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Dann musste sie eingeschlafen sein, denn das Nächste was sie spürte war tiefes dunkles und sehr gleichmäßiges Grollen.
Sie lag weich und bequem. Ihr war warm und die Schmerzen, sämtliche Schmerzen, waren fort.
Mera drehte sich irritiert um, setzte sich langsam auf. Sie lag zwischen Hals und Bein des Drachen, auf einem ledrigen Hautlappen. Der Drache schlief noch, atmete tief und gleichmäßig weiter. Oh, welch ein Glück.
Sachte, damit er nicht erwachen würde, rutschte sie von seinem Bein hinab und landete fast lautlos am Boden. Die kühle Morgenluft ließ sie erzittern.
Brennender Durst quälte sie. Vielleicht war ja ein Becher Wasser dort drüben an ihrem Platz zu finden. Ihr Magen knurrte nun ebenfalls heftig. Sie hatte gestern ihre Mahlzeit verpasst. Es hätte wieder was gegeben, wenn sie nach dem Holzsammeln zurück in die Käfige gesteckt worden wäre. Eilig lief sie hinüber zu ihrem Fell und Strohlager, doch da war nichts.
Besorgt schaute Mera über ihre Schulter zurück. Der Drache schlief immer noch. Ihr Durst aber nahm noch weiter zu. Ihre Kehle brannte ... und ihre Schulter brannte nun ebenfalls wieder.
Warum hatte sie das gerade noch nicht bemerkt? Hastig zupfte sie mit zwei Fingerspitzen die aus dem Verband herausschauten das Tuch von den Schnitten weg, um zu schauen was damit war. Die Schnitte sahen gerötet und nicht sehr sauber aus.
Eine Entzündung?
Oh! – Was sollte sie denn jetzt nur tun? Leise keuchte sie auf. Nun, da sie das Hemd abgezupft hatte brannte die Wunde ganz furchtbar.
Wenn sie jetzt zu Hause gewesen wäre, hätte sie die Muhme geweckt, denn die kannte sich mit Kräutern aus und allerlei Wundgeschichten. Aber die Muhme war tot. Verzagt blickte sie zu dem Drachen hinüber. Was, wenn sie einfach hinaus zum Fluss schlich, etwas trank die Wunde zumindest noch mal auswusch und dann wieder zurückkehrte, noch bevor er erwachte?
Ob er das überhaupt zulassen würde? Oder ob er sie gleich wieder bestrafen würde, wenn sie sich nun einfach so hinaus schlich?
Der Berserker hatte ihr befohlen dem Drachen auf jeden Fall zu gehorchen. Sonst würde sie wieder bestraft, das zu tun war seine Pflicht. Mera erschauerte erneut in der kühlen Morgenluft.
Wenn sie doch nur die Finger frei gehabt hätte... wenn sie sie nur hätte benutzen können. Doch es würde noch Wochen dauern, ehe fest stand ob sie sie je wieder richtig bewegen konnte. Wochen voller bangen, in denen sie ganz und gar hilflos war. Noch nicht einmal einen Dolch könnte sie so packen und sich selbst damit richten. Nichts, nichts konnte sie auf diese Weise mehr ausrichten.
Verzagt saß sie auf ihren Fellen und starrte hilflos vor sich hin.
Ihr Durst quälte sie so sehr... aber wenn er sie wieder schlug, nur weil sie alleine hinaus ging?
„Bei Gott, dann ist es halt so.", wimmerte sie gequält und sprang auf die Füße, sah wieder zu dem Drachen hin, der aber immer noch reglos schlief. Hastig rannte sie hinüber zum Eingang der Höhle, eilte über die Flachen Felskannten und sprang an deren Ende hinunter. Sie lief direkt zum Fluss, schaute weder nach rechts noch nach links. Sie würde niemandem sagen, das sie unerlaubt zum Fluss ging, vielleicht ließ man sie ja in Ruhe... ja, vielleicht.
Am Wasser angekommen trank sie zunächst einmal in durstigen, hastigen Zügen und versuchte dann Wasser auf die Wundränder zu träufeln, mehr gelang ihr ja mit den dick Bandagierten Händen nicht. Es waren nur immer ein paar Tropfen ... aber das genügte natürlich nicht. Die Wunde sah so im hellen Licht betrachtet auch schon richtig böse aus.
Verhalten schluchzte Mera auf.
Plötzlich stand der Berserker neben ihr. Natürlich.
Er musste ja wohl den Eingang der Höhle bewacht haben, seufzte Mera innerlich und neue Furcht wallte in ihr hoch.
„Weiß dein Herr dass du hinaus gegangen bist?", fragte er sie vollkommen gleichgültig.
Mera war versucht ja zu sagen, doch das hätte der Berserker sicherlich herausbekommen, also schüttelte sie nur langsam den Kopf.
„D... Der Drache schläft.", brachte sie schließlich irgendwie hervor. „Ich habe es nicht gewagt... ihn zu wecken, hatte aber fürchterlichen Durst...", rechtfertigte sie sich heiser.
Der junge Krieger betrachtete sie aufmerksam, legte schließlich eine seiner Hände an ihre Stirn, die sich erstaunlicherweise fast kühl anfühlte.
„Das Fieber kehrt zurück?", grollte er leise auf. „Wie kann das sein?"
Mera schnaubte verbittert auf, konnte es einfach nicht zurückhalten.
„Ihr selbst tragt dafür die Schuld, Berserker!", klagte sie ihn aufbrausend an. „Ihr habt mich gestern geschnitten, habt ihr das vergessen? Mit einem Dolch an dem vermutlich noch das Blut vergangener Gräueltaten klebte. Meine Muhme sagte immer, man muss ein Messer in siedendes Wasser oder aber in die offene Flamme halten damit es nachher keinen Wundbrand gibt. Nun... den habe ich nun wohl. Eine schwere Entzündung... Wahh...???", Sie konnte nicht schnell genug gucken, da hatte er sie schon aufgehoben und fortgetragen.
Leise grollende Laute entrangen sich seiner Kehle. Es klang zornig, so unglaublich zornig.
„Bitte... oh nein!", schluchzte Mera verzweifelt auf und versuchte zu sehen wohin er sie brachte... Doch erst als die Höhlendecke über ihr war wusste sie es. Er legte sie auf dem Lager ab. Mera hob ängstlich die Arme. „Bitte... Es tut mir leid... bitte nicht schlagen...", flehte sie ihn keuchend an, während er nur wieder sein Messer zog, es kurz grimmig betrachtete und dann einen schnellen Schnitt durch das Tuch hindurch tat, um die Wundränder offen zu legen.
„Feuer hilft sagst du?", fragte er sie grollend.
Mera bekam es mit der Angst zu tun.
„Nein... jetzt doch nicht mehr... Es hat sich bereits entzündet!", schrie sie panisch auf und versuchte ihn abzuwehren, doch er hielt nur weiter den Dolch in seiner linken Hand fest, sah auf die angelaufene Klinge, mit heiß glühenden, fast schon rötlich verfärbten Augen.
„Oh Götter – helft mir doch!", schrie Mera, als die Klinge dann ebenso zu glühen begann wie die Augen. Kein Berserker, dachte sie nur panisch. Ein Dämon, ein grausamer Dämon war der junge Krieger. Ein Teufel, der Feuer aus dem nichts erschaffen konnte.
„Feuere reinigt das Blut!", knurrte der Dämon nun zornig und drückte Mera auf das Felllager zurück.
„Bitte... nein! - Nehmt Kräuter!", schrie Mera fast schon schluchzend und er hielt inne, die Klinge schwebte so dicht über ihrer Haut dass es sie beinahe schon versengte. Sie war glühend heiß, wie ein Schmiedefeuer.
„Ich... Ich kenne Kräuter...", schluchzte sie flehend auf. „Die... die Entzündungen herausziehen, bitte. Ihr bringt mich sonst um!", weinte sie nur noch peinvoll. „Ihr bringt mich um, so grausam. ... So grausam seid ihr...! Oh, warum darf es denn nicht gleich zu Ende sein, wenn ihr doch sowieso nur alles dazu tut, das ich sterbe!", brüllte sie ihn zuletzt hysterisch an.
„Ich tue alles damit du stirbst?", flüsterte er nur zähneknirschend.
Mera fuhr hoch, da er sie nicht mehr niederdrückte und griff nach der Hand des Berserkers, die das Messer hielt. „Ihr seid so grausam... ein richtiger Dämon! Ihr schlagt mich fast tot, ihr schneidet mich ohne Rücksicht auf Leib und Leben, ihr beschuldigt mich ... ständig! Ich aber bin keines Mannes und keines Drachen Besitz. Die Götter werden euch strafen, wenn ihr weiterhin so niederträchtig an mir handelt.
Falls ihr es nicht bemerkt habt, ich habe meine Abwehr doch nun aufgegeben. Ich füge mich sogar eurem Willen und dem des ... des grausigen Drachenherrn. Warum also müsst ihr mich trotzdem noch immer weiter auf die brutalst mögliche Weise zerschneiden und zerstören, bevor es endlich genug ist?"
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Ja, wieso tut er das?
Was denkt ihr?
LG
Bea
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