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3. Bonusteil: Eine neue Generation

13 Jahre später

Talia:
Konzentriert verfolgte ich die Bewegungen der Waffe meiner Gegnerin vor mir. Zum Glück war das hier nur eine kleine Übung und kein richtiger Kampf. „Dein Blick ist so scharf wie eh und je, gut", bemerkte Rani meine beste Freundin lächelnd. „Danke, nur hat mir das bisher nicht sehr viel genützt", gab ich zurück. „Weil du zögerst, du verschwendest zu viel Zeit damit, dir zu überlegen, ob sich ein Gegenangriff auch wirklich lohnt. Stattdessen solltest du dich lieber auf deine Instinkte verlassen und zuschlagen, wenn sie es dir sagen", erklärte Rani. „Du hast leicht reden", bemerkte ich, „immerhin hast du auch einen Drachen in deiner Seele, der dir mit seinen Instinkten helfen kann." Bei dieser Aussage verdrehte meine Freundin nur verärgert die Augen und schlug mit ihrem Kampfstab gegen meine linke Seite, ich jedoch blockte den Hieb mit meinem Stab. „Du hast Recht, mein Seelenbruder Garf hilft mir von Zeit zu Zeit, aber das ist nicht das Geheimnis. Das Geheimnis ist nicht zu zögern, wenn sich dir die Gelegenheit bietet, es einfach tun und nicht lange darüber nachdenken", erklärte sie mir. Irgendwie ergab es ja schon Sinn was sie sagte, aber ich konnte es nicht umsetzen, nur warum? „Na wenn haben wir denn da? Zwei Mädchen die Krieger spielen wollen?", fragte plötzlich eine ekelhaft klingende Stimme hinter uns. „Kannst du uns nicht einfach in Ruhe lassen Surk?", fragte ich so selbstbewusst wie möglich. „Oh, oder was? Was willst du denn schon machen, Kleine?", fragte er lachend weiter. „Sie sagte, du sollst sie in Ruhe lassen", wandte sich nun auch Rani an den jungen Albtraumkrieger. „Und wenn nicht?", erkundigte er sich einfach weiter. „Wenn nicht, zeige ich dir persönlich wie es ist, in Todsinger Bernstein festzustecken!", blaffte sie und fauchte leicht bedrohlich. „Gut, gut! Mach nicht gleich so einen Aufstand!", zog sich Surk schließlich doch zurück. „Du solltest dir sowas nicht immer gefallen lassen, besonders nicht als Tochter des Nachtschattenkriegers", wandte sich Rani an mich. „Ich weiß, aber... ich bin eben nicht wie mein Bruder...", meinte ich kleinlaut.

Am Abend saß ich zusammen mit meinen Eltern Rowin und Heidrun, sowie meinem Bruder Oswald im großen Esszimmer unseres Hauses. Es gab knusprig gebratene Geflügelkeulen mit Gewürzsoße und frisch gebackenem Brot zum Aufsaugen, eine meiner Leibspeisen. „Habt ihr eigentlich irgendwelche besonderen Wünsche für euren Geburtstag kommende Woche, immerhin werdet ihr 13?", fragte Mutter plötzlich. „Ich persönlich nicht, für mich reicht schon die Seelenwahl als Besonderheit", antwortete mein Bruder sofort. „Gut, wie ist es mit dir Talia?", erkundigte sich Vater. „Ehrlich gesagt habe ich darüber noch nicht nachgedacht. Ich viel zu aufgeregt wegen der Seelenwahl, denn was ist... was ist, wenn etwas schiefläuft und ich meinen Seelenpartner nicht finden kann?", fragte ich besorgt zurück. Nach diesen Worten herrschte erst einmal eine drückende Stille, die keiner von uns zu brechen wagte. „Keine Angst", meinte Vater schließlich, „ich fühlte mich damals auch nicht bereit, meine Kleine." Bei dieser Aussage wurde ich sofort hellhörig, mein Vater war für mich immer der große starke Held, weshalb ich das nicht so recht glauben wollte. „Tatsächlich? Du?", hakte ich also nach. „Oh ja, ich war kaum mehr als ein wandelndes Nervenbündel. Als ich im Seelenstein war, hat es nicht lange gedauert, bis ich mich aus Angst irgendwo in der hintersten Ecke dieses Kristalls versteckt habe", erklärte mir mein Vater. „Aber wenn du dich versteckt hast, wie hast du dann Feuerblitz gefunden und den Seelenbund mit ihm geschlossen?", fragte mein Bruder interessiert. „Na ja, genau genommen habe damals nicht ich Feuerblitz gefunden, sondern er hat mich gefunden. Anscheinend hatte er Mitleid mit mir, weil ich so verängstigt und frustriert dasaß, also schmiegte er sich an mich und versuchte mich zu trösten. Doch dass er sich als perfekter Seelenpartner für mich herausstellen würde hätte keiner von uns erwartet", erzählte Vater. Während Oswald bei dieser Geschichte nur überrascht nickte, brachte sie mich nur zum Schlucken. „Was euer Vater damit sagen wollte, ist dass man auch mit einer Menge Furcht im Herzen noch einen Seelenbund schließen kann", schaltete sich da unsere Mutter ins Gespräch ein. „Ist gut...", meinte ich kleinlaut und konzentrierte mich wieder aufs Essen.

Die Woche verging unglaublich schnell, aber... meine Aufregung bezüglich der Seelenwahl blieb. Als mein Bruder und ich schließlich durch die Reihen der Seelenkrieger, welche eine Art Korridor bildeten, direkt auf den riesigen, roten Kristall zu. Dort warteten bereits unsere offensichtlich sehr stolzen Eltern, beide mit ein paar Tränen in den Augen. Mit klopfendem Herz blieb ich neben meinem Bruder stehen, als wir den einigermaßen gerade Fläche des Seelensteins, wo immer die Seelenwahl stattfand, erreicht hatten. „Wollt ihr Beide zusammen, oder nacheinander?", fragte Mutter. „Von mir aus gerne zusammen, oder was sagst du dazu Schwester?", erkundigte sich Oswald mit einem Blick zu mir. „Ich habe auch nichts dagegen", gab ich zurück. „Dann also zusammen", stellte Vater fest und deutete auf die Fläche hinter sich. Unsicher traten mein Bruder und ich näher heran. „Also dann, legt einfach eure Hände auf den Kristall und konzentriert euch darauf loszulassen. Wenn ihr dann drin seid, wird es vermutlich so aussehen, wie eine Art von eigener Welt. So unwirklich das euch auch vorkommen mag, versucht es zu ignorieren und sucht einfach nach euren Seelenpartnern. Glaubt ihr sie dann gefunden zu haben, wartet ab, ob sie auch an euch interessiert sind", riet Vater schließlich. „Woran erkennen wir denn, ob sie interessiert sind?", erkundigte sich Oswald. „Nun ja, sie werden euren Geist genauestens auf Stärken und Schwächen untersuchen, was in dieser Welt so aussehen wird, als würden sie versuchen euch zu töten", entgegnete unser Vater nur kleinlaut. „Können sie denn...", fragte ich ängstlich. „Nein, nein! Aber... es tut trotzdem weh", antwortete er. „Es bringt nichts darüber zu reden, fangt einfach an", unterbrach Mutter das Gespräch und Oswald nickte sofort.

Schluckend legten mein Bruder und ich gemeinsam unsere Hände auf den zu meiner Überraschung außerordentlich warmen Kristall und konzentrierten uns. Einen Moment lang geschah nichts und ich fürchtete schon, dass ich nicht einmal in den Seelenstein gelangen könnte, als ich plötzlich jedes Gefühl für meinen Körper verlor. Zögerlich öffnete ich meine Augen wieder, doch was ich sah, konnte ich nicht glauben. Ich stand auf einer schmalen, aus dem Ozean ragenden Felssäule, die mit allerlei verschiedenfarbigen Kristallsplittern bedeckt war. Eine steinerne Brücke, gerade groß genug für einen Menschen, führte zu einer dichtbewachsenen Insel. Als ich meinen Blick weiter schweifen ließ, erkannte ich allerdings noch viel mehr Inseln, eine ganze Inselgruppe, vor mir. „Wirklich unglaublich dieser Anblick", hörte ich ohne Vorwarnung die Stimme meines Bruders neben mir. Erschrocken drehte ich mich um und tatsächlich, dort neben mir stand er, mein Bruder Oswald. „Hey, ich hätte nie gedacht, dass wir uns hier drinnen auch begegnen können", meinte ich verwundert. „Ich ehrlich gesagt auch nicht", erwiderte Oswald, „wirklich erstaunlich." Beide ließen wir unsere Blicke für ein paar Minuten nur über die vielen Inseln schweifen und genossen den Anblick. „Wir sollten dann vielleicht los", schlug Oswald schließlich vor. „Vermutlich", lenkte ich ein und betrat langsam die Brücke, mein Bruder folgte mir. Die erste der vielen Inseln bestand aus nichts als einem Wald, wo wir einige Todsinger trafen. Doch keiner von ihnen schenkte uns sehr viel Beachtung und wir fanden auch keinen von ihnen besonders auffallend, weshalb wir einfach weitergingen. Von dieser Insel führten allerdings gleich mehrere Brücken weiter, also wählten wir einfach irgendeine, die uns auf eine komplett überfrorene Insel brachte. Dort trafen wir einige Schneegeister, aber mit ihnen verhielt es sich ähnlich, wie mit den vorherigen Drachen. Als nächstes besuchten wir eine weitere stark bewaldete Insel, auf der sich mehrere Wechselflügler tummelten, auch hier fand keiner von uns einen passenden Seelenpartner.

Von der dritte Insel auf unserem Weg erklangen gruselig klingende, klackende Geräusche, weshalb ich sie am liebsten gar nicht erst betreten hätte. Aber Oswald ging ohne langsamer zu werden einfach über die Brücke, was mich dazu veranlasste, ihm zu folgen. Auf der Insel selbst trafen wir bereits nach kürzester Zeit auf mehrere Dreifachstachel, die meist nur die Sonne genossen. Einige waren aber auch dabei, ihre Fertigkeiten im Zweikampf unter Beweis zu stellen. „Also von denen könnte einer durchaus passen", meinte Oswald, als er die verschiedenen Drachen genau musterte. „Wirklich?", fragte ich leise, weil mir die vielen Dreifachstachel doch etwas Angst machten. „Ja...", murmelte er und blieb schließlich vor einem der Drachen stehen. Dieser hob den Kopf und sah meinen Bruder an, über sein rechtes Auge zog sich eine lange Narbe, die es sich wohl im Zweikampf zugezogen hatte und die mich sofort zurückweichen ließ.

Oswald:
Schon seit ich diese Insel betreten hatte, hatte ich irgendwie gewusst, dass mein Seelenpartner hier auf mich wartete. Ich konnte zwar nicht so recht beschreiben, woher ich es wusste, aber ich wusste es und als ich diesen Dreifachstachel vor mir sah, da wusste ich es. „Du und ich Großer", meinte ich, mit leicht fragendem Unterton. Der Dreifachstachel hingegen baute sich vor mir auf und begab sich knurrend in eine angriffslustige Haltung. „Ja, genauso gefällt mir das", stellte ich trocken fest, was dem Drachen ein Fauchen abrang. Bei dieser Reaktion begab ich mich instinktiv ebenfalls in eine kampfbereite Pose, die meinem Gegenüber wohl irgendwie zu gefallen schien. „Kannst du aufsteigen?", fragte er dann. Noch bevor ich aber erstaunt darüber sein konnte, dass der Dreifachstachel gerade gesprochen hatte, schlug er mit seinen umeinandergewickelten Schwänzen nach mir. Geradeso konnte ich noch ausweichen, nur um festzustellen, dass der Drache seine Schwänze jetzt teilte und in schneller Abfolge mit ihnen nach mir stach. Flink und geschmeidig wie ein Tänzer schlüpfte ich zwischen ihnen hindurch, langsam verstand ich das Alles. Offensichtlich wollte mein Freund hier testen, ob ich es trotz seiner Angriffe schaffen würde, auf seinen Rücken zu kommen. Also näherte ich mich ihm langsam aber sicher weiter an, aber kurz bevor ich bei ihm war, schnappten plötzlich die Scheren seiner Vorderbeine nach mir. Das zwang mich, mich wieder zurückzuziehen, wobei mir ein Baum hinter mir ins Auge fiel. Ein Plan begann, in meinem Kopf Gestalt anzunehmen. Lächelnd wich ich also zurück und blieb schließlich vor dem hölzernem Stamm stehen. „Na komm schon mein Kleiner, oder kannst du nicht mehr treffen? Warte, warum frage ich überhaupt? Es ist doch offensichtlich, dass du nicht einmal einen Roten Tod treffen würdest!", spottete ich.

„Wie kannst du es wagen?!", brüllte der Dreifachstachel zornig und vereinte seiner drei Schwänze wieder. Anschließend stach er mit ihnen in meine Richtung, doch ich sprang in letzter Sekunde nach oben und machte einen Salto. Dadurch schlugen die Stacheln direkt in den Baumstamm, bleiben dort stecken, was es mir ermöglichte, auf den Schwänzen zu landen und auf ihnen zu dem Drachen zu laufen. Noch bevor der verdutzte Dreifachstachel reagieren konnte, war ich bereits auf seinen Rücken gesprungen und hatte die Hörner an seinem Kopf gepackt. „Einfallsreichtum und eine gehörige Portion Mut", murmelte der Drache leise, „du gefällst mir... Kleiner." Ein Lachen entwich meiner Kehle, als ich das letzte Wort hörte. „Mein Name ist Oswald und deiner?", fragte ich. „Knochenschlag", antwortete der Dreifachstachel. „Oh, ein mächtiger Name", bemerkte ich und stieg vom Rücken meines neuen Freundes. „Allerdings", behauptete Knochenschlag stolz. In diesem Moment war ich glücklicher als je zuvor in meinem Leben, solange bis mir einfiel, dass ich ja nicht alleine hier war. Erschrocken drehte ich mich zu meiner Schwester um, die an einem Baum zusammengesunken war und das Gesicht in den Händen vergraben hatte. Sofort bemerkte ich, dass sie weinte. „Was ist denn mit ihr?", fragte mein neuer Seelenbruder. „Sie ist meine Schwester, Talia und sie hatte große Angst vor der Seelenwahl. Jetzt, wo ich schon meinen Seelenpartner auf Anhieb gefunden habe, schätze ich mal, dass sie es einfach nicht mehr aushält, zu versagen. Zwar finde ich nicht, dass sie eine Versagerin ist, aber sie sieht das ganz anders", erklärte ich ihm. „Ist sie generell so... du weißt schon?", erkundigte sich Knochenschlag. „Ja, wieso?", hakte ich nach.

„Nun ja, ich glaube ich wüsste da jemanden, der perfekt zu ihr passen könnte", meinte der Drache. „Wirklich? Wo ist er?", fragte ich. „Er ist eine sie", erklärte Knochenschlag, „und sie dürfte nicht leicht hierherzukriegen sein, aber wenn es klappt, dann könnte deine Schwester durchaus ihre Seelenpartnerin finden." Kurz dachte ich darüber nach, ob ich Talia helfen sollte, einerseits entsprach es nicht den Sitten der Seelenwahl, aber andererseits war ich immer noch ihr großer Bruder. „Also gut, dann holen wir sie, denn so wie ich meine Schwester kenne, wird sie sich demnächst nicht vom Fleck bewegen", ging ich also auf den Vorschlag ein. „Gut, dann komm mal mit", meinte Knochenschlag und ging weiter in Richtung des Kerns der Inselgruppe. Nach einigen weiteren Inseln, alle vollständig verschieden, kamen wir auf eine Insel, die von steilen Felsklippen und dichten Wäldern dominiert wurde. „Wo sind wir hier?", fragte ich, doch meine Frage wurde jäh beantwortet, als ein Nachtschatten an mir vorbeirauschte. „Auf der Insel der Schattendrachen, ein etwas... gefährlicherer Ort. Du musst wissen, dass sie für gewöhnlich lieber unter sich bleiben und keine Leute von außerhalb dulden", erklärte mir Knochenschlag. „Gut und wen suchen wir dann hier?", erkundigte ich mich. „Eine ganz besondere Tagschattendame. Sie bleibt lieber für sich alleine und ist auch nicht gerade die Selbstbewussteste, deshalb dachte ich mir eben, dass sie sich bestimmt gut mit deiner Schwester verstehen würde", meinte mein Freund. „Sie klingt wirklich passend", bemerkte ich und ging weiter. Wenig später standen wir vor einem kleinen Höhleneingang in der Felswand, der wirklich sehr weit weg vom Zentrum der Insel lag. „Nebelwolke! Bist du da?", fragte Knochenschlag in die Finsternis hinein.

„Scher dich weg, ich will alleine sein", murrte es zurück. „Bitte Nebelwolke, ich wüsste vielleicht, wie du hier rauskommen kannst", meinte mein Freund. Schritte hallten aus dem Dunkeln wider und wenig später stand die schneeweiße, relativ zierliche Gestalt eines Tagschattens im Eingang. „Ich höre", murrte sie, Nebelwolke. „Die Schwester meines Seelenbruders hier, ist auf der Insel von uns Dreifachstacheln zusammengebrochen, weil sie frustriert darüber ist, dass ihr Bruder schon seinen Seelenpartner gefunden hat. Weil er ihr helfen möchte, habe ich überlegt, ob mir ein Drache einfällt, der zu der guten Talia passen könnte und da bist du mir zuerst eingefallen", erklärte Knochenschlag. „Was soll das denn heißen?", fragte sie mürrisch. „Hey, es sollte gar nichts heißen, höchstens dass diese Talia dein Weg hier raus sein könnte, aber wenn du nicht willst...", meinte mein Freund. „Sowas habe ich nie gesagt!", fauchte Nebenwolke den anderen Drachen an. „Also?", fragte dieser grinsend. „Na schön", stöhnte die Tagschattendame entrüstet, „ich sehe sie mir einmal an, aber ohne jedes Versprechen." Diese Bedingung akzeptierten wir beide nickend und führten sie dann zurück zu Talia, dabei hoffte ich inständig, dass wir richtig lagen. „Das ist sie?", fragte Nebelwolke, als wir ankamen und ich nickte. „Sie sieht wirklich gebrochen aus, ich kenne dieses Gefühl gut", meinte die Drachendame und betrachtete meine noch immer weinende Schwester. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging sie schließlich zu ihr und schmiegte sich um ihren vergleichsweise kleinen Körper.

Talia:
Die Tränen liefen mir in Strömen über die Wangen, während ich mich meinem Kummer hingab. Nichts funktionierte bei mir und jetzt hatte mein Bruder mich über die Freude seines Seelenpartners auch völlig vergessen. Plötzlich schmiegte sich eine warme Gestalt um mich, irritiert sah ich hoch und erkannte sie als die eines Tagschattens. Er sagte kein Wort zu mir, er war einfach da und schien mit mir kuscheln zu wollen, ich ließ es geschehen. Eine ganze Weile lang kauerten wir nur so da und kuschelten miteinander, bis der Drache das Schweigen schließlich brach. „Geht es soweit wieder gut Kleines?", fragte sie und ich stellte überrascht fest, dass diese Stimme weiblich klang. „Ich weiß nicht, aber... was kümmert dich das überhaupt?", fragte ich einfach. „Ehrlich gesagt wärst du mir eigentlich auch egal gewesen, aber dein Bruder da hinten hat mich dann doch dazu überredet herzukommen und als ich dich dann so weinend gesehen habe... Ich konnte einfach nicht anders", erklärte sie sich. „Mein Bruder hat dich geholt?", hakte ich überrascht nach. „Ja, er und sein Seelenbruder Knochenschlag", bestätigte sie. Ungläubig schlang ich meine Arme um ihren Hals und schmiegte mich eng an die. „Wie heißt du eigentlich?", fragte ich dann schließlich. „Nebelwolke, und du?", fragte sie zurück. „Talia", antwortete ich ihr. „Talia, das ist ein schöner Name", stellte Nebelwolke fest. Danach war es erstmal wieder still, keiner von uns wagte es ein Wort zu sprechen, wir saßen einfach nur da und kuschelten uns aneinander. Nach und nach fühlte ich dabei den Geist von Nebelwolke, ich spürte ihren Schmerz darüber, dass sie das einzige Mitglied ihrer Familie war, das hier weiterlebte. Dazu kam noch ihre Frustration darüber, dass kein Seelenkrieger in den letzten 500 Jahren ihr auch nur einen Hauch von Beachtung geschenkt hatte.

Während ich ihre Seele so unabsichtlich erkundete, fühlte ich außerdem, dass Nebelwolke meinen Geist ebenfalls erforschte. Nur tat sie dies eben ganz anders als Knochenschlag es wohl bei Oswald getan hatte. Wo er wild und herausfordernd war, verhielt sich Nebelwolke eher ruhig und mitfühlend. Sie teilte meinen Schmerz und verstand ihn auch, was sicher damit zusammenhing, dass auch ihr Schicksal nicht besonders angenehm verlaufen war. Irgendwann löste sich Nebelwolke wieder von mir und sah mir tief in die Augen. „Wollen wir vielleicht zurück zu dir Nachhause gehen?", fragte sie leise. „Du meinst...?", fragte ich abgebrochen zurück. „Ja, ich möchte deine Seelenschwester sein und meinen Geist mit dir vereinigen, um einen Seelenbund zu schaffen", erklärte Nebelwolke. Lächelnd richtete ich mich wieder auf und erkannte dabei, dass Oswald zusammen mit Knochenschlag in der Nähe saß. Die Beiden schienen sich zu unterhalten, doch kaum bemerkte mein Bruder, dass ich aufgestanden war, eiste er sich los und trat zu mir hinüber. „Talia, geht es wieder?", fragte er und legte mir seine Hände auf die Schultern. „Ja, ich denke schon", gab ich zurück und sah ihn an. Er war geblieben, er hatte seinen Seelenbruder schon gefunden, aber er war geblieben, um mir zu helfen.

Ein grelles Licht verschleierte plötzlich meine Sicht und ehe ich mich versah, stand ich wieder vor dem Seelenstein. Nun verließen mich jedoch auf einmal die Kräfte, weshalb ich zusammenbrach. „Talia!", rief mein Vater erschrocken und eilte zu mir. „Talia, alles in Ordnung?", fragte er besorgt. „Ja... irgendwie schon", antwortete ich und sah auf meinen rechten Handrücken. Erschrocken atmete ich aus und starrte das sich bildende Tattoo an, es sah genauso aus, wie das meines Vaters. Aber im Gegensatz zu alle anderen Tätowierungen der Seelenkrieger war diese hier nicht tiefschwarz, sondern perlweiß gefärbt. „Talia, mit was für einem Drachen hast du dich genau verbunden?", fragte Vater erstaunt. „Mit einem Tagschatten", antwortete ich und sah ihn an. „Du hast dich mit einem... einem Tagschatten verbunden?", hakte er ungläubig nach. „Ja...?", bestätigte ich mit leicht fragendem Unterton. „In all den Jahren die wir Seelenkrieger jetzt schon kennen, gab es noch nie jemanden, der sich mit einem Tagschatten verbunden hat", meinte Vater. „Wirklich... und was... was bedeutet das jetzt für mich?", fragte ich stotternd. „Vorerst bedeutet es gar nichts, du lernst einfach ganz normal, wie du mit deinen neuen Stärken umgehst und dann sehen wir weiter", erklärte Vater. Obwohl ich nicht wirklich daran glaubte, nickte ich und sah dann betrübt zu meinem Bruder, dem unsere Mutter gerade beim Aufstehen half.

Oswald:
Der Rest des Tages verlief sehr chaotisch, die meiste Zeit verbrachten wir auf der von unseren Eltern organisierten Feier zu unserer Seelenwahl und natürlich unserem Geburtstag. Inzwischen war es aber bereits Abend und die Feier somit vorbei, weshalb meine Schwester und ich zurück ins Haus unserer Eltern gegangen waren. Talia hatte sich nach dem Fest sofort in ihr Zimmer zurückgezogen, was ich irgendwie auch verstehen konnte. Immerhin stand sie generell nicht gerne im Vordergrund und dazu noch die Tatsache, dass sie die Erste aus unserem Volk ist, die sich mit einem Tagschatten verbindet. Es musste heute einfach ein Wenig viel für sie gewesen sein, trotzdem wollte ich nochmal mit ihr sprechen, einfach nur um sicherzugehen, dass es ihr gut ging. Dieses Bild von ihr, zusammengekauert und völlig verheult wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Aus jenem Grund stand ich nun vor ihrer halb geöffneten Zimmertür und spähte vorsichtig hinein. Wie ich es schon fast vermutet hatte, saß sie an ihrem Schreibtisch und zeichnete etwas auf ein Stück Pergamentpapier. Lächelnd sah ich ihr eine Weile lang zu, sie mochte es zwar selbst nicht wahrhaben wollen, aber meine Schwester hatte wirklich ein unheimlich großes Talent als Künstlerin. Schließlich klopfte ich leicht gegen den Türrahmen und trat langsam in den Raum, Talia drehte sich indessen überrascht zu mir um. „Oswald, was machst du denn hier?", fragte sie ungläubig. „Talia, du bist meine Schwester. Ich wollte einfach nur sehen, ob es dir nach heute soweit gut geht", erklärte ich. „Mir geht es gut, Bruder", meinte sie mürrisch und wandte sich wieder ihrer Zeichnung zu.

„Du hörst dich aber nicht so an, als wäre alles gut", gab ich zurück und warf einen Blick auf das Pergament. Meine Schwester hatte einen Tagschatten gemalt, der sich friedlich auf einer Waldlichtung zusammengerollt hatte und zu schlafen schien. Diese vielen Details, auf die Talia geachtet hatte, waren durchaus bemerkenswert. „Du bist wirklich gut, sicher dass du es nie jemandem zeigen möchtest? Immerhin wissen ja auch unsere Eltern nichts davon, wie gut du tatsächlich bist", erkundigte ich mich. „Egal wie oft du fragst Oswald, meine Antwort bleibt dieselbe", entgegnete mir Talia und zeichnete dabei einfach weiter. „Schön wie du willst", meinte ich und wandte mich bereits wieder zum Gehen. „Bruder", rief Talia mir dann aber doch noch hinterher, „danke dafür, dass du mir heute geholfen hast." Bei diesen Worten schlich sich augenblicklich ein Lächeln auf meine Lippen, egal welche Fehler meine Schwester auch hatte, tief im Herzen war sie einfach nur liebenswert.

Ein paar Tage später

Mit zusammengebissenen Zähnen sprang ich über ein quergespanntes Seil, duckte mich unter einem schräg liegenden Holzbalken hindurch und fand mich schließlich vor einer Grube voller senkrechter Baumstämme wieder. So leichtfüßig wie möglich versuchte ich von einem zum anderen zu springen, doch wie immer, wenn ich mich an dieser Übung versuchte, scheiterte ich bereits nach kurzer Zeit. Krachend traf ich auf dem Boden auf und blieb einfach liegen, ich hatte genug. „Oswald!", hörte ich die Stimme meiner Mutter, sowie ihre sich nähernden Schritte. „Mir geht es gut, aber das war es. Ich bin fertig mit der Übung", meinte ich entschlossen. „Gut, wir können für heute gerne...", begann sie, doch ich unterbrach sie. „Nein, ich meine, dass ich im Gesamten fertig bin. Seit Jahren versuche ich schon alles, um die Lehren der Skrills zu lernen, aber dieses Akrobatische dabei... das kriege ich einfach nicht hin!", erklärte ich. „Oswald, das hättest du doch nur sagen müssen und wir hätten dir einen anderen Stil gesucht", meinte Mutter und nahm mich tröstend in den Arm. „Na ja, ich dachte, dass ihr es vielleicht nicht gerne seht, wenn ich...", wollte ich sagen, brach aber ab. „Jetzt hör aber mal zu Oswald! Weder dein Vater noch ich werden dir den Kopf abreißen, wenn du uns sagst, was dir nicht passt und womit du nicht klarkommst", erzählte sie. „Alles klar, und was jetzt?", fragte ich. „Jetzt gehst du erstmal in die Bibliothek, liest dir dort ein paar Bücher über die verschiedenen Kampfformen der Seelenkrieger durch und suchst nach einer, die dir gefällt", schlug sie vor. „Gut, aber was machst du denn währenddessen?", erkundigte ich mich. „Ich räume hier ein Bisschen auf und helfe dann vielleicht deinem Vater mit den anderen Schülern", erklärte sie. „Verstehe", gab ich zurück und stand wieder auf.

Ohne ein weiteres Wort, dafür beide mit einem Lächeln, verabschiedeten wir uns und wie besprochen ging ich direkt zur Bibliothek. Dort suchte ich mir als erstes ein ausführliches Buch über alle sieben, oder eher sechs, regulären Kampfstile meines Volkes und begann es zu durchforsten. Irgendwie hatte ich aber an ihnen allen etwas auszusetzen, Form 1 war mir zu sehr auf Eleganz ausgelegt, 3 beherrschte ich schon, war mir aber allein zu defensiv, 4 war zu sehr auf reine Kraft und 5 auf Akrobatik ausgelegt. 6 wiederrum war für meinen Geschmack einfach zu ausgeglichen, wenn es um Angriff und Verteidigung ging, zudem war es sehr schwierig damit umzugehen. Plötzlich stutzte ich, irgendetwas stimmte hier nicht, ja etwas schien zu fehlen. Nach kurzem Nachdenken fiel es mir dann wie lose Schuppen von der Haut, ich hatte die Formen eins, sowie drei bis sechs durchgegangen, aber die zweite völlig außer Acht gelassen. Sofort blätterte ich zurück und stellte fest, dass diese Form lediglich in einem kurzen Absatz, den ich vorhin wohl einfach übersehen hatte, erwähnt wurde. Eifrig las ich ihn mir durch und konnte mir schon nach wenigen Sätzen vorstellen, warum man dieser Form nicht so viel Beachtung geschenkt hatte. Laut der Beschreibung musste man sich für diese Technik nämlich sehr stark auf seine Gefühle verlassen, man legte in jeden Schlag all seine Emotionen, wie Wut oder auch Hass. Eigentlich sollte mich das abschrecken, doch tatsächlich erweckten die hier dargelegten Techniken und Übungsabläufe eher mein Interesse. Anscheinend waren diese Lehren der Albträume in Sachen Agilität und Akrobatik zurückhaltender, als die der Skrills, aber doch weniger kraftbetont, als die Lehren der Roten Tode.

So stellte ich das Buch wieder zurück ins Regal und suchte mir eines, das sich ausschließlich mit Form zwei beschäftigte. Eine kurze Suche später hatte ich es in der Hand, eine dicke Staubschicht überzog den Einband, ganz offensichtlich hatte man es sehr lange nicht mehr gelesen. Davon ließ ich mich jedoch nicht stören und las mir die Techniken einmal im Detail durch, worüber ich vollkommen die Zeit vergaß. „Die Bibliothek schließt gleich, alle die noch hier sind und nicht eingeschlossen werden wollen, sollten sie nun verlassen", hörte ich plötzlich die Stimme des Verwalters durch die Kammer schallen. „Verdammt", fluchte ich gedanklich und wollte das Buch schon zurückstellen. Doch da kam mir ein anderer Gedanke, weshalb ich meine Lektüre wieder an mich nahm und in Richtung des Ausgangs lief. Dort saß wie erwartete der Verwalter hinter seinem Pult und sah mir erwartungsvoll entgegen. „Ich würde gerne dieses Buch ausleihen, wie hoch ist der Unterpfand?", fragte ich und legte Genanntes auf den Tisch. „Interessant", meinte mein Gegenüber, „ich kann mich an jedes Buch erinnern, das ich in den letzten 50 Jahren verliehen habe, und das hier gehört nicht dazu." Ich hatte mit so ziemlich jeder Reaktion gerechnet, von Bestürzung, bis hin zu Wut, aber nicht hiermit. „Ich würde sagen", fuhr der Verwalter fort, „das Buch kannst du schon fast umsonst ausleihen, oder du gibst mir fünf Seelenscherben und behältst es gleich. Ich habe noch eine Abschrift davon und wie schon gesagt, bisher wollte das keiner haben." Grübelnd bewegte sich meine Hand in Richtung des Beutels an meinem Gürtel, in dem ich immer eine kleine Menge Geld mit mir führte. Fünf Seelenscherben waren wirklich ein sehr geringer Preis, normalerweise bekam man dafür nicht wirklich viel, von einem Buch ganz zu schweigen.

„Also gut, ich nehme es", lenkte ich schließlich ein und zog fünf von den blauen, kristallenen, langen Scheiben aus dem Beutel. „Hier, fünf Seelenscherben wie abgemacht", meinte ich noch, als ich sie ihm reichte. Nickend nahm mein Gegenüber das Geld entgegen und reichte mir das Buch zurück. Kurz verabschiedeten wir uns noch, ehe ich das Gebäude verließ und zurück in Richtung der Zitadelle ließ. Eigentlich reizte es mich ziemlich den Weg per Flug hinter mich zu bringen, aber noch waren Knochenschlag und ich nicht geübt genug darin, diese Bewegung zu koordinieren. Als ich vor der Tür ankam, wartete schon mein Vater mit einem abschätzenden Blick. „Einen erfolgreichen Tag gehabt?", fragte er ohne Vorwurf. „Mutter hat es dir also erzählt?", fragte ich statt einer Antwort zurück. „Natürlich, also hast du schon eine neue Form gefunden?", wiederholte er. „Ich denke schon", meinte ich und reichte Vater das Buch. „Die Lehren der Albträume", murmelte er und sah mich an. „Es war der einzige Stil, der mir irgendwie zusagte", erklärte ich mich. „Oswald, ich werde dich nicht davon abhalten. Ich möchte dir nur die folgende Frage stellen: Weißt du, warum diese Form bei uns Seelenkriegern im Moment nicht mehr verwendet wird?", wollte er wissen. „Ja, aber dazu habe ich mir schon Gedanken gemacht", erklärte ich. „Dann lass sie hören", forderte Vater mich auf.

„Also ich habe mir gedacht, dass man die Emotionen, die man zur Verstärkung dieses Stils benutzt, vielleicht auf dieselbe Weise kontrollieren kann, mit der du die Wut der Nachtschatten im Zaum behältst. Würde man das vielleicht noch mit der präzisen und zielgerichteten Natur aus Form 1 verbinden, könnte man die unglaubliche Kraft in der Offensive unter Umständen zähmen. Und... und nimmt man noch den schnellen Wechsel zwischen Angriff sowie Verteidigung aus Form 1, dann könnte man eine Brücke zu einem defensiven Stil bauen, wie zum Beispiel...", ratterte ich all meine Überlegungen hinunter, wurde aber von meinem Vater unterbrochen. „Oswald! Oswald! Ganz ruhig! Du musst mir jetzt keinen perfekten Plan erzählen, von mir aus kannst du ihn auch noch ein paar hundert Mal ändern. Mir reicht es für den Moment, dass du dir der Gefahr bewusst bist und daran arbeitest, sie zu umgehen", erklärte er und legte mir eine Hand auf die Schulter. „In Ordnung, ich verspreche, ich werde genau darauf Acht geben, dass ich nicht die Kontrolle verliere", versicherte ich. „Gut, dann komm mal rein, es warten schon alle mit dem Essen auf dich", meinte Vater und wandte sich zur Tür. „Sag das doch gleich!", gab ich zurück, als ich ihm folgte. „Das Thema anzusprechen war wichtig und außerdem bist du immer so putzig, wenn du dich auf diese Weise aufregst", erklärte er sich.

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