16. Kapitel: Ein wahrlich seltsamer Traum
Heidrun:
Konzentriert kniff ich die Augen zusammen, hielt meine Übungsstab schützend vor mich, bereits wenige Sekunde später kam der erste Angriff meines Gegenübers, Rowin. Geradeso schaffte ich es den Hieb zu blocken und setzte im Anschluss zu einem wahren Hagel an Schlägen an. Obwohl ich merkte, dass sich Rowin natürlich immer noch zurückhielt, schien ich ihm doch mehr Schwierigkeiten zu machen, als am Anfang unseres gemeinsamen Trainings. Schlussendlich endete es aber natürlich wieder gleich, Rowin konterte einen meiner Angriffe aus, brachte mein Gleichgewicht gehörig durcheinander und so zu Fall. Lächelnd streckte ich ihm meine Hand entgegen, damit er mir wieder aufhalf, was er auch sofort tat. „Du wirst besser, hast wesentlich länger durchgehalten, als die letzten Male und davon abgesehen hast du mir von Zeit zu Zeit auch ganz schön eine verpasst", meinte er und lächelte ebenfalls. „Oh, vielen Dank. Ein Lob von einem solch hohen Krieger, ist wahrlich bedeutend!", scherzte ich. „Jetzt übertreibst du aber", meinte Rowin lächelnd und ging zu der Ecke hinüber, wo wir immer Pause machten. Schweigend folgte ich ihm, setzte mich hin und tat es ihm gleich als er ein paar Äpfel, sowie auch Fleischstreifen aß. „Wie gut war ich denn heute genau?", fragte ich nach einer Weile. „Wie schon gesagt, du wirst besser. Einmal hättest du es sogar fast geschafft mich zu streifen" meinte er und lachte dabei leise. „Ach, dann bin ich wohl wirklich besser geworden... oder aber du schlechter, wie man es nimmt", gab ich schulterzuckend zurück und schlug ihm dabei sanft mit meinem hölzernen Übungsschwert auf den Kopf. „Haha, davon träumst du doch!", erwiderte Rowin und schnappte sich die Spitze meines Schwertes. „Wenn du denkst, dass du so gut bist, wie wäre es mit einem weiteren Duell?", fragte ich neckisch.
„Überanstrenge dich bloß nicht!", verlangte er daraufhin und grinste dabei schelmisch. „Ha, das gleiche könnte ich jetzt zu dir sagen!", entgegnete ich und zog mein Schwert zurück, er ließ es geschehen. Wir saßen noch eine ganze Weile lang so da, redeten miteinander, lachten zusammen. Es war einfach nur schön, genau wie ich mir einen perfekten Abend vorstellen würde. Irgendwann jedoch, als sie Sonne unterging und ein wahrlich wundervolles Farbbild abgab, reichte es mir irgendwie nicht mehr. Ich wusste inzwischen, was ich für Rowin empfand, und es war Liebe. Ja, ich hatte mich in den Seelenkrieger mit der leicht kämpferischen und fürsorglichen Art, besonders als ich krank war, verliebt. Dazu kam irgendwie auch noch seine Stimme, zwar konnte ich es nicht genau definieren, aber sie klang irgendwie so ruhig, reserviert und trotzdem nicht wirklich überheblich. Langsam näherte ich mich mit meinem Gesicht dem Seinen an und schloss die Augen, um ihn zu küssen. Ganz kurz schien es mir so, als würde er darauf eingehen, denn er umfasste meine Hände und ich fühlte deutlich, wie auch er sein Gesicht zu Meinem bewegte. Im letzten Moment jedoch spürte ich einen Ruck über seine Hände und als ich die Augen öffnete, sah ich dann, dass er sich tatsächlich etwas zurückgezogen hatte und betreten zum Boden blickte. „Es tut mir leid, ich hätte wohl nicht...", stammelte ich, als mich ungemeine Schuldgefühle überkamen. Wie hatte ich nur so forsch sein können, ihn küssen zu wollen, wenn ich noch gar nicht wusste, wie er über mich dachte? „Nein, es liegt nicht an dir... es ist... ist kompliziert", meinte Rowin und sah mir kurz in die Augen. Darin lagen ein Gefühle verborgen, die ich nicht zu erkennen vermochte. War es Reue, Schuld, Trauer, oder alles davon? Ehe ich nachfragen konnte, war Rowin schon angestanden, hatte seine Sachen mitgenommen und mich allein auf der Lichtung zurückgelassen.
Rowin:
Ich fühlte mich schlecht. Heidruns versuchter Kuss hatte mich völlig unvorbereitet getroffen und das Schlimmste daran war, dass ich ihn liebend gern erwidert hätte. Aber das war leider unmöglich, zumindest solange ich noch so viele Geheimnisse vor ihr hatte, denn so etwas war bekanntlich vernichtend für eine Beziehung. Stöhnend ging ich in meine Hütte, legte meine Sachen ab und trat zielstrebig zu der großen Holztruhe. Sofort nachdem ich den Deckel angehoben hatte, zog ich den Dolch heraus, den Sigfrid mir auf den Nördlichen Marktinseln gegeben hatte, als Beweis dafür, dass einer unserer Todfeinde noch dort draußen war. Ohne diesen kleinen Gegenstand sähe alles so viel anders aus, aber leider war die silberne Klinge nun mal hier. Wütend blickte ich den Stahl an, bleckte die Zähne marschierte auf direktem Weg aus der Hütte und schleuderte die Waffe mit einem lauten, von Pein und Wut gezeichneten Schrei soweit in Richtung Ozean, wie ich konnte. Ganz leise hörte ich kurz darauf ein platschendes Geräusch, als der Dolch im Wasser landete, was mir ein gewisses Maß an Erleichterung gab. Danach trat ich wieder hinein und legte mich ohne Weiteres ins Bett, etwas Schlaf tat sicher gut.
Asche flog in kleinen Flocken durch die Luft und deckten langsam aber sicher alles zu. Irritiert sah ich mich in dem brennenden Dorf um, sämtliche Häuser schienen inzwischen bereits in Flammen zu stehen und überall lagen brennende Holzstücke. Doch irgendetwas stimmt nicht, denn obwohl hier wortwörtlich die Hölle herrschte, liefen nirgends Menschen mit Wassereimern herum. Nach kurzer Zeit hatte ich meine Antwort jedoch auch schon, als ein tiefschwarzer Drache, doppelt so groß wie ein Riesenhafter Albtraum, über meinen Kopf hinwegflog. Dabei riss er mit dem klauenähnlichen Ende seines Schweifs das Dach eines nahen Hauses ein und fegte die Trümmerteile desselbigen durch die Luft. Einige davon fielen auch in meine Richtung und erst im letzten Moment konnte ich mich aus meiner Starre befreien, um den spitzen Holzsplittern auszuweichen. Jedoch traf einer davon mich doch noch an der rechten Wange und hinterließ einen waagerechten, blutigen Schnitt. „Dämonenflügler...", murmelte ich leise, als ich die Wunde mit zwei Fingern nachfuhr und den Drachen anstarrte. Langsam folgte mein Blick ihm und kurze Zeit später landete er auf einer etwas weiter entfernten, unbebauten Fläche, vermutlich dem Dorfplatz. Vorsichtig setzte ich mich schließlich in Bewegung und ging ebenfalls dorthin, wobei ich von Zeit zu Zeit einige Leute traf, die mich jedoch nicht im Geringsten beachteten. So wurde mir bald klar, dass ich wohl nur so etwas, wie ein stiller Beobachter war, den niemand sehen oder hören konnte. Schluckend beobachtete ich also, wie mehrere, in schwarz gehüllte Gestalten, die Dorfbewohner zusammentrieben und zu eben diesem Dorfplatz führten, ich folgte ihnen. Dort angekommen, gefror mir fast das Blut in den Adern, denn tatsächlich kniete scheinbar das gesamte Dorf auf dem Platz, bewacht von mehreren dieser Kuttenträger, die silberne Schwerter mit gebogenen Klingen in den Händen hielten.
Am unheimlichsten waren jedoch die tiefschwarzen Drachen, welche an einem Ende des Platzes kauerten und scheinbar seelenruhig warteten. Insgesamt waren es wohl acht, sieben kleinere, wobei auch diese noch etwas größer waren als der, den ich gesehen hatte, und einer, welcher die Größer der anderen weit in den Schatten stellte. Er war nämlich fast doppelt so groß, wie der Dämonenflügler, den ich als erstes gesehen hatte. Schließlich wandte sich einer der schwarz gekleideten Menschen an den großen Drachen und berichtete ihm: „Wir haben das gesamte Dorf zusammengetrieben, mein Meister. Alles in allem 300 Männer, die sich hervorragend für unsere Zwecke eignen." Bei diesen Worten lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, was meinte diese Gestalt denn nur damit? Wollten diese Drachen die Dörfler etwa alle fressen? Bei ihrer Größe dürfte ihr Hunger wahrlich gigantisch sein und ich zweifelte auch nicht daran, dass sie es schaffen würden, alle anwesenden Menschen zu verschlingen. „Gut, die Sterne haben ihre perfekte Aufstellung inzwischen auch schon fast erreicht. Ich sehe daher keinen Grund, unser Vorhaben weiter aufzuschieben", gab der Angesprochene und erhob sich von seinem Platz. Da ich mich inzwischen halbwegs an die ganze Situation gewöhnt hatte, konnte ich diese Drachenart nun endlich einmal in Ruhe betrachten. Sie hatte grundlegend den Torso und die Beine eines Nachtschattens, nur viel größer und mit einem dicken, orange-rotem Schuppenpanzer überzogen. Die Pranken hingegen waren deutlich größer und mit langen, gebogenen Klauen bestückt, welche aussahen, als könnten sie Knochen mühelos zerteilen oder brechen. Am Ende des langen Schweifs befand sich außerdem statt zwei Finnen, zwei klauenähnliche Gebilde aus dunkelorangenem Knochen. Tiefschwarze, durchaus beachtlich große Schwingen lagen auf dem Rücken des Giganten sorgsam zusammengefaltet, weshalb ich ihre tatsächliche Größe gar nicht erfassen konnte. Als nächstes fiel mein Blick auf den langen Hals, an dessen Ende ein gruselig aussehender, stromlinienförmiger Kopf saß. Von dort aus standen außerdem einige Panzerplatten spitz nach hinten ab, was einen nicht unbeträchtlichen Teil zu seinem Schrecken beitrug.
Eine weitere Zeichnung von SkyVelo, die meiner Meinung nach kaum gelungener sein könnte. (Dafür hat die Arbeit daran aber auch sehr lange gedauert, also wenn das kein Lob verdient, weiß ich auch nicht...) Wie auch beim letzten Mal schon, SkyVelo hat alle Rechte an der Zeichnung und ich nur die Erlaubnis, sie hier zu verwenden, aber dafür gehören mir alle Rechte an der Spezies der Dämonenflügler.
Ein seltsames Gemurmel riss mich aus meinen Gedanken und entsetzt blickte ich zu den anderen Dämonenflüglern, welche aus einem mir unbekannten Grund zu diesem Singsang angesetzt hatten. Genaue Worte konnte ich nicht heraushören, aber trotzdem verstand ich, dass sie dunkel, verzerrt und voller Hass waren. Ein seltsames, grummelndes Geräusch, das von oben zu kommen schien, richtete schließlich meine Aufmerksamkeit gen Himmel, oder besser dahin, wo der Himmel sein sollte. Dort oben befand sich eine Wolkenformation, wie ich noch keine gesehen hatte. Sie bestand aus pechschwarzen Wolken, die genau über diesen Drachen wie eine Art Spirale umherwirbelten. Noch dazu waren tief im Inneren dieser Wolken irgendwelche hellorangenen Schlieren verborgen, die dem Ganzen eine unnatürliche Aura verliehen. Vor meinen Augen dann, begann die Wolkenspirale auf einmal sich dem Erdboden entgegen zu senken. Kurz bevor dies jedoch geschah, hob der große Dämonenflügler seinen Kopf, öffnete sein Maul und schien einfach diesen schwarzen Rauch, oder Wolken, was auch immer, einzuatmen. Genau in diesem Moment passierte ohne Vorwarnung etwas, dass ich niemals erwartet hätte, nämlich stand einer der Dorfbewohner auf und schlug einen seiner Bewacher nieder. Dabei entwand er ihm einfach das silberne Krummschwert und stürmte derart bewaffnet auf den großen Drachen vor ihm zu. Kurz bevor er ihn jedoch erreicht hatte, streckte der Drache seinen Kopf allerdings wieder nach vorne und atmete die gewaltige Masse, an schwarzem Rauch mit orangenen Schlieren, wieder aus. Damit hüllte er in Sekundenschnelle den gesamten Platz ein, weshalb ich die Leute darauf aus den Augen verlor, stattdessen hörte ich aber vermehrt lautes Husten und verängstigte Schreie.
Einige Minuten dauerte es, bis sich der Rauch wieder legte und zu meinem Erstaunen ließ der eben noch zornig aufgesprungene Wikinger sein Schwert einfach fallen. Er stand direkt vor seinem Feind und hätte ihn angreifen können, aber er lieferte sich ihm einfach aus. „So viel Hass und blinde Wut, du wirst wahrlich perfekt für meine Pläne sein. Doch zuerst... der letzte Test. Schafft den Gefangenen her!", befahl der riesige Dämonenflügler einem seiner menschlichen Diener barsch. Daraufhin verschwand dieser kurz, um wenig später mit einem wesentlich muskulöseren Wikinger zurückzukehren und ihn entgegen der Kräfteverteilung einfach vor der Schnauze des Drachen auf die Knie zu zwingen. „Töte ihn", meinte der Drache zu dem Menschen, der noch immer wie hypnotisiert vor ihm stand. Bei diesen Worten jedoch wandte er den Blick zu dem Neuankömmling und schritt langsam auf ihn zu. „Verndar", stöhnte der Wikinger erschrocken, „mein Sohn, was haben die nur mit dir angestellt?" Augenblicklich lief es mir kalt den Rücken hinunter, wollte dieser Mann dort etwa gerade wirklich seinen eigenen Vater umbringen? „Oh, die Familie! Das macht die Sache ja noch besser! Also los, töte ihn schon!", wiederholte der Dämonenflügler. „Verndar bitte, du kennst mich doch! Ich flehe dich an, tu es nicht!", bettelte der Vater, seinen Sohn an. Dieser packte ihn jedoch eiskalt mit einer Hand am Hals, hob seinen Körper an und würgte ihn, obgleich er auch nicht stark genug hierfür sein sollte. „Verndar...", krächzte der Wikinger noch, ehe sein Genick mit einem lauten Knacken brach und sein Körper erschlaffte.
„Gut, das ist wahrlich hervorragend", kommentierte der Drache, als der Mann vor ihm die Leiche seines Vaters fallenließ. Kaum war er jedoch etwas zurückgetreten schnellte der Kopf des Dämonenflüglers vor, schnappte sich den toten Körper und schlang ihn im Ganzen hinunter. „Du wirst an meiner Seite bestimmt einiges erreichen", meinte der Drache und leckte sich über die Zähne, „doch von nun an, sollst du einen neuen Namen tragen. Ab diesem Moment heißt du, Dragona." Ein Schaudern ging mir durch den Körper, als ich diesen Namen hörte. „Ich danke Euch, mein Herr und Meister", murmelte Dragona und blickte ehrfürchtig zu dem Drachen auf. Dieser lächelte nur schmal, ehe sich plötzlich ein leicht irritierter Ausdruck über seine Züge legte und er blitzartig in meine Richtung starrte. Es schien fast so, als würde der Blick aus seinen flammenden Augen mich direkt durchbohren. „Ich sehe dich, aber wer bist du?", fragte er leise und trat langsam auf mich zu. Zu erschrocken, um zu großen Reaktionen fähig zu sein, setzte ich träge einige Schritte zurück. Doch plötzlich hatte ich keinen Boden mehr unter den Füßen und stürzte in die reine Finsternis.
„Nein!", schrie ich aus voller Kehle... und fand mich aufrecht sitzend in meinem Bett wieder. „Rowin, was ist denn mit dir los?", fragte Ohnezahn, der sich rasch von seiner Steinplatte erhoben hatte und zu mir getreten war. „Nichts, nur ein schlechter Traum... Ist schon in Ordnung", versuchte ich ihn zu beruhigen, obwohl mir diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen wollten. „Sicher?", hakte der Nachtschatten nach und ich nickte einfach. Leicht grummelig und weiterhin besorgt trat er zu seinem Schlafplatz zurück, während ich mich einfach wieder hinlegte. Als meine rechte Wange jedoch das Kissen berührte, fühlte ich einen leichten Schmerz, weshalb ich mich augenblicklich wieder aufrappelte und die entsprechende Stelle abtastete. Ungläubig weiteten sich meine Augen, als ich eine lange Schnittwunde auf meiner Wange fühlte, aus der eine vergleichsweise geringe Menge Blut lief. „Der Schnitt von dem Holzsplitter...", murmelte ich erschrocken. „Was?", erkundigte sich Ohnezahn neugierig und sah wieder in meiner Richtung. „Ach nichts", wimmelte ich ihn schnell wieder ab.
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