das gewaltige Tor auf und schritt hindurch, ich folgte ihm mit einer Hand instinktiv am Griff meines Schwertes.
Bei dem Anblick, der sich mir in der Kammer bot, liefen mir fast die Augen über, denn in dieser gewaltigen Halle türmte sich ein riesiger Goldschatz zu Bergen auf, die uns fast alle von uns überragten. „Der Schatz des Einen", murmelte Sigfrid vor mir leise. „Kriegsbeute aus dem gesamten Inselreich", fügte ich noch hinzu. „Unglaublich", hörte ich auf einmal Astrids Stimme hinter mir und drehte mich zu Selbiger um. Die blonde Wikingerin stand mitten im Raum und sah den gewaltigen Schatz mit übergroßen Augen an, bis sie schließlich zu einem etwa hüfthohen Haufen an pflaumengroßen Edelsteinen ging. Fast schon kraftlos griff sie anschließend zu einem goldenen Kelch aus dem Haufen Goldmünzen daneben und schöpfte so viele von den kleinen Kostbarkeiten hinein, wie es nur möglich war. „Hier drin muss mehr als das Dreifache von dem liegen, was wir von Johann genommen haben", meinte sie dann leise. „Vermutlich liegt hier sogar das Fünffache", präzisierte ich, woraufhin Astrid wieder dem Kelch in ihrer Hand zuwandte. „Mit nur diesem Bisschen hätte ich vermutlich für mein Lebtag ausgesorgt...", murmelte sie dann. „Dann nimm es mit. Sein letzter Besitzer hat es zwar mit unzähligen Toten erkauft, aber ich bin mich ziemlich sicher, dass er nichts dagegen haben wird", erklärte ich ihr und sah sie dabei prüfend an. Hin- und hergerissen wandte die Wikingerin ihren Blick abwechselnd zu mir und dann wieder zu dem Schatz. „Verdammtes Blutgeld...", fluchte sie dann und ließ den Kelch fallen. Als Astrid mich daraufhin wieder ansah, nickte ich ihr leicht bestätigend zu und ging anschließend weiter nach hinten in die Kammer. Dort wurden die Goldberge langsam etwas spärlicher und stattdessen standen nun mehrere Halterungen mit Waffen an den Wänden. Darunter waren in allen Formen unzählige Dolche, Lanzen und Schwerter, von denen mir zwei besonders ins Auge fielen.
Langsam trat ich zu dem entsprechenden Ständer und nahm eine der Waffen vorsichtig in die Hand, Scheide und Heft waren zwar verstaubt aber trotzdem noch als silbern zu erkennen. Ansonsten war die Klinge etwas breiter, als bei einem gewöhnlichen Schwert, aber dennoch nicht weniger kunstvoll. „Was ist, mein Freund?", fragte Sigfrid und blickte zu mir. „Diese Schwerter hier... sie wurden nicht von einem Diener des Feuers, oder irgendeinem anderen Menschen geschmiedet", erklärte ich und betrachtete die Waffe weiter. „Die Diener des Feuers?", erkundigte sich Aliena verwirrt und trat neben mich, um nach dem anderen Schwert zu greifen. Im Gegensatz zu dem in meiner Hand war dessen Klinge eher schmal und schien in eine weiße Farbe getaucht zu sein. „Dieser Kult von dem wir erzählt haben, der die hier einst lebenden Drachen wie Götter verehrt hat", erklärte ich und zog die Klinge des Schwertes in meiner Hand ein Stück weit blank. „Sie wurden von den Seelenkriegern gefertigt, noch lange vor ihrem ersten Krieg als ihre Weisheiten noch frisch waren", meinte ich staunend. Aliena schnaubte indessen nur leise und wollte das andere Schwert schon wieder zurück in die Halterung legen, als ich noch hinzufügte: „Eine bessere Klinge sucht man in Welt vergebens." Schlagartig blieb Aliena in ihrer Bewegung stehen, zog die Waffe wieder zu sich heran und die Klinge mit einem Mal aus der Scheide. Genauso, wie ich es mir gedacht hatte, war das Schwert fast völlig weiß und ausgesprochen schlank, sowie irgendwie auch elegant. „Ein schönes Stück", stellte sie leise fest. „Dann behalte es. Immerhin gehörte es einst uns Seelenkriegern und ich für meinen Teil hätte nichts dagegen, wenn du es wieder dazu benutzt, gegen die Feinde der Drachen vorzugehen", meinte ich in ihre Richtung. „Danke", entgegnete sie lächelnd, steckte die Klinge wieder ein und strich dabei unabsichtlich über die Außenseite der Scheide, was die Staubschicht löste.
„Was ist das?", fragte sie dann und drehte die Waffe so, dass ich die verschnörkelten Schriftzeichen auf der Seite der Scheide erkennen konnte. „Das ist die alte Schrift meines Volkes. In ihr wurde damals der Name eines jeden Schwertes, das wir damals schmiedeten, auf die entsprechende Scheide geprägt", erzählte ich und versuchte automatisch den Namen vor mir zu lesen. „Wie heißt dieses hier denn?", fragte sie sogleich. „Wenn ich es richtig lese, dann heißt es Lichtklinge", teilte ich ihr mit. „Lichtklinge...", wiederholte Aliena, „ein schöner Name." Mit einem kurzen Nicken stimmte ich ihr zu und inspizierte daraufhin das Schwert in meiner eigenen Hand. „Der Name von dieser Schönheit hier lautet allem Anschein nach Kopfsammler... Irgendwie ja poetisch, aber gleichzeitig auch abschreckend", murmelte ich leise. „Hm, klingt ziemlich nach Leyla... und die Farbe würde auch passen. Darf ich das vielleicht mitnehmen? Mir fehlt nämlich noch ein Geschenk für ihren Geburtstag nächste Woche...", richtete sich Sigfrid an mich. „Von mir aus gerne", lenkte ich ein und reichte ihm die Waffe, welche er mit einem dankenden Nicken annahm. „Wenn ihr dann mit dem Einkaufsbummel fertig seid, können wir bitte weitersuchen?", fragte Astrid und ging bereits in Richtung der Rückseite der Halle. Dort angekommen bot sich uns ein Anblick, der eigentlich fast zu schön war, um tatsächlich war zu sein. Denn dort am Ende der Schatzkammer ruhte auf einem steinernen Sockel die von uns gesuchte Karte in Form eine goldenen Kugel, die etwa die Größe eines Flaschen Kürbisses hatte. „Na endlich, das ist sie doch, oder?", hakte Astrid nach, während sie den Gegenstand vor uns aus gierigen Augen anstarrte. „Ja, das ist die Kugel", bestätigte Sigfrid und sofort machte die Wikingerin einen Schritt auf den Sockel zu. „Warte!", rief ich und packte sie an der Schulter, woraufhin sie mich erschrocken ansah. „Was ist denn? Lass uns die Karte nehmen und verschwinden!", meinte Sigfrid vorwurfsvoll.
„Das sieht mir zu perfekt aus... mal ganz davon abgesehen hatte dein Vater wohl kaum Zeit diesen Sockel hier für die Kugel aufzubauen", erklärte ich und blickte mich dabei etwas um. Schnell stach mir die kleine Skulptur eines auf dem Boden hockenden Dämonenflüglers ins Auge, vom reinen Augenmaß her müsste sie ungefähr so schwer sein wie die Kugel. Mit einem abschätzenden Blick hob ich die Goldstatue auf, wog sie kurz in der Hand und warf sie schließlich gegen die Kugel, was diese von ihrem Sockel stieß. Nur eine Sekunde später löste sich ein vorher perfekt in die Decke eingefügter Schieferblock aus Selbiger und stürzte genau auf den Sockel, womit er Astrid sicherlich zerquetscht hätte. „Danke...", stotterte die blonde Wikingerin und starrte wie gebannt auf den Schieferblock. „Gerne doch", erwiderte ich, ging um den gewaltigen Stein herum und hob die Kugel auf. „Gut, wir haben die Karte, die wir hier wollten. Können wir jetzt verschwinden?", fragte Aliena. „Natürlich, ich bin auch nicht gerade erpicht darauf hier wesentlich...", eigentlich hatte ich noch länger sagen wollen, doch dazu kam es nie. Denn als ich mich umdrehte, standen in dem Türbogen der Kammer insgesamt drei in schwarz gekleidete Gestalten, jeder ein Schwert mit leicht gekrümmter Klinge am Gürtel. Der Mittlere von ihnen kam langsam auf uns zu, während die beiden anderen ihre Waffen blankzogen, und sagte mit dem Gesicht zu mir gewandt: „Du bist kleiner, als es Onyx war." Es war eine Feststellung. Eine Feststellung mit einem Klang, als käme sie von jemandem, der Onyx gekannt hatte. „Das sind...", murmelte ich abgehakt. „Assassinen des Feuers", beendete Sigfrid meinen Satz und wie aufs Stichwort zog der Mittlere nun ebenfalls seine Klinge.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro