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Ein leichter Ruck ging durch den Leib des jungen Berserkers. Seine Augen begannen leuchtend rot zu glühen, ob vor Zorn oder Entschlossenheit konnte Mera nicht erkennen, doch sie nahm sicherheitshalber ein paar Zoll mehr Abstand zu ihm ein.
Das jedoch vollkommen vergebens, denn schon packte er sie am Arm und zerrte mit sanfter Gewalt daran, zog sie wieder zu sich hin, und diesmal sogar ganz nahe.
Mera riss die Augen auf als seine Finger gleich darauf durch ihr zerzaustes Haar glitten und er schließlich einige der Strähnen um seine Finger zu wickeln begann. Er zupfte auch noch ganz sachte daran, wie zur Warnung.
Oh...
Sein Gesicht war dem ihren nun viel zu nahe.
Mera spürte die Gefahr, die von ihm ausging wie auch seine extrem hohe Körperwärme, die nun Sprunghaft anstieg. Seine Augen glühten nun hellgolden, wie bei Nachttieren, nur war es gerade helllichter Tag!
Mera zog unwillkürlich erschrocken die Schultern hoch und keuchte rau auf. Wollte unwillkürlich zurückzucken, doch das ging nicht, weil er immer noch ihre Haare fest umfasst hielt.
„Es ist wirklich besser für dich mich nicht noch mehr zu reizen, so wie du auch schon den Drachen gereizt hast, Mera von den Fann. Es könnte sonst gut sein, dass du noch viel mehr erlebst, als es dir in deinen noch jungen Jahren lieb ist.", drohte er ihr flüsterleise.
Mera schluckte nur hart und schloss kurz die Augen bevor sie sich dazu zwang nicht mehr länger vor ihm zu zittern. Sie sah ihn schließlich wieder an und bohrte ihren eigenen Blick so fest sie nur konnte in seinen hinein.
„Na dann mach doch, Berserker!", zischte sie zornig. „Zeige was für ein wildes Tier du in Wahrheit bist! Enthülle deine eigentliche Absicht mit meiner Verschleppung, denn das ist das einzige was ein Monster wie du und deinesgleichen von uns Fann-Frauen wollt – verderbte Sklaverei mit monströsen Absichten ...!"
Er kam ihr prompt noch näher, dass nun kaum noch ein Blatt zwischen sie beide passte.
Beinahe schon berührten seine grimmig verzogenen Lippen ihren nun wieder bebenden Mund, strichen hauchzart darüber, während seine Finger sich nun auch grausam reißend in ihrem Haar am Hinterkopf vergruben um sie fest zu halten. „Führe mich nicht in Versuchung, Mera. In unserer Welt gilt es entweder zu fressen oder aber gefressen zu werden... Auch ich bin noch jung, wie du siehst, doch ich weiß was ich will und was nicht.
Ich könnte nun indes leicht versucht sein dir zu beweisen, dass du mit deiner Meinung irrst.
Und da ist natürlich noch etwas, ... das du bald möglichst wissen und verinnerlichen solltest...!", hauchte er bedrohlich sanft an ihrem Mund. Mera wagte nicht ihn aus den Augen zu lassen, wagte aber auch nicht sich zu rühren. War fast schon in ihrem stolzen Trotz erstarrt vom Scheitel bis zur Sohle, während die freie Hand des jungen Berserkers nun auf ihrer Brust, direkt über ihrem viel zu rasch schlagenden Herzen zu liegen kam.
Er fühlte es einen Augenblick lang so, mit nun doch leicht gerunzelter Stirn, bevor er Mera schließlich einfach wieder losließ und sich von ihr abwandte. „Ich bin kein Berserker ... Ich bin Drakonier, merke dir das und ärgere mich nicht wieder mit dieser unseligen Bezeichnung!", stellte er schon wieder kühl und sachlich klar.
Mera aber zitterte noch immer am ganzen Leib und schwieg nun still. Hätte sie vormals hier und da vielleicht noch irgendetwas Nettes an dem Berserker gefunden, nun hatte er es durch sein eigenes brutales Verhalten restlos ausgemerzt. Er war auch nur so ein Ungeheuer mit glühenden Augen. Ganz genau so wie die anderen Monster, die ihren Clan vernichtet hatten.
Mera zwang sich dennoch dazu die aufsteigenden Schluchzer zu unterdrücken, bis der Drakonier endlich fort gegangen war.
Raus.
Vielleicht zurück zu seinem Drachen-Herrn um ihm zu berichten er hätte die Gefangene nun wieder zurück an ihren Platz gebracht, oder dergleichen.
Bah!
Das Essen hatte er aber natürlich im Stroh liegen lassen.
Solch eine Versuchung!
Denn so etwas feines wie fetten Käse hatte es schon lange nicht mehr für sie gegeben. Meist blieb für ein Mädchen des Clans nur Brei und noch ein wenig Weizenschrot für eine Suppe übrig, den man sich daraus kochen konnte.
Die feinen Sachen bekamen die Krieger und die schönen Frauen, um welche diese eifrig warben, wenn sie denn heiratswillig waren. Doch bei ihr war das nie der Fall gewesen. Für sie hatte immer schon fest gestanden wen sie einmal heiraten würde. Doch auch ihr Bräutigam war inzwischen tot, genauso wie alle anderen jungen Männer der umliegenden Clans.
Für sie, Mera würde es nun keine ehrenhaften Hochzeitsfeierlichkeiten mehr geben. ... Keine stolze Vermählung mit einem fremden Mann, den sie vielleicht ob seiner Gleichgültigkeit ihr gegenüber verabscheuen würde, von dem sie aber immerhin beschützt und versorgt werden könnte und der ihr eine eigene Familie zu schenken in der Lage war.
Ein Kind, ja ... das wäre schön gewesen.
Doch auch das würde es nun niemals mehr für sie geben. Keine Familie, keinen hübschen Töchter, keine starken Söhne, damit ihr Leben doch noch einen Sinn bekäme und sie vielleicht zumindest ein kleines bisschen dafür geachtet und wertgeschätzt würde, ... nur ein Mal!
„Götter", schluchzte sie heiser auf und griff nach dem Käse, schleuderte ihn soweit fort wie sie nur konnte, gleichsam Brot und Fleisch, dann warf sie sich wieder unterdrückt weinend auf ihr Strohlager und vermisste ihre Familie mit solch einer Inbrunst, dass sie schon glaubte nur darunter vergehen zu können.
Ihr Magen knurrte zudem protestierend, ihre Kehle war trocken und wie ausgedörrt, doch Mera zwang sich das alles zu ignorieren.
Sie musste nur stark sein und einen Ausweg für sich finden... Ja, sie musste nur wirklich und wahrhaftig stark sein.
*
Der Drache war zurückgekommen während sie schlief. Der frühe Morgen brach an und das laute knurren des Monsters ließ Mera abrupt aus ihren wirren Träumen hochfahren.
Er war ihr schon wieder ganz nahe. Lag diesmal nicht etwa in seiner Riesenhöhle, sondern direkt vor ihrem Lager, zusammengerollt aber wach. Vielleicht, weil auch sie gerade erwacht war?
Mera starrte Sekundenlang atemlos vor Anspannung in die gigantischen grünen Teich-Augen des Drachen hinein.
Wieder lag er gemütlich auf einer Pfote aufgestützt da und sein leise schnaufender Atem klang unglaublich laut in ihren Ohren.
„Irgendwann gelingt mit die Flucht!", schwor sie dem Ungeheuer tonlos flüsternd und ballte dabei unbewusst die Hände zu harten Fäusten.
Etwas riss zugleich an ihren Handgelenken. Mera sah verwirrt hinab... sie war nun also erneut angebunden worden. Ein dicker gedrehter Lederstrang wand sich mehrfach um ihr Handgelenk herum, sodass es schon fast wie ein Armschutz für das Bogenschießen aussah, den aber nur Männer auf der Jagd trugen oder im Krieg.
Erbittert knirschte Mera sofort wieder mit den Zähnen. Sie wollte dem Monster um keinen Preis zeigen wie sehr diese neuerliche Zurschaustellung seiner Dominanz sie traf.
„Und auf den Weg in die Freiheit werde ich mir noch die Zeit nehmen dein Leben auf ebensolch grausame Art und Weise zu beenden, wie du und deinesgleichen mein Leben zerstört habt ... und das meiner Familie, ... meiner Brüder.
Ich reiße dir selbst noch dein schwarzes Herz heraus und gebe es den Hunden meines Vaters zur Speisung...", herrschte sie das Monster zornig an.
Der Drache knurrte nur wieder verhalten auf, schien nicht sonderlich berührt, doch er hatte ja wohl auch nicht verstanden was sie da gerade zu ihm gesagt hatte.
Ha!
Das Vieh verstand ohnehin nichts. Auch der Berserker, der sich selbst ein Drakonier schimpfte, tat das nicht, ... keiner hier.
Sie waren alle nur niedere Ungeheuer...
Und solche folgten weder einem Plan noch einer Ordnung, weder Regeln noch Gesetzen.
Da erklangen auf einmal rasche Schritte. Der Drache erhob sich sogleich und knurrte bestialisch auf, breitete seine monströsen Flügel halb aus, weil der enge Raum der Höhle mehr nicht zuließ und duckte sich bedrohlich tief hinab.
„Dragorr...!", sagte eine kehlige dunkle Stimme in der Sprache der Berserker und viel auf ein Knie.
„Arrag err ed narr des trarr, Dragorr!", meldete der riesenhafte, grobschlächtige Krieger mit gehörntem Helm dem Drachen sichtlich unterwürfig. Und Diese Worte schien das Ungeheuer nun doch zu verstehen. Die Worte der Berserker- Drakonier, die Sprache der Dämonen!
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